Georg Forster
Revolutionen und Gegenrevolutionen aus dem Jahre 1790
[407] Innerhalb einigen Jahren haben sich in mehrern europäischen Staaten merkwürdige Gährungen ereignet, die mit dem Versuche vergesellschaftet waren, der Verfassung eine neue Gestalt zu geben, oder sie zu ihrer frühern Form zurück zu bringen. So wahrscheinlich es ist, daß die entferntere Veranlassung zu diesen Auftritten sich überall ähnlich sehen konnte, so gewagt scheint uns doch der Einfall gewisser Politiker, sie alle mit einander einer gemeinschaftlichen Ursache zuzuschreiben, und mit einem von den Ärzten entliehenen Ausdrucke, einen ansteckenden Gährungsstoff, oder ein so genanntes Revolutions-Miasma anzunehmen, das gerade um diese Zeit in der Luft geschwebt, und die schwachköpfigen Nationen schwindelig gemacht hätte. Erfahrne Männer in der Heilkunde, denen es zu rechter Zeit nie an Demuth zu einem freimüthigen Geständnisse ihrer Unwissenheit gebricht, nehmen nur äusserst selten ihre Zuflucht zu dieser Qualitas occulta, um das Entstehen neuer Seuchen zu erklären, und so lange man in der moralischen Pathologie die Verirrungen der Menschheit noch auf eine andere Art bis an ihre Quelle verfolgen kann, scheint es uns rathsam, diese Bescheidenheit nachzuahmen. Allerdings giebt es vielerlei Stoffe in der Natur, deren Wirkung auf die Vernunft nicht geläugnet werden kann; und wem ist nicht bekannt, wie der Tollapfel, der Hundsbiß, der Wein, der Mohnsaft die edelsten Kräfte unsers Wesens zerrütten? Vielleicht sind tausend Arten, wie Wahnsinn und Raserei entstehen können, noch unentdeckt; hat man doch kürzlich erst dem Wasser von Cheltenham den Ausbruch jenes bedaurenswerthen Zustands Schuld geben wollen, der an einem gekrönten Haupte so selten bemerkt zu werden pflegt! Allein von dem, was einigen Unglücklichen widerfahren konnte, gilt kein Schluß auf eine allgemeine Ansteckung ganzer Völker und Welttheile.
Erklärte man aber auch jenes Miasma blos allegorisch von gewissen transatlantischen Meinungen, die Europa mit einem Geist der Neuerung angesteckt hätten, so hätte man doch billig erst erweisen sollen, daß die Gemüther der Menschen auf diese Art für Meinungen empfänglich sind, wie ihre äussern Organe für's Gift der Epidemien. Erfahrung und Geschichte[407] lehren – wenn es erlaubt ist, in dieser Allegorie fortzufahren – daß in der moralischen Welt die erste Ansteckung mehrentheils vor einer entgegengesetzten bewahrt. Die Gesinnungen, die der Mensch durch Erziehung und Gewöhnung erhält, bemächtigen sich seiner so gänzlich, daß sie allen andern den Zugang versperren. Ganz besonders ist dieses mit politischen Meinungen der Fall; die Hartnäckigkeit, womit die Menschen an ihren Verfassungen und Gerichtsformen, kurz an allen herkömmlichen Einrichtungen im Staate haften, läßt sich nur mit der so genannten Kraft der Trägheit vergleichen. Ihre Ruhe, und ihre Bewegung in einer gegebenen Richtung können nur durch Kräfte zerstört werden, welche jener allgemeinen Tendenz der Naturwesen, in ihrem jedesmaligen Zustande zu beharren, wirklich überlegen sind. Ohne vorhergegangene gewaltsame Erschütterung also nehmen die Menschen keine neue Meinung an; und es folgt mithin offenbar, daß jener angeblichen Ansteckung mit amerikanischen Freiheitsgedanken ein leidender Zustand vorher gegangen seyn müsse, wodurch sie erst möglich ward.
Erwägt man nun ferner, daß die Revolutionen, die unsern Welttheil bedroheten, oder wirklich darin ausbrachen, in weit voneinander entlegenen Ländern entstanden, deren Einwohner an Bildung, Temperament und Charakter himmelweit verschieden sind, so läßt sich schon im voraus mit ziemlicher Gewißheit behaupten, daß besondere Localursachen die jedesmaligen Bewegungen in Holland und Brabant, in Ungarn, Polen und Schweden, in Lüttich und Frankreich, zunächst veranlaßt haben müssen. Auch gleichen sich diese Revolutionen so wenig in Absicht ihres Zwecks und ihrer Mittel, als der daraus entstandenen Folgen. In Polen, zum Beispiele, waren es die unerträglichen Übel der Anarchie und die dadurch bewirkte Abhängigkeit von mächtigen Nachbarn, die alle Gemüther zur Gründung einer gemässigten monarchischen Regierung stimmten. In Frankreich hingegen sahen wir den scheußlichen Umsturz einer in allen ihren Theilen aufgelösten, in politische Fäulniß übergegangenen Despotie, und deren nothwendige Umkehre in das anarchische Chaos. In Holland kämpfte die Aristokratie der Städte mit der Oligarchie der Höflinge und Ritter. In Brabant und in Ungarn sträubte [408] sich der Übermuth mächtiger Vasallen und die Herrschsucht fanatischer Priester gegen die wohlthätige Willkühr des Oberherren. In Schweden weckte der kindische Gebrauch einer mit grösserm Glück als Verstand erhaschten Alleinherrschaft die Hoffnungen der von ihrem Sturz nur betäubten senatorischen Partei. In Lüttich versuchte ein gemishandeltes Volk zu früh, das schwere Joch der hierarchischen Verfassung abzuschütteln.
