Historia: Ein wunderbarlich gesicht keiser Maximiliani löblicher gedechtnus von einem nigromanten

Als keiser Maximilian,
der großmechtig und teure man
löblicher gedechtnus, regiert,
das ganz römisch reich guberniert,
het er sonderlich lieb und gunst
zu allerlei sinreicher kunst,
tet auch kein kost, mü und fleiß sparn,
artliche künste zu erfarn,
het auch mancherlei kunst verstant,
die er auch übt mit munt und hant;
darauf het er vil größer acht,
den sonst auf allen pomp und pracht;
hielt kunst und weisheit für ein schatz.
derhalb hetten auch bei im platz
allerlei künstner, so hin kamen
gen hof mit was titel und namen,
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die hetten all futter und mal
zu hof im keiserlichen sal.
eins tags dem keiser obgenant
auch gen hof kam ein nigromant,
ein schwarzkünstner, der sich anzeiget
dem keiser, der im wurt geneiget,
wie er im künt herbringen ton
drei geist drei namhafter person,
ob die geleich vor langen jarn
mit tode abgeschiden warn,
mit aller form, gstalt und geberden,
wie sie hetten gelebt auf erden,
im die künt under augen stellen,
welche er wolt, solt er her zelen.
der keiser ob der kunst het wunder
und auserwelet im besunder
dise drei namhaftig person
mit nam, zeigt im erstlichen on
Hector von Troia, des küngs son,
Priami, solt er bringen ton
in all seinen armis und wer,
wie er im troianischen her
verwalten het die hauptmanschaft
in küner, teuer heldes kraft,
den Achilles auch het erschlagen.
die andr person tet er ansagen,
die schönen küngin Helena
her aus Lacedemonia,
des künigs Menelai weib,
die aller schönest frau von leib,
die im Paris, des künigs sun,
von Troia het entfüren tun;
in all irem geschmuck und zier,
höflichkeit und geberden ir
solt er sie bringen aller gstalt,
wie man sie beschreibet und malt.
und zu dem dritten solt er da
bringen die fürstin Maria,
sein gmahel, die durchleuchting frauen,
die wolt er herzlich geren schauen,
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herzog Karls tochter von Burgunt,
welche vor kurzer tag und stunt
durch unfal am gejeit vor allen
war von eim pfert zu tot gefallen.
wo er die person überzelt
durch sein kunst im persönlich stelt,
doch iederman genzlich on schaden,
so wolt er sein denken in gnaden
von wegen seiner schönen kunst
mit schenk und ander woltat sunst.
der nigromant im antwort gab:
ja, ich wils tun, doch merkt vorab,
der geist bring ich euch allesander,
iedoch ornlichen nach einander,
und wenn ir eins gnug habt geschaut,
so stopft mit einem finger laut
auf den tisch, so wirt der geist weichen,
aus dem kreiß zu der tür ausschleichen;
iedoch sol eur gnad an dem ort
stil sitzen und reden kein wort;
wo ir ein wort darunder ret,
ir unglück uns beid bringen tet.
das bwilligt der keiser zu tan.
nach dem der nigromant fieng an,
macht ein weiten kreiß in dem sal
mit bloßem schwert, darein zu mal
macht vil charakter, kreuz und zeichen
und tet sein beschwerung heimleichen.
geschwint trat in den kreiß hinein
Hector von Troi, der helt allein,
ganz ernstlich und trutziger gstalt,
starker glidmaß, doch nit zu alt,
ungleicher augn, ein herlich man;
der het ein stehlen panzer an,
ein sturmhut auf dem haupte sein,
mit golt ein gwechs geschmelzt darein,
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am hals hieng im ein breiter schilt,
darin von golt ein löw gebilt,
trug ein mortaxt in seiner hent,
vol scharpfer spitzen aller ent,
welche all noch tropften von blut,
und als sam mit frech künem mut
in dem kreiß vor dem keiser stan.
der wurt zum teil entsetzt darvan,
doch als er sein recht gnug gesach,
da stopft er auf den tisch darnach;
zu hant der geist wich aus dem sal
mit tapfern schritten ab zu tal.
bald trat nach dem in sal hinein
Helena, die schön künigein,
in einem schönen güldin stück,
het umb ir haupt köstlich geschmück
von golt, perlein und edlem gstein,
güldin ketten und halsbant rein.
ir angsicht und alle glidmas
so adelich gebildet was,
sam wers abgestigen von himeln,
ein gürtel von klingenden zimeln
der het umbfangen iren leib,
in summa das aller schönst weib,
freuntlicher, holdseliger gstalt,
geiler art, doch der jar nit alt,
ir euglein zwinzerten von fern,
geleich dem hellen morgenstern;
zwischn augbraen het sie ein meslein,
ein roten munt, ein kleines neslein,
stunt also höflich wolgetan
und sach den keiser frölich an.
der saß in heimlich großem wunder
und beschaut sie mit fleiß besunder
von den füßen biß an das haubet,
entlich zu weichen ir erlaubet;
zu hant sie aus dem kreiß tet prangen.
nachdem kam sitlich eingegangen
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Maria, sein fürstliche gmahel,
der lieb und treu war fest wie stahel,
trat züchtiglich zu sein genaden,
bekleidt, wie sie het gnommen schaden,
in eim blauen rock angetan,
demütig vor dem keiser stan,
in aller gstalt, weis und geber,
als ob sie noch im leben wer,
ganz sitsam, tugentreicher art,
doch sam traurig betrübet hart,
und den keiser senlich anblicket,
dardurch im keiser sie erquicket
sein brünstig lieb, die vor den tagen
er ir het herziglich getragen;
und die lieb tet sein herz vergwalten
und mocht sich lenger nit enthalten,
fur auf mit herzlichem verlangen
und wolt mit armen sie umbfangen,
und schrei gar laut: das ist die recht,
von der mein herz all freud empfecht!
in dem der geist balt schwint und runt
mit eim greusch aus dem kreiß verschwunt,
mit eim dampf und lautem gebrümmel;
auch wurt vor dem sal ein getümmel,
des der keiser erschrak zu hant.
zu dem saget der nigromant:
eur gnad solt uns mit dergleich dingen
all beid umb unser hels wol bringen,
eur gnad weiß, das ich solchs verbot.
die lieb ist gleich stark wie der tot,
sagt der keiser, die nöt mich ie,
anzureden die liebst allhie,
so ich ie het auf diser ert,
welche ist aller eren wert.
nach dem zu dank mit reicher gab
fertigt den nigromanten ab,
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der im das wunderbar gesicht
zu Insbruck hette zugericht,
wie solchs vor sechs und vierzig jarn
von seinr gnad hofgsint hab erfarn
zu Wels, weil ich noch ledig was,
das mir warhaft anzeiget das.
dem und uns allen wöll got geben
nach disem zergenglichen leben,
das uns ewige freud aufwachs
im himlischen hof, wünscht Hans Sachs.

Anno salutis 1563., am 12. tag Octobris.

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TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Gedichte. Spruchgedichte (Auswahl). Historia: Ein wunderbarlich gesicht keiser Maximiliani. Historia: Ein wunderbarlich gesicht keiser Maximiliani. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B0A7-C