381. Das Viehsterben.

Einst wütete in unserm Lande eine furchtbare Seuche unter dem Vieh, und fraß die Ställe mancher Dörfer leer. Damals wohnte ein Mädchen in Ratjendorf in der Propstei, mit Namen Elsbeth; die verdiente ihr tägliches Brot mit ihrer Hände Arbeit und war geliebt und geachtet von allen; man nannte sie nur die fromme Elsbeth. Als die Seuche sich Ratjendorf näherte, flehte sie zu Gott, doch ihre kleine Habe und ihr Dorf zu behüten, und tat ein groß Gelübde in dieser Not: sie wolle drei Jahre trauern; in diesen drei Jahren niemals tanzen, noch ihren Bräutigam sehen. In der Nacht kam ein Engel und gab ihr im Schlafe ein Weidenreis und sagte, sie solle das erste gefallene Vieh auf dem Hügel vor dem Dorfe in aller Frühe verscharren und das Reis darauf pflanzen. Als der Engel verschwand, erwachte sie; eilends stand sie auf und ging zum Stalle: da lag ihr Kalb tot neben seiner Mutter. Nun tat sie wie der Engel ihr befohlen hatte, begrub das Kalb und pflanzte das Reis darauf. Sie hielt ihr Gelübde volle drei Jahre, und das Dorf und ihr Haus blieben allein verschont; die Weide aber gedieh und ist größer und schöner geworden als irgendeine andere im ganzen Lande. Man sieht sie heute noch.

Bei Schleswig haben die Bauern in einer schlimmen Zeit des Viehsterbens einer zweijährigen Quien lebendig den Kopf abgeschnitten und haben diesen, die Augen nach Osten gekehrt, oben im Kapploch angebunden. Darnach ist das Sterben nicht ins Haus gekommen. Um das Sterben der Kälber zu verhüten, muß man das Herz eines Kalbes in eine bestimmte Wand des Feuerherds einmauern. Das hilft.

[255] Rethwisch, Ernst und Laune S. 58. – Mündlich. – Samuel Meigerius (weil. Pastor in Nortorf) schreibt in seinem Buche de Panurg. lamiar. Buch II. c. I.: Men vindet hen unde wedder hyr im Lande up den Tünen steken Perde edder Ossenköppe, daran se ungetwivelt Byloven hebben, welkes ick nicht hebbe ervaren könen. – Man findet an den Giebeln alter Bauernhäuser, namentlich noch im Lauenburgischen, zwei aus Holz geschnitzte Pferdeköpfe. (S. Mythol.) Als man seit dreißig Jahren anfing, den Brettern eine andre Gestalt zu geben, waren die alten Leute darüber sehr ungehalten.

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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Zweites Buch. 381. Das Viehsterben. 381. Das Viehsterben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-45E5-3