An K. Immermann
Immermann schaffte mir zur Vollendung des Hannibal die Muße und stand mir bei mit dem treffendsten Rat. Mache das Stück ihm und den Lesern Freude.
Düsseldorf, den 11. Febr. 1835.
Grabbe.
[89]An K. Immermann
Immermann schaffte mir zur Vollendung des Hannibal die Muße und stand mir bei mit dem treffendsten Rat. Mache das Stück ihm und den Lesern Freude.
Düsseldorf, den 11. Febr. 1835.
Grabbe.
[89]Ewiges Gefrag. Muß ich stündlich wiederholen, was man kaum sagt, ohne die Tiefe des Herzens zu entweihn?
Ja, Die! von Stein, mit einer Menge teilnahmloser Geschwister! – Ach, nichts Schrecklicheres als des Hauses einzige Tochter mit ihren Tränen an der Bahre der Eltern, und Millionen Volks draußen im fremden Getrieb: ein Totenlichtlein in wüster, weiter Nacht!
Die beiden Sessel sind leer, in welchen die Eltern dabei saßen – – Doch! wie? – Du sprichst von dem Schwarzgelben vor Rom? Was aber tust Du?
Das Rätsel wär einem echten Manne nicht schwer. [89] Erbebst Du vor dem Stirnfalten der Geliebten, wie eher vor den Toren Roms!
Zu den Stutzern, zu dem Ungeziefer erniedrigst Du Dich, das sich hier auf den Gassen brüstet, sie beschmutzt, wie Fliegen die Teller, welche an den Siegen mäkeln, bei denen mitzufechten sie sich gehütet. Der Schützer, Sieger, brauch ich ihn zu nennen? Hannibal, schändlich wird er unterstützt. Nicht zweitausend Bürger sind bei ihm, mit Negern, Nomaden, Gesindel jeder Art muß er sich von Sieg zu Sieg quälen, ohne Frucht und ohne Dank. – Sei besser, gib ein Beispiel, freiwillig zu ihm, und kämpf ihm zur Seite!
Wir haben einen tötenden Sandstaub vor uns: balearische Schleuderer und numidische Reiter, und die Römer müssen die Augen waschen, bevor sie zielen.
Nein – ich ahne – höre! – Rom ist mir im Traum erschienen, vorige Nacht, glaubs! Es leuchtete mit seinen Ziegeln: eine rote Sonne, alles verschwemmend! – Dann wieder wars 'ne Wölfin, mit Augen, groß, weit, wie das Meer, wenn es sich mit seinen stillen Tiefen nach dem Sturm hinsehnt, und in den Augen lagen versunkene Städte!
Weg mit Wolfstraum und roten Sonnen – Gibts nicht auch schwarze? Dunkelt Hannibal nicht so um Italien?
So nehm ich diesen Kuß auf Deinen Busen mit [90] in das Feld, und oft noch wird er mich wärmen, lieg ich zeltlos in kalter Nacht!
Weh, dort spannen sich schon die Segel – Träger, Sklaven, Krieger, eilen an Bord – Da Er, sicher unheimlich im fremden Haufen. – Sieht er sich nach meinem Fenster um? Nein, er wagts nicht, sein Herz würde zu schwer. Schwer ists, das verrät der wankende Schritt – Atem der Liebe umweh ihn! – Ach, sie lichten die Anker, horch, laut schmettern die jubelnden Posaunen in den Abschiedsschmerz, und lustig springen die Flaggen dabei in die Lüfte, und von Sekunde zu Sekunde entfernt sich der Einzige, den ich liebe, auf dem Meer!
Bleib heut bei mir und sticke. Hanna setzt sich und stickt. Wie? stickt sie mit meinen Tränen? Sie verdeckt ihre Augen mit der Hand.
Laß die Drommete. Ich höre, wenn ich träume, sie oft noch aus ihrem Grab schmettern: »Kohl und Wirsing, Wirsing und Kohl!«
aber fühlt den Sammet ihrer Haut, seht wie sie zittern bei der leisesten Bewegung, das macht ihre zarte Erziehung, denn unter uns: Königstöchter sinds, vom Gambia, und äußerst wohlfeil –
Probier euch Baal in die Hölle! Immer probiert, nichts gekauft! – He! der Kran da? Wird er toll? Das agiert mit den langen, zweifingrigen Eisenarmen!
So – – ? wieder Siegsnachrichten, die uns keinen Scheffel Weizen eintragen. Seit die Barkas den Kaufmann aufgegeben, und Soldaten geworden, haben wir den kahlen Nord, statt des üppigen Sudan, Eisen statt Gold, Wandel statt Handel, Rekruten statt Schöpsbraten!
Gut. Schrei nur nicht so. – – Sie kommt, da kommt sie, die äthiopische Karawane! Ha, die Kamele, Pferde, Strauße! Das spreizt, das bäumt sich! Wie da hinten die Elefanten schnobernd die Rüssel erheben! Die Löwen, wie sie an den Stäben ihrer Kasten knirschen, wie die Panther brüllen, die Giraffen den Hals recken! Prächtig!
Elefanten, Kamele, Sklaven, Goldstaub, auch manches seltne Tier, den Völkern hinter dem Mohrenland, wo das Antlitz wieder hell wird wie unsres, abgekauft.
Die Sterne seien um Euch und die Bewohner dieser Stadt, wie sie um uns auf nächtiger Wanderung durch die Wüste waren: leitende Gottheiten, in funkelnden Gewändern!
Wir sind die Dreimänner, durch Kugeln erlost, und niemand weiß recht, daß wir es sind, wohl aber, daß drei Monde am Himmel stehen, unter denen Suffeten und Volk sich bewegen. Jeder von uns hat seinen Anhang im vornehmen Synedrion und unter den guten Hundertmännern des Pöbels, streitet mit dem anderen öffentlich und unterstützt ihn heimlich hinter zehnfachen verschlossenen Türen. Das weiß ich, und leise raschl ichs mit der Zunge hin, wie die Schlange durchs gefallne Laub schleicht. Drum, beim Satanas, beleidigt mich nicht, ich scheine nur unter Euch der jüngste, denn das Klima dieses engen Zimmers machte mich bald so alt wie ihr.
Demnach – die Barkas müssen unter, bald, baldigst, – sie werden zu bedeutend, sie siegen zu viel, einige im Volk bewundern sie schon.
Und andere meinen, sie wären schon unter, als tüchtige Anker dieser mastenwimmelnden Stadt. Doch ich lasse mich belehren.
Ich freute mich, daß Gisgon sich belehren läßt. – Die Barkas, Gisgon, haben mächtige Gruben in Spanien –
sobald es Zeit ist. Aber noch ists nicht Zeit, diesen beiden greisen Ziegenböcken, mir widerlich, als müßt ich sie einmal essen, zu zeigen, daß ich ihr Gemecker verstehe.
– zausen nur an dem Erdstreif – wir dagegen kennen und nützen die von Pol bis Pol sich ausdehnende Atlantis.
Als Hannibal die Alpen überstieg, zauste er ihnen am Schneehaar, daß die Flocken Italien umdüsterten und es auch hier seinen Gegnern winterlich ward. Jetzt abermalen der ungeheure Sieg –
Einige Hülfe muß er haben, zum Schein. Schicken wir ihm etwa sechstausend Mann erbärmlicher Söldner, und verbreiten wir, es seien sechzigtausend gute Stück, so bewundern uns Karthago und die Welt.
Melkir! Wenige schlechte Truppen, scheinbar zahlreich, geheime Befehle gegen ihn, die öffentliche Meinung für unsren guten Willen, jedenfalls besser als offner Kampf mit ihm und seiner Partei.
Der gefesselte Bote von Kannä, der so hell war auf den Gassen, hat gewiß noch mehr im kupfernen Schlund. Er muß nun zu Tod.
Ich habe nämlich mein Haus mit Drahtfedern eingerichtet, deren jegliche auf einen der oberen Mittelquader der unteren Gewölbe wirkt, so daß jegliches einstürzt, drück ich seine Feder. Dieses Federchen nun hat den Boten in Schutt und Trümmer eben lebendig begraben oder auch schon zerquetscht, und wir drei nur wissen das.
Ein Spinnweb! Ich muß fort! Meinen Mantel! Für sich. Der Schwätzer, mein Haus ist besser unterminiert als das seine.
Hier ein Gesetzvorschlag, nach welchem der Vormund dem Senat jährlich Rechnung über seines Mündels Vermögen abzulegen hat.
Ich, ein Konsul Roms, und darf die Hand nicht nach der Stirn bewegen, weil jeder auf mich achtet. Zwei Söhne fielen auch mir, und mein Weib zergeht in Schmerz, und ich muß die Stürme in mir behalten, in meiner Brust die Wolken ausregnen lassen. Denn – – was Söhne, verglichen mit Rom?
Bleibt sitzen. Verräter, der sich bewegt! –
Die Mauern und Tore sind hinreichend verteidigt, und nur das Wort des Konsuls, des Tribunen, nicht die Sturmmaschinen eines verwegenen Puniers heben die Sitzung des Senates auf. Tribunen, habt ihr heute Veto?
»Laß sie!« Die Weiber rasen lassen? Das hör ich vom kurulschen Sitz? Fielen sechzigtausend ihrer Söhne, so mögen sie sorgen, sechzigtausend ehelich dafür wieder zu gebären. Ehen und Kinder daraus werden ohnehin selten.
Hört, nochmals Gequicke von »Kannä und Rache!«
Elendes Ende, braune Bastardenkel, schlösse Niederlage der Weiber unsre Annalen! Dahin mit ihnen, wo sie sein sollen, nach Haus! Und jedes, das nicht binnen einer Stunde an seiner Spindel sitzt, verhafte ich, der Zensor, und lasse ihm Scham eingeißeln, blutrote, wenn im Gesicht nicht, doch – Und seinem Mann nehm ich das Bürgerrecht.
Die innere Ordnung kehrt zurück. Nun paßt es sich, die äußere Gefahr zu beraten. Hannibal steht vor den Toren – Was beschließt der Senat?
