[256] Lob- und Trauer-Gedichte

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[261] Die Reise der Königin aus Reich Arabien nach dem himmlischen Jerusalem/ die Weißheit Salomonis zu hören
Als die Hochgebohrne Gräfin und Frau/ Frau Aemilia Juliana/ Gräfin zu Schwartzburg und Hohnstein etc. Anno 1706. diß zeitliche gesegnet

In Nahmen eines andern.


Wenn in der Finsterniß gebohrner Niedrigkeit
Die Weißheit schon ein Licht/ das auch die Nacht erhellet;
Was Wunders/ daß ihr Glantz/ der sich zum Purpur stellet/
Und über Cronen strahlt/ diß gantze Rund bestreut.
Ein jedes Auge sieht das Auge dieser Welt;
Da nun der Weißheit Licht der Sonnen vorzuziehen;
Und auch der Sternen Gold vor ihrem Strahl muß fliehen;
Was Wunders/ daß ihr Glantz in frembde Länder fällt?
Daß sich zu ihrem Thron die mächtge Königin/
Die reich Arabia anbetet und verehret/
Von Ihrem Thron begiebt/ und da die Weißheit höret/
Wo bey der Pracht der Welt ein Himmel gleicher Sinn?
Wer ist/ der nicht den Geist auf dich/ Hochseelge lenckt/
Die aus berühmten Stamm mit Blute sich gegattet/
Das stets der Himmels Fürst mit Gnaden über schattet/
Und dem ein Käyser selbst die hohen Ahnen schenckt?
Die Ihrem Adel hat den Adel beygesetzt/
Der aus der Weißheit kommt/ den Gott selbst herrlich nennet.
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Die sich aus Demuth nicht vor Hochgebohrn gekennet/
Und die die Tugend mehr/ als Cronen wehrt geschätzt?
Du Hochgebohrne Frau/ hast jene Königin/
Die Salomonis Ruhm nach Salem hat gezogen/
An Hoheit des Gemüths bey weiten überwogen/
Und gehst zum Salomon viel ungemeiner hin.
In reich Arabien war jener Thron gebaut/
Das arm an Gottes Wort und himmlischen Ergetzen.
Da man in deinem Land' an solchen selgen Schätzen/
Durch dein Bemühen mit ein reiches Salem schaut.
Die Weißheit Salomons war jener ein Gerücht.
Doch Gottes Weißheit war dir ein bekanntes Wesen;
Ein Buch/ in dem ein Bild von seiner Krafft zu lesen.
Ein Glantz vom ewigen und ungemeinen Licht;
Ein Hauchen von der Krafft/die man allmächtig heißt;
Zum Brief der Seeligkeit das allerreinste Siegel;
Zur Kenntniß unsers Heyls ein unbefleckter Spiegel;
Ein Strahl der Herrlichkeit/ die man unendlich preist.
Wenn aus Neugierigkeit sich jene nur bemüht/
Und zu der Weißheit reißt; So thust du es aus Liebe/
Aus Lieb'/ als dem Magnet/ der Gottes milde Triebe
Und seines Geistes Krafft/ wie Eisen an sich zieht.
Aus Liebe warest du der Weißheit ihre Braut;
Und ihre Schöne hat dein Hertze lieb gewonnen.
Durch sie hat deine Seel ein köstlich Kleid gesponnen/
Und mehr als Königlich die Nesidentz gebaut.
Schift jene über Meer zum weisen Salomon/
So daurt es kurtze Zeit. Doch in so vielen Jahren
Ist dein Erlauchter Geist der Wahrheit nachgefahren/
Und lud auch allezeit viel Güter auf davon
Dein Bleymaß des Verstands hat dieses Meer der Welt
An Syrten/ Felsen/ Sand/ so wissen zu ergründen/
Daß du glückselig warst/ die enge Bahn zu finden/
Worauf in Canaan man sichre Schiffart hält.
War jener ihr Gefolg in Ißrael sehr groß:
Was war es deinem gleich/ wenn du zum Himmel giengest?
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Wenn du den Perlen-Thau von Gottes Weißheit fiengest/
Und dieser Salomon dir sein Gemach ausschloß/
So lag die Priesterschafft mit Beten und mit Flehn
Vor dir/ als Schutz-Göttin/ gebückt zu deinen Füssen/
Und bat/ es möchte die des Himmels Gnade küssen/
Von deren Gnade sie ihr Wohlseyn könten sehn.
Ja selbst dein gantzes Land vermehrte deinen Staat/
