Schwank: Der teufel leßt kein lantsknecht mer in die helle faren

Eins tags an einem abent spat
da het der Lucifer ein rat
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unden in seinem reich, der hellen,
und saget da zu sein gesellen:
man sagt, es sei in teutschen landen
gar ein böses volk auferstanden,
welche man nennet die lantsknecht,
o, der mir ir ein dutzet brecht,
das ich nur sech, was für leut wern!
man saget, sie fasten nit gern,
sie sint lieber allezeit vol,
mit schlemmen, praßen sei in wol,
achten sich betens auch nit vil,
sonder, sagt man, wie ob dem spil
sie übel fluchn und balgn darneben,
auch wie sie nit vil almus geben,
sonder laufen selb auf der gart,
eßen oft übl und ligen hart;
doch dienen sie gern allezeit
eim kriegsherren, der in gelt geit,
er hab geleich recht oder nit,
da bekümmern sie sich nit mit.
nun, Belzebock, far hin, mein knecht,
zu dem handel wirst du gleich recht;
far obn auf ert in ein wirtshaus,
darin die lantsknecht lebn im saus,
und in der stuben dich verstell
hinder den ofen, in die hell,
und schau auf sie an allen orten,
wo du mit werken oder worten
ein lantsknecht mit fug kanst ertappen,
so tu mit im gen helle sappen.
bringst du ir ein par, so wil ich
für all dein gsellen preisen dich
und aus dir einen fürsten machen,
dich brauchen zu erlichen sachen.
zuhant der teufel Belzebock
zog an sein unsichtigen rock
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und fur von hell in ein wirtshaus,
da die lantsknecht lebten im saus,
prasten und einander zusoffen.
der teufel stelt sich hintern ofen,
hört, wie die lantsknecht teten sagen,
wies mit den feinden heten gschlagen,
gestürmt, geraubet und gebrant
in disem und in jenem lant,
so große streich, das im fürwar
gleich gen berg stunden all sein har;
dacht heimlich von in zu entlaufen,
doch het er acht auf ir zusaufen.
an dreien tischen allenthalb
brachtens einander ganz und halb,
da einr dem glas nur gab ein schwung
und soffs heraus auf einen schlung.
der teufel tet sein list nit sparn,
vermeint heimlich in ein zu farn,
wan einer trünk so ungeschwungen;
doch wurt im das auch underdrungen,
wan sos einer eim bracht, allwegen
sprach jener: das dirs got gesegen,
so gsegnets jenem auch ein ander;
solch gsegnen triben sie allsander.
mit dem sie all gesegnet warn,
das der teufl kunt in keinen farn.
derhalb der teufel tet verharrn
vergebns den abent gleich eim narrn.
nun het under in ein kriegsman
erschlagen einen alten han,
den het er hindern ofen ghangen.
als nun der tag schier war vergangen,
sprach der lantsknecht zum wirt: mein gsell,
ge hindern ofen in die hell
und balt den armen teufel nem,
rupf und laß braten in! nach dem
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wöll wir in freßen und zerreißen;
tet darmit hindern ofen weisen
auf den hangenden toten han.
als der wirt der hell zu wart gan,
wolt den han von dem nagel schnappen,
meint der teufel, wolt nach im tappen,
in rupfn und den lantsknechten bratn.
da tet er sich nit lang beratn
und stieß ein ofenkachel aus
und fur zum ofenloch hinaus
und kam mit ser großem geschell
widerum hinab für die hell
und klopft mit großem brummen an;
und als man im nun het auftan,
fragt der Lucifer: bringst du keinen?
Belzebock sprach: ja wol, nit einen!
ich bin entrunnen in mit not,
es ist die aller wildest rot,
man heißt sie die frommen lantsknecht,
man tut in aber ie unrecht,
wan ich mag auf mein warheit jehen,
wilder leut hab ich nie gesehen,
ir kleider auf den wiltsten sitten
zerflamt, zerhauen und zerschnitten,
eins teils ir schenkel blecken teten,
die andern groß, weit hosen heten,
die in biß auf die füß rab hiengen,
wie die gehosten tauber giengen,
ir angsicht schrammt und knebelbartet,
auf das aller wildest geartet,
in summa wüst aller gestalt,
wie man vor jarn uns teufel malt.
sie brachten einander umbschanz,
im hui wurdens entrüstet ganz,
balgten und haueten zusam
einander beide krumb und lam,
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fluchten darzu so unbescheiden,
als ob sie wern türken und heiden.
in meinem sin so dauchte mich,
sie weren vil wilder dan ich;
derhalb dorft ich ir kein angreifen,
stunt und mußt einziehen mein pfeifen.
da sprach zu im der Lucifer:
ei, du soltst ein bracht haben her,
wir wolten in balt heimlich machen.
der teufel antwort zu den sachen:
hörst du nit, ich forcht mich vor in,
mit gwalt einen zu füren hin,
tet aber sonst kein list nit sparn,
ich dacht etwan in ein zu farn,
wenn sie an einander zutrunken;
das mocht auch nit sein nach meim dunken,
wenns einr eim bracht, sprach: ich kum zuder;
ei gsegn dirs got, mein lieber bruder,
sprach der ander. so sie es habent
einander gsegnt den ganzen abent,
das ich gar nichts ausrichten kunt,
wie ein narr hinderm ofen stunt.
nit weiß ich, wie der lantsknecht schar
mein hinderm ofen wurt gewar.
ein lantsknecht sprach zum wirt: verste,
wirt, balt hinder den ofen ge,
nim den armen teufel ungraten,
rupf den und tu in darnach braten.
der wirt dem ofen tet zu gon,
da fur ich durch den ofen darvon,
sie hetten mich sonst gwürgt und grupft,
gebrüt, mein zotten ausgezupft,
hetten mich braten, darnach gfreßen.
derhalb kan ich gar nit ermeßen,
das uns nütz wer der lantsknecht meng,
sie machtn uns wol die hell zu eng;
sie sint mutwillig, ungerüg,
frech, ungestüm und ungefüg;
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derhalb wer mein rat (tu versten),
wöllst der lantsknecht gar müßig gen,
es ist kein war in unsern kram,
sie freßen uns wol allesam.
unser keinr sicher bei in wer.
da antwort im der Lucifer:
mein Belzebock, und ist das war,
so wöllen wir forthin fürwar
nimmermer nach keim lantsknecht fragen,
sonder wölln uns wie vor betragen
der spiler, gotslestrer, weinzecher,
der buler, hurer und ebrecher,
wuchrer, dieb, mörder und straßrauber;
auch wöllen wir aufklauben sauber
die lantfridbrecher und mortbrenner,
verreter und all schedlich menner,
münzfelscher und falsche juristen
und darzu all unglaublos christen,
verstockt, die nit buß wöllen würken,
juden, ketzer, heiden und türken,
gotlos münich, nunnen und pfaffen,
die wöll wir umb ir unzucht straffen.
auf das kein unrat uns erwachs
von den lantsknechten, wünscht Hans Sachs.

Anno salutis 1555, am 10. tag Octobris.

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TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Gedichte. Spruchgedichte (Auswahl). Schwank: Der teufel leßt kein lantsknecht mer in die helle faren. Schwank: Der teufel leßt kein lantsknecht mer in die helle faren. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B2A2-6