90. Die Burg zu Rathjensdorf.
Bei Rathjensdorf liegen zwei große Hügel; der eine heißt Barg op de Borg, der andere Barg op de Schün. Auf dem größten stand vor Zeiten nämlich eine Burg, darin drei Jungfern wohnten. Die haben die Kirchen zu Neuenkirchen, Grube und Altenkrempe gebaut. Als sie mit der ersten fertig waren, wurden sie schon sehr besorgt, sie möchten nicht mit allen dreien fertig werden. Als sie nun bei der Kirche zu Grube waren, ward ihnen wirklich grauen; davon bekam sie den Namen, und als sie die dritte fertig hatten, war ihr Geld zu Krempe, d.h. auf; davon erhielt die dritte ihren Namen. Die drei Jungfern haben auch den Fußsteig von Rathjensdorf nach Heiligenhafen gemacht; der ist so breit, daß alle drei in weiten Reifröcken darauf nebeneinander gehen konnten.
Später ist der Feind gekommen und schoß lange mit Flinten ins Schloß hinein. Der Graf aber machte sich nichts daraus und fegte die Kugeln immer nur so mit einem Besen auf die Seite. Da hat der Feind [82] aber mit Kanonen angefangen und der Graf mußte das Schloß übergeben, das bis auf den Grund niedergeschossen ward.
Sie haben einmal später auf dem Berge, wo die Burg stand, eine Vogelstange aufgestellt und ein Schießen gehalten; da kam aber eine Stimme aus dem Grunde, daß man sich das Piffpaffen wollte verbeten haben.
Mündlich.