[10] Der Sünder

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Wenn ich den Wellenschlag des Meeres höre,
eintönig rauschend, Nachts, in dunkler Stunde,
aufblutet des Gewissens alte Wunde,
so stark ich auch mich wider mich empöre.
Ich seh ein Weib, gehüllt in Trauerflöre,
das murmelt dumpf mit todesblassem Munde,
was mich vor Graun erbeben macht, die Kunde,
dass sie der Schande Fluch im Grabe störe.
Weh meinem fiebergluth-durchlohten Hirne!
Ich seh sie winken mir mit schmalen Händen –
und kalte Tropfen perlen von der Stirne.
Der Rache Faust seh ich auf mich sie wenden,
weil sie durch mich erniedrigt ward zur Dirne –
in Qualen fühl ich meine Nächte enden.

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TextGrid Repository (2012). Hartleben, Otto Erich. Gedichte. Meine Verse 1883-1904. Der Sünder. 1. [Wenn ich den Wellenschlag des Meeres höre]. 1. [Wenn ich den Wellenschlag des Meeres höre]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-368C-9