Wo es den Misvergnügten gelang, ihre Revolutionen zu Stande zu bringen, dort zeigte schon die Ausführung selbst, aus welchen ganz verschiedenen Uranfängen sie jedesmal entstanden war; allein nicht alle der vorerwähnten Gährungen kamen zur völligen Reife. Die Schwedische Verschwörung war zu schwach, zu unzusammenhängend, und von dem benachbarten Hofe, der sie durch Unterhandlungen aufmunterte, zu wenig unterstützt, um gegen den rasch beschlossenen Krieg, und eine freigebige Anwendung der türkischen Subsidien bestehen zu können. Ein Volk, dem die Schändlichkeit einer Usurpation von bestochenen Senatoren im frischen Andenken war, hielt Gustav's repräsentirende Launen noch für unschädlicher, als jene gänzliche Ertödtung alles Ehrgefühls und seiner eigenen politischen Wichtigkeit. Schon halb gewonnen durch ihren eitelen, schwärmerischen Nationalgeist, konnten die Schweden den Lockungen königlicher Rednerkünste und dem Rauschen des Heldenmuths in nickenden Federbüschen nicht widerstehen. Die allgemeine Stimme der Misbilligung dämpfte den Aufruhr in der finnischen Armee der Reichstag erweiterte noch die Gränzen der königlichen Gewalt, und Gustav siegte, wie Könige siegen müssen, durch den entschiedenen Willen der Nation.
Ein kleinlicher, eigensinniger, schiefer Geist, derbe Unwissenheit, und gedankenlose Intolleranz, Härte gegen den Leibeigenen, Ungerechtigkeit gegen den Städtler, träge Unempfänglichkeit für Verbesserungen, und Vorliebe für die rohe unsaubere Lebensweise tatarischer Vorältern, hatten von dem gemeinen Haufen der ungarischen Edlen kein vortheilhaftes Bild in Joseph's des Zweiten schnellrichtender Seele zurückgelassen. Er hatte es versucht, den Geist der Duldung unter ihnen auszubreiten, die Leibeigenschaft, diese Schande der [409] Menschheit, abzuschaffen und den Ungarn mit der Deutschen Sprache statt ihres Finnendialekts und Küchenlateins, zugleich mildere Sitten und Kenntnisse, die des denkenden Wesens würdig sind, einzuimpfen. Allein je eifriger sich der grosse Kaiser um die Verwandlung seiner Barbaren in Menschen bemühete, und je dankbarer Einzelne bessere und gebildete Ungarn seine Verordnungen aufnahmen, desto stärker wuchs der Nationalhaß gegen die Ausländer, die er zum Muster aufstellte, und von denen der rohe Dorfadel höchstens einige raffinirtere Laster und die Befriedigungsmittel seines prunkenden, geschmacklosen oder schwelgerischen Luxus entlehnen mochte. Mit eben diesem Haß erwiederte dieses reizbare Volk die Geringschätzung, die ihm Joseph nicht länger verbarg. Wie in Schweden der Ausbruch des Krieges den König gegen seinen misvergnügten Adel sicher stellte, so ward er im Gegentheil in den kaiserlichen Staaten das Signal zur Empörung. Nach einem unglücklichen Feldzuge, wo Krankheiten mehr noch als Schlachten das Heer des Kaisers geschmolzen hatten, nach der gänzlichen Verheerung einer fruchtbaren Provinz benutzten die Ungarn den Zeitpunkt, wo sie ihren König, als einen in die Enge getriebenen Feind, zu nachtheiligen Bedingungen zu zwingen hofften, und indem sie, wie die Belgier, die Ruckgabe aller ihrer Privilegien der alten Barbarei verlangten, wurden sie mit der That die wirksamsten Bundesgenossen des Großsultans. Auswärtige Kabinette, die Joseph's Grösse zu beleidigen schien, fachten das wilde Feuer des Aufruhrs unter ihnen an; die Hoffnung, ein grosses Königreich dem Hause Östreich zu entreissen war in der Politik schon eines den künftigen Rebellen verheissenen Schutzes werth, und es gab einen Augenblick, wo bereits der neue Ragotzy gefunden war, der hinfort des heiligen Stephans Krone tragen wollte. Der Tod des Kaisers vereitelte diese weitaussehenden Entwürfe. Sein Nachfolger, Leopold, erkaufte sich, um das grosse Opfer aller türkischen Eroberungen des Jahrs 1789, den einzigen Freund, dessen er bedurfte, und entriß dadurch sowohl den Ungarn als den Belgiern ihre mächtigste Stütze. Seine temporisirende Staatskunst wartete den Augenblick ab, in welchem es so leicht ist, die Leidenschaft eines rohen Volks aus einem Extreme ins [410] andere zu lenken. Die Ungarn, die ihn noch kurz zuvor mit einem Diplom bedroht hatten, das ihm die Hälfte seines Erbrechtes schmälern sollte, krönten ihn in einem Anfall von Liebe und Großmuth, ohne alle neue Bedingung.
Offenbar fühlte der Adel in Schweden und in Ungarn seine Schwäche, Trotz den Aufwieglungskünsten der auswärtigen Politik. Dort im Norden wirkte das Gegengewicht eines freien Bürger- und Bauernstandes; hier im Süden hielten Leopold's disciplinirte Heere die ungarischen Säbel in der Scheide. Ganz andere Verkettungen der Umstände und Verhältnisse hatten mittlerweile im westlichen Europa die Staatsumwälzungen von Holland, Brabant und Lüttich zwar zu Stande gebracht, aber auch fast in demselben Augenblicke wieder vernichtet. Diese so leicht bewirkten Gegenrevolutionen geben uns das richtige Maaß der moralischen Kräfte der Völker. Trüglich oder kurzsichtig hatten ihre Anführer den wahren Satz geltend gemacht, daß der Wille der Wahrheit allvermögend seye; ohne zu bedenken, wie wenig der Augenblick einer ersten Aufwallung diesen Willen offenbart und auf die Probe stellt. So kinderleicht es immer ist, durch plötzlich aufgebothene Kräfte in den friedlichen Alltagsgang der Staatsmaschine einzugreifen, ihr Getriebe aus einander zu reissen, neu zusammenzufügen, und in einer andern Richtung fortzubewegen; so unentschieden bleibt der Werth und die Dauer dieser neuen Ordnung, bis sie sich nicht mit jedem möglichen Widerstande gemessen und gegen alle siegreich behauptet hat. Nur dann ist die Stimme des Volkes eine unfehlbare Gottesstimme, wenn Liebe für Gesetz und Vaterland es mit Muth und Kraft bis zur Verachtung des Todes begeistert. Die armen Bürger eines armen Freistaats sind dieser Aufopferung fähig; wo man hingegen den üppigen Genuß des Lebens gewohnt ist, den nur der Reichthum erschwingen kann, oder wo die mechanische Geschäftigkeit, Schätze zu häufen, die Stelle des Genusses vertritt, dort muß die Unabhängigkeit des Willens bald der Sicherheit des Eigenthums weichen.
