Jahrwende
Am altersgrauen Baum der Zeit
ist eine Blume abgeblüht,
und eine Knospe tut sich auf.
Die Menschheit seufzt in gleicher Fron;
von ihrer müden Stirne fällt
der Schweiß in Tropfen erdenwärts.
Ihr Glaube aber träumt im Licht:
vor ihren Sehnsuchtsblicken schwimmt
das Morgenrot des neuen Tags.
Wie auch die Kette klirrt und drückt,
der Zukunft Sturm zerbricht sie doch, –
und jedes Jahr löst einen Ring.
Und jede Knospe, die erblüht
am altersgrauen Baum der Zeit,
birgt einen Keim der künftigen Frucht.
So grüß ich dich, du neues Jahr;
du junge Knospe tu dich auf,
und blüh' in lichtem Rosenrot!
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Des Friedens milder Maienwind
umspiele deinen vollen Schoß,
der Liebe Geist befruchte dich!
Und deine Düfte gieße aus, –
mit Blütenblättern kränze du
der Menschheit tiefgefurchte Stirn.
In des Jahrhunderts Niedergang
sei du ein lichter Zukunftstraum,
sei du ein Gruß der neuen Zeit!