427. Remig umgeht sein Land
Chlodowich, der Frankenkönig, schenkte dem heiligen Remigius, Bischof zu Reims, soviel Land, als er umgehen würde, solange der König den Mittagsschlaf hielte. Also machte sich der heilige Mann auf und steckte die Grenzen ab durch Zeichen, die [392] man noch heutigestages sieht. Da er nun vor einer Mühle vorüberkam und sie in seinen Bezirk schließen wollte, trat der Müller hervor, wies ihn ab und sprach ein dagegen, daß er ihn in seine Grenzen mitbegriffe. Sanft redete der Mann Gottes ihm zu: »Freund, laß dich's nicht verdrießen, wir wollen die Mühle zusammen haben.« Der Müller beharrte bei seiner Weigerung; alsbald fing das Mühlrad an sich verkehrt umzudrehen. Da rief er dem Heiligen nach: »Komm, Gottesdiener, und laß uns die Mühle zusammen haben!« Remig antwortete: »Weder ich noch du sollen sie haben.« Von der Zeit an wich daselbst der Erdboden, und es entstand eine solche Untiefe, daß an dem Ort niemand mehr eine Mühle haben konnte. Remig schritt weiter fort und gelangte an einen kleinen Wald; da waren wieder die Leute und wollten nicht, daß er ihn einschlösse in seine Begrenzung. Der Heilige sprach: »So soll nimmermehr ein Blatt von eurem Wald über meine Grenze fliegen (die ganz hart daran herlief) und kein Ast auf meine Grenze fallen!« Alles das traf hernach ein und blieb, solange der Wald dauerte. Endlich kam Remig einem Dorf vorüber, Caviniac (Chavignon) mit Namen, und wollte es in seinen Strich eingrenzen. Die Einwohner wiesen ihn gleichfalls zurück, wie er bald näher kam, bald wieder ferner ging und die noch jetzt sichtbaren Zeichen einsteckte; zuletzt rief er ihnen zu: »Ihr werdet harte Arbeit zu tun haben und in Dürftigkeit leben!« welches alles in der Folge der Zeit so erfüllt wurde. – Wie aber der König aus dem Mittagsschlaf erstand, gewährte er durch königliche Schenkung dem heiligen Bischof für seine Kirche alles Land, das er in den Kreis seines Umgangs eingeschlossen hatte.