303. Der Mann ohne Schatten.
Viele Prediger und Küster haben in früheren Zeiten (und noch jetzt) die schwarze Schule besucht und da vom Teufel die schwarze Kunst gelernt, womit sie dann die Gespenster, Wiedergänger, ja den Teufel selbst bannen können. Der Teufel gibt den Unterricht, aber nicht umsonst. Es ist nämlich die Bedingung, daß, wer beim Schlusse des Unterrichts, wenn der Kursus beendigt ist, von allen Schülern, die die Schule besuchten, zuletzt aus der Tür geht, dieser ihm gehören soll. Da haben viele, die klüger als der Lehrmeister geworden waren, diesen überlistet, unter andern auch einmal der Küster in Bröns, im westlichen Teil des Amts Hadersleben. Der war der letzte von allen, die die Schule verließen, aber er half sich, als der Teufel ihn behalten wollte. Denn weil die Schule gegen Süden ausging und es sich gerade traf, daß sie bei hellem Sonnenschein um Mittag geschlossen ward, so sagte der Küster, daß er nicht der letzte sei, der herausginge, sondern sein Schatten; den möchte der Teufel behalten. Der Teufel konnte nichts dawider machen und ließ den Mann gehen, behielt aber den Schatten. Der Küster ist sein Leben lang ohne Schatten geblieben, und das haben viele Leute gesehen, die ihn noch gekannt haben, daß auch bei hellem Sonnenschein nicht das geringste von einem Schatten bei ihm zu erblicken war.
Nach schriftlicher Mitteilung. – Auf einer ähnlichen Sage beruht wohl Chamissos Schlemihl. Es ist der Teufel vielleicht auch hier wieder an die Stelle eines Zwerges getreten. Man sehe außer der spanischen und schottischen Sage in Grimms Mythol. S. 976 die dänische in Winthers Folkeeventyr. S. 18. Übrigens über die alte Schattenbuße Grimms deutsche Rechtsaltertümer S. 677.