Am Guadalquivir
Wo bist du, Wunderbau der Omajaden,
Az-Zahra, zauberisch am Silberfaden
Des rauschenden Guadalquivir gedehnt?
Braut Abdurrahmans, in der Schattenkühle
Des Mandelhaines auf die Rosenpfühle
Der Uferhügel hingelehnt?
Wo sind die Feste unter Myrtenlauben
Bei Brunnenrieseln und Gegirr der Tauben,
Bei Lampenglühn und buntem Wimpelflug,
[480]Wenn auf dem Strom, in den krystallnen Tiefen
Die Lorbeerschatten spaltend, den Kalifen
Die schimmernde Galeere trug?
Wo deine Gärten längs des Uferrandes,
In denen mit den Feen des Abendlandes
Arabiens Peri sich besprach,
Wenn auf den blütenduftigen Terrassen
Voll weißer schimmernder Kiosks im blassen
Lichtschein der Sternenhimmel lag?
Und du, o Stadt der hochgewölbten Dome,
Milchstraßengleich mit deinem Häuserstrome
Auf deinen Erdenhimmel hingestreckt,
Fanal der Gläubigen, des Wissens Leuchte,
Die hellen Strahls zuerst das Dunkel scheuchte,
Das lang und tief die Welt bedeckt:
O Cordova! wo find' ich deine Dichter,
Wo deine Schönen, glänzend wie die Lichter,
Die vom Serai der Nacht herniedersehn?
Wo sie, die mit dem Ruhm des Einig-Einen
Zum Himmel ragten aus den Cederhainen,
Die Halbmondkuppeln der Moscheen?
Gestürzt sind deine goldnen Minarete!
Der Isan schweigt! Nie mehr, wenn die Drommete
Die Gläubigen ermahnt zum heil'gen Kampf,
Entströmt das Heer der turbanbunten Mohren
Im eh'rnen Harnisch deinen hundert Thoren
Bei Allahruf und Roßgestampf.
Einsam inmitten deiner Trümmer ragen
Die Pfeiler, die das hehre Dach getragen,
Ein wipfelreicher Marmorwald;
[481]Erloschen aber ist der Lampen Menge;
Nie mehr wallt Allah durch die Säulengänge,
Draus kein Gebet zu ihm mehr schallt;
Ein neuer Glaube füllt die Tempelhallen
Des Islam nun, die Stein auf Stein zerfallen,
Mit Orgelklang und Weihrauchqualm;
Bald stirbt auch er; des Hochaltars Gepränge
Deckt mählich Staub, und matt wie Grabgesänge
Verklingt der letzte Christenpsalm.