175. Hans Brüggemann.
Den Meister Hans Brüggemann in Husum beriefen die Mönche im Kloster Bordesholm zu sich und bestellten bei ihm ein großes Altarblatt für ihre klösterliche Kirche. Der Meister ging ans Werk, schnitt eine Figur nach der anderen kunstvoll aus Holz, sott jede in Öl, daß der Wurm ihnen nicht schade, und arbeitete mit seinen Gesellen sieben ganzer Jahre. Als die Altartafel fertig war, kam König Christian der Zweite mit seiner Gemahlin Elisabeth und betrachteten das Werk. Der König verwunderte sich über die Kunst, seine Gemahlin aber zeigte ihm die Bilder mit den Fingern. Als der Meister dieses sah, benutzte er die Gelegenheit und entwarf alsobald die beiden Bilder der hohen Herrschaften [128] nach dem Leben und stellte sie in Holz geschnitzt auf zwei Pfeilern zu beiden Seiten des Altars. Als den Herren in Lübeck der Ruhm des Werkes zu Ohren kam, lagen sie dem Meister an, daß er ihnen auch solchen Altar liefere für ihre Stadt. Er sagte ihnen das nicht allein zu, sondern versprach sogar, ihnen einen noch weit schöneren liefern zu wollen. Darüber wurden die Bordesholmer Mönche neidisch, und um es zu verhindern, daß kein anderer Ort den Ruhm mit ihnen teile, brachten sie es durch schändliche Mittel dahin, daß dem Meister beide Augensterne wegtränten. Da konnte er nicht mehr arbeiten und also geblendet lebte er noch eine kümmerliche Zeit in einem kleinen Hause des Dorfes Eiderstede bei Bordesholm, das man lange gezeigt hat, wo er auch sein Werk vollendet hatte und endlich in dem Herrn verschied.
Nach einer Nachricht vom Jahre 1669 bei Laß, Husumsche Nachrichten III, 337; vgl. Noodts Beitr. II, 48. – Im Jahre 1666 kam der Altar in den Dom von Schleswig. – Fast ganz übereinstimmend in Blaubeuren (Schwaben) Wolf, Deutsche Sagen Nr. 417.