Karthagos Heer überschritt die Alpen, uns unerwartet zu Land zu überfallen. Lernen wir vom Feind, und tun etwas Ähnliches. Durchschneiden wir die See und packen ihm in Spanien in den keck entblößten Nacken.
Das sei! Denn ob Hannibal auch Sieg' an Siege gekettet, nie bricht er mit Gesindel wie das seinige, das nur im freien Feld zu tummeln weiß, in unsre Straßen, und wehrt sich auch nur ein Häuflein darin. Drum junge Mannschaft, so viel als möglich, ausgehoben, und mit ihr nach Spanien, – dem grimmen Hunde aus Afrika die Tore zu verhalten, bleibt der Rest der Bürger sattsam stark.
Sein Landgut bestellen, Bücher darüber schreiben, in hohem Alter das Griechische (Zeus weiß vielleicht weswegen!) studieren und große Worte machen, das kann er, obgleich er Zensor ist – Aber Schlachtfelder – Rübsenfelder sind ihm angenehmer.
Ich schlage vor: ernennt jene beiden Scipionen zu Prokonsuln und vertraut ihnen das Heer. Sie haben im Gefecht und auf dem Forum sich schon oft sehr tüchtig bewährt, und ihre Jugendfrische wird der Stadt not.
Sind heut abend ausgehoben, und ihr zieht [98] durch die vom Feinde noch unbesetzten Tore nächste Nacht ab.
Mit leeren Worten. Er hat zuviel an all den Taschen zu schleppen, die ihm der große Alexander nachließ, um sich ernstlich um uns zu bemühen.
Steht auf wie ihr jetzt, und folgt seinen Konsuln dahin, wo die Gefahr ist, und die Rache für Kannäs Niederlage mit Stahl bezahlt werden kann!
Die Backsteinhütten nicht zu erstürmen? List, Mut, Kriegskunst, alles umsonst. Das tun Karthagos Lederbeutel, worin das Geld steckt, wohl verwahrt, nur kein Heer für mich.
Auch Du, fast Hundertjähriger, klagst? Wardst deshalb so alt und grau? – Ja, man will uns Barkas unterdrücken – Doch, Melkir, Hanno, noch schwebt dieses Schwert blutdampfend über euch, kennt ihr die List, so kennt es Schlachten! – »Verschwörungen in Hannos Hause, Dir eine geringe Hülfe bestimmt.« – Wohl, werfen mich Roms Mauern zurück, an Karthago scheitr ich sobald nicht. – Die Barkas wissen im Geheim von den Zinninseln und der Atlantis so gut als ihr, ziehn Geld genug daher. Sie verschließens aber nicht, sie säen es, und Soldaten wachsen, die euch einst die Kisten öffnen sollen, während ihr weglauft, und die Taler sich nicht wehren. Die Sinnlosen! Roms furchtbare Nähe zu vergessen um die goldblinkenden Fernen im West – das Herz wegen des Rocks!
»Gruß und Glückwunsch für Kannä.« – Billiger Preis für sechzigtausend Römerleichen! – »Eine angemessene Hülfe soll kommen.« Ja, meßt ihr erst, so schneidert ihr den Himmel zu einem Kleid, daß die Sterne darin ersticken, und seine Donner engbrüstig werden. »Und Abgeordnete begleiten den Boten, um von Dir die Ringe, welche Du, recht ehrenhafter Feldherr« – Recht ehrenhafter! Messen sie auch an Worten? Mich wundert, daß sie mich nicht mit ziemlicher Ehrenhaftigkeit abspeisen. – »bei Kannä erobert hast, in Empfang zu nehmen.« Ha, die kostbaren Ritterringe, dahin gucken die Nasen, denn ihre Augen überließen längst das Sehen dem Sinn des Geruchs und Gestanks. Zum Glück sind die besten beiseit, für meine Leute.
Die Abgeordneten mögen kommen, die Ringe empfangen, gegen Schein. Aber, Du, tritt einmal näher!
Kerl, tritt nicht links hin, hieher, vor mein rechtes [100] Auge – Thrasymene (ganz Karthago muß es wissen) schlug das andere mit Blindheit.
So meint Ihrs? Ach, Herr, ich habe neun arme Würmer, (Kinder wollt ich sagen) und da ich sie ernähren muß –
Ich nahm also, da ich von Eurem Großvater und vom Synedrion jederseits insbesondre bezahlt ward, beider Aufträge insbesondre an.
– Freund! Der gnädige Herr! Das sagt kaum unser Profoß, hält man ihm auch noch so willig den Buckel hin.
Berühre, wenn er es erlaubt, mit Deiner rechten Hand, die ich Dir drücke, in meinem Namen Großvaters Füße –
Nein, sie werden leicht schmutzig. – Und sag ihm, auf der weiten Erde wäre mir das Kostbarste ein Gruß von ihm, und einer an ihn. – – Ist das bestellt, so gehst Du ins Synedrion und meldest: wenn man mich nicht bald besser unterstütze, so ständen nächstens zwei Scipionen vor der Stadt, in einem Feuerglanz, der mir jetzt schon die Stirn heiß macht, – dann: sie sollten eins sein, keiner des anderen Säcke beneiden, und schließlich: das Vaterland geht sonst unter in Familienzwisten und die Familien mit ihm!
– Ich muß abziehn mit meinen siebzehntausend Mann, aus allen Nationen zusammengeflickt. – Wohin? – – Kapua! Die Stadt ist groß, voll Proviant, von Rom nicht fern, Karthago näher, Hülfstruppen aus Afrika da billiger – Billiger! fechte der Satan, wo Kaufleute rechnen!
Ich selbst brach der Natter die Zähne aus, sorgsam (sie wehrte sich, doch ich streichelte sie, wie das in Nubien auch bei den Weibern hilft) und wer dieses gelbe Gift aus ihren Zähnen genießt, wird grad so toll, windet sich und stirbt so in Wut und Angst, wie die Viper, als sie merkte, daß sie nichts Giftiges mehr an sich hatte. Zweifelst? Probiere, wirst Dich wundern, Dein Gedärm wird ein wimmelndes Schlangennest.
Ihr Götter, Feldherr, Du nimmst meinen letzten Trost. Vater und Mutter und Brüder schlafen im Grab mir – nur dieses Gift –
– blieb Dir! – Wahr, Mohr, Gift ist ein letzter Trost, und darum will ich, sicherer als Du vermagst, ihn Dir und mir verwahren.
Das Heer bricht heute nacht auf. – Was staunt ihr? Ich will nur Gehorsam! – Wir schlagen die Straße nach Kapua ein. Besorgt das Nötige, still und schleunig.
Und fragen Dich Deine Landsleute, warum wir aufbrechen, so sag ihnen, weil der Winter nah sei, und es in Kapua sich wärmer lagre.
Noch immer nicht Morgen? Ich vergehe vor Frost. Hier wohl Feuer, aber welches! Reisig von Häusern und Menschenknochen! – Doch mich friert zu sehr, – ich muß mich wärmen an dem heißen Graus!
Entsetzlicher Abend! furchtbare Nacht! Scipionen, ihr Ungetüme, wie habt ihr euch entschleiert! Dieser jüngere Scipio, der so hold lächeln konnte, las ich ihm in seinem Ruhezimmer eins meiner Stücke vor – Was war er vor vier Stunden? Sturm, Mord, Feuer, sein Antlitz eine arbeitende Waffenschmiede! Mich kannt er nicht mehr. »Jetzt ists nicht Zeit! 's ist grad was Wichtigeres zu tun!« waren alle Antworten, wollt ich ihn anreden, – weiter sauste er mit dem wildschnaubenden Rosse, und ich mußt im Troß mich verlieren, in Gefahr, daß ich von jedem seiner Krieger, der mich nicht kannte, übergeritten, erschlagen wurde – Ah, endlich zittern die ersten Strahlen der Sonne durch die Nebel, und – es wird noch kälter vor dem weiß gerinnenden Reif und dem erwachenden Windzug. Und, o Götter, da gegenüber ringt Numantias Volksrest die Hände, und die Soldaten schleppen ununterbrochen neu im Qualm aufgefundene Gefangene mit schwertgestählter Faust herzu!
Diesen Schlüssel zu Numantias erstürmtem Haupttor bring meiner Mutter, der Kornelia, und möge sie daran erkennen, daß ihre Söhne streben, ihrer Lehren wert zu sein.
[103]Terenz? Wärmst Dich an Numantias Kohlen? Das wäre Stoff zu einem Lustspiel, besser als eins der Atellanen, nicht bloß wunderlich – auch im Scherz mit einem großen Hintergrunde.
Eh, Freigelassener, was tragisch ist, ist auch lustig, und umgekehrt. Hab ich doch oft in Tragödien gelacht, und bin in Komödien fast gerührt worden.
Jene Gefangenen in Rudel gebracht, jedes Rudel dreißig Stück, und dann damit zu Schiff nach Ostia. Ob der Senat sie da oder in Rom will verkauft wissen, fragt ihr dort nach.
Und merkt ihr, wo Mann und Frau oder Verwandte beieinander stehn, reißt sie auseinander, damit sie nicht konspirieren.
Sieh doch um Mutter, sie kommen mit Stricken, Dich zu binden! – Weh, nun mich auch! Leute, mild! was taten euch diese armen Hände?
Bester, es ist bei uns Sitte, daß man den Krieg so lang führt, bis der eine Teil ausgerottet oder Sklav geworden. Denn einen halben Frieden lieben wir nicht; er gibt dem Feinde nur Zeit, sich zum neuen Kriege zu stärken. Pfui, stell Dich nicht albern! Ganze Kohorten blicken schon nach Dir.
[104]Herr, meine Braut! Ich bin der Fürst Allochlin, und sie und ich sind keine Numantiner, sind Ureinwohner, und keine phönizische oder karthagische Kolonisten, – sie war nur zum Besuch in Numantia, als ihr sie mitfingt – Ihr Sterne! meine Braut!
Karthago ist euch mehr Urfeindin als uns Römern. Wenn Du mit mir gegen sie kämpfest, ist Deine Bitte gewährt.
