Der Vorhang

Nach dem Altfranzösischen.


Schlaf' hinterm Vorhang, wer da will;
Ich mag ihn nicht mein ganzes Leben
Und will Euch gleich zur Nachricht geben,
Warum ich ihn nicht mag noch will.
Zuerst und primo denn: Die Lust,
Die sich zu sehr des Dunkels freuet,
Der Traum, der auch Auroren scheuet,
Sind ihrer sich nur halb bewußt.
Wo Morgen- nicht noch Abendroth
Noch Dämmerung uns mag erreichen,
Nur schwarze Schatten um uns schleichen,
Ist Phantasie der Liebe todt.
Die Muse liebt des Tages Schein;
Die Grazien und Liebesgötter,
Sie betten sich auf Rosenblätter;
Im Freien schlafen alle Neun.
Mein Vorhang ist die Unschuld mir;
Das scheue Wild kriecht in die Höhlen.
Mich soll der Welthauch frei beseelen;
Den zieh' ich mir zum Vorhang für.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Gedichte. Gedichte. Erstes Buch. Der Vorhang. Der Vorhang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5CB8-1