11.
Kommt, Perin und Dschinnen!
Auf dem Mauerkranz
Der Alhambrazinnen
Liegt der Mondenglanz;
Unter Palmenästen
Schlinget hier im Westen,
Wie bei Bagdads Festen,
Euren Reihentanz!
Schwingt euch auf den spitzen
Turm des Boabdil!
Seht die Höfe blitzen
In der Wellen Spiel!
Ins Bassin gesunken,
Tanzen goldne Funken,
[257]Und vom Lichte trunken
Schimmert der Jenil.
Wie ein Glanz von Osten
Quillt es um den Stein,
Und die Jaspispfosten
Mit den Marmorleu'n,
Drum sich bunt in Ringen
Zaubersprüche schlingen,
Strahlen und erklingen
In dem Widerschein.
Hört ihr der Drommeten
Und der Zinken Schall?
An den sternbesäten
Decken überall,
Aus den Säulengängen,
Wo in Laubgehängen
Sich die Blüten drängen,
Tönt der Wiederhall.
In dem Schwestersaale
Schallt es wie Gesang;
Aus der Weihrauchschale,
Der er sich entschwang,
Wallt der Duft des Ambra
Hin durch die Alhambra,
Und zur muntern Zambra
Ruft der Schellenklang.
Welch ein bunter Flimmer!
Nah und näher tritt's!
Seidner Kleider Schimmer,
Blanker Waffen Blitz!
Die vom Schlaf Erwachten
Nahn in reichen Trachten,
[258]Strahlend von Smaragden,
Ihrem alten Sitz.
Agas mit der Fahne
Gehn dem Zuge vor,
Krumme Ataghane
Schwingt ein jeder Mohr;
Ritter, nicht zu zählen,
Zegris und Gomelen,
Fluten zu den Sälen
Durch das Richterthor.
Tartschen trägt ein jeder,
Blitzend wie Demant,
Und die Reiherfeder
An des Turbans Rand;
Allen die Gewänder
Schmücken bunte Bänder,
Teure Liebespfänder
Von der Schönen Hand.
Sehet, was im Liede
Euer Liebling war:
Gazul und Zaide,
Das gepries'ne Paar!
Sie an seiner Rechten!
Schwarz gleich dunklen Nächten
Mit gelösten Flechten
Wallt herab ihr Haar.
Wilder nun und bunter,
Rauschenden Gewands,
Aufwärts und hinunter
Schlingen sie den Tanz –
Doch die Stunden rinnen
Ohne Rast von hinnen;
[259]Um des Schlosses Zinnen
Zuckt ein roter Glanz.
Wehe dir, Granada,
Deine Pracht zerfällt,
Wie sich die Nevada
Morgendlich erhellt!
Gleich den Nebelrauchen
In des Ostens Hauchen
Mußt du untertauchen,
Schöne Zauberwelt!