Gleich stell ich Dir elftausend Krieger. Sie alle folgten mir, als sie mein Unglück hörten, bewegt wie ich.
Sie kommt! Da ist sie! Die teuren, die lieblichen Züge wieder so nah! O Gräser und Blumen – Meine seligen Augen!
Fürstin, Dein Bräutigam hat Dich erfleht. Sei frei und mach ihn glücklich. – Allucius (verzeih, ich kann Deinen Namen nur nach meiner heimischen Mundart aussprechen) zeig mir nun Deine Krieger.
Sie bemerkten Deine Huld, und nahen schon mit freudigen Schritten. Ich stelle mich an ihre Spitze, die Ersehnte an meiner Seite, und führe sie Dir vorüber.
Die erhabene Gestalt mit dem mildernsten Antlitz – ists ein Göttersohn, in irdisches Eisen gehüllt? – Ich könnte –
[105]Nach dem Geschnatter, nackten Beinen, den Federn auf den Köpfen, hielte man es leicht für einen Haufen großer Enten. Aber die Enten folgen doch noch in Einer Reihe dem führenden Entrich. Das Gewimmel wühlt durcheinander wie Kraut und Rüben.
Verbrauchen! Das arme Gesindel füllt bald die Gräben mit seinen Leibern und die Römer gebrauchen es dann zur Brücke!
Euer Bruder will vom Schlechtesten auf das Bessere schließen. Ist das nicht vorsichtiger, als schlöß er umgekehrt?
Bin leider noch namenlos. Noch stieß ich keinem Feinde, nach dem ich mich benennen könnte, die Lanze ins Herz, denn so nur erringt man bei uns den Namen – [106] Die Feiglinge! sie flohen alle, wie ich den Speer erhob!
Nein. Er erblickt seinen Bruder nicht. Konsul Nero erwartet ihn längst mit drei Legionen in Ligurien. Zweimal gehts nicht mit Überraschungen, wie sie uns Hannibal bereitete, man lernt sich vorsehn. – Die Pferde!
Wir aber wollen der afrikanischen Natter unmittelbar das Haupt zertreten, denn die tausend Schweife, mit welchen sie nach allen Zonen wedelt, verzappeln, wenn sie keinen Kopf mehr fühlen! Versteht ihr?
Und eure heut angelangten Schiffe liefen mit dem Schiff des Boten aus, der mir vor acht Monaten die Ritterringe abfoderte? Wahrlich, meine Landsleute sind Adler, wenn sie holen, Schnecken, wenn sie schicken.
Katzen, die von den Buben durch die Straßen getrieben werden, Windhunde auf der Jagd springen nicht so hin und her!
War euer Admiral auch befehligt, sich um die äußersten Hörner Afrikas zu winden, mir ein Pfund Zimmet aus Indien mitzubringen?
Laß! Sie treibens so dummgrob, daß man vor Verachtung sich kaum darüber ärgert. – Und die paar tausend Mann Hülfe, die ihr bringt, sind auserlesen! Ich müßte sehr irren, oder ich kenne die hageren Finger, die mir diese Spreu aus dem Weizen gesucht. Als ich den Haufen musterte, ward vor all den Buckeln, schiefen Beinen der Krüppel, und den Brandmalen der Galeerensklaven, mein Pferd scheu! – Doch, Brasidas, für Dich dank ich Dir und meiner Muhme Alitta. Hätte je eine einzige Ader von ihr im Synedrion geschlagen, Rom läge [108] zerschlagen! – Was sprach man von mir, als Du Karthago verließest?
Wenig. Man erwartete die äthiopische Karawane. Mancher meinte, Du hättest Rom nicht so lang unerobert lassen sollen.
Ich soll hier schwelgen und auch mein Heer – Ich, der nie ein Weib, nie einen Weinbecher berührte! Und das Heer? Satt sich zehren, ausruhn laß ich die Erschöpften, mit denen ich das Feld nicht mehr halten konnte. Selbst mein letzter Elefant erlag, und, oder ich müßte mich arg im Auge des klugen Tieres trügen, er blickte sterbend voll Ingrimm nach der Gegend von Karthago.
Ha, Du, den ich an Hasdrubal gesandt – Wagt er es auf den Zorn der Dreimännerschaft und folgt er meiner Einladung?
Er hatte sie kaum gelesen, als er rief: »Bruder, ich komme! Bote voraus, daß ich Dich nicht einhole! « Und als ich aus dem Lager ging, begleiteten mich schon, weithin schallend, die zum Aufbruch rufenden Signale!
Dank euch Götter, denn ich kann einmal zu euch beten! Furchtbarer Moloch, ich glaubte oft, wir brieten Dir die Säuglinge umsonst, Du zögst mit vornehmer Nase den kostbaren Rauch ein, als sei er so ein gewohnter Tribut, – nein, endlich willst Du Karthago retten, bisher hast Du es nur geprüft – Ich habe mich in Dir geirrt! – Hasdrubal und ich – Das Kapitol ist zermalmt, sobald wir uns vereinigen – Wo schiffte er ein?
Dazu war Numantia bestimmt. Da dieses fiel, so hat er geglaubt, nichts Besseres tun zu können, als Deiner Spur zu folgen, er hat die Pyrenäen bereits im Rücken und ist auf den Höhen der Alpen.
[109]Moloch, ich log! ich irrte mich doch in Dir! Weshalb gabst Du dem Hasdrubal auch nicht die mindeste Warnung? Er mit dem kleinen Heer auf den Alpen? Brasidas, weiß er nicht, daß sie mein großes zur Hälfte vernichteten, ihre Geier zu füttern? Daß wir, um Weg zu bekommen, mit Felsen, mit Leichen die Abgründe füllten? – Hasdrubal, Du wirst auf den schwindelnden Stegen genug alte Bekannte finden, frisch und unverwest, aber schlechte Wegweiser, wegen ihrer Füße von Eis, ihrer Augen von Glas!
Eben deshalb weiß ich um Hasdrubals Ende. Eh die Sonne nicht noch Jahrhunderte daran geschmolzen, würd ich ihn nicht wieder versuchen, – nie wieder Nächte, wo wir tief in Schnee uns hüllten, um nicht zu erfrieren, wo über mein halbtotes Heer die Sterne am klarsten Himmel glitzerten, als geschähe eben nichts, wo ich schlaflos für alle zu denken hatte, das Vorwärts und Rückwärts im kalten Nachtlager erwägend. Und als wir endlich auf unseren Schilden nach Italien hinunterglitten, fing uns nicht gleich ein Konsul Nero mit seinen Spießen auf, wie er jetzt da steht: seinen Fuß auf dem damals freien, jetzt unterdrückten Cisalpinien! – Doch haben sie einen dummen Streich gemacht, müssen wir versuchen, ihnen zu helfen. Dazu sinds unsre Landsleute.
Der Maximus! Beim Satan, ich kann noch lachen! – Mann, er ist Minimus, und da die Römer keinen besseren zur Hand hatten, gaben sie ihm den großen Titel, und Mit- und Nachwelt werden ihn gläubig nachplappern. Rücken wir aus, weicht er, wie immer, beiseit, wir ziehen durch die fetten Täler, er klettert auf den kahlen Höhen nach – Das nennt er Vorsicht!
– sie sollten ihn sofort am höchsten Mast seines Hauptschiffs aufknüpfen, weil er mit der Flotte zu spät gekommen.
Leuchtende Schilde um die Mauern gehängt, mit kühlem Efeu und Eppich die weinglühenden Stirnen bekränzt, und die Freiheit ausgerufen!
Recht so, ihr Bürger, und mithin tret ich wieder in mein altes, vom Hannibal mir anmaßlich entrissenes Recht, und rat euch wohlmeinend, vor allem Ordnung zu halten, ohne welche keine wahre Freiheit denkbar; genießet der errungenen Freiheit, aber, bei Todesstrafe, sprecht nirgends ihren so leicht mißverstandenen Namen aus, – erblickt getrost in mir den wahren rechtmäßigen Vertreter der Gesamtfreiheit. Nach Haus, Kinder, ich werde für alles sorgen.
Der gemästete Schuft, mit fettigem, immer lächelndem Gesicht! Die klebrige, an ihrem eignen Schleim so hoch gekrochene Schnecke! O Du, mit dem ich in die Schule ging –
In unseren Schuljahren warnte ich Dich oft, Kamerad, vor Deinem ungestümen Wesen, hielt Dich ab von manchen tadelwerten Streichen – Leider, wie man sieht, ohne Erfolg.
Du hieltest mich ab? Bestahlen wir nicht gemeinschaftlich den Orangengarten des Ater? Machtest Du selbst nicht dazu den Anschlag?
Das just das Schlimmste jedes Lasters, daß es, statt seine Scheußlichkeit einzusehen und sie wegzutilgen, zu einem anderen Laster flüchtet, und die verleumdet, welche es bessern wollen. – Du tust meinem Herzen leid, aber Deine nicht zu bändigende Zunge ist Deines Unheils Schuld.
Das wäre diesmal ein enges, steingrobes, von der Sonne blutgetränktes Leichenhemd. Jetzt sinkt auch sie, und nun wirds sargdunkel.
Wir sind dem Maximus (nein, von jetzt an nenn ich ihn bei seinem rechten Namen), dem Fabius schön in die Klemme geraten! Rings trefflich umstellt! – Daß ich mich diesmal so wenig umsah, den Boten so traute! Eine kümmerliche Hoffnung noch: ich sehe meinen Fehler ein, und so bleibt möglich, ihm abzuhelfen. – Turnu!
– Wenn die List hülfe! – Horch, da rufen sich die römischen Nachtwachen an, und man erfährt, wo sie stehen. Ei, sind sie noch so unvorsichtig, zwing ich sie auch mit Ochsen.
Für alles schon gesorgt, und die Treiber stehn bereit, trockne Schwämme in der Hand, die sie dem Vieh brennend in den Hintern stecken sollen, nachdem vorn die Reisigbündel angezündet sind. Brennt nun der Ochs zuerst an den Hörnern, und dann hinten, so verliert er die Vernunft, und stürmt vorwärts, seinem Hintern zu entwischen!
