[186] Süßes Geheimnis
Glaub nicht, daß ich dem lauten Tage
Verrate, was du mir vertraust,
Wenn mir vorbei mit flücht'gem Schritte
Du wandelst in der Deinen Mitte
Und mit dem Blick, halb kühn, halb zage,
Verheißend mir ins Antlitz schaust.
Berauscht vom Zauber deiner Nähe
Dann seh' ich lang dir staunend nach,
Und mählich erst, indem ich sinne,
Werd' ich des eignen Glückes inne,
Wenn ich die Rede ganz verstehe,
Die stumme, die dein Auge sprach.
Die Abendschatten werden trüber,
Längst in die Ferne schwandest du;
Und, wie den Tropfen Tau die Blume
Birgt in des Kelches Heiligtume,
Schließt meine Seele still sich über
Dem duftenden Geheimnis zu.