Der Ander Auffzug.
Cassander. Fabricius.
CASSANDER.
Woher mon cher amy mit schauffeln / grabscheid / pickē?
FABRICIUS.
Mein Herr steckt in dem Wahn sein Grab sey zu beschicken /
Sein Sarg und Todten-Kleid soll alles seyn gemacht /
Wo nicht so müss' er fort und noch vor diser Nacht.
CASSANDER.
Voila bien les plus foux de tous les foux de monde.
FABRICIUS.
Die klügsten werden offt zu Thoren manche Stunde.
CASSANDER.
Helas, was gibst du an?
FABRICIUS.
Diß was mein Herr begehrt.
CASSANDER.
Je crains daß dir der Kopff und ihm das Hirn verkehrt.
FABRICIUS.
Warumb? Vmb daß ich thu was er von mir wil haben?
CASSANDER.
Ne raille point, amy? Wilst du ihn denn begraben?
FABRICIUS.
Nein! sondern emsig seyn daß man sein Grab bereit.
[25]CASSANDER.
He bien, si tu le veux; so hast du hohe Zeit.
FABRICIUS.
Zeit / daß ich (wo er stirbt) zu sterben mich bemühe.
CASSANDER.
Des maux quil a souffert ton Ame est attendrie,
FABRICIUS.
Ja Mohn ist vor den Schlaf / les soufflets acht ich nicht.
CASSANDER.
Quoy, vos ignoretz donc?
FABRICIUS.
Ja Dunckel ist nicht Licht.
CASSANDER.
Qu' entend i' ô Ciel?
FABRICIUS.
Kein Tand /
CASSANDER.
Vous estes foux ensemble.
FABRICIUS.
Das beste sammlet man:
CASSANDER.
Ma foy, monsieur, je tremble.
FABRICIUS.
Kein trampeln gilt hir nicht kein Zittern vor den Tod.
CASSANDER.
C'en est trop.
FABRICIUS.
Ja ein Tropff fleucht in der letzten Noth.
CASSANDER.
O Honte!
FABRICIUS.
O Hund selb-selbst.
CASSANDER.
Il se faut eloigner
Ie ne voy pres d' un fou que des maux a gaigner.
FABRICIUS.
Jhn hätt ich anderwerts noch nicht von mir gebracht.
Er sprengt die Zeitung aus (was wett ich) eh es Nacht /
daß beyde Herr und ich von Witz und Sinnen kommen.
Vnd diß dint zu dem Werck das wir uns vorgenommen.
Flavia. Cassander.
FLAVIA.
O Himmel! welch ergrimmte Schmertzen
Beschweren die geklämmten Hertzen;
Die in erhitzter Libe brennen.
Doch keine wider-Lib' erkennen.
CASSANDER.
Mon ange! mein Licht und ma vie
Permettetz daß ich nider knie /
Et offre a vous mon cœur & Ame.
Die sich in euch tres haute Dame.
FLAVIA.
Auff. Jch hab itzt nicht Zeit zu hören
Auff solchen Tand!
CASSANDER.
Bey meiner Ehren.
Je Iure.
FLAVIA.
Was? Jsts von der Huren!
CASSANDER.
Ah! pure.
FLAVIA.
Jch weiß nichts von der Fuhren.
Man hat bey Thoren nie gewonnen.
CASSANDER.
Vous estes ma Diane & Sonnen.
[26]FLAVIA.
Weg Thor!
CASSANDER.
Nenni, Fabricius wüttet.
FLAVIA.
Was hör ich!
CASSANDER.
Sa teste ist zerrüttet.
Il parle von so tollen Sachen
s' macht une pierre darumb lachen.
FLAVIA.
Wann hast du das von ihm vernommen?
CASSANDER.
Ce méme heure als ich von ihm kommen.
FLAVIA.
Jsts Falschheit? Glaub ichs.
CASSANDER.
Ouy, ich schwere /
FLAVIA.
Verzeuch daß ich nach Haus' umbkehre /
Jch muß den Fall so zu beklagen?
Der Fraw und Jungfer stracks vortragen.
CASSANDER.
Ha mort / das Glück ist nicht propice
Ell' ayme plus que moy Fabricius.
Cornelia. Chloris.
Jn dem Lust-Garten.
1.
CHLORIS.
Rinnt bittre Thränen rinnt!
Hat iemals wer ersinnt!
