[191] Patmos

Dem Landgrafen von Homburg


[Ansätze zur letzten Fassung]


Voll Güt ist; keiner aber fasset
Allein Gott.
Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.
Im Finstern wohnen
Die Adler, und furchtlos gehen
Im Tagewerk die Söhne der Alpen über den Abgrund weg
Auf leichtgebaueten Brücken.
Drum, da gehäuft sind rings, um Klarheit,
Die Gipfel der Zeit,
Und die Liebsten nahe wohnen, sehnsuchtsvoll, ermattet, auf
Getrenntesten Bergen,
So gib unschuldig Wasser,
O Fittige gib uns, treuesten Sinns
Hinüberzugehn und wiederzukehren.
So sprach ich, da entführte
Mich künstlicher, denn ich vermutet,
Und weit, wohin ich nimmer
Zu kommen gedacht, ein Genius mich
Vom eigenen Haus. Es kleideten sich
Im Zwielicht, Menschen ähnlich, da ich ging,
Der schattige Wald
Und die sehnsüchtigen Bäche
Der Heimat; nimmer kannt ich die Länder.
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Viel aber mitgelitten erfahren haben wir, Merkzeichen viel. So
In frischem Glanze, geheimnisvoll,
In goldenem Rauche blühte
Schnellaufgewachsen,
Herzlich erkannt, mit Schritten der Sonne,
Von tausend Tischen duftend, jetzt,
Mir Asia auf und geblendet ganz
Sucht eins ich, das ich kennete, denn nie gewöhnt hatt
Ich mich solch breiter Gassen, wo herab
Vom Tmolus aus fährt,
Ein unzerbrechlich Zeug, der goldgeschmückte Paktol
Und Taurus stehet und Messogis, und von Gewürzen
Fast schläfrig der Garten,
Vom Jordan fern und Nazareth
Und fern vom See, an Capernaum, wo sie ihn
Gesucht, und Galiläa die Lüfte, und von Cana.
Eine Weile bleib ich, sprach er. Also wie mit Tropfen, heiligen,
Stillte er das Seufzen des Lichts, das durstigem Tier war oder
Dem Schreien des Huhns ähnlich, jenes Tages, als um Syrien, verblüht,
Gewimmert der getöteten Kindlein heimatliche
Anmut wohlredend im Verschwinden, und des Täufers
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Sein Haupt stürzt und, das goldene, lag uneßbarer und unverwelklicher Schrift gleich
Sichtbar auf trockener Schüssel. Wie Feuer, in Städten, tödlichliebend
Sind Gottes Stimmen. Brennend ist aber, gewißlich
Das gleich behalten, im Großen das Große.
Nie eine Weide. Daß einer
Bleibet im Anfang. Jetzt aber
Geht dieses wieder, wie sonst.
Johannes. Christus. Diesen, ein
Lastträger, möcht ich singen, gleich dem Herkules, oder
Der Insel, welche gebannet, und angeblümt, sinnreich, erfrischend,
Die benachbarte mit kalten Meereswassern aus der Wüste
Der Flut, der weiten, Peleus. Aber nicht
Genug. Anders ist es ein Schicksal. Wundervoller.
Reicher, zu singen. Unabsehlich
Seit dem die Fabel. Und auch möcht
Ich die Fahrt der Edelleute nach
Jerusalem, und wie Schwanen der Schiffe Gang und das Leiden irrend in Canossa, brennendheiß,
Und den Heinrich singen. Aber daß uranfangs
Der Mut nicht selber mich aussetze. Schauen, müssen wir mit Schlüssen,
Der Erfindung, vorher. Denn teuer ists,
Das Angesicht des Teuersten. Nämlich Leiden färbt
Die Reinheit dieses, die rein
Ist wie ein Schwert. Damals sah aber
Der achtsame Mann
Das Angesicht des Gottes,
Da, beim Geheimnisse des Weinstocks, sie
Zusammensaßen, zu der Stunde des Gastmahls,
Als in der großen Seele, wohlauswählend, den Tod
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Aussprach der Herr, und die letzte Liebe, denn nie genug
Hatt er, von Güte, zu sagen
Der Worte, damals, und zu bejahn schneeweiß. Aber nachher
Sein Licht war Tod. Denn begrifflos ist das Zürnen der Welt, namlos.
Das aber erkannt er. Alles ist gut. Drauf starb er.
Es sahen aber, gebückt, desunerachtet, vor Gott die Gestalt
Des Verleugnenden, wie wenn
Ein Jahrhundert sich biegt, nachdenklich, in der Freude der Wahrheit
Noch zuletzt die Freunde,
Doch aber mußten sie trauern, nun, da
Es Abend worden. Nämlich meistens ist rein
Zu sein ein Geschick, ein Leben, das ein Herz hat,
Vor solchem Angesicht, und dauert über die Hälfte.
Zu meiden aber ist viel. Zu viel aber
Der Liebe, wo Anbetung ist,
Ist gefahrreich, triffet am meisten. Aber jene nicht
Von Tränen und Schläfen des Herrn wollten
Lassen und der Heimat. Eingeboren, glühend
Wie Feuer rot war im Eisen das. Und schadend das Angesicht des Gottes wirklich
Wie eine Seuche ging zur Seite, der Schatte des Lieben.
Drum sandt er ihnen
Den Geist, und freilich bebte
Das Haus und die Wetter Gottes rollten
Ferndonnernd, Männer schaffend, zornige, wie wenn Drachenzähne, prächtigen Schicksals,

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TextGrid Repository (2012). Hölderlin, Friedrich. Gedichte. Gedichte 1800-1804. [Hymnen]. Patmos [Ansätze zur letzten Fassung]. Patmos [Ansätze zur letzten Fassung]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7A41-8