3.
Graf Hinrik aber war der Nachstellungen der Engelländer müde und bat den König um Urlaub. Darüber ward dieser nicht wenig betrübt und bot ihm Land und Schlösser zu Eigen, wenn er bleiben wollte; aber da der Graf auf seinem Willen bestand, hat er ihm und seinen Erben ein Jahrgeld ausgesetzt von vierhundert, oder wie andre sagen, von hundert Nobeln.
Darauf ist der Graf in die Dienste des Papstes Urbanus gegangen, und hatte auch hier viel von der Hinterlist seiner Feinde zu leiden, entging aber glücklich aller Fahr durch seine sonderliche Behendigkeit und Stärke.
Weil der Papst viel von seinen Kriegstaten gehört hatte, machte er ihn zum Hauptmann über sein Heer. Der Graf aber wohnte in Rom in einer öffentlichen Herberge, die zum Schwerte genannt war. Als er nun zum Heere abreisen wollte, warnte ihn der Wirt, der ein Deutscher war, und die Art der Welschen wohl kannte, vor ihrer Hinterlist und Tücke. Der Graf aber meinte, er wäre niemands Feind, auch keinem vor der Zeit aus dem Felde gewichen, er wolle in Gottes Namen reiten. Da sprach der Wirt: »So nehmet Eures Dieners Kleider und Rüstung und tut ihm Eure wieder«; das tat der Graf und ritt also fort. Wie sie darauf in einen engen Weg kamen, wurden sie von einer großen Zahl feindlich angerannt, und obwohl sie riefen, sie seien Freunde und nicht Feinde, kehreten die Welschen sich nicht daran, bis sie den erschlagen hatten, der mit des Grafen Rüstung geziert war. Da fragten sie erst, wer sie wären und von wannen sie kämen. Als sie nun hörten, wen sie erschlagen hätten, stellten sie sich sehr betrübt und sagten, sie seien von ihrem Hauptmanne abgefertigt, alle gefangen zu ihm zu bringen, die ihnen begegneten; sie sollten nun auch mit ihnen reiten.
Wie sie nun zu dem Hauptmanne ins Lager kamen, stellte auch der sich sehr betrübt, merkte aber bald, daß der Graf noch am Leben sei, und schwur einen Eid ihm kein Leid zu tun, wenn er sich ihm anzeigen wollte. Da nun der Graf und die Seinen alle gefangen waren, hielten sie nichts für besser als die Wahrheit zu sagen. Da empfing ihn der Hauptmann mit großer Herrlichkeit, wie man Fürsten zu empfahen pflegt, sagte ihm [26] aber wie unrecht der Papst an ihm gehandelt habe, daß er einen fremden Hauptmann, ehe seine bedungene Zeit um wäre, an seine Stelle setzen wolle; wollte er so lange verziehen, werde er ihm gerne weichen. Das wollte aber der Graf nicht, sondern begehrte lieber sogleich wieder zurück zu reiten. Solches ward ihm gewährt und er entkam auch diesmal der Gefahr. Darauf ist er eine Zeitlang zu Bologna gewesen, wo der Papst wohnte; hat aber vergeblich gewartet, daß ihm seine Zehrung und erlittener Schade erstattet werde. Als es ihm endlich zu gebrechen anfing, zog er zum Herzog von Mailand, der ihn herrlich empfing und ihn weiter bis Köln geleiten ließ. Da nahm er auf Glauben so viel Gelds von den Kaufleuten, daß er wieder in sein Land zehrte. Solches hat er ihnen in Lübeck nachher freundlich bezahlet.
Früher war Graf Hinrik auch im Dienste eines Königs von Schweden gewesen. Da er nun einmal wider die aufrührerischen Finnländer geschickt ward, kam er mit seinem Kriegsvolk durch Wadsteen, wo eine heilige Frau wohnte, mit Namen Brigitte 1, die zukünftige Dinge weissagen konnte. Das bewegte ihn, daß er zu ihr ging und von ihr forschte, wie der Krieg ein Ende gewinnen würde. Da antwortete ihm die Frau, wenn er das Land unter sich bringen wolle, so müsse er sonder Waffen und Kriegsrüstung dahinziehen. Alsobald kehrte Graf Hinrik sich zu den Seinen, die umher standen, und sprach: »Dieses Weib ist landbürtig, und ich bin hier fremde; was läge ihr daran, wenn wir alle um unser Leben kämen? Ich will mich in Harnisch rüsten in Gottes Namen.« Darum verachtete er ihren Rat, zog mit Gewalt in Finnland, bezwang das Volk und kam also in Frieden wiederum nach Hause.
Man erzählt noch heute, daß den Isern Hinrik ein mal seine Feinde haben fangen wollen, da er sich gerade in einem Saale oben in einem Hause befand. Da sie sich nun um ihn drängten und kein Ausweg weiter war, ist er in voller Rüstung durchs Fenster in den Hof gesprungen und also ihnen glücklich entkommen.
Darum sagt man auch immer noch von einem, der alles durchmachen kann, und den nichts so leicht anficht: »Dat is recht en isern Hinnerk.«
Presbyter Bremens. bei Westphalen III, 91 f., 75 f. Die Nordelvische Sassenchronik Staatsbürgerl. Magazin 9, 360 weiß von Heinrichs Zuge zum Papste Historischeres zu erzählen, was ganz abweicht von der mitgeteilten Relation. – Mündlich.
Fußnoten
1 St. Brigitta starb 1385 in Rom.