Entstellt den Tieren Gesicht und Gestalt, macht sie tollen Soldatentrupps ähnlich, bindet Schilde vor ihre Köpfe, Lanzen an ihre Seiten, und habt Acht, sobald ich befehle, mit großem Geschrei, Posaunen, Zimbeln, sie auf den Feind zu jagen; das Heer folgt ihnen in gedrängter Ordnung.Turnu ab.
Junger Freund, was wollen nun die Scipionen mit ihren spanischen Siegen? Da unten steckt er, der Urheber alles Übels, im Käfig!
Laßt uns auf ihn niederbrausen, wie der gelbe Tiber, wenn er im Februar Roms Äcker überschwemmt und ihren Schnee zernichtet.
Nicht diese breiten Gleichnisse, wo es richtige Gedanken gilt. Wir brauchen nicht niederzusteigen. Er muß heraufkommen oder drunten verhungern.
[114]Wirklich, wirklich, sie blasen Schlachtsignale, erheben Schlachtgeschrei – Es kann zum Gefecht kommen! – Unser Heer ist, dank Jupiter Stator, durch meine Vorsicht zwar in Ordnung – Nur – man tut des Guten nicht zuviel – Ihr Priester, opfert dem Stator auch noch schnell acht durchaus weiße Schafe, und betet nebenbei zu den übrigen Göttern – Doch nein, letzteres möcht er übelnehmen.
Hätte er durch seine List Hülfe bekommen? In der Tat, es ist an dem! – Eine Reiterei mit Fackeln! Daß dich, die springt! Und das Geschrei! – Hätt ich nur einen punischen Gefangenen zur Hand, der es mir übersetzte!
Ochsen? Die könnten das nicht – o, Du kennst noch keine wütende Menschenstimme – die nur schreit so gräßlich, durch die Macht des erregten Geistes! – Sieh hin, genau: sie tragen Mützen mit zwei Zipfeln, Schilde wie Bretter vor den Köpfen – so ist das Wappen Uticas, es sind neu angekommene Uticenser.
Bei Nacht? Gegen einen noch unbekannten [115] Feind? Und hier besonders gegen die verwegene, geübte Reiterei, die uns zu umzingeln droht, ja, schon damit anfängt? Denn schau, mit welch beispielloser Kühnheit sie die Felsen hinauf, in die Wälder sprengt und die Bäume ansteckt – Nein, wir müssen den Tag erwarten, um diesen Herren erst in die Augen zu sehen, und ihre schwachen Seiten zu ergründen. – Legionen, still zurück über jene Höhen nach Casilinum!
Haha! – Geht das Glück so fort, hoff ich doch noch dem Hasdrubal erzählen zu können, daß mir Rindvieh den Weg durch ein Diktator-Heer öffnete! – Weiter!
Ich nehm ihn, doch da ich Wein nicht genießen darf, gieß ich diesen allen Göttern der Fluren, Berge, Ströme und Täler Kampaniens hin, und flehe sie, ihn wohlgefällig aufzunehmen, als Opfer eines Gastfreundes, dargebracht für dieses Landes Heil! – – Nun setzt eure Spiele fort. Das Heer rastet hier ohnehin. Wir wollen zusehn – so etwas ward uns lange nicht.
Herrlich! Faun, Du fällst prächtig! Nymphe, ist der Boden schon jetzt Deinem Fuß so glatt? Was wird geschehn, wenn der Faun Dich packt?
Ihr habt lustige Schauspiele, Vater, sie ergötzen schon, eh sie beginnen – Zu einem jungen Punier. Was meinst Du?
Freilich. – Der Himmel ist so rein, die Luft so erquickend, mein eigner Geist wie durchweht von ihr, die Leute so heiter, wie ihre lachenden Gefilde – Ich fühle mich zu wohl, und fürchte fast, es stehe mir ein Unglück bevor.
Gut! Das Schauspiel endet, wie es muß! Mit einem Theaterstreich! – Rom, du tröstest mich: sinkst du von deinen sieben Hügeln so niedrig, daß du deinen Feind mit grausamem Spott bekämpfst, so sinkst du bald noch tiefer. Ich habe deine gefallenen Feldherrn ehrenvoll bestatten lassen, als wären sie unter Römern gestorben, und du – Was Rom?
Bruder, Du, – ja, es sind seine Locken, seine Züge – Ach, neun Jahr war ich alt, als ich von der Heimat schied, da klettertest Du dem ältern Bruder heimlich nach auf das hohe dunkle Schiff, und wolltest und wolltest nicht lassen von ihm, bis man Dich wegriß, und seitdem sah ich Dich nicht wieder, doch Dein Gesicht blieb mir in das Herz geschnitten, und wuchs Dir nach mit den Jahren wie ein Namenszug in der Eichenrinde! – Laß Dich umfassen – Wehe, er hat ja die Brust nicht mehr!
Befiehl den Rückzug nach Kapua; wir haben hier keinen Halt weiter. – Die heitere Gegend wird mir zum Nebelmeer. – Doch der Marsch wird mich stärken.
Karthago, die Du Dich priesest: »ich bin die Schönste unter allen, die da pran gen am Meer,« wenn nur dem Haupt meines Bruders nicht auch Deine Türme nachsinken, und Deine Purpurgewande nicht nach allen Winden zerflattern!
Sind wir wieder Freunde wie neulich, auf zwei Tage, als er mit unsrer Hülfe die Herrschaft an sich riß?
Die Karthager kommen zurück, und wir müssen uns retten, nicht nur wegen der drohenden Plünderung, sondern auch –
Versenkt den Hausherrn nun im tiefsten Keller seines Hauses – Er selbst wird kein besseres Denkmal in seinen Sterbestunden über sich wünschen als seinen eignen Palast.
Und rufen wir nun unsere Kameraden auf, öffnen dem Karthager die Tore, und dann Mord, Brand und Notzucht den feigen Kapuanern und ihren Weibern!
Die Tore zu? Wollen die Sybariten Rom nachäffen und sich wehren? – Heda, die [119] Gefangenen mit Spaten an den Graben geführt, daß sie ihn ableiten, Sturmleitern bereit, vor Balearen, zur Bedeckung der Arbeiter!
Haltet! Das Tor öffnet sich und die Zugbrücke sinkt. Beim alten Moloch, die Sklaven kommen und bringen ihre Herren!
Großer Feldherr, nimm diese Tyrannen zu Deinen Sklaven, und, verschmähest Du uns nicht, uns zu Deinen Kriegern.
Wärt ihr vor Jahren so gekommen, hätt ich Zeit gehabt, euch zu Kriegern zu bilden, jetzt, da mich die Abfahrt drängt –
– kann ich nur die Tüchtigsten unter euch auswählen. Eure kapuanischen Gefangenen nehm ich auch, soweit es meine Schiffsräume gestatten –
– um sie in Afrika zu verkaufen. Den Rest behalten die, welche von euch zurückbleiben. – Jetzt führt mich zum öffentlichen Schatz, den ihr hoffentlich nicht berührt habt, denn er ist heilig –
Doch! Feldherr, strafe mich! Ich brach dieses Drachenköpfchen vom Fuß des Gegitters, – es schien mir, da es so viele Schätze bewahren half, ein herrlicher Fetisch, mich auch zu bewahren.
Und ist der übrige Schatz gerettet für Karthago, verteil ich Kapua unter euch und mein Heer zur beliebigen Plünderung.
Gaul, solltest Du verstehen, wie ein lang niedergedrückter Schmerz sich lüftet, so wiehere es nicht aus, oder ich schlage Dich nieder!
Italia! Herrliche, um die ich siebzehn Jahr warb, die ich geschmückt mit eignem und mit Konsulblut, so muß ich Dich verlassen? Nichts bleibt mir von Dir, die ich mitreißen möchte übers Meer? Du, ganz anders als die finstre Karthago und ihr heißes, trübrotes Firmament, Du, prangend mit Helden, die nur vom Ruhm und Eisen, nichts vom Gold wissen, mit dem Glanz selbst, nicht durch Mietlinge errungener, zum Kapitol hinaufschimmernder Triumphe, nie erhabener als da ich Dich zu meinen Füßen wähnte, und Du Dich aufrichtetest zu dem Gewölbe Deines ewig blauenden Himmels! – Ha, diese Gräser entreiß ich Dir und berge sie an meinem Herzen; mein jahrelanges Mißgeschick entschuldige bei mir selbst einen Augenblick der Empfindung!
Strammer die Taue! Seewasser darauf! – Noch zwanzig Ruderer an die fünfte Bank hier! – Schnell, der Landwind wird frisch! – Dort naht das Heer schon zum Einschiffen! – Flöße, Barken, ans Ufer – Hier eine Schiffbrücke geschlagen – und da – Die Segel bereit – Nach Süd-Süd die Vorderdecke! – Ihr da, an die Anker! Zur Heimat gehts! – Wo bleibt der Feldherr?
Mich nach Afrika zurückzurufen, die Vaterstadt unter ihren Mauern zu verteidigen, weil die Scipionen dort bald ankommen –
Ich wußt es. Jene schwellenden Segel bezeugen es euch. Beschaut die Landschaft umher, ehrwürdige Väter. Sie ist schön, grün und fruchtbar. Sie wäre unser, hätten eure Genossen und ihr es gewollt. Erhaltet ihr nun auch keinen Tribut davon, so begnügt euch mit den Freuden der Natur, nur hütet euch vor den Dolchen der Römer, die keines Karthagers mehr schonen.
Gewiß, zum Andenken, aber euer Schiff nehm ich mit. Wärst Du (ich kenn euch, sah ich euch auch seit zwanzig Jahren nicht) nicht schlecht wie Dein Bruder Melkir, Du nicht erbärmlich wie Dein Vetter Hanno, ihr könntet hier Könige sein!
Das Gesindel hat noch den Mut, zum Himmel zu seufzen! Hörten die Götter seine Mißtöne, wie würden sie es niederdonnern!
– man möchte tausend Augen haben, um sich satt zu sehen an ihnen, in diesen klaren Wellen, an jenen duftatmenden Tälern.
