Einsicht

Schau nicht, schau nicht so um dich her,
Als ob da deine Welt sich breite.
Die Erde nicht und nicht das Meer,
Zieh deinen Blick hinaus ins Weite.
Du wohnst hier nur im Wanderzelt;
Die Heimath fordert all dein Sinnen,
Und suchst du deine wahre Welt,
So richte deinen Blick nach innen.
Bau nicht, bau nicht ein festes Haus
Als Heim auf irdschem Grund und Boden;
Man trägt dich doch dereinst hinaus
Und legt als todt dich zu den Todten.
Dein wahres Heim, es ist nur dort,
Wohin du lebst und denkst, zu schauen,
Und jede That und jedes Wort
Trägst du ihm zu, um es zu bauen.
[76]
Trau nicht, trau nicht dem eb'nen Weg,
Den Tausende durchs Leben wandern.
Weich ab, weich ab zum steilen Steg,
Und laß sie lächeln, all die Andern.
Sieh auf die Thoren nicht zurück,
Und achte nicht auf ihre Stimmen;
Denn wisse wohl, dein wahres Glück
Liegt hoch und läßt sich nur erklimmen.
[77]

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TextGrid Repository (2012). May, Karl. Gedichte. Himmelsgedanken. Einsicht. Einsicht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-3235-6