Daß eine Mutter könt ihr Kind so hindan setzen /
Vnd auff den Tod verletzen?
2.
Wo ist diß je erhört /
Daß die so hoch versehrt.
Der ich das Leben hab / und was ich bin / zu dancken!
Kan Mutter-Treue wancken?
3.
Ach! sie wanckt nur zu vil!
Die vor sich selbst diß wil.
Was das Verhängnüß mir hat einig ausersehen!
Jsts denn umb mich geschehen!
4.
Ja freilich! ach ich sol /
(Auff daß der Mutter wohl)
Mich in das tiffste Weh und schwerste Leid versencken
Diß heist mit Gallen träncken!
5.
Was ist es / werthe Fraw /
Das sie begehrt? Sie traw /
Jch bin bereit vor sie diß Seelchen hin zu geben!
Zu sterben vor ihr Leben!
6.
Nur dieses ko it zu schwer!
Sie wüntscht was ich begehr.
Sie ni it mir was ich lib und auff den Tod sie hasset!
O besser längst erblasset!
[27] 7.
Wann der Sie schätzen könt;
Dem leider sie nicht gönt.
Was er so embsig sucht: Wolt ich mich überwinden.
Vnd in die Sache finden.
8.
So aber / ach! so seh
Jch nicht wie uns gescheh /
Sie ehrt was vor ihr fleucht / umb was sie libt zu kräncken.
Wo soll ich hin mich lencken?
9.
Gehorsam / Lib / und Ehr /
Bestreiten mich zwar sehr.
Doch Lib hat längst mein Hertz in den Besitz genommen.
Da die zu spat ankommen!
10.
Halt an geschwinde Bach!
Laß von dem rauschen nach!
Biß ich die traute Schrifft noch einmahl übersehe
Vnd Nymphen euch anflehe:
11.
Die jhr umb dises Thal
Die raue Libes-Qval
Vnd ungeheuren Zwang (so wie man mir gesaget)
Nicht einmal habt beklaget.
Sie setzet sich nider / liset und entschläft.
1.
CORNELIA.
Forscht iemand wie in ein Gemütte /
Die strenge Macht der Libe wütte;
Der schau auff mich so wird er finden /
Wie sie die Sinnen könne binden /
Wie sie die Bande könn entschlissen.
Den anderswerts Wald / See und Lüffte folgen müssen.
2.
Sie reitzet mich nach dem zu sehen /
Der ehr es schätzt mich zu verschmähen!
Sie zwänget mich nach allen Schätzen /
Auch selbst mein Blut hindanzusetzen!
Jndem / weil ich in ach verschwinde /
Jch leider eifern muß mit meinem libsten Kinde.
3.
Cornelie kanst du denn leiden!
Kan dir das Hertze nicht durchschneiden?
Daß deine Tochter gantz verblühet /
Die Mutter nicht an Mutter sihet!
Weil du ihr diß zu nehmen ringest.
Wordurch du dich in Lust / sie ins Verterben bringest.
4.
Wie! opffer ich mein Kind den Schmertzen /
Vor den / der mich schleust aus dem Hertzen?
Ach ja! er lern' hiraus erkennen /
Wie feurig dise Geister brennen:
[28] Die alles / ja ihr Blutt auffsetzen
Vmb einig sich mit ihm auff ewig zu ergetzen.
5.
Jch libe beyd / doch ich verstehe /
Daß eigne Libe voran gehe /
Drumb ich denn schuldig mich zu mühen /
Vnd meinem Kinde vorzuziehen.
Doch Chloris ist von mir gebohren;
Vnd wird vor den der frembd und mein nicht acht verloren!
6.
Ach nein! sie hindert mein Verlangen!
Sie hat die Seele hintergangen /
Die / wann sie nicht von ihr bethöret /
Mein freundlichst locken längst gehöret!
Vnd solt ich dann vor Tochter schätzen /
Die jhre Mutter mehr denn feindlich kan verletzen?
7.
Was schaw ich! ruht sie in dem Grunde?
Mit in die Schoß gesencktem Munde?
Die Wangen gantz betaut mit Thränen?
Wie still ich ihr betrübtes sehnen?
Was thu ich! ob ich sie erwecke!
Sie scheust auff! hört / was doch ihr träumend Geist entdecke.
CHLORIS
schlaffend.
Traw fest! ich weiche nicht
Von der verschwornen Pflicht!