Den Vorwurf haben indessen die Holländer nicht verdient, daß sie lau geworden wären im Kampfe für die Freiheit. Zwar, Freiheit! Freiheit! war jedesmal die Losung bei allen Unternehmungen gegen die herrschende Gewalt; allein dieses [411] hochheilige Wort hat im Munde derer, die es am häufigsten aussprechen, wie der gemisbrauchte Name der Gottheit, nicht jene Zauberkraft, womit es, von reinen, tugendhaften Lippen tönend, die Tyrannen erblassen und zagen lehrt. Die Einwohner der vereinigten Niederlande wußten wohl zu unterscheiden, zwischen einer Bürgeraristokratie, die den Statthalter von sich abhängig machen oder in einen venezianischen Doge verwandeln wollte, und einer adeligen Hofpartei, die für ihre eigene Macht und ihren Unterhalt dann am eiferigsten sorgte, wenn sie für des Prinzen Vorrecht zu streiten schien. Mit der thätigen Verwendung für das anerkannte Beste, die dem aufgeklärten Zustande des ächten Republikaners eigen ist, traten sie daher auf die Seite ihrer Regenten, gegen einen erblichen Beamten des Staates, dessen Entbehrlichkeit ihre Vorfahren schon eingesehen, und aus langer, glücklich wiederhohlter Erfahrung geprobt hatten. Ohne Kampf hätte die schwache prinzliche Partei dem entschiedenen Übergewicht der Patrioten nachgeben müssen, hätte Wilhelm der Fünfte nicht einen mächtigen Beschützer gefunden, vor dessen unüberwindlicher Phalanx die Niederländer sich beugten. Wenn es je erlaubt ist, die kühnen Unternehmungen der Menschen nach ihrem Erfolge zu richten, so sey es hier, wo die Dazwischenkunft des preussischen Monarchen, wie die Erscheinung eines Wesens höherer Art, den erhitzten Parteien Frieden gebot. Im ungestörten Besitze jener bürgerlichen Freiheit, welche die Person und das Eigenthum in heiliger Unverletzbarkeit erhält, fühlten die Niederländer noch zur rechten Zeit, daß der Kampf nur eine vieldeutige, speculative Frage von politischer Freiheit und ihren verschiedenen Graden betraf. Dem Räuber, der in Philipp's des Zweiten oder in Ludwig's des Vierzehnten Geist ihre blutig errungenen Verfassungen zu seiner Beute auserkohren hätte – o daß ich am Daseyn der Tugend in unserm Zeitalter nicht zweifle! – ihm würden sie noch jezt mit dem Muthe der Verzweifelung entgegen gegangen seyn, um den Verlust eines Gutes, ohne welches Menschheit ein leerer Schall ist, nicht zu erleben. Aber, wo es nur darauf ankam, zwischen Gyzelaar und van Berkel auf der einen Seite, und dem Erbstatthalter auf der andern, zu wählen, huldigten sie der Gewalt des Vermittlers, [412] der gegen ein so kleines Übel, das er ihnen aufdrang, das ungleich grössere, den Bürgerkrieg verhütete.
Die Häupter der gedemüthigten Partei hatten in den Tagen ihres Glücks der Stimme der leidenschaftlichen Erbitterung zu leicht Gehör gegeben, um nicht von ihren Gegnern ein volles Maaß der Wiedervergeltung erwarten zu müssen. Wirklich traf sie das gemeine Loos der besiegten, denen man aus einer mislungenen Unternehmung ein Verbrechen macht. Die zur blutigen Rache bestimmten Opfer retteten sich zwar durch eine zeitige Flucht; allein Verbannungsurtheile und Confiscationen verfolgten ihre Anhänger in allen Provinzen, und nach so vielen für die vermeintliche Sache der Freiheit schon verschwendeten Millionen mußte noch die Schatzung des fünfundzwanzigsten Pfennigs, als eine empfindliche Strafe, die lezten Kräfte der Frevler und der Schuldlosen zugleich erschöpfen. Wäre den Bürgerhäuptern ihr Anschlag lediglich aus politischer Kurzsichtigkeit misglückt, so hätten ihnen jezt die gerechten Verwünschungen der Nation in ihr Exilium gefolgt; allein jene willkührliche Einmischung einer fremden Macht in die innern Angelegenheiten eines Staates, dessen Verfassung sie nicht garantirt hatte, ward in den Augen der Holländer nicht nur zur gütigsten Rechtfertigung ihrer Anführer, sondern sie erweckte so gar über die Härte ihres Schicksals ein ziemlich allgemeines Bedauren. Es hiesse, an das Unmögliche glauben, wenn man erwartet hätte, daß der Hof von Versailles, der treue Bundesgenosse des östreichischen Hauses, der Alliirte der Niederländer, und der Feind der statthalterischen Ansprüche, einer bewaffneten Vermittelung ruhig zusehen würde, die sein eigenes Interesse untergraben Holland wieder den Britten in die Arme werfen, und dem Nebenbuhler Östreichs neuen Glanz und neue Macht verleihen mußte. Allein die Schwäche, Unentschlossenheit und Versatilität des französischen Kabinets lieferte die Niederländer im kritischen Augenblicke einem Monarchen in die Hände dessen Staatsmänner selbst an diese unbegreifliche Verblendung nicht glaubten, und dessen Kolonnen daher nicht eher aufbrachen, als bis die erwiesene Nichtexistenz eines Lagers bei Givet alle Zweifel gehoben hatte.
