[211] Notturno
Heimwärts ging der letzte Beter
Von dem Bild der lieben Frau;
Nur noch selten fliegt ein später
Nachen durch das Wogenblau;
Sommerliche Lüfte holen
Aus dem Kelche der Violen
Düfte, heiß und atemschwer,
Und auf weißer Lilien Spitzen
Hüpfen, gleich verirrten Blitzen,
Rote Flammen hin und her.
Siehe! und Johanniskäfer
Schweben leuchtend durch die Nacht;
Glaub' mir, Kind, es sind für Schläfer
Solche Stunden nicht gemacht!
Lud in solcher Nacht Juliette
Doch zur trauten Minnestätte
Den geliebten Romeo,
Und sie kosten Wang' an Wange,
Bis beim Lerchen-Frühgesange
Er aus ihren Armen floh!
Leicht empor auf die Terrasse
Schwing' ich mich aus meinem Boot;
Komm! und auf dies sehnsuchtblasse
Antlitz breite neues Rot!
Laß uns ruhn im sanftverwirrten
Dickicht von Jasmin und Myrten.
Wo sich Zweig mit Zweig verschlingt
Und kein Licht, das uns verrate,
Nur der flammenden Granate
Schimmer aus dem Laube dringt!