Last ja die Mutter sich in einen Tyger wandeln!
Vnd mich unmenschlichst handeln!
CORNELIA.
Weh mir! was unbesinnte Sinnen!
Kan Kindes-neigung so zerrinnen!
Was sorg ich vil denn zu betrachten /
Die mich nicht wil vor Mutter achten?
Doch straffe hab ich schon in Händen:
Wenn ich sein Liben kan von dir auff mich abwenden.
CHLORIS
schlafend.
Ja könt es gleich geschehn /
Vnd Chloris müst es sehn:
Daß dich ein andre solt durch grösser Hold erwerben.
Doch wil ich dein ersterben.
CORNELIA.
Was rasen hör ich an / auff Chloris, Chloris auff /
CHLORIS
erwachend.
Mein süsser Schatz / mein Hertz / gib dich nicht auff den Lauff /
CORNELIA.
Was Hertz! was Schatz! ist diß? Kennt man die Mutter nicht.
CHLORIS.
Die Mutter leider ach / verkennt ihr Kind und Pflicht!
[29]CORNELIA.
Jhr Kind! das weder Zucht noch Ruhm noch Mutter acht!
CHLORIS.
Die Mutter acht ich stets / mein Ehr ist unverdacht.
CORNELIA.
Das zeigt der schöne Briff / der in dem Busen steckt.
CHLORIS.
Durch solche Briefe ward kein keuscher Geist befleckt.
CORNELIA.
Hat man bey Keuschen wol von solcher Schrifft gehört?
CHLORIS.
Sie ko it von diser Hand die selbst die Mutter ehrt.
CORNELIA.
Die Mutter die weit mehr was gutt / de du / versteht.
CHLORIS
seit abwerts.
Vnd leider nach dem Gutt / auff das ich hoffe / geht.
CORNELIA.
Du reuchst noch nach der brust! holt docken vor das Kind.
CHLORIS
seit abwerts.
Ja Docken / die beqvem vors Kindes Mutter sind.
CORNELIA.
Jch zitter! wer gab dir den Briff in deine Hand!
CHLORIS.
Jch weis nichts als daß ich ihn in der Cammer fand.
CORNELIA.
Jch bin in meinem Hoff verrathen und verkäufft.
CHLORIS
seit abwerts.
Vnd ich in Leid und Angst und Thränen gantz verteufft.
CORNELIA.
Vnselig! daß ich dich je unterm Hertzen trug!
CHLORIS.
Vnselig daß mich Lib aus ihrem Hertzen schlug.
CORNELIA.
Daß ich mit einem Kuß dich auff dem Arm empfing!
CHLORIS.
Daß Gott nicht meinen Tod vor diser Zeit verhing.
CORNELIA.
Schaut was die Mutter nun aus ihrem Kind erzieh /
CHLORIS.
Fraw Mutter / sie verzeih / sie zeucht nichts / ich verblüh.
CORNELIA.
Kein wunder / tolles Feur hat deine Krafft verzehrt.
CHLORIS.
Das Feur das ihre Krafft durch meine Thränen nehrt.
CORNELIA.
Steht dises Töchtern an / sind solches Jungfern-wort /
CHLORIS.
Spürt man ein Mutter-Wort und Hertz an disem Ort.
CORNELIA.
Nicht Mutter-Hertz / in dem ich vor dich sorgen wil.
CHLORIS
seit abwerts.
Sie sorge wol für mich: Doch vor sich nicht zu vil.
[30]CORNELIA.
Was zanck ich mich mit der die in der Brunst ergri it.
CHLORIS.
Fraw Mutter sie verzeih der / die in Thränen schwi it.
Flavia. Chloris. Cornelia.
FLAVIA.
O schwer Verhängnüs / kan das wütten
Der Sternen / solchen Grimm ausschütten /
Ausschütten auff so reine Seelen.
Komt diser Sturm aus Ditis Hölen.
CORNELIA.
Was klagen hör ich dort. Wie? Jsts nicht Flavie.
CHLORIS.
Es sey auch wer es sey / es klagt mein herbes Weh.
FLAVIA.
Sulpicius sollst du so erblassen.
Fabricius du dich selbst verlassen.
Vmbirren sonder Witz und Sinnen.
Kan man den Himmel nicht gewinnen?
CORNELIA.
Sulpicius. was ist diß / so nahe blasser Noth /
CHLORIS.
Sulpicius zeuch voran ich folge durch den Tod.
