[46] Das Lied von Sandomir
Mel. Im Kreise froher kluger Zecher.
Ich kenn' ein Volk im deutschen Lande,
Das macht von sich ein groß Geschrei,
Als ob auf seinem dürren Sande
Nur Tugend, Kunst und Weisheit sei,
Und nirgend wachs' und blüh' als dort
Noch freie Schrift und freies Wort.
Ich kenn' ein Volk, das sich hienieden
Sehr heilig zu geberden weiß,
Und Demuth, Seelenruh' und Frieden
Hält für den höchsten Erdenpreis,
Und alle Böcke groß und klein
Verwandeln möcht in Lämmelein.
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Ich kenn' ein Volk, das Alles meistert,
Und Alles besser weiß und kann,
Das sich für Alles schnell begeistert,
Für allerlei und jedermann,
Das jeden thut in Bann und Acht,
Der's nicht so meint und anders macht.
Ich kenn' ein Volk, das sich alleine
Vom lieben Gott begnadet hält,
Und glaubt, daß Seine Sonne scheine
Am schönsten ihm vor aller Welt;
Und daß es ohne Schmeichelei
Der Erde Licht- und Glanzpunkt sei.
Ich kenn' ein Volk, das sich für Gäste
Des Paradieses hier schon hält,
Dem täglich Gott das Allerbeste
Auf seinen Tisch zur Labung stellt,
Und dem sein eignes Dünnebier
Mehr ist als Sect und Malvasier.
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Ich kenn' ein Volk, das vor dem Lichte
Der Wahrheit nicht zu beben meint,
Das sich als Quell der Weltgeschichte
Ganz wohlgefällig selbst erscheint,
Und denkt: die Welt versiegt gar schnell,
Wenn sie nicht schöpft aus diesem Quell.
Zu diesem Volke müßt ihr wandern
Und unter ihnen Hütten bau'n,
Ihr müßt vergessen alles Andern
Und nur ihr Thun und Treiben schau'n,
Dann wird euch allen hell und klar,
Wie viel an diesem Liede wahr.