Geselligkeit

Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Mag allein der Geizhals fasten
Neben dem gefüllten Kasten,
Mag der Dieb an dunkler Mauer
Einsam schleichen auf der Lauer.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
[83]
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Mag allein der tiefe Weise
Brüten, bis er wird zum Greise
So zu leben und zu lieben,
Wie's die Schule vorgeschrieben.
Ich bin nicht gern allein.
Mit meinem Glase Wein.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Mag der Mönch in seiner Zelle
Einsam ringen mit der Hölle,
Die mit süßem Bratenrauche
Nachstellt seinem feisten Bauche.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Knäblein, klag' im Mondenscheine
Einsam dem verschwiegnen Haine,
Was die Holde, die dir's lehrte,
Gern mit eignen Ohren hörte.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Wenn verdorben ist mein Magen,
Will ich nach dem Tranke fragen,
Den man muß aus kleinen Flaschen
Ganz allein mit Löffeln naschen.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.
Muß ich einst allein auch sterben,
Lass' ich doch nicht viel zu erben,
[84]
Will mein Lebelang den Becher
Schwingen in dem Kreis der Zecher.
Ich bin nicht gern allein
Mit meinem Glase Wein.

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TextGrid Repository (2012). Müller, Wilhelm. Gedichte. Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 2. Tafellieder für Liedertafeln. Geselligkeit. Geselligkeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5692-5