CORNELIA.
Stracks Flavie hiher / was weinst du / stracks sag aus.
CHLORIS.
Entdecke beyder Fall / und Fall von disem Hauß.
FLAVIA.
Sulpicius weiß nichts mehr von wissen /
Vnd eilt den Rest der Zeit zu schlissen.
Fabricius rennt umb / sonder sinnen /
Jn rasend-thörichtem beginnen.
Beyde sehn einander als erstarret eine zeitlang an.
CORNELIA
seit abwerts.
O falsch gemischte Frucht! O unbedachter Schluß!
CHLORIS
seit abwerts.
Darzu die Tochter Faust und Nahmen leihen muß!
FLAVIA
abgewendet.
Sie starren beyd als Marmelsteine.
Jch bins die nur von Hertzen weine!
Die trag ihr Leiden nur geduldig /
Die villeicht an dem Vnfall schuldig.
CORNELIA.
Wo ko ist du mit der hochverfluchten Bottschafft her?
CHLORIS
seit abwerts.
O Bottschafft längst gefürcht und leider mir zu schwer.
[31]FLAVIA.
Cassander der es erst entdecket /
Hat mit der Zeitung mich erschrecket.
O Zeitung darob Stein erzittern!
Vnd Berge möchten sich erschüttern!
CHLORIS.
Man forsche wie es sey bewand in ihrem Hauß!
CORNELIA.
Cassanders Herr geht stets bey ihnen ein und aus!
CHLORIS.
Levin ko it / hört! O hört! was man von ihm vernehm.
CORNELIA
seit abwerts.
Vernehm / worüber ich mich ewig gräm und schäm.
Levin. Cornelia. Chloris. Flavia. Cassander.
LEVIN.
Jch wüntsche beyden Glück / O Sonnen diser Zeit.
Wie find ich sie bethränt in diser Traurigkeit?
CORNELIA.
Bethränt! Levin. bethränt! Sulpicius ist Thränen werth!
CHLORIS.
Sulpicius der zu früh und vor der Zeit hinfährt!
LEVIN.
Sulpicius? werthe Fraw! das ist mir unbewust!
CORNELIA.
Rührt die Vnwissenheit aus unverfälschter Brust?
CHLORIS.
Wie? weiß sein Diner mehr als er wol wissen wil.
LEVIN.
Mein Diner? er steht hir! was ist diß vor ein Spil.
CASSANDER.
Ja / ja Monsieur fürwahr! la feinte est inutile.
Jhr sagt nicht was man will / pour estre trop civile,
Fabricius branle starck mit taumelndem Gehirn.
Je lis trop clairement son malheur aus der Stirn /
Son maistre parle aussi tausend extravagances.
De tombeaux, de festins, von Hochzeit & de dances.
Ha quel mal heur mon Herr! Mes dames sie sind mort!
Es ist nicht autrement, ou je nie trompe fort.
LEVIN.
Die Pflicht erfodert daß ich selbst das Werck ergründ
CORNELIA
seit abwerts.
Er gründe nicht zu sehr nach wolgemeynter Sünd
CHLORIS.
O daß sein Anblick mir zu guter Nacht vergönt
CORNELIA.
O daß mit treuem Rath ich ihm beyspringen könt!
LEVIN.
Sie gönn höchstwerthe Fraw daß ich ihn eilend seh.
CHLORIS.
Nur keine Zeit versäumt! Fraw Mutter es gescheh!
[32]CORNELIA
seit abwerts.
Was rath / daß meine Schuld bleib in Verschwigenheit?
Jch geb ihm / Herr Levin.wol selber das Geleit.
LEVIN.
Vnd Chloris thut villeicht Jhr / Jhm und mir die Ehr.
CHLORIS.
Fraw Mutter wo sie will (die Wunde schmertzt zu sehr.)
LEVIN.
Wie schnell verschwinden wir! wie wechselt Glück und Zeit.
CORNELIA
seit abwerts.
O neue Seelen-Angst! O inner HertzensStreit.
CASSANDER.
Ou pensez vous aller! ma foy ich wils nicht rathen.
Die rasende sont sots & thun meschante Thaten.
Sie gehn! passetz devant, wo es pericles gibt
Jst der un innocent der sich nicht selber libt.
Sulpicius. Fabricius. Cornelia. Chloris. Levin. Flavia. Cassander.
SULPICIUS.