War es dem Hause Oranien unmöglich gewesen, sich gegen [413] die republikanische Partei ohne auswärtige Unterstützung im Besitze seiner Würden und seines Einflusses zu behaupten, so bedurften hingegen in Brabant die Empörer denselben Beistand, um sich nur einen Augenblick in ihrer usurpirten Souverainetät zu blähen. So lange ihnen diese Hoffnung leuchtete, so lange man ihrer neu errichteten Kriegsmacht Befehlshaber und Exercirmeister lieh, so lange noch an der böhmischen Gränze die Veteranen des unvergeßlichen Königs neue Siege zu erkämpfen drohten – so lange trotzten die beiden privilegirten Stände zugleich ihrem Herzoge und der Verfassung des Staats. Die redlichen, auf wahres Menschenglück berechneten Absichten Joseph's des Zweiten hatten in seinen Niederlanden den selben Widerstand, wie in Ungarn, gefunden. Heldenmüthig bekämpfte er in allen seinen Ländern das vielköpfige Ungeheuer verjährter Misbräuche und Ungerechtigkeiten; wüthend oder tückisch lehnte sich überall die rohe und die erlernte Unwissenheit wider ihn auf. Sein rascher Geist, gleichsam als hätte er das allzukurz gesteckte Lebensziel geahndet, verschmähte jene langmüthige Mässigung, welche zum Guten lieber sanft überreden als eigenmächtig zwingen will; mit dem göttlichen Sinne, in welchem Raum und Zeit verschwinden, wollte er Blühte und Frucht, Keim und Reife, zugleich um sich her erschaffen sehen, und nur die Hoffnung war zu kühn, dies alles durch eigene Kraft und Thätigkeit bewirken zu können. Wie die Aussaat, so die Erndte! Dies ist das grosse unwiderrufliche Naturgesetz, welches Joseph verkannte. Gewalt und Zwang, wie groß, und edel auch die Absicht sey, bringen immer nur ihres gleichen hervor. Im Gefühle der Ohnmacht heuchelte man dem Kaiser Gehorsam; aber so bald man ihn in einen schweren Krieg verwickelt sah, der alle Kräfte des Staats erschöpfte, fühlte man sich stark genug, für die Aufrechthaltung veralteter Formen des Aberglaubens und der Feudalität gegen ihn zu kämpfen. Selbst in jenen Provinzen, wo der Wille des Regenten den Wünschen des lechzenden Volks entgegen kam, brachte die ungewohnte Freiheit, laut zu denken, nur herbe, nothreife, getriebene Früchte. Man konnte den gemishandelten Zöglingen der Jesuitenhierarchie den Knebel wohl aus dem Munde nehmen, aber in ihren Äusserungen die traurigen, entstellenden [414] Maale ihrer langen Herabwürdigung nicht vertilgen; man konnte Sklaven freilassen, aber durch keinen Zauberschlag ihnen das Gefühl und den Geist der Freigebohrnen geben; man konnte der Dummheit ihre Opfer entreissen, ohne die Zahl der Verehrer der Weisheit zu vermehren.
In dem fruchtbarsten Theile seiner Monarchie, in seinen Niederlanden, hatte Joseph den einst so blühenden Handel und den verarbeitenden Fleiß im Verfalle gesehen. Erloschen war der Geist, der vor der spanischen Herrschaft die geschäftigen Einwohner beseelte; träge und erkaltet schien ihr Blut; leer und verödet lagen die grossen, einst so volkreichen Städte. Jene eiserne Zuchtruthe der spanischen Despoten, womit sie das gescheuchte Volk bis zur Fühllosigkeit zu Boden geschlagen hatten, war in die Hände ihrer Lehensträger übergegangen; die Bauern und Bürger hatten entweder keine oder nur adelige Stellvertreter in den Versammlungen der Stände, und in den meisten Tribunälen hatte Themis die heilige Binde der Unparteilichkeit von ihren Augen verlohren. Ein zahlloses Heer von Pfaffen und Mönchen besaß zwei Dritttheile aller liegenden Gründe, und vegetirte träg und müssig, unwissend und üppig im Genusse seiner Reichthümer fort. Dem beglückenden System der Kirche treu, mit blindem Glauben zu empfangen, in blindem Gehorsam zu bewahren, und mit blindem Eifer mitzutheilen, wiegte es das Volk unter dem Schutze dieser dreifachen Blindheit in den tiefsten Seelenschlaf.
Der Kaiser benützte einen günstigen Augenblick in den politischen Schicksaalen von Europa, um seinen Belgiern die Schelde zu öffnen; allein die Eifersucht der Mächte, und die Gleichgültigkeit seiner Unterthanen, die ihr eigenes Glück verkannten, zwangen ihn, für ein unweicherliches Menschenrecht, mit einer Entschädigung von wenigen Millionen zufrieden zu seyn. Er führte in den Niederlanden sein neues Steuersystem, und eine verbesserte Justizpflege ein; aber der Adel klagte über verletzte Rechte, und die Stände verweigerten ihre Subsidien. Er wehrte dem Aberglauben und Müssiggang, er hob die Klöster auf, vermehrte die Zahl der Pfarrer und Schullehrer, und errichtete Seminarien zur zweckmässigeren Bildung dieser Volkserzieher; allein die [415] fluchten ihm, und das aufgeschreckte Volk forderte laut alle seine Götzen wieder. Indessen vermochte noch Joseph, durch ein ernstes Wort die Murrenden zum Gehorsam zurückzurufen, und nur als Lascy's Plane gegen die Türken gescheitert waren, erhob die Empörung ihr verwegenes Haupt.
Die wankenden Schritte uneiniger Minister und Feldherren, die schlauen Anreizungen eifersüchtiger Nachbaren, vielleicht auch das übel verstandene Beispiel Frankreichs machten den Empörern Muth, und die unbegreifliche Bestürzung, das gleichsam panische Schrecken, welches die Erscheinung der Nation in den Waffen unter den Kaiserlichgesinnten verbreitete, warf in wenigen Tagen die Herrschaft über die belgischen Provinzen in andere Hände. Flandern erklärte sich zu erst am 25sten November 1789 unabhängig, und am 11ten Januar des folgenden Jahres errichteten die abgefallenen Provinzen unter sich ihren Freiheitsbund.
