[139] Den Jüngern

Auserwählt zum Leiden war stets der Genius.
Ihr wißt es,
Und keinen von euch hält es ab,
Pfade zu gehen,
Die And're vor euch gegangen –
Und gleich ihnen
Zu siegen oder zu fallen.
Aber Eines bedenkt:
Ungünst'ger als die, in der wir leben,
War keine Zeit noch dem Dichter,
Ob auch der Geist in ihr
Lauteste Triumphe feiert.
Denn seht:
Schaffend und empfänglich zugleich
Ist der Geist,
Wenn er als schimmernde Blüthe noch
Liebreich herab sich zur Wurzel senkt,
Ahnungsvoll die dunkle beleuchtend.
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Mehr und mehr jedoch
Wird er zur Flamme schon,
Die sie verzehrt,
Um in sich selber zu brennen –
Und endlich auch in sich selbst zu verloh'n.
Weggeschwunden ist
Unter dem Fuße der Boden euch,
Wie der Menschheit,
Die, entwachsen der Vergangenheit
Und losgelös't von Jahrtausenden,
Nach neuem Leben verlangt –
Und doch vielleicht nur in's Leere greift.
Dies sagt ein Dichter euch,
Dessen letztes Lied
Wehmüthig noch ertönt
Am Rande des Abgrunds.

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TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Gedichte. Gedichte. Zweites Buch. Freie Rhythmen. Den Jüngern. Den Jüngern. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AEFC-3