[45] Lied/ Von dem Weinmonat
Nach der Stimme: Singen wir aus Hertzensgrund/etc.
1
Jauchtzet/ ihr Wintzer! alle zugleich/
unsere Trauben werden nun weich;
kommet/ empfahet mit Freuden den Lohn/
welchen die Arbeit bringet darvon:
Reiffende Reben schencken uns ein/
heissen/ die trauren/ frölicher seyn/
füllend die leeren Keller mit Wein.
2
Noe legt erstlich saftige Feser/
lehrte die Häcker/ warbe die Leser/
schniedte deß Rebens Blätter vom Stamm/
bande sie an die Pfäle zusamm/
presste der Kelter lieblichen Saft/
welcher den Hertzen giebet die Krafft/
Sorgen und Kummer ferne wegschafft.
3
Lobet und liebt den herrlichen Most/
welcher versüsst die niedliche Kost;
ehret der Thäler edele Frucht/
welche man zu den Kelleren sucht!
[46][48]Aber doch haltet im Trincken das Ziel/
weilen deß Weins zu wenig und viel
leichtlich verderbt das lustigste Spiel.
4
Weinen ist unser Leben ohn Wein/
einsam und ohne Freunde zu sein;
Trincken verbindet menschlichen Sinn/
nimmet Verdacht und argen Wahn hin:
Freunde sind gleich dem freudigen Mahl/
welche man kieset in mehrerer Zahl/
mittels des Weins/ mit offener Wahl.
5
Schauet! Die Sonne den Scorpion trifft/
(sothanes Thier verletzet durch Gifft);
hüte dich vor der Trunckenheit Lust/
welcher die Reue stetig bewust:
gleichet der krumme Rebe der Schlang/
glänzet im Glase/ schwächet den Gang/
machet dem Säuffer schmertzlichsten bang.
6
Jauchtzet/ ihr Liebsten! alle zugleich/
Trincken macht oft die Ärmesten reich;
Trincken beschwert das ruhige Hertz/
bringet mit sich der Kranckheiten Schmertz.
[48]Jeder ist edel/ voller Verstand/
jeder rühmt seine Güter im Land/
weilen ihn hält der Trunckenheit Band.
7
Brauchet nun recht und mässig den Tranck;
saget dem Höchsten hertziglich Danck!
Lobet ihn für die treffliche Gab,
lobet Gott in der sicheren Haab!
welcher uns giebet freudigen Muth/
speiset uns mit der Kelterpreß Blut;
lobet Gott/ der alls Gutes uns tut.