Diese so schnell bewirkte Revolution, die so wenig Blut und Anstrengung gekostet hatte, kann für ein Beispiel der Allgewalt des kräftig ausgesprochenen Volkswillens gelten. Ihr eben so plötzliches, noch in demselben Jahr erfolgtes Ende, bekräftigt die grosse Lehre, daß man auf den festen Willen eines Volks ohne Grundsatz und ohne Character, welches blos mechanisch fremden Eingebungen gehorcht, sich keine Rechnung machen dürfe. Allerdings waren es aber auch hier mehrere zu gleicher Zeit wirksame Kräfte, durch deren Zusammenstoß das schwache, grundlose Gebäude des neuen Staates unfehlbar wie der einstürzen mußte. Der Zwiespalt heftig gährender Parteien schreckte die Feinde und Nebenbuhler Östreichs von einer offenbaren Verbindung mit ihnen ab, so lange es nicht entschieden war, welche von allen die Oberhand behalten würde. Englands Kabinetspolitik blieb unabänderlich der Entstehung eines neuen belgischen Freistaats entgegen, so wenig man auch begreift, wie der beschleunigte Umlauf der Waaren und des Geldes, den diese Revolution bewirken konnte, und die damit verknüpfte neue Rivalität zwischen den Holländern und den Belgiern, einer See- und Handelsmacht, wie Großbrittanien, Nachtheil hätte bringen können. Dem überwiegenden Interesse der allgemeinen [416] Verhältnisse von Europa, welches in Reichenbach die Schale der Politik füllte, mußten die Schicksale der Niederländer untergeordnet bleiben, und bei Leopold's Verheissungen, die privilegirten Stände wieder in alle von seinem Vorgänger geschmälerte Rechte einzusetzen, konnten diese leicht dem eitlen Ehrgeiz entsagen, die Unabhängigkeit mit Ungewissem Erfolg noch länger fortzuspielen. Überdies hatte die Untreue und Raubsucht jener niedrigen Werkzeuge der politischen Ränke des Adels und des Klerus, die ihnen allmälig unentbehrlich geworden und zu den höchsten Würden emporgestiegen waren, die Einkünfte des Adels erschöpft, und durch die gänzliche Verwirrung der Finanzen allen bewaffneten Widerstand unmöglich gemacht. Es bleibt kein Mittel übrig, den Staat zu retten, wenn seine Auflösung so weit gediehen ist, daß die Mehrheit der Einwohner ihren Privatnutzen vom Interesse des gemeinen Wesens trennt. Die wahre Grösse, der die Zeitgenossen und Mitbürger unwillkührlich huldigen, diese moralische Überlegenheit, die der glorreichste Triumpf der besseren Menschheit ist, hätte vielleicht noch ächten daurenden Enthusiasmus an die Stelle des wilden fanatischen Aufbrausens setzen können; allein kein Heros und kein Halbgott stand in Belgien auf, begabt mit dieser in Europa schon ausgestorbenen und kaum mehr geglaubten Wunderkraft.
Die verbündeten Provinzen, Brabant, Flandern, Hennegau, Dornik, Geldern, Namur und Limburg waren durch ihre besondern Verfassungen und Verhältnisse ganz verschieden gestimmt. In Flandern herrschte mehr Freiheitsliebe, mehr Energie und Entschlossenheit, grösse[re] Unabhängigkeit von Vorurtheilen aller Art, als in den übrigen Provinzen. Die Organisation der dortigen Stände war schon etwas vortheilhafter für die zahlreichen Klassen der Bauern und Bürger, die im Staate einer grössern Sicherheit und Freiheit, und sogar einer gewissen Stellvertretung genossen. Wer diese Vortheile in Verbindung mit dem Umstande erwägt, daß die weitläufigen Besitzungen vieler flamändischen Familien im französischen Gebiete zwischen dem Interesse beider Länder eine natürliche Verwandschaft knüpften, dem wird es nicht sonderbar oder unerwartet scheinen, daß in Flandern am eiferigsten [417] für eine der neuen französischen ähnliche repräsentative Regierungsform gestritten, oder wohl gar im Ernste schon ein Föderationssystem mit Frankreich ersonnen ward. Der Glanz eines Hofes hatte die Brabanter für andere Plane gestimmt; ihrem erwähnten weichlichen Sinne war die Rückkehr zur republikanischen Nüchternheit und Sittenstrenge nicht zuzumuthen; ihr geschmeidiger Nacken bedurfte einen Herrn. So entstand der Gedanke, nach dem Beispiel der früher vereinigten Provinzen, sich einen Erbstatthalter zu geben; doch was Nassau's Tugenden für seine Nachkommenschaft errangen, wollte man jezt der Macht oder dem Reichthume der Competenten verkaufen. Die Lücke, welche die Absetzung des Souverains in der belgischen Grundverfassung gelassen hatte, gab den Vorwand zu einer solchen Ernennung her; man behauptete mit einigem Schein des Rechts, daß die Stände der Provinzen nicht befugt seyn könnten, den ganzen Umfang einer Macht an sich zu reissen, wovon sie jederzeit nur ein Bestandtheil gewesen wären. Allein die Empörung war den Prälaten und dem Adel zu wohl gelungen, und ihr unverdientes Glück, das Ruder jezt in Händen zu halten, hatte sie mit süssen Herrscherträumen berauscht. Was keine der Provinzen und keine ihrer gesetzgebenden Versammlungen sich einzeln anzumaassen wagte, trug man kein Bedenken, ihrem erwählten Ausschuß zu übertragen, und aus den Deputirten aller Stände bildete sich der souveraine belgische Congreß. Vom mächtigen Einfluß der Geistlichkeit auf ein aberglaubisches Volk unterstützt, wußte diese Partei sich gegen alle ihre Widersacher zu erhalten; siegreich erhob sie sich auf den Trümmern der kleinen demokratischen Verbindungen, die vergebens alle Kräfte aufgeboten hatten, um die Revolution zur allgemeinen Wohlfahrt und Freiheit des Volks zu benutzen und zu verhüten, daß sie lediglich die Leidenschaften einer kleinen Anzahl von Ehrgeizigen und Eigennützigen befriedigte; bald schmeichelnd, bald trotzig vereitelte sie jedes Bemühen der mächtigen Familien, Aremberg, Ursel und Ligne, sich an die Spitze der niederländischen Angelegenheiten zu stellen, und zwischen ihrem Privatinteresse, den Forderungen der Insurgenten, und den Ansprüchen des Hauses Östreich eine friedliche Ausgleichung zu treffen.
[418] Dieser Innere Kampf der Faktionen verzehrte indessen die Kräfte des neuen Staats. In Brüssel mußten die Anhänger des Congresses alle Künste der Unterhandlung erschöpfen, und alle die geheimen Triebfedern, wodurch man den Willen der Völker lenkt, in Bewegung setzen, um die bewaffnete Bürgerschafe zu gewinnen, und die Versammlungen der Patrioten aus einander zu sprengen. Nicht ohne Verschlagenheit, die hier den Mangel jeder Tugend ersetzen mußte, verhütete man die wesentliche Vereinigung der grossen Häuser mit der Volkspartei; der neue Souverain war freigebig gegen sie mit Ehrenämtern, allein so eifersüchtig auf sein Ansehen, daß er jeden Einfluß auf die Geschäfte davon trennte. Zürnte der beleidigte Stolz eines Ursel oder Aremberg, so wußte man ihn austoben und selbst die verweigerte Anerkennung der Souverainetät ihm hingehen zu lassen; aber wenn sich der wichtige Grosse zum Zeichen der Versöhnung heute treuherzig von den Ministern des Congresses umarmen ließ, fand er Morgen seinen Namen an der Spitze einer Proscriptionsliste aufgezeichnet, und sein Schrecken beschleunigte den Sturz seiner Partei. Ein gedungener Pöbel drang in die Häuser einiger Eiferer für die Freiheit, plünderte sie aus und bedrohte Brüssel mit einer allgemeinen Verwüstung, bis das versprochene Geschenk, und die Entfernung eines Volksfreundes, dem kurz zuvor ein schwacher Versuch, die brabantische Revolution mit der französischen zu vereinigen, mislungen war, ihre verstellte Wuth besänftigte. Jezt durfte der Justizhof von Brabant die Aufhebung der patriotischen Gesellschaft beschliessen, und seine Verbannungsurtheile gegen die Häupter derselben herabschleudern.
