Laurette

Was können Witz und Liebe nicht,
Wenn beide sich genau vereinen!
Dann wird, wann uns ein Rath gebricht,
Der Anschlag von sich selbst erscheinen.
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Denn Amor ist noch so verschmitzt,
Als wir in den Geschichten lesen,
Und, wann der Schalk ein Herz besitzt,
So muthig, wie er sonst gewesen.
Boccaz hat ihn genau gekannt,
Er lehret viel von seinen Streichen,
Und glaubt, es werde durch Verstand
Die Liebe stets den Zweck erreichen.
In Welschland war ein junges Weib,
Dem weder Reiz noch Regung fehlte;
Nichts übertraf den schönen Leib,
Als nur der Geist, der ihn beseelte.
Der schwarzen Augen schlauer Scherz,
Der Anstand lockender Geberden
Bezauberten ein jedes Herz,
Und mußten Gismunds Meister werden.
Laurette wird von ihm verehrt,
(So wollen wir die Schöne nennen;)
Allein sie schätzet ihn nicht werth,
Ihm ihre Gegengunst zu gönnen.
Sie widersteht der Schmeichelei,
Und, was noch mehr, auch den Geschenken.
Warum? sie selbst ist nicht mehr frei,
Und kann an Guido nur gedenken;
An Guido nur, der ihr gefällt,
Und jenem schon zuvorgekommen;
Drum wird vor Gismund, und der Welt
Ein Ernst voll Keuschheit angenommen,
Ein unerheitertes Gesicht,
Ein Wohlstand, der in Ehrfurcht setzet,
Und Tugend, Ehrbarkeit und Pflicht
Viel höher, als das Leben, schätzet.
Umsonst ist seine Redekunst,
Umsonst sein Flehen und Versprechen:
Nichts, nichts erwirbt ihm ihre Gunst,
Nichts kann den frommen Vorsatz brechen.
So züchtig sind zu aller Zeit,
So unerbittlich viele Schönen,
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Die doch den Wahn der Grau amkeit
In eines dritten Arm verhöhnen.
Doch Gismund wird auf einmal kühn,
Als man ihm heimlich kund gemachet,
Wie diese Lippen, die ihn fliehn,
Sehr oft den Guido angelachet.
Nachdem ihm auch die Kammermagd,
Die man, errathet wie? gewonnen,
Getreuen Beistand zugesagt,
Wird bald ein Mittel ausgesonnen.
Er eilt Laurettens Zimmer zu,
Die auf des Lieblings Schooße lauschet,
Und jetzt mit ihm, in sichrer Ruh',
Die allerbesten Küsse tauschet.
Sie hört ihn kommen. Sie erschrickt,
Und hatte Recht, sich zu erschrecken.
Ihr Guido muß, so gut sich's schickt,
Sich eiligst hinter's Bett verstecken.
Sie bebt, und glaubt, es sei der Mann;
Doch als sie Gismund kaum erkannte,
Fing der schon eine Predigt an,
Darin er sie nicht heilig nannte.
Er schwört, den strafbaren Betrug
Vor niemand länger zu verschweigen,
Sucht sie, ohn' einigen Verzug,
Sich nicht geneigter zu erzeigen.
Sie klagt: er droht. Sie seufzt: er lacht.
Sie fleht um Aufschub; doch vergebens.
Er will; sie endlich auch. Dies macht
Die Endschaft alles Widerstrebens.
Man sagt sich Lieb' und Eintracht zu,
Und gibt und nimmt von beiden Zeichen.
Ach Guido! was gedachtest du?
Was konnte deinem Unmuth gleichen?
Allein, nun setzt es erst Gefahr:
Nun gibt's die schlimmsten Augenblicke.
Der Mann, der hier nicht nöthig war,
Kömmt, eh' man es gedacht, zurücke.
[166]
Wie wäre, sonder Weiberlist,
Dies jemals glücklich abgegangen?
Jedoch, wo die beschäftigt ist,
Da sieht man leicht, was anzufangen.
Der Gismund rennt, auf ihr Geheiß,
Ganz trotzig, mit entblößtem Degen,
Dem Manne, der von gar nichts weiß,
Als sucht' er seinen Feind, entgegen.
Er knirscht, und ruft: Du sollst gewiß
Durch diese Faust noch heut' erkalten.
Drauf geht er ohne Hinderniß,
Und niemand sucht ihn aufzuhalten.
Lorenzo eilte, ganz entstellt,
Sogleich ins Zimmer der Laurette,
Und fand sein Liebstes auf der Welt,
Sein treues Weibchen, auf dem Bette.
Mein Engel, hättest du gesehn? ...
Was denn? ... Ich kann's vor Angst nicht sagen.
Ich zittre noch ... Was ist geschehn?
Ach! Kind, was hat sich zugetragen? ...
Der Gismund ... Rede! ... kömmt hieher
Mit bloßem ... Wie? ... mit bloßem Schwerte;
Und vor ihm lief, ich weiß nicht wer,
Der Sicherheit und Schutz begehrte.
Ich glaube, daß er auch allhier
In einen Winkel sich verkrochen:
Denn Gismund fand ihn nicht bei mir,
Und trollte sich mit vielem Pochen.
Das ist mir herzlich lieb, mein Schatz,
Erwiderte der Hörnerträger,
Es ist mein Haus kein Tummelplatz
Für Meuchelmörder, oder Schläger.
Drauf ruft er durch das ganze Haus:
Mein Freund, wo habt ihr euch verborgen?
In welchem Winkel? nur heraus!
Hier ist nichts weiter zu besorgen.
Mein Guido kömmt, und danket ihm,
In aller Demuth, für sein Leben,
[167]
Daß er vor Gismunds Ungestüm
Ihm eine Zuflucht hier gegeben.
Ihn will, zu größrer Sicherheit,
Der Alte selbst nach Hause bringen,
Und ist mit eigner Faust bereit,
Ihm, auf den Nothfall, beizuspringen.
Es waffnet sich der theure Mann.
Laurettens Furcht gewinnt ein Ende.
Die Liebesgötter sehn es an,
Und klatschen jauchzend in die Hände.

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TextGrid Repository (2012). Hagedorn, Friedrich von. Gedichte. Fabeln und Erzählungen. Erstes Buch. Laurette. Laurette. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2FA4-E