4.
In einem Dorfe lebte ein Schuster mit seiner Frau in gutem Wohlstande. Selten aßen sie ihr Abendessen rein aus und jedes Mal setzte die Frau den Rest in die Pfanne des Ofens. Am andern Morgen bemerkte der Schuster, daß das übrig gebliebene Essen verzehrt war, aber zugleich waren auch die Schuhe und Stiefeln, welche er Tags zuvor zugeschnitten und auf seiner Schusterbank hatte liegen lassen, fertig gemacht. Als er sah, daß diese sehr gut genäht waren, schnitt er immer mehr zu und jedes Mal waren sie am andern Morgen fertig. Der Schuster wurde nun immer neugieriger und wollte gar zu gern wissen, wer die Schuhe mache, bohrte deshalb in die Stubenthür ein Loch und merkte in der Nacht auf, indem er durch das Loch sah. Er wunderte sich aber nicht wenig, als ein Zwerg kam und emsig zu nähen anfing, dabei aber immer nach dem Loche guckte, welches er wahrscheinlich bemerkt hatte. Als er [140] ein Paar Schuhe fertig hatte, ging er an den Ofen, verzehrte das Essen, welches darin stand und verschwand dann. Nachdem der Schuster dieß eine Zeit lang so fortgesetzt hatte, stellte er immer mehr Speise in die Pfanne; zuletzt wollte er dem Zwerge noch einen besondern Dienst erweisen und legte ihm einen Anzug auf die Schusterbank. In der nächsten Nacht kam der Zwerg wieder und fand das Zeug; nun machte er zwar die Schuhe fertig, dann aber zog er das Zeug an, schnitt sich ein Paar Stiefel zu, nähte sie, zog sie an und sagte dann: »was brauche ich noch für die Bauern Schuhe zu machen, jetzt kann ich dem Zwergenkönige dienen!« Damit verschwand er und kam nicht wieder.