Der Stuhl Karls des Großen

An J. Bertram aus Köln.


Frei geworden ist der Strom,
Ist das Land am deutschen Rheine;
Doch der Stuhl von Felsgesteine
Trauert noch im Aachner Dom.
Drauf des größten Kaisers Macht
Saß als eine stumme, bleiche,
Würmern hingegebne Leiche,
In der goldnen Kronen Pracht.
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Welchen Otto kühn erhob,
Starker Hoffnung Grabesblüte,
Gar nicht ahnend im Gemüthe,
Was die dunkle Zukunft wob.
Steht er wol noch lange leer?
Will sich drauf kein Kaiser setzen
Allen Völkern zum Ergötzen,
Der Bedrängten Schirm und Wehr?
Ach, die Sehnsucht wird so laut!
Wollt ihr keinen Kaiser küren?
Kommt kein Ritter, heimzuführen
Deutschland, die verlaßne Braut?
Komm' vom Himmel uns herab,
Den wir alle froh begrüßen,
Dem wir sinken zu den Füßen,
Steig' empor aus tiefem Grab!
Einen hat sich Gott ersehn,
Dem das Erbtheil zugefallen,
Der ein Stern wird sein vor Allen,
Und was Gott will, mag geschehn!

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TextGrid Repository (2012). Schenkendorf, Max von. Gedichte. Gedichte. Zweite Abtheilung. Vaterland. Der Stuhl Karls des Großen. Der Stuhl Karls des Großen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C33A-D