[46] Der König und sein Narr

Ein König, Namens Woldemar,
Der von der Windsucht, die ihn plagte,
Oft ganze Nächte schlaflos war,
Verirrte sich indem er jagte.
Sein Narr und Freund, (es ist nicht rar
Erz-Aemter so vereint zu sehen)
Verließ ihn nicht in der Gefahr:
Er gab durch die verwachsnen Höhen
Ihm brüderlich die rechte Hand,
Und so erreichten sie den Rand
Von einem silberblauen Teiche,
An dem im Schatten einer Eiche
Ein sorgenfreyer Schäfer schlief.
Der Fürst blieb stehn; die Mißgunst nagte
An seiner Leber; knirschend rief
Er aus: nur ich bin der Geplagte
Im Reich! Mein Weib, selbst meinen Affen
Gäb ich, könnt ich nur eine Nacht
Mir dieses Bengels Ruh verschaffen;
Warum schlaf ich denn nicht? Das macht,
Du schläfst zu viel auf deinem Throne;
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Versetzt der Favorit und lacht.
Der König lachte nicht. Zum Lohne
Für den beichtväterlichen Scherz
Stieß er ergrimmt dem armen Sklaven
Den blanken Jagdspieß durch das Herz –
Und konnte doch nicht besser schlafen.

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TextGrid Repository (2012). Pfeffel, Gottlieb Konrad. Gedichte. Fabeln und Erzählungen. Zweyter Theil. Erstes Buch. Der König und sein Narr. Der König und sein Narr. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-72C4-6