Den Staat/ den Gottes-Furcht/ Leutselig seyn und Milde/
Klug- und Gerechtigkeit nach Gottes Ebenbilde/
In allen Hertzen dir bey Gott erworben hat.
Wenn jene Salomon mit Räthseln hat versucht:
So batest du vor ihm um Weißheit aus der Höhe;
Damit sie bey dir sey und denn dein Auge sehe/
Was Gott von uns beliebt/ und was er auch verflucht.
Und so ward auch dein Geist mit Weißheit ausgerüst.
Was Schrifftgelahrten sich für ein Geheimniß achten.
Kont' ein Erlauchter Sinn in dir mit Lust betrachten/
Du warst als Herrschafft auch in Wissenschafft begrüßt.
War eine Schurmannin ein Wunder ihrer Zeit;
Erhöht Elisabeth den Purpur Engelandes
Durch Sprachen/ Tugenden und Hoheit des Verstandes:
So ehrt die Welt von dir auch gleiche Trefflichkeit.
Wenn reich Arabia durch die Beherrscherin
Dem Salomon Gewürtz und Centner-Goldes schencket:
So ist dein höchster Ruhm/ was Salomon selbst dencket:
Auch über Cronen geht ein Weißheits-voller Sinn.
Es kommen ihrem Werth nicht Fürsten-Thürmer bey/
Und Königreiche sind so hoch nicht anzusetzen/
Für sie ist Reichthum nichts: Gold ist für Sand zu schätzen/
Und gegen sie ist Koth und Silber einerley.
Diß alles überwog dein Tugend-schwer Gewicht.
Was du dem Himmel giebst/ sind lauter Weißheits-Früchte/
Dadurch wird jener Schatz/ der irrdisch ist/ zu nichte;
Und deinem ewigen hält er die Wage nicht.
Allein/ was präg ich hier/ Hochselge Gräfin ein/
Was deinen Abschied uns unendlich herber machet?
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Wenn deine Tugend gleich in uns unsterblich lachet/
So weint doch unser Hertz/ daß du must sterblich seyn.
Es weinet dein Gemahl/ der Hochgebohrne Graf.
Was Rom vordem gehabt von hohen edlen Frauen/
Ja alles konnt' er selbst in deiner Liebe schauen/
So daß auch dein Verlust Sein alles schmertzlich traf.
Der Hochgebohrne Herr/ dein und des Himmels Bild/
Den Gott dir eintzig gab/ weil zu des Landes Seegen
Und Weißheit/ Tugend/ Geist der Eltern darzulegen/
Ein Salomon allein dem David sattsam gilt/
Der seuffzet und mit ihm das gantze hohe Hauß/
Das vor der Sterblichkeit unsterblich schon zu achten/
Das wir in Ehr-Furcht zwar doch nie genug betrachten/
Und lässet billig hier die Schmertzens Regung aus.
Es weint der gantze Hoff; die Hoffnung fallet hin.
Es weint die Priesterschafft; die Hohen Schulen müssen/
Ja selbst das gantze Land itzt lauter Thränen küssen:
Denn dieser Mutter stirbt/ und jener Schutz-Göttin.
Ich wein'/ ich armer Knecht! jedoch an Gnaden reich/
Die mir dein Milde seyn unwürdig zugemessen/
Bey allgemeinem Leid/ ist meines nicht vergessen/
Und wird allein gemehrt/ daß es dem grösten gleich.
So weinet jederman! doch Salomon nur lacht/
Der mit der Frommen Tod es wohl und seelig meynet/
Daß itzt vor seinem Thron der Herrlichkeit erscheinet/
Die seine Weißheit hat so ungemein geacht/
Daß solcher ewiglich gewürdiget zu seyn/
Sie eine Reise thut nach dem gelobten Lande.
Nun/ Hochgebohrne Frau/ in deinem selgen Stande
Trifft/ was die Schrifft dort sagt/ gewünscht und völlig ein:
Und König Salomo gab dieser Königin
Von Reich Arabia/ was sie begehrt und bate:
So giebt er dir vorerst die Seeligkeit der Gnade/
Und wirfft des Nestors Jahr auf unsre Herrschafft hin.

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TextGrid Repository (2012). Hunold, Christian Friedrich. Gedichte. Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte. Lob- und Trauer-Gedichte. Die Reise der Königin aus Reich Arabien. Die Reise der Königin aus Reich Arabien. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-8821-0