Jene Rebengehänge, über ihnen das Traubengehäng der ewigen Sterne nach und nach aufquellend – Es ist, als ob –
Heil ihnen, ja, wenn es Lenz wird, kehren sie zurück zu den Horsten in Thule. Auch ich hatte mir im Norden einen Horst gemacht, aber
ich kehre nimmer! – Laut. Die Bucht endet – Piloten, nicht zu nah an der Küste gehalten, frisch ins Meer!
Sie wird satirisch. – Sammelt die Blätter in Säcken, passende Kränze für die Hannos, oder doch, was ihnen vorteilhafter dünkt, Streu für ihr Vieh.
– Brasidas, räume das Verdeck von allen, die nicht darauf beschäftigt sein müssen, laß zum Nachtessen läuten, und bring die Mannschaft zur Ruh.
Ich war auf allen Schiffen und bin durchgeprügelt, wie es der rechtschaffenste Köter nicht verlangen kann, und hätte er das beste Stück Fleisch gestohlen.
Ich fing an, auf Dich zu schelten, sagte, jedermann wüßte, daß ich Dein treuester, fleißigster Diener sei, und doch erhielt ich kaum einige Bissen von Deiner Tafel, und die immer gepfeffert mit Schimpfworten, Schlägen, Ohrfeigen, Maulschellen.
»Schurk, behandelt er Dich so, so verdienst Du es – er hat noch niemand unrecht getan« und als ich zu bemerken begann, daß wir doch eigentlich Karthago dienten, Du uns aber immer bloß nach Deinem Sinn geführt –
»Karthago! « war die Antwort, alle durcheinander: »ich habe das Loch noch nicht gesehn« »ich kenns, es ist ein Schandnest« »der brave, große Feldherr, es hat ihn betrogen« »der Feldherr hat mir Brot und Gold gegeben, dort ward ich mit Ketten gescheuert« »wir sollten Spitzbuben sein, und es stahl uns von Kannäs Ringen!«
Ha, Synedrion, hast Du Dir selbst mit Deinen Mietlingen das Rutenbündel gebunden, mit dem ich Dich peitsche?
Und wollt ich dann fortfahren, so fiel ein Hagel Faustschläge auf mich, daß, wär ich ein bewußtloses Reisfeld gewesen, auch nicht ein Körnchen von mir davongekommen wäre, aber mir machten sie Freude, denn sie geschahen aus Liebe zu Dir, und – nimm mirs nicht übel – ich habe Dich lieb – ja, wie drück ichs aus?
So sprach, so litt und ergötzt ich mich auf jedem Schiffe, denn wards auf dem einen zu arg, sprang ich in See und schwamm zu einem andern, und wieder die nämliche Unterhaltung und die nämlichen Prügel.
Nimm diesen Schlüssel zu meiner Kajüte, iß dort und bekleide Dich mit trockner Wäsche. Ich komme bald nach.
[124]Der Tag ist schwül. Setzen wir uns und laben uns am kühlen Wein, und dann – Er stößt mit Gisgon und Hanno an, diese tun als nippten sie von dem Wein, setzen aber die Becher unberührt beiseit. Melkir in sich. Die Niederträchtigen! sie merken gar das Gift!
– Hannibal kann heut noch ankommen. So sehr wir seiner gegen die nahenden Scipionen bedürfen, so gefährlich ists, ihn mit seinem Heere in die Stadt zu lassen.
Er kommt auch nicht damit herein. 's ist gesorgt: er soll draußen einige Stunden ruhen, und gleich darauf den Römern entgegen.
Diesem ist so, Gisgon. Er legt einen großen Brief auf den Tisch. Dieses Schreiben des Synedrions verfügts, und der Lotse steht bereit, der es ihm überbringt, sobald man seine Wimpel gewahrt. Du zweifelst? Mit Gewicht. Ja, ja, der Lotse steht bereit!
Das kann er kurzweg. Er sagt, ich habe die Befehle nicht gelesen, und bricht durch den Hafen in die Stadt.
Geht nicht. Äußerer und innerer Hafen wehren es ihm mit Ketten, und mit Toren von Erz, deren sich die Pforten der Hölle nicht zu schämen brauchten.
Kommt an dieses Gitterfenster – Wir übersehen von hier das Meer, und laßt uns beobachten, ob alles nach unsren Befehlen geschieht.
Die Flotte sieht zwar recht lumpig, aber auch verdammt ernsthaft aus, ihre Segel sind geflickt, ihre Vorderteile von der Zeit geschwärzt und voller Spalten, aber alles das nicht wie ein gebeugtes, sondern wie ein durchgrämtes, wütendes Gesicht.
Ich bin begierig, ob – Moloch, die ganze Flotte zieht die Flaggen auf, Karthagos Befehle zu begrüßen – Verzeihung, Melkir und Hanno, ihr kanntet Sachen und Menschen besser als ich.
Lieber Hannibal, bist doch nur ein Haudegen, und jetzt begreif ich, wie Du überall siegen, und doch weder Rom noch Karthago bewältigen konntest.
Mein Feldherr entbietet mich zu Dir: er weiß, wie sehr er alle Hülfe vorzüglich Deiner, auch Hannos des Großen, und Gisgons Bemühung –
Auch ihnen Gruß! – Ferner weiß er, wieviel ihr bei dem erhabenen Synedrion geltet, und bittet euch, da er in den langen Feldzügen ungewohnt geworden, in einer so hohen Versammlung zu reden, seine Vermittler zu sein, und ihm die nötigen Befehle auszuwirken, nach welchen er gegen das heranrückende Römerheer zu verfahren, und wo er jetzt zu landen hat, ob im äußeren oder inneren Hafen, oder an welcher anderen Stelle?
[126]Unseren Gruß ihm wieder. In den beiden Häfen soll er nicht landen, sondern den Scipionen entgegen, auf der Ebene am Westende der Stadt.
Das war seine unmaßgebliche Meinung auch. – Ein Teil unsrer Mannschaft ist seekrank – er wünscht einige Verstärkung, wenn sie möglich.
Du bist jung, Gisgon, höchstens sechsunddreißig Jahr, da kann uns der eitle Kriegsglanz noch blenden, und glauben machen, daß ein brauchbarer Feldherr, wie Hannibal, nicht außer seinem gewohnten Kreise ein beschränkter Kopf sein könne.
Erhebt euch, Götter der Unterwelt, und reißt diese Lavierer in eure Tiefen! – Ha, schaut, es wendet sich, gradaus, nach Osten, auf die Häfen stürmts, die Ketten springen vor dem Anstoß, die schlechtverwahrten Eisentore rauschen auf – In der Stadt ist er und wir sind alle an der Nase geführt!
Und da schwingt sich der Hauptmann aus einem Boot ans Land, den bloßen Säbel in der Faust, eine Kuppel bewaffneter Neger hinter ihm – seine eben noch schmeichelnden Mienen flammenrotes Gewölk!
hättet ihr meinen Wein getrunken, ließ euch Hannibal nicht kreuzigen. Ich indessen bin gerettet! Er versinkt.
[127]Folg mir – Hier ist eine versteckte Wandtür, die ich ihm längst ablauschte. Wir entwischen bequemer als er!
Da sitzt der dreiköpfige Höllenhund! – Was? weg? – Das ganze Haus zu Brei, daß er und jede Maus darin ersticke!
Der Junge sticht jetzt seine Mutter selig aus. Vorhin schrie er nur wie sie, doch jetzt lügt er, daß mir vor Ärger und Verwunderung das Herz wackelt.
Unser erhabener Feldherr Hannibal, tief empört über die Niederträchtigkeit des Synedrions und der Dreimänner, welche die Stadt an den Untergang gerissen, und die nicht wagten, vor ihm zu erscheinen, als er mit bescheidener Frage vor die leeren Throne der Suffeten trat –
– hat, da die römischen Legionen herandräuen, solang die Gefahr währt, diese auf sich genommen, und das Regiment allein ergriffen. Jeden Bürger, der sich berufen fühlt, ladet er ein, das Vaterland zu verteidigen, zwingen will er niemand dazu –
– Schiffahrt und Handel nach allen Teilen der Welt gibt er frei, nur die Ausländer zahlen von ihren gebrachten Waren Zoll. Er begehrt bloß gute Verpflegung seiner Krieger, während der kurzen Zeit, welche sie hier verweilen. Und jeder Freie, der ein Mitglied des Synedrions vor ihn bringt, sei es tot oder lebendig, erhält zwölftausend Drachmen, jeder Sklav dieselbe Summe, wovon er aber viertausend Drachmen seinem Herrn abzuliefern hat!
Teuerste Urenkelin, Du kommst in diesen bewegten Tagen, und er, der meinem Herzen noch näher sein sollte, kommt nicht, vergißt mich in seinem Glück!
Nein, Greis. So denk ich ihn mir nicht. Er will gewiß erst so freudiger vor Dich treten, wenn er alles beendigt hat.
Nimmermehr bloß der! Hohe Taten, wie die seinigen, wurzeln tiefer, als unter der Stirn, wo sie sich nur entfalten. Wahrlich, das fühl ich im kleinen in meinem eignen Busen.
Großoheim, ich war ja noch lange nicht geboren, als er abreiste, doch erzählen ließ ich mir von ihm, seit ich denken konnte.
– – – Großvater, die Scipionen kommen vor der Stadt an, und was wir hören, ist der langgedehnte, zum Aufwerfen der Nachtlager rufende Klang der römischen Tuba!
Der Feind vor den Mauern! Hannibal, Held, rette! Brasidas, hilf ihm! – Wie's da wieder schallt! wie sie mit ihren nordischen schaurigen Tönen hoch über die Mauern in die Stadt fassen! Rettet!
Versuchen will ichs! – Europa und Afrika stehen auf dem Spiel – Meine Würfel liegen aber schlecht, ich habe nur dreißigtausend schnell zusammengeraffte Söldner gegen eine vier- bis fünffache Übermacht auszuspielen, die da fühlt, daß sie um die Ehren eines Vaterlandes kämpft. Doch versuchen muß ichs, und zusehn will ich, ob ich das Glücks nicht verbeßre, und sei's mit der Zunge.
