238. Der Todte denkt an sein Versprechen.

1.

Zwei Brüder pflegten sich gegenseitig zu rasiren. Als sie dieses schon lange gethan hatten, fing einst der ältere an: »Wie wird es aber, wenn einer von uns todt ist? wer wird dann den Lebenden rasiren?« Da gaben sie sich einander das Versprechen, daß derjenige, welcher zuerst sterben würde, auch nach dem Tode den Bruder noch rasiren wolle. Der ältere Bruder starb zuerst. In der Nacht nach seinem Begräbnis, trat er in die Kammer seines Bruders und gab diesem zu verstehn, er solle sich auf einen Stuhl setzen, um sich rasiren zu lassen. Der jüngere wollte das nicht haben, aber der Geist ließ ihm keine Ruhe, bis er sich rasiren ließ. Nachdem das Geschäft vollbracht war, sagte er zu dem Geiste, er wolle seine Ruhe nicht stören, er brauche deshalb nicht wieder zu kommen. Der Geist wollte aber darauf nicht eingehen, bis der Bruder zu ihm sagte: »nun, so komm noch dreimal, dann sollst du deines Versprechens ledig sein.« Hierauf kam der Geist noch dreimal, wie früher, und dann nicht wieder.

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TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. Märchen und Sagen. Niedersächsische Sagen und Märchen. A. Sagen. 238. Der Todte denkt an sein Versprechen. 1. [Zwei Brüder pflegten sich gegenseitig zu rasiren. Als sie dieses]. 1. [Zwei Brüder pflegten sich gegenseitig zu rasiren. Als sie dieses]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B8EA-9