Zweiter Akt
Dasselbe Zimmer – in dem sich jetzt auch Diwane und viele Luxusmöbel befinden; alte Ritterwaffen – besonders Sturmhauben- hängen mit grellfarbigen Schleifen und Bändern an den Wänden.
Katharina, Meta und Strick.
[185]STRICK
sehr korpulenter Zwerg mit Höcker in rot und gelb gestreiften Narrenkleidern.
Dass Ich auch, der ich keiner Fliege was zu Leide tue, in diese grausame Revolutionszeit hineingeboren werden musste – und schliesslich noch Fräulein Meta von Lohmeyer kennen lernen musste – und auch noch lieben lernen musste!
META.
Strick, Du bist entzückend!
STRICK.
Ach, wenn ich das doch glauben könnte! Ich war leider immer ein Ungläubiger. So konnte ich eigentlich niemals an die Ehrlichkeit der Menschen glauben.
KATHARINA.
Was willst Du damit sagen?
STRICK.
Dass ichs beklagenswert finde, dass man Euch ein so grosses Vertrauen entgegenbringt.
KATHARINA.
Nanu? Glaubst Du, wir wären unehrlich?
STRICK.
Ich glaube eben Garnichts. Aber ich bewundere Euch, dass Ihr so ruhig schlafen könnt.
META.
Jetzt schlafen wir doch nicht?
STRICK.
Nein, denn Ihr müsst augenblicklich die Direktricen der »Versicherungsgesellschaft gegen Revolutionsschaden« vorstellen. Und dazu muss man – wenigstens zeitweise – die Augen offen halten. Ach ja! Dass Euch das auch geglückt ist! In einem Jahre – man sage und schreibe: in einem Jahre – die grössten Schätze der Erde in die Finger zu bekommen! Hippla! Ja! Ja! Wie viel Könige sind denn jetzt bei Euch versichert?
META.
Siebzehn Stück!
STRICK.
Stück! Diese anmassliche Respektlosigkeit! Wie viel Kronen sind Euch zur Aufbewahrung gegeben?
KATHARINA.
83 Stück mit Diamanten, ungefähr 500 ohne!
STRICK.
Kinder, mir wird schwindlich. Seid Ihr auch gegen Einbruchsdiebstähle versichert?
META.
Schaf! Die eisernen Truhen, die unter uns in den Kellergewölben liegen, sind nicht einmal mit Dynamit aufzubrechen.
STRICK.
Alle Wetter! Ja, man merkt bei Euch, dass man in einem Revolutionszeitalter lebt. Und zu dem bildet der feudale Anstrich dieses Zimmers sonen wundervollen Kontrast.
Hannibal und Max kommen.
[186]HANNIBAL.
Strick! Geh zum Küchenrat und stell uns ein Diner zusammen.
STRICK.
Für wie viel Stunden?
MAX.
Mindestens für zehn Stunden.
STRICK.
Hier werden Stunden zu Minuten
Und Tage – Jahre – und so weiter!
Wir leben alle riesig heiter.
Und darum will ich mich sehr sputen.
Ab.
HANNIBAL.
Kinder, ich habe soeben ein anonymes Schreiben erhalten: ein Attentat ist gegen Euch geplant.
KATHARINA.
Das regt uns nicht mehr auf – Attentate sind heute was ganz Gewöhnliches.
META.
Ich erkläre die Attentate sämtlich für ordinär.Reitzer als Diener verkleidet bringt eine Karte – und es erscheint darauf Schlammberger als reicher Herr.
KATHARINA.
Darf ich bitten Platz zu nehmen?
SCHLAMMBERGER.
Ich wollte hier einbrechen.
META.
Brauchen Sie unsre Beihilfe dazu?
HANNIBAL
zieht schnell einen Revolver und feuert einen Schuss auf Schlammberger ab, der sofort mit blutiger Weste zusammenbricht.
Dem Attentat wären wir zuvor gekommen.
KATHARINA.
Das ist ja entsetzlich!
Geht mit Meta schnell ab, Max begleitet die Beiden.
HANNIBAL.
Nu erhole Dich nur schnell, lieber Schlammberger! Du bist brillant gestorben. Hast Du die Werkzeuge bei Dir?
Er verschliesst die Türe und öffnet die Versenkungsluke.
SCHLAMMBERGER.
Selbstredend! Mir tut nur leid, dass ich mir die Weste dabei so vollgesaut habe.
Steigt hinunter.
HANNIBAL
hinunterrufend.
Willst Du nicht vorher ein Glas Whisky trinken?
SCHLAMMBERGER.
Das wird wohl nötig sein.
HANNIBAL
giesst ein in Weingläser und trinkt zuerst.
Nu komm nur!
SCHLAMMBERGER
bis zur Brust herausragend.
Die Arbeit scheint mir beinahe aussichtslos zu sein.
[187]HANNIBAL.
Na – trink Dir nur Mut an.
Beide trinken.
Vorhang!