Massinissa! mit Deinen lybischen Reitern stellst Du Dich denen Deines Gegenkönigs, des Halbkarthagers Syphax gegenüber – Allochlin, scharmützle nach jenen Dörfern. Der Feind sammelt sich hinter ihnen.
Herr, gönnt meinen Leuten erst eine Stunde Ruhe. Sie waren wieder drei Tage und drei Nächte in Dienst. Drei Vierteile meines Heeres sind während Deines Feldzugs darauf gegangen – Die armen Männer tun mir leid – Ich habe meine Braut sehr teuer erkauft!
Kauf ist Kauf, Barbar. Hinterdrein daran mäkeln, zeigt keinen rechtlichen Mann. Befolge, was ich befohlen, und ihr zehn Zenturionen da, schließt euch an seine Seite, und tötet ihn, sobald er uns untreu wird. Sein weinerliches Gewäsch läßt mich das Niederträchtigste fürchten.
So dehne das Gespräch hin wie einen Bandwurm, der immer vorn wieder anwächst, wenn man ihn hinten abschneidet, bis ich zurückkomme und wir ihn und die punischen Patienten mit dem Schwert zum Tode kurieren. Ab.
Mit dem Barbaren spricht und scherzt er – Der ward seinem Gaumen angenehmer, als die früheren attischen Unterhaltungen.
Herr, ich sah manche mächtige gefleckte Kröte, gelb mit schwarzen Buckeln, doch so eine meilenweite, wie jene Stadt, zuerst gestern Abend. Und was für schwarze [131] Riesen ragen über all die Dächer und Türme noch hinaus, ihre Hände gen Himmel streckend, dampfend, als böten sie Brandopfer dar?
Es sind die ehernen Bilder der Götter, und wenn Gefahr droht, legen die Karthager in deren glühende Hände ihre Kinder zum Opfer, Errettung flehend.
Ei – höchst vernünftig kommt mir das vor, jemehr ich darüber nachdenke. Sie werden der kleinen, oft unvorsichtig erzeugten Mitesser los, werden gerettet, und tun dazu den Göttern einen Gefallen! Ich werd es in Keltiberien zur Nachahmung empfehlen.
Uns sendet Hannibal. Er wünscht den bevorstehenden Kampf durch Vergleich abzuwenden, und Dich dort auf freiem Felde mitten zwischen beiden Heeren zu sprechen.
Er wählte ja, um jeden Verdacht zu vermeiden, das freie Feld. Auch will er Dir nur zu Fuß, bloß von zwei Hauptleuten eben so begleitet, entgegenkommen, und ersucht Dich ein Gleiches zu tun.
Wozu längerer Kampf zwischen Rom und Karthago? Haben die endlosen Kriege nicht beiden einsehen lernen, daß sie am glücklichsten sind, wenn Rom sich auf Italien, Karthago sich auf Afrika beschränkt?
Nein. Aber grade meine Feldzüge lehrten mich seitdem, daß wir so denken sollten. – Du, jugendlicher Feldherr, stehst auf der Höhe Deines Ruhms, alles was Du bisher unternahmst, ist Dir geglückt – Doch bedenke, wie leicht wechselt die launische Fortuna, wie schnell kann sich alles wenden in diesen zentnerschweren Augenblicken, die über unsre Häupter heraufziehn! – Siehe mich: den Hannibal, der Dein Land mit euren Niederlagen füllte, jetzt –
– Der Weise wählt das beste Gut und das geringste Übel, muß er einmal unter beiden wählen. Siegst Du heut, macht es Dich glücklicher? Du hast Lorbeers genug. Verlierst Du heut, ist all Dein erworbener Ruhm dahin.
Alle Besitzungen außer Afrika, volle Genugtuung den Fürsten der Numidier, die mit euch verbunden sind.
Dann erwarte mit Deinen dünnen Haufen das Schicksal der Schlacht. Du, hättest Du mein überlegnes Heer, handeltest nicht anders, ständest Du an meiner Stelle.
Kind, sieh genau hin, denn heue erblickst Du etwas, wovon Du nach hundert Jahren erzählen kannst, und zum Glück ists helles Wetter.
Das ist die numidische Reiterei im Gefecht mit der römischen. Den Göttern Dank, die unsrige dringt vor!
In der Mitte der Scharen, Vater – hu, was sträuben sich da die Lanzen empor, fast wie Großmutters Haare, wenn sie keift!
Teufel – und es wird dabei so schauderhaft still, und man siehts so deutlich! Brausten doch alle Donner los, wirbelten und dampften alle Wüsten auf, dies leise Gewürg und Gemetzel zu übertäuben, zu verhüllen! – Ha, da kommt der edle Brasidas mit Reiterei zu Hülfe!
Und da stößt ihm ein Römer den Dolch unter die Rippen, daß ihm das Blut auf die Erde prasselt, und er vom Pferde stürzt! Hu!
[134]Ruhig – Hannibal lockt sie in eine Falle – Ha! siehst Du? Da ist er, unerwartet aus dem Versteck, frisches Fußvolk, frische Reiterei hinter ihm – Moloch, wie wirds Platz, wohin er kommt! – Da hat er die Leiche des Brasidas, empor reißt er sie mit gewaltiger Hand, zeigt sie racherufend dem Heer –
– und wirft sie auf das Pferd! – Hölle, nun erst gehts los – Die Funken stäuben von den Panzern, meine Augen beben!
Pah! was das? Sieh, er schwimmt allerwärts durch, patscht gut hinein, wo er ist, spritzt doch das Blut himmelhoch! Der Knabe hält sich die Augen zu. Die Hände von den Augen – Karthago siegt!
– – Was für eine Eisenmasse kommt aber da aus der Ferne? Kalt, blinkernd, still und doch vordrängend – So ists, wie unser Lehrer sagt, bei Thule mit den Eisblöcken!
Aff, das ist die letzte römische Macht, – Hannibal sprengt schon selbst darauf zu, wetzt den Degen daran, und haut das Eis zu Stücken.
Wie winkt er mit dem Arm den Unzähligen, die nahe vor uns stehen, so schön in Silber gewaffnet, ihm zu helfen? Sie rühren sich nicht.
Müßten auch Narren sein, ihre teuren Rüstungen und ihr kostbares Leben einzusetzen. Genug, daß sie dastehn und dem Feinde Achtung einflößen. Sprich vorsichtiger [135] von ihnen, Junge. Es sind die Söhne unsrer angesehensten Familien, und von ihnen hängt es einst ab, ob Du mein Nachfolger werden sollst oder nicht – Die Unsterblichen sinds!
Halt den Schnabel von Dingen, die Du nicht verstehst. Er blickt in die Stadt. Melkir, Hanno, Gisgon, die Geächteten, jeder mit wildem, großem Pöbelgefolg, und wie es hieß, unlängst unter sich in Zwiespalt, jetzt so scheints, noch einmal Eine Seele! – Was nicht eine verlorene Schlacht tut!
Hanno, Gisgon, besetzt jene Mauern!Indem er zum Pförtner steigt. Ich besetze diese! – Verliert der Windbeutel?
Hannibal, den Schuft, von dem ihr Schufte alles hofftet, und der nichts leistete. – Ha, er ist geschlagen, alles fliehe, die Unsterblichen voran – Denen öffne die Tore, jedem andren Flüchtling schlag sie vor der Nase zu.
Mein altes Herz, bebe vor Freude, daß du zu so hohen Jahren kamst! Die Römer konnten mir keinen größeren Gefallen erzeigen, als mit ihrem Sieg! Hannibals Name ist dahin, er selbst wird von der Stadt ausgeschlossen, und belagern sie uns, so verderben sie sich an unseren dreifachen Kyklopenmauern mehr, als er an Roms niedrigem Gemörtel. Eh, da ist er!
Er flieht! – – So etwas tut einem Greise wohl! – Daß aber großes Glück immer größere Sorgen mitbringt: der Maulaffe Gisgon und der Blasebalg Hanno müssen endlich unbedingt fort. Hanno erbte mit seiner Familie ein Rudel [136] Anhänger, und Gisgon sammelt sich fleißig neue – Der alte Melkir aber überlistet euch beide, und wird Karthagos einziger Herr, oder er mußte nicht Melkir sein!
Mein Knabe – er lächelt und winkt nach den flammenden, nach ihm ausgestreckten Fäusten! – Kind, wie wehe mir, als ich Dich gebar, und noch endlos weher, da man Dich mir entreißt – Dein dunkles freundliches Auge bald Rauch! – Ha, da nehmen die Priester der Nachbarin ihr Mädchen, nun kommt die Reihe an mich! Hu!
Zum andern Priester. Was zankst Du lange mit dem Weib? Der Gott muß Opfer haben, der Staat ist in Gefahr!
Ich auch! Sie drückt die Hände erst an die Brust, dann an die Stirn. Meer, erlösche die beiden Funken!
Aber auch nie noch drohte uns größere Gefahr, noch nie verlangte sie größere Opfer. Wir dürfen die größten nicht scheuen, bräche uns auch darob das Herz, denn der Feind droht mit Sturmangriff, und nur Moloch kann uns retten!
[137]Mir wird zu Mut, als röch ich bei seinem Gerede Speck in einer Mausefalle, und ich sollte eine der Mäuse sein.
Es wird schwer halten, just die edelsten Bürger auszufinden, welche sich dem Flammentode für das Vaterland weihen – es sind ihrer zuviel.
Du, der älteste der Dreimänner, geschmückt mit den verdientesten Ehren, Du, der für ganz Karthago gelten kann –
Karthagos Volk ernannte Dich, die Größten zum Opfer zu wählen, und Du dachtest kaum, daß der Wähler noch weit größer sein muß, als alle seine Erwählten – Drum
Und hier treten meine Bewaffneten vor – Hanno, laß Deine auch vortreten – Jedem das Schwert in die Kehle, der sich gegen uns sträubt!
