Umkehr

Ich segne dich. Ich sah die Thräne stehn
Im Auge, das du bittend zu mir hobst.
Ich segne dich. Ich sah dich in dich gehn
Und höre, was du dir und mir gelobst.
Es ist ein Jubeltag dem Paradies
Und allen seinen Seligen bescheert,
Wenn eine Seele, die es einst verließ,
Am Arm der Einsicht reuig wiederkehrt.
Ich segne dich. Ich sah dich betend knien;
Ich hörte es, du habest dich ermannt
Und wollest endlich, endlich heimwärts ziehn,
Da du den Weg zum wahren Heil erkannt.
Ich segne dich, wie Niemand segnen kann
Als ich, die ewge Liebe, nur allein,
Und fühlst du diese meine Liebe, dann
Wirst du für immerdar gesegnet sein.
[126]
Ich segne dich, weil du um Gnade batst,
Denn du warst mir noch immer, immer lieb.
Du Armer wußtest ja nicht, was du thatst,
Als dich der Irrthum aus dem Himmel trieb.
Ich segne dich, und dieser Segen faßt
In sich des Himmels ganze Seligkeit:
So wie Vergebung du gefunden hast,
Sei zum Verzeihen stets auch du bereit!
[127]

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TextGrid Repository (2012). May, Karl. Gedichte. Himmelsgedanken. Umkehr. Umkehr. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-3151-E