Das belgische Heer, nebst seinem Anführer, van der Mersch, begünstigte keinesweges die angemaaßte Souverainetät der brabantischen Stände. So dringend daher auch alles an zu rathen schien, daß man im Zeitpunkt der kühn beschlossenen Unabhängigkeit zuerst für die Erhaltung dieser Schutzwehre sorgen müsse, so geflissentlich sah man doch den Congreß allen Maasregeln ausweichen, wodurch sie ihm selbst hätte fürchterlich werden können.- Die kaiserlichen Truppen, die man bis jenseits Namur verfolgt hatte, sammelten sich wieder aus allen Provinzen unter den Wällen von Luxemburg, und [419] faßten unter Bender's Anführung neuen Muth. Des Krieges ungewohnt, zum Theil schlecht bewaffnet, von keiner Artillerie unterstützt, und von allen Munitionen entblößt, mußten dagegen die freiwilligen Flamänder und Brabanter das Ungemach einer Wintercampagne, im Angesichte disciplinirter und mit allen Bedürfnissen wohl versehener Feinde, zehnfach drückender empfinden. Ihre wiederhohlten Bitten und Vorstellungen, die persönliche Erscheinung des Generals in Brüssel, sein militarischer Ernst, seine nachdrückliche Sprache, und sein Entschluß, die Befehlshaberstelle niederzulegen, blieben ohne allen guten Erfolg. Vielmehr rüstete der Congreß sich auf diese bevorstehende Entlassung, indem er einen hessischen Officier, den General von Schönfeld, den ihm auswärtige Freunde kräftig empfohlen hatten, in seine Dienste nahm. Die Belagerung und Übergabe von Antwerpen benutzte man, um die dabei gebrauchten Truppen in der Nähe von Löwen zu einem Heere von fünftausend Mann zu vermehren, welches dem Congreß den Eid der Treue schwor, und wobei nur vertraute Officiere angestellt wurden. Die in Antwerpen erbeuteten Kriegsbedürfnisse kamen dieser neuen Ausrüstung zu Statten. Als nun endlich die Armee bei Namur die Sache der Freiheit zu verfechten drohte, als sie ihren General bewogen hatte, den Commandostab in Händen zu behalten, und den Congreß zur Anerkennung der Souverainetät des Volks aufzufordern, als ihre Vorstellungen, verbunden mit den Stimmen der aus Brüssel geflüchteten Patrioten, und unterstützt vom Herzog von Ursel und vom Grafen la Marck, die der Vorwand einer gütlichen Vermittlung zu ihnen geführt hatte, einen männlichen und so gar gebietenden Ton annahmen; da eilte Schönfeld mit seiner überlegenen und besser verpflegten Kriegsmacht vor die Thore von Namur, und bewies den zaudernden Demagogen, daß man sie überlistet hatte. Van der Mersch, auf den man den Verdacht eines geheimen Verständnisses mit den Östreichern zu wälzen suchte, – einen Verdacht, dem Leopold's nachgiebige Versprechungen, der vorauszusehende Ausgang des Kampfes, und die unerträgliche Tyrannei der usurpirenden Stände alles entehrende zu nehmen schien – mußte sich als Staatsgefangener nach Brüssel begeben, und wurde, seiner Reklamationen [420] ungeachtet, auf die Citadelle von Antwerpen geführt. Ein ähnliches Schicksal traf verschiedene unter ihm commandirende Officiere, und nichts war leichter, als die verwaiseten Truppen neu zu organisiren und dem Heere unter Schönfeld's Befehlen einzuverleiben.
Leopold hatte gleich nach dem Tode seines Bruders einen so sanft lockenden Ton angestimmt, daß schon damals die Ruckkehre unter seine Oberherrschaft den Häuptern der demokratischen Partei weit annehmlicher dünkte, als die Unterwerfung unter das unrechtmässige Joch der Stände. Sobald Joseph's Krankheit eine Wendung genommen hatte, welche keine Genesung hoffen ließ, legte der damalige Großherzog von Toskana in die Hände der nach Coblenz geflüchteten Gouvernantinn eine Erklärung nieder, welche zu gleicher Zeit mit der Nachricht vom Absterben des Kaisers erschien, dessen ganzes Verfahren gegen seine Niederlande in strengen Ausdrücken misbilligte, und die Insurgenten unter der Zusicherung ihrer ungekränkten alten Verfassung und einer vollkommenen Amnistie zum erneuerten Gehorsam gegen ihren rechtmässigen Erbherrn aufforderte. So wenig diese Sanftmuth auf die herrschende Partei noch zur Zeit wirken, und so leicht man sie auf Rechnung der bedrängten Lage des neuen Erben der östreichischen Monarchie setzen konnte, so gewann sie ihm dennoch die Herzen aller misvergnügten in den belgischen Provinzen. Auch hatte der Tod des Beleidigers manchen gutmüthigen Verfechter der Unabhängigkeit versöhnt, und zu der Überzeugung zurückgeführt, daß es unbillig sey, Joseph's Ungerechtigkeit seinen Nachfolger entgelten zu lassen. In der ganzen Provinz Limburg war diese Stimmung so laut, daß die Einwohner sich den Anmaassungen ihrer Stände widersetzten, sie aus mehrern Versammlungsorten vertrieben, und erst im Junius, nachdem ein Corps von Brabantern sie zum Gehorsam gezwungen hatte, die Independenzacten erscheinen liessen.