Der Durchbruch ist bereit.
FABRICIUS.
Ja / und nach Wuntsch verricht.
SULPICIUS.
Der Will ist wol bey mir. Die Kräffte leider nicht.
Wir spilen mit dem Tod; ich fürcht er sey vorhanden.
Er komm' und löse mich aus Lib und Lebens-Banden!
FABRICIUS.
Mein Herr was Wahn ist dis! itzt ist es hoffens Zeit.
SULPICIUS.
Mein hoffen fällt dahin vor dem gewüntschten Streit.
FABRICIUS.
Nur mutt mein Herr! ich hör jemand vor unser Thüren.
SULPICIUS.
Sucht wol Cornelie ihr Traur-Spil auszuführen
FABRICIUS.
Cornelie, Levin und Chloris selbst sind dar.
SULPICIUS.
O Chloris, schönste Blum / auff meine Todten-Baar /
Ruff allen / doch gib mir von den verdachten Früchten /
Die grosse Citronat.
FABRICIUS.
Was wil mein Herr anrichten?
SULPICIUS.
Bekümmer dich darumb auffs allerminste nicht.
Geh eilends laß sie ein / O hochgewünschtes Licht.
Weg grimm erhitzte Seuch / ich schaw mein Heil ankommen /
Nur leider / leider / mir ist alle Macht benommen /
Die Personen kommen alle in Sulpicen Gemach.
Entgegen / wie ich wüntscht und solt / anitzt zu gehn
Was wird dis hohe Glück mich nicht vor Thränen stehn.
[33] O Sonnen eurer Zeit seid tausendmal gegrüsset /
Vnd du mein Morgenstern / der du sie bringst / geküsset.
CORNELIA.
Sulpicius geht sein starck betrüben /
Noch höher als mein stärcker Liben.
Was kan den hohen Mutt bewegen /
Vnd auff ein siches Bette legen.
Er leb' / er lebe der zu Ehren
Die vor ihr Leben schätzt / sein Wort nur anzuhören.
CHLORIS.
Mein Trost / er schaw die an
Die nichts ersetzen kan:
Als wenn der Himmel ihm sein äuserstes begehren
Nach wüntschen wird gewehren /
LEVIN.
Sulpicius siht er nicht was ihm zu Trost erscheint /
Was umb sein Leiden traurt / umb sein beschweren weint.
Start noch vor disem Lentz der Winter seiner Schmertzen /
Wie / oder geht ihm nicht so hohe Gunst zu Hertzen?
SULPICIUS.
Zu Hertzen ja / mein Tod ist numehr sonder Tod.
Das Leben steht vor mir / ich eile das Gebot /
Das Zeit und scheiden setzt / als sterblich / auszuführen.
LEVIN.
Wie / soll ich libster Freund so schleunig ihn verliren?
SULPICIUS.
Wo etwas von uns bleibt wenn nun der freye Geist /
Sich aus den Glidern macht und durch die Lüffte reist /
Wo nicht der gantze Mensch wird in die Grufft gestecket:
Wann lange Finsternüß und schwartze Nacht uns decket:
So glaubt; ich scheide nicht / ich werde bey euch stehn /
Ob mein verscharter Leib gleich wird in nichts vergehn.
CHLORIS
seit abwerts.
O Himmel / was schaw ich in der so werthen Hand!
CORNELIA
seit abwerts.
Nun spür ich / er vergeht durch meiner Libe pfand.
LEVINUS
seit abwerts.
Laufft falscher Anschlag aus auff ein so herbes End?
CORNELIA
seit abwerts.
Wie? Wer entdeckt ihm mein verbrechen so behend?
SULPICIUS.
Welch Angst beklämmt mein Hertz / auff / Charon rufft zu Port.
Er spannt die Segel schon / seht / seht / sie wollen fort.
Halt alter / halt was ein / ich folg / ich kom / ich eil /
Auff / fasst die Ruder frisch / ergreifft die harten Seil.
[34] Jch schaw die Geister schon die in der andern Welt /
Das lib' Eliser-Feld in Myrten-Wäldern hält.
Ha Chloris! Chloris schaw / wie! bist du schon voran /
Sey tausendmal gegrüst / ich spring und lasse Kahn /
Vnd dise schwartze See / und knie vor deinem Fuß /
Beut numehr unverwehrt / den nicht verdachten Kuß.
