547. Der Goldkeller im Laböer Berge.
An einem Ostermorgen, als eben die Frühlingssonne freundlich schien, ging eine Frau aus Laböe mit ihrem Kinde auf dem Arm hinaus ins Freie, und wie sie so wandelt und endlich an den Wunderberg kommt, findet sie diesen offen stehen. Ein heller Schein leuchtete ihr entgegen und als sie hineintrat, fand sie da Haufen Goldes und Silbers liegen. Da setzte sie ihr Kind auf einen großen Tisch, der in der Mitte stand, und gab ihm die drei roten Äpfel zum Spielen, die darauf lagen; sie selber füllte ihre Schürze schnell mit Gold und eilte dann hinaus. Sogleich aber merkte sie, daß sie in der Hast ihr Kind vergessen habe. Umsonst klagt und weint sie nun und geht wohl hundertmal um den Berg herum; der Eingang war nirgend mehr zu finden. Gern hätte sie all ihr Gold und Silber drum gegeben, wenn sie ihr Kind wiedergehabt. – Als aber wieder die Zeit der Ostern kam und es um die Kirchzeit war, ging die Frau wieder zum Berge, und worauf sie das ganze Jahr gehofft hatte, war erfüllt. Der Berg stand offen, und wieder funkelten die Schätze. Sie aber sah sich nicht nach ihnen um, sondern eilte hinein und fand ihr Kind noch auf dem Tische sitzen, wie sie es gelassen hatte, mit den Äpfeln munter spielend. Lächelnd streckte es seine Arme der Mutter entgegen; sie ergriff es rasch und eilte hinaus; aber kaum traf der erste Sonnenstrahl das Kind, so verschied es in ihren Armen.
Gardthausen Eidora 1823 S. 169.