Die Unversöhnlichkeit der Priester hatte sowohl in Brabant die Stände und ihren Anhang gegen die dortigen Royalisten und Demokraten bis zur leidenschaftlichsten Erbitterung angefeuert. Selbst die Anerbietungen einiger ausgewanderten Häupter dieser leztern Partei, sich mit dem einmal bestehen [421] den Congreß auszusöhnen, und über dem gemeinschaftlichen Interesse des Vaterlands gegen Leopold ihre Privatmeinungen zu vergessen, wurden mit schnöder Verachtung zurückgewiesen. Wiederhohlte Mishandlungen und Verfolgungen trieben endlich die Patrioten zu jener Verzweiflung, welche nicht mehr ruhig ihre Mittel zum Widerstand abmißt, sondern der Folgen uneingedenk, das passive Verhalten gegen den gewagtesten Gebrauch der eigenen Kräfte vertauscht. In Flandern, welches von Truppen entblößt war, brachen Unruhen aus; die Misvergnügten aus Tournai, Hennegau und Limburg stiessen zu ihren flamändischen Brüdern, und ein Haufe schickte sich an, den General van der Mersch aus Antwerpen zu befreien. Es glückte den Brabantern, diesen Auflauf durch ihre Freiwilligen zu dämpfen, und ihn sodann zum Vorwande zu gebrauchen, um in Brüssel und an andern Orten viele verdächtige Personen, worunter sich auch der Herzog von Ursel befand, gefänglich einzuziehen. Gleichwohl diente ein solches Verfahren nur dazu, die Wuth der Unterdrückten stärker zu entflammen. Ein neuer Aufstand in Gent vertrieb die dort versammelten Stände, und erlösete den Herzog aus seinem Verhaft in der Abtei Bandeloo, ehe die Truppen des Congresses hinzu eilen und die Aufrührer zerstreuen konnten. So deutlich der Ausgang dieser und ähnlicher Bewegungen die Übermacht der aristokratischen Partei bewies, so bestärkte doch jede neue Gährung die Östreicher in der Hoffnung eines leichten Sieges.
Noch verhinderte indessen der ungewisse Erfolg der mit Preussen angefangenen Unterhandlungen, und die Nothwendigkeit, jedes politische Raisonnement durch bewaffnete Myriaden einleuchtender zu machen, daß Leopold's kleines Heer im Luxemburgischen keine Verstärkung erhielt, um über die Maas gehen und die bis auf sechszehntausend Mann herangewachsene Macht des Congresses zurucktreiben zu können. Zwar hatte schon ein ziemlich hitziges Treffen bei Marcheen-Famine am 23sten Mai die Überlegenheit geübter und folgsamer Truppen über die undisciplinirten Belgier dargethan; allein die geringe Anzahl der Östreicher setzte sie ausser Stand, ihren Vortheil zu verfolgen, und der ganze Feldzug gieng mit kleinen Streifereien hin, wobei von beiden [422] Seiten mit abwechselndem Glücke gefochten ward. Auch Schönfeld konnte oder durfte – vielleicht von einem höhern Einflusse geleitet – keinen entscheidenden Angriff wagen, und mußte sich begnügen, die Ufer der Maas zu decken. Der 27ste Julius, dieser in den Annalen Östreichs unvergeßliche Tag, an welchem der Friedensschluß zu Reichenbach diesem Hause den ruhigen Besitz aller seiner Provinzen zusicherte, gab endlich den Operationen in Belgien eine andere Wendung. Von den in Mähren und in Böhmen gestandenen Truppen ward ein ansehnliches Corps nach Luxemburg detaschirt, welches die daselbst befindliche östreichische Kriegsmacht bis auf dreißigtausend Mann vermehrte.
Der belgische Congreß, der sich von allen auswärtigen Mächten verlassen sah, beschloß nunmehr, die lezten Kräfte der Provinzen aufzubieten, um der Katastrophe, der man nicht länger zu entgehen hoffte, wenigstens einen interessanten Anstrich zu geben. Die streitbare Mannschaft des ganzen Landes ward aufgerufen; die Mönche predigten einen Kreuzzug gegen Leopold, und stellten sich in grosser Anzahl an die Spitze der zusammengelaufenen Horden. Ihr Anführer van der Noot, dem bisher die Rollen eines Unterhändlers und eines Staatsministers so übel gelungen waren, wollte jezt auch als Feldherr die Mittelmässigkeit seiner Talente zu erkennen geben. Noch war die östreichische Verstärkung nicht angekommen, noch war es Zeit, durch eine gewaltsame Anstrengung zu zeigen, was ächte Freiheitsliebe, und glühendes Gefühl für eine ausschliessend mehr geglaubte Religion vermöchten; ein grosser Sieg und die erstürmten Mauern von Luxemburg hätten vielleicht einen Nachbar bewogen, sich eines tapfern Volks anzunehmen, das eines bessern Schicksals sich werth gezeigt hätte. Allein der Glaube dieser armseligen Werkzeuge des Fanatismus konnte nie auch nur des Senfkorns Grösse erreichen, und mußte an der neuern Taktik scheitern. Man führte sie zur Schlachtbank, als man am 22sten und 28sten September die Östreicher anzugreifen wagte. Ganze Schaaren flohen vor wenigen, aber beherzteren Feinden, die von den rasenden Mönchen das heilige Öl, und den ganzen Zauberapparat des Aberglaubens erbeuteten.
Die Bevollmächtigten der alliirten Höfe von London, Berlin [423] und dem Haag eröffneten izt einen vermittelnden Congreß an dem leztgenannten Orte, wohin sich auch Leopold's Minister und einige belgische Deputirte verfügten. Schon einige Monate zuvor hatten die Generalstaaten, als garantirende Macht der belgischen Verfassung, dem Wiener Hofe wegen eines Waffenstillstands Eröffnungen gethan, worauf er sich damals nicht einlassen wollte. Jetzt forderte man von den Belgiern, daß sie zuerst die Waffen niederlegen sollten, und als sie Ausflüchte suchten, gieng man weiter, und setzte ihrer Ruckkehr unter Leopold's Scepter einen kurzen Termin. Umsonst flehten die belgischen Abgeordneten um eine Verlängerung dieser Frist; der östreichische Gesandte blieb standhaft auf seiner Weigerung, ohne selbst auf die Fürbitte der Nationsminister Rücksicht zu nehmen.