Nim Charon dein Gebühr / wie / irr ich / ists ein Traum?
Er schmeist die Citronat hinweg.
CASSANDER.
Mes Dames ecoutez, gebt nicht dem tollen Raum /
FABRICIUS.
Schweig / du bist selbst ein Thor / eh man dich schweigen lehr.
CASSANDER.
I' enrage gleich wie du / s' il me faut ecouter.
LEVIN.
Wie ists mein werther Freund / siht er nicht / wo er sey.
SULPICIUS.
Wo war / wie ward mir selbst / stehst du bis noch mir bey.
Cornelia sie siht / was sie bißher gelibt!
Warumb so sehr betrübt?
Sie schaut! ein wincken nur / die strenge Parce rufft /
Mich in die kalte Grufft!
Jch zeug' / und dises bey dem / der die Todten hört:
Daß ich sie stets geehrt!
Doch zwang auff andern Grund ein innerliches regen
Mein liben / mich / zu legen.
CORNELIA.
Ach ja. Jch steh es zu! die gröste Schuld sey mein!
An seiner rawen Pein!
O warumb soll ich nicht vor ihn die Qval ertragen?
Ja stracks dis Leben wagen!
SULPICIUS.
Fahrt Chloris ewig wol! ob das geschwinde Zil /
Vns hir getrennet wil!
So wird die Libe doch / wo nichts als Lust zu finden /
Auff ewig uns verbinden!
Sie weine nicht / mein Licht: Jch scheid' aus diesem Jammer /
Jn meine Ruhe-Kammer!
Voll inniglicher Freud! umb / daß nach Angst und grauen /
Zu letzt ich sie kan schauen.
Brecht Augen! brecht! jhr könt hir doch nichts schöners sehen!
Es ist umb mich geschehen!
Nun gute Nacht Levin: Thu weil ich nun erbleiche /
Die Trew an meiner Leiche!
Cornelie umbsonst! es können keine Zehren /
[35] Des Todes Pfeil abkehren.
Gilt ja mein bitten noch / so nehme sie in acht;
Jch sterbe! gute Nacht!
LEVIN.
Sulpicius! er ist dahin! O herber Trauer-Tag!
CORNELIA.
Er ligt in Ohnmacht! ach! ach! innre Hertzens-plag
LEVIN.
Bringt Balsam! Narden! Myhrr!
FABRICIUS.
Vmbsonst / ach er ist hin!
CHLORIS
seit abwerts.
Ach! wer wird meinen Geist / nach deiner Seelen zihn!
FABRICIUS.
Mein Herr! Herr! Chloris rufft! er ist nur tod und kalt!
CORNELIA
seit abwerts.
O Hi iel! mich verklagt die bleiche Traurgestalt.
CASSANDER.
Stickt avec une espingle ihn en son pied ou main.
FABRICIUS.
Du machst des dings zu vil.
CASSANDER.
Va! Va! tu n' es pas sain.
LEVIN.
O Himmels-werther Freund / mein eine Lib und Lust!
CORNELIA.
Mein Hertz! ich bin zu vil mir meiner Schuld bewust!
Jch küsse deine Faust / und bitte dich! verzeih!
FLAVIA.
Ach Chloris sinckt und fällt!
CASSANDER.
He! He! quant un Geschrey.
CORNELIA.
Ach Chloris libstes Kind.
CHLORIS.
Fraw Mutter ich vergeh!
CORNELIA.
O Ja ier / ich verschmacht / in tausendfachem weh.
Auff Kind! Sulpicius lebt!
CHLORIS.
Er lebt. Ja wo er sol!
Er lebt in meiner Brust / wo ihm unendlich wol.
CORNELIA.
Fabricius! daß die werthe Leiche /
Ja kein unwerthe Hand anreiche.
Daß sie kein ander Mensch berühre /
Bis Chloris sie zu letzt auszire /
Biß ich / die ihr so vil geschadet:
So bald der Tag anbricht / mit Thränen sie gebadet /
CHLORIS.
Nim Thränen / nim den Kuß!
Noch nicht den Abschied-Gruß.
Kan was von deinem Geist' noch auff den Lippen schweben.
So laß es in mir leben!
ALLZUSAMMEN.
Ach aller Wuntsch / Heil und Verlangen!
Jst in dem Augenblick vergangen!
[36] Ach / wie muß unser Thun und Sinnen!
Offt eh' mans innen wird / zurinnen.