Dann liefert ihr uns eure Waffen, eure Kriegsschiffe aus, diese bis auf zwanzig, welche ihr immer in Stand erhalten und ersetzen mögt, aber nie vermehren sollt.
Das alles läßt sich wieder herstellen. Schicke Leute ab, welche an den abzuliefernden Schiffen möglichst verderben.
Ferner helft ihr dem Massinissa sich in Besitz des Landes eures Bundesgenossen Syphax setzen, und besoldet dazu zehntausend Mietvölker.
Ambra angezündet! Die perlenschwellenden Pokale aus Ophir, die goldenen Becher der Atlantis herbei! Diese elenden Tische von Zederholz fort, die alabasternen, mit Diamanten geränderten her!
Gisgon, ich lade mich ein zu Deinem Mahl, und, edler Römer, alle Friedensbedingungen sind erfüllt, Schiffe, Gelder, Waffen, alles wie Du wünschtest, abgeliefert.
Die Scipionen werden bemerkt haben, wie rasch ihr alles herausgegeben, alles erfüllt habt, und wünschen vielleicht noch einige Erläuterungen, Bestimmungen –
– verlangen sie noch Eines, das den ewigen Frieden zwischen Rom und euch sichern, jede feindliche Berührung hemmen wird – Rom liegt auch nicht am Meer –
Was! das Meer! unsere Mutter! unsere Amme! an deren Wogenbusen wir uns groß gesäugt, die uns fortwährend ernährt, sollen wir missen?
[140]Geschleift werden, und ihr könnt im Lande, vierzig Stadien vom Meer, eine neue aufbauen, jedoch mit anderem Namen.
Nun, treibt ihr uns an solche Abgründe, so wollen wir beides, den Namen und die Sache behalten, so müssen wir uns zurückstemmen, umkehren, und euch Räubern selbst das geraubte Gut und eure eignen Kleider abzureißen trachten!
Nicht nötig! Tausende von Geistern erwachen schon in meiner einzigen Brust! – – Und ihr Römer, bei denen Stolz, Tapferkeit, Todesverachtung, nur Münzen anderes Gepräges sind, als unsre Silberlinge – schämt euch, daß ihr sie gebraucht, so zu betrügen!
Und Du warst bestellt, den Rest Karthagos zu vertilgen, wenn wir wehrlos geworden – O der großen Scipionen, wie hoch sie über aller Heuchelei, Falschheit, allem Laster stehn! Zwei Elmsfeuer, zwei Dioskuren werden sie von den Zinnen des Kapitols in die späteste Nachwelt glänzen, und diese Dioskuren sind doch nur weitschulterige, betrügerische Rattenfänger!
Ihr seid frei, und jeder, der sich tapfer gegen die Römer wehrt, ist Bürger. Holt Waffen, die besten liegen noch unter [141] den Fußböden der Arsenale versteckt, Proviant für Jahre neben ihnen – Ihr Römer, wie waret ihr so einfältig, uns für ganz einfältig zu halten? – Und, Sklaven, schreit durch die Straßen »die Scipionen haben den Vertrag gebrochen! sie wollen die Stadt in die Wüste verlegt wissen, daß sie dort verdorre, ein wasserloses Kraut!«
Alle Karthager ruft zur Gegenwehr, ruft aus: »nun ist es keine Kunst, nicht Gefahr mehr, Mut zu besitzen, denn ohne ihn gehn Leben, Haus, Hof, Gut, alles was in Feigheit gespart ist, verloren!«
Haltet – Auf reißet die Tempel der Götter, werft um ihre Bildsäulen, daß sie zu Waffen geschmolzen werden, zu Kriegswerkstätten machet ihre Hallen!
Duldeten sie nicht, daß wir verletzt wurden? Können sie uns jetzt zu etwas Besserem dienen als zu Waffen? Zu den Sklaven. Karthagos Weiber und Töchter, – es sind die schönsten der Erde, zu schön, als daß je Gemeines ihnen zu nahen wagte –
Ein Weib gründete Karthago, Weiber helfen es retten edler sind sie bei uns als die Männer (o, ich weiß es, obgleich ich nur Eine kenne!) –
Ruft Mütter und Töchter auf, sie sollen in den Tempeln die Stellen der Göttinnen ersetzen, und mehr noch als die sein, denn nicht stumm und müßig sollen sie dastehn, sondern ihren Schmuck an Gold und Kleinodien verwenden, um Speere, Schwerter, Helme und Harnische zu gießen und zu zieren, nur den besten, den Brautschmuck, mag er getragen sein oder harrt er noch auf den Brauttag, behalte jede, auf den Fall, daß es doch einst gälte, sich dem untergehenden Vaterlande zu vermählen! – Hanno, Hanno! wär ich immer das gewesen, wozu mich heut das Unglück macht, – wär ich meiner besseren Natur und nicht Deinen und Melkirs Listen gefolgt, bei allen Himmeln und Erden,Indem er auf die römischen Gesandten blickt. diese beiden Schweißhunde hetzten uns nicht in unsren Häusern, und Hannibal, ich als Gemeiner unter ihm, wäre in den ihrigen!
[142]An das Kreuz mit ihnen, fest und hoch, daß sie bluttriefend sehen, wie um sie her Karthago sich rüstet!
Eile, rücksichtsloseste, ist das nötigste, wollen wir einholen, was wir versäumten! – Fort mit den beiden! Könnt ich die Scipionen ihnen ins Antlitz gegenüber kreuzigen lassen!
Hüllt euch nur in die Schaffelle eurer Erinnerungen, man weiß doch, daß Wölfe von Fleisch und Blut darunter, und verziehe ihr bei eurer Bestrafung auch keine Miene, es tut euch doch weh!
– – Warum erschrecke, Hanno? Meinst Du, mit den Römern wäre irgend Friede? Sie würden nicht frecher, je zahmer wir tun? Wer uns einmal betrog wie sie, dächte uns nicht weiter zu betriegen? Zu Sklaven Massinissas ergriffen und verkauften sie uns, rissen wir diese Stadt um, und zögen wehrlos ins offne Feld, eine neue zu bauen!
[143]Jeden Drang der Natur kann die Kunst besiegen, wie Du in den Schulen zu Byzanz, wohin ich Dich auf meine Kosten gesandt, hättest erlernen können. Dein Prusten, gar klingend wie eine Anspielung auf meinen und meiner Ahnen Namen –
Der Verdacht schon gilt bei Königen für ein Vergehen, denn wir können bei der Menge unsrer Schmeichler und unsrer heimlichen Feinde nicht erraten, ob ein Narr lobhudeln, ein Feind uns ausspotten will. Entferne Dich, und erscheine nicht eher, als bis zwanzig Jahre abgelaufen sind und Du Deine Sitten gebessert hast, wieder vor meinem Hof.
Er hat mich in einiger Hinsicht verletzt. Warum kam er nicht gleich zu mir, sondern ging erst zum syrischen [144] Antiochus, der seine Ratschläge ohne Umsicht zum eignen Schaden benutzt, und ihn dann verlassen hat?
Es freut mich, daß auch die Arbeiten meiner Erholungsstunden Früchte bringen, und Du diesen Spruch aus meinem Trauerspiele Sesostris Dir gemerkt. – Ruf und führe den Hannibal bis an den Rand des Purpurteppichs vor der Estrade meines Throns.
Erstaunt nicht – Merkt euch vielmehr, ich habe mich von allen Seiten her unterrichtet, und gefunden, daß Hannibal zwar keine erlauchte, aber doch eine edle Person ist, der in Betracht seiner Taten als Krieger und der langen Reihe seiner Vorfahren auch erlaucht wäre, wären die letzteren nicht Kaufleute gewesen. Darum darf er kommen grad bis an des Teppichs goldfranzigen Rand.
Er verbeugt sich ehrfurchtsvoll dreimal gegen den König, der sich dabei auf dem Thron noch steifer sitzen macht, und knieet mit dem rechten Knie an dem Rande des Teppichs. Tiefe Stille.
Hoher Herr, ich habe nichts zu begehren, nur zu bitten In sich. Dieser Mensch hat eine knisternde Stimme, als ginge am Festtag ein banger Dienstbote über den Sand des Hausflures!
Eher hätte ich vermutet, daß er mir übertriebene Vorsicht vorgeworfen – Doch er und diese Höflinge – eine neue Art Schlachtfeld! Wir wollen mit andren Waffen, mit [145] Verbeugungen und dergleichen uns darauf versuchen – Laut. Belehre mich, König.
Weshalb das gefährliche Abenteuer versucht, über Pyrenäen und Alpen zu steigen, da Du weit rascher, weit ungefährdeter über das Meer nach Italien eilen konntest?
So der Mensch – Er sieht die fernsten Nebelsterne eher, als seine eigenen Fehler. – Dann, Bester, ist in Deinen Schlachten durchaus kein System. Bisweilen hast Du Deine Reiter rechts, bisweilen links, bald in der Mitte, und mit Deinem Fußvolk gehts ebenso.
Die gilt nicht, weder in der Kunst noch im Krieg: das System nur ist ewig und nach dieser Richtschnur müssen sich Heere richten, Gedichte ordnen, und das System stirbt nicht, geschäh ihm auch ein Unfall.
Ja wohl. Mein Vater ließ mich am byzantinischen Hof als Ehrenoffizier bei der Leibwacht erziehen. Er erhebt sich. Pantisaalbaderthilphichidis!
Geleite Hannibal zu der ihm bestimmten Wohnung. Mit Wohlbehagen. Hörst Du, Pantisaalbaderthilphichidis?
Im ganzen gut – Dein Stift ist indes noch hier und da zu scharf – Mein Haar hat daher etwas Dürres, als trüg ich trocknes Heu auf dem Kopf, – das tut Deine ängstliche Hand, gewöhne Dir sie ab. Ununterbrochene Übung das beste Mittel dagegen. – Das Knieen Hannibals brav – etwas zu lang hast Du ihn zu meinen Füßen hingereckt, jedoch das ist byzantinischer Stil, und schadet meiner Würde nicht, welche in allen Stücken die Hauptsache bleibt.