Mittlerweile hatte das Tournesis schon den Entschluß gefaßt, sich wieder dem Kaiser zu unterwerfen; die östreichischen Truppen hielten ganz Limburg besetzt, und auf das einladende Manifest, welches Leopold während seiner Kaiserkrönung an die Belgier ergehen ließ, und worin er ihnen dennoch den Genuß ihrer unverletzten Constitution mit allen ihren Vorrechten versprach, zeigte man auch in Flandern die größte Bereitwilligkeit zur Rückkehre unter seine Oberherrschaft. Nur in Brabant wüthete noch ein ohnmächtiger Fanatismus; der Pöbel zerriß und verbrannte das Manifest, und seine Anführer wagten es nicht, ihm die wahre Lage der Sachen bekannt zu machen. Der Souveraine Congreß glaubte das Possenspiel seiner politischen Unabhängigkeit nicht anständiger beschliessen zu können, als indem er am 22sten November, eben als die von den vermittelnden Mächten bewilligte Frist verstrich, den dritten Sohn des Kaisers, den Erzherzog Carl, zum Erbherzog von Belgien ernannte. Doch diese Entschließung, welche vielleicht einige Monathe früher Glück gemacht hätte, kam jezt zu spät; Bender's überlegenes Heer war schon in Bewegung; die belgischen Befehlshaber zogen sich vor ihm zurück, und liessen ihn ohne Schwertstreich Namur besetzen. Der General von Schönfeld forderte den 28sten November seine Entlassung, und den 2ten December rückten die kaiserlichen Truppen wieder in Brüssel ein. Die Verwirrung, welche diesem Augenblicke voranging, hatten [424] die Mitglieder des Congresses und ihre Minister benutzt, um der gerechten Rache der betrogenen Einwohner zu entfliehen. Derselbe van der Noot, den man noch kurz zuvor vergöttert, und dessen Bildniß man als ein heilbringendes Amulet getragen hatte, war izt der Gegenstand einer eben so gränzenlosen Verabscheuung geworden, und der Pöbel in seiner Verzweiflung schonte seine Aufwiegler, die Priester und Mönche, nicht mehr. Jezt fiel dem Volke die Binde von den Augen, die es so lange geblendet hatte; nicht für seine Freiheit, nicht für seine eigene Wohlfahrt hatte es gestritten, sondern für die Vorrechte der zu seinem Nachtheil privilegirten Stände – und sonderbar genug! mit einer Verschwendung von mehr als zwanzig Millionen Gulden, und mit Aufopferung von zwanzig tausend Menschen hatten die Priester und der Adel ihren Zweck vollkommen erreicht, und von einem Monarchen, dessen Land sie ärmer und volkleerer gemacht hatten, die Rückgabe aller ihrer drückenden Privilegien ertrotzt. Die im Haag am 10ten December von dem vermittelnden Congreß unterschriebene Convention enthält nicht nur diese Zusicherung, sondern auch zugleich das Versprechen, den belgischen Provinzen noch anderweitige Verwilligungen zuzugestehen; ja die politische Schonung gegen die brabantische Stände, oder wenn man einen andern Gesichtspunkt wählt der Triumph der Alliirten über das Andenken Joseph's des Zweiten, wurde jezt so weit getrieben, daß man seiner in jener Convention mit keiner Sylbe gedachte.
Die Wiedereinsetzung des Kaisers in seine Souverainetätsrechte über die niederländischen Provinzen war ihm indessen alle diese Aufopferungen werth. Ihm mußte für den Augenblick alles daran gelegen seyn, die Ruhe in seinen Staaten wieder her zu stellen, sich auf dem Throne, der unter Joseph zu wanken angefangen hatte, wieder festzusetzen, und die günstige Gelegenheit zur Wiedererlangung eines unbeschränkteren Einflusses von der Zeit und seiner eigenen Klugheit abzuwarten. Nur unter dieser Bedingung konnte sich das Haupt der östreichischen Monarchie jezt schmeicheln, sein ganzes politisches Gewicht in den Schicksalen von Europa beizubehalten. Der erste Schritt, wodurch er sein Ansehen im deutschen Reiche geltend machte, folgte unmittelbar auf die [425] Unterwerfung der belgischen Provinzen. Ein Requisitorium des Reichskammergerichts erging an seine Regierung in den Niederlanden, und ersuchte sie in Kraft eines burgundischen Vertrags vom Jahre 1548, die Execution gegen Lüttich zu übernehmen. Innerhalb wenig Tagen öffnete hierauf die Stadt ohne allen Widerstand dem östreichischen General von Kheul ihre Thore. Zugleich mit Brabant hatten die Lütticher versucht, sich wieder in den Besitz der jenigen Rechte zu setzen, die ihr Tyrann, der Bischof Maximilian Heinrich, ihnen im Jahre 1684 geraubt hatte. Damals ward ihre Grundverfassung gänzlich umgestossen, indem der dritte Stand vom Hofe abhängig, und so gar den Municipalitäten das Vorrecht entrissen ward, ihre eigenen Beamten zu ernennen. Im Verlaufe von etwas mehr als hundert Jahren häuften sich die übeln Folgen dieser gewaltthätigen und durch Verjährung nur schwach vertheidigten Unterdrückung. Der erste Stand oder das hohe Domkapitel und die durch das selbe angestellte Geistlichkeit nahm keinen Theil an den Lasten des Volks, und eine ununterbrochene Reihe von Unglücksfällen und neuen Erpressungen hatten den Punkt herbeigebracht, wo diese Lasten seine Kräfte überstiegen. Die gelähmte Wirksamkeit des dritten, und die freiwillige Verzicht des ersten Standes, lieferten dem Fürsten auch den noch übrigen zweiten, oder die Ritterschaft, in die Hände. Die strittige Frage, ob der Fürstbischoff über Gegenstände der Polizei ohne Zustimmung der Stände Verfügungen treffen könne, die bald wegen ihrer Beziehung auf den Erwerb der Einwohner von Spa die größte Wichtigkeit erhielt, und das ganze Land zerrüttete, blieb von dem Reichskammergericht unentschieden, und die Erbitterung zwischen dem Fürsten und seinen Unterthanen ward durch allerlei Anmaassungen von beiden Seiten vermehrt.
Wenn die Leidenschaften des grossen Haufens angeregt werden, verhalten sie sich genau, wie bei dem einzelnen Menschen. So, wenn mehrere grosse, allgemein wirksaame Ursachen die Gemüther vorbereitet haben, ist eine an sich unