[123] Stummes Glück
Das war zur schimmernden Maienzeit,
da sang ich Lieder voll Lust und Leid:
des Waldquells Rauschen, der Vögel Singen,
in tönende Reime tät ich's bringen.
Und wenn ich der kommenden Lust gedacht –
wie wollt ich erst singen zur Rosenpracht,
wie wollt ich in jubelnden Tageweisen
die Sommersonne, die goldene, preisen!
Der Frühling schwand, und die Sonne stieg,
der Fink und die Finkin fanden sich –:
in Waldes Dunkel, an Baches Borden,
die jubelnden Sänger sind still geworden.
Und mir auch erging es wundersam:
als meinem Leben der Sommer kam
und die Rosendüfte mein Haupt umfingen,
In Kuß und Seufzer verklang mein Singen . . .
Von der Lippe flutet das Lied zurück:
im namenlosen, im stummen Glück
nur kann ich vor dir die Seele neigen,
nur lieben und schweigen.