Himmel, was hat Alitta mit leisem Tritt veranstaltet, während ich schlief? – Die Halle schimmert von goldenen Ampeln und Leuchtern und blendendem Licht! Duftet von Ambra! Ist heute ein Familienfest?
O Meer, bedecke mich vor diesen Tag für Tag furchtbarer, näher werdenden Klängen! Sich erhebend. Was da? – Diese Halle ist hundert Stiegen hoch, und welche Riesenweiber schauen da in ihre Fenster – und – spalten sich die Mauern vor meinem Blick? – fegen die Gassen aus, die Gassen selbst fort? – Da, Du, du Eine, höher als alle, was weinst Du in mein Haus? Ich bedarf Deiner Tränen nicht, habe schon Grams genug – Eine funkelnde Königskrone auf dem Haupt? – – Elissa – Dido – bist Du es, die vor meinem Fenster steht? Standest Du auf, um Deine Stadt noch einmal vor ihrem Untergange zu sehn? Wehe Karthago! sie nickt, verdeckt ihr Haupt, und verschwindet mit ihren Gefährtinnen im Meer! – – Träum ich? Nein, dazu ists zu furchtbar!
Teuerster Ahn, wir alle haben Tag und Nacht gearbeitet, unsre Krieger zu bewaffnen – Sie sind nun bis auf wenige gefallen, und denen kann unsre Arbeit nicht mehr fruchten – Was hilft nun der Gram? Wir wollen unsren Schmerz erleuchten und Hochzeit feiern, darum ließ ich Ampeln und Fackeln anzünden!
So feiern wir nicht die irdische, aber bald die schönere himmlische! Hört! wie sie den Reihen dazu spielen!
Desto besser! Der Feind spielt selbst zu unsrem Fest und die Musik scheint kräftig! – Greis, Karthagos Jungfrauen und Matronen wissen, daß die Römer die Mauern erbrechen, obgleich der in seinen letzten Tagen so edle Gisgon sie mit seinem Todesblut versiegelt hatte, – sie wissen, daß alle Gegenwehr vergeblich ist, darum sind sie alle, keine ausgenommen, (sieh nur, wie es auch in den nachbarlichen Häusern und Palästen hell wird) entschlossen –
Ha, der Mohr, welcher nach Zamas Schlacht hier Hannibal suchte, und den ich beschützte – Du bleibst leben!
Und nun Freundinnen, Gespielinnen, besser, wir werden heiße Asche, als blühende Sklavinnen! – Ich beginne!
Er hat nur einige Diener bei sich. Aber an unseren Küsten kreuzen sechs bis zehn römische Kriegsschiffe.
Er beugt sich nicht? Öffnet nicht einmal den Mund zum Reden? – Ich muß wahrhaftig anfangen –Laut. Wer bist Du?
Es will, daß Du mir auf der Stelle den Feldherrn des untergegangenen Karthagos, jetzt Provinz Afrika geheißen, den Hannibal, auslieferst.
– Mein braves Volk wegen des Heimatlosen in Krieg stürzen? Wär es recht, billig, weise? Nein, spricht auch manches bei mir für ihn, ich muß es bezwingen, denn höhere Verhältnisse sind gegen ihn! Ja, so ists.
Wollt es der Prusias, Kleinasiens winzige Staaten wären bald überrumpelt, doch ich bin ihm zu dumm – – Karthago – sei wie du willst, doch meine Vaterstadt, und mir doppelt teuer, weil du jetzt so unglücklich sein wirst! –
Heimliches Geschleich? – Es kriecht! Ohr, trügst du mich? Es ist Turnu! Von Karthago! – – Hannibal, mach Dich gefaßt, sei stärker als die Eiche, und schaudre nicht mit allen Blättern, wenn die Wetter herannahen! Er öffnet die Tür. Komm!
Als die Römer vor die Stadt kamen, machten sie einen Höllenlärm, daß einem Ohr und Auge weit wurden! Brandschiffe zischten auf den Hafen los –
– platzten! – Dann kamen sie mit hölzernen Türmen an die Mauern gewackelt, große Eisenbalken daraus hervor, wir aber missen Pechkränze darauf und Turm und Mannschaft verbrannten!
Das mein ich. – Leider waren unsre Waffen bald zerfetzt, unsre Munition erschöpft – Da kam (in Nubien glaubts niemand!) das Weibervolk und brachte neue!
Schrecklich wars: jeder Tempel summte von ihm wie ein Wespennest, wie ein Ehebett, Tag und Nacht keine Ruh: die eine zupfte Verband für Wunden, die andere behämmerte die Schilde, die dritte schliff Speere und so alle – Nur Alitta stickte bloß Ehrenzeichen für die Heldentaten der Männer, und sie tat klug, denn hatte sie so einem Firlefanz eins angeheftet, ging er tausendmal tapferer fort, als er gekommen war.
Gruben in einer einzigen Nacht einen neuen, rechts ab vom alten. – Da fingen die Scipionen wieder zu Lande an – Schlaf, Essen, Trinken, Unterschied von Tag und Nacht hörte auf vor Kampf und Blut, bis –
Es kräht kein Hahn fürder nach ihnen. – Und als sonst kein waffenfähiger Mann sich noch wehren konnte, erhoben sich abermals die Weiber, Alitta an ihrer Spitze.
Weiberlist ist unergründlich, Herr. Die Römer wurden schmählich betrogen. Sie wähnten schon Karthago mit seinen Schätzen in der Hand zu haben, da sammelt sich das Weibszeug in den Palästen, und verbrennt sich, Deinen Großvater, der ganz lustig dabei wurde, und die Stadt mit Haut und Haar. Siebenundzwanzig Tage brannte Karthago, Alitta warf die erste Fackel! Hat man es auch gesehn, man glaubts kaum! Bald wogten die Flammen hin und her, als wäre aus allen Löwen Afrikas Einer geworden, und spiegelte er sich mit seinen Mähnen im Meer! Die betrogenen Römer mußten lange warten, eh sie einrücken konnten, und fanden nur – Asche, die der Wind noch heute in die See weht.
Da Alitta mir zu flüchten und zu Dir zu eilen gebot, [151] schlich ich mich zu den Römern und tat, als gehört ich zu Massinissas Negern – Das ging durch, denn wenn auch Massinissa Weiße, Gelbe und Schwarze hat, seine Zucht ist eben nicht sonderlich.
Ach, und da erst sah die brennende Stadt prächtig aus! Bei Tag schien die Sonne gelbrot durch den Dampf, bei Nacht wurden die rotfunkelndsten Sterne bleich vor dem Feuer, wie das Weiß meiner Augen – Und die Paläste donnerten einer nach dem anderen ein, die Flammen reckten sich nach dem Himmel, als wollten sie ihn mitverbrennen.
Die Gipfel des Atlas standen immer taghell vor dem sie durchfunkelnden Brand, mit ihren Klippen, Felsen und Waldungen! Es erschienen die Tiere der Gebirge und Wüsten: entsetzliche Schlangen ringelten sich auf an den Bäumen, Löwenaugen, Hyänen starrten in das Feuer –
Die hatten es gut. Sie kamen zu Zeiten, und es sah prächtig aus, wenn die brennende Stadt in dem Brustharnisch des Jüngeren, der auf einer Anhöhe des Lagers stand, sich abspiegelte. Er wußte sich auch so zu drehen, daß jedermann das sah, und kam oft. Als er aber in der siebenundzwanzigsten Nacht kam, wurde er wehmütig – die Stadt erlosch just, und es fielen ihm mit ihren letzten Funken Tränen aus dem Auge.
Habe das früher an Dir nicht bemerkt. – Dann sprach der jüngere Scipio auch Verse – ein schmächtiger Kerl, der immer hinter ihm scherwenzelte, wie ein Katzenschwanz (sie nannten ihn auch so mit einem »Z«, ich glaube Terenz), schrieb sie in eine Wachstafel, die stahl ich ihm aber, als er in tiefen Gedanken sie seitwärts, lose in der Hand hielt!
Zeig. – 's ist griechisch. Liest.
»Einst wird kommen der Tag, wo die heilige Ilios hinsinkt, Priamos auch, und das Volk des lanzenkundigen Königs.« [152] Macht der Bube aus Karthago eine homerische Reminiszenz!
Herr, guter Herr, verrate mich nicht – Es kommt ein Fremdling, weiß gekleidet, mit purpurner Verbrämung, vor ihm sechs Männer mit Äxten, mit ihm viele Krieger unsres großen Königs, und die ganze Villa ist schon umstellt!
Wir werfen das alte Fell ab, wie die Schlangen im Frühjahr, und sollst sehen, wir bekommen anderswo ein anderes.
Da, nimm den Rest – Es schmeckt kräftig – Teufel, was wird? Dreh ich mich um die Welt, oder die Welt sich um mich? Ich schwitze, und – Sich matt an die Stirn fühlend. es – ist heißes Eis – Feldherr – ? –
Du hast überwunden. – Nun, Römer, entzieht sich euch ein verbannter, greisender Mann, vor dem ihr gebebt, bis sein letzter Atem dahin –
Gift zu eurer Gesundheit! – Ei, wirkt es noch nicht bei mir? Das währt lange! – Ha, da – es kommt – Schwarzer Pilot, wer bist Du? – – Er stirbt.
Du hättest die Jagd unterlassen sollen. Ich werde alles in Rom anzeigen, und der Senat wird entscheiden, wie man Dich bestraft. Ab.
Jetzt ist der Moment in das Leben getreten, wo es das zu tun gilt, was ich in mancher Tragödie ahnungsvoll hingeschrieben: edel und königlich sein gegen die Toten!
Hannibal war, wie ich oft gesagt, ein zu rascher, unüberlegsamer Mann, – hart kam mir die Gastfreundschaft zu stehen, welche ich ihm erwies, – aber er war doch einmal mein Gastfreund, und darum seien seine Fehler, seine Abstammung vergessen, ihn und sie deck ich zu mit diesem Königsmantel! Grad so machte es Alexander mit Dareios!
Wartet – diese Falte am Zipfel des Mantels liegt nicht reche – Auch sie zu bessern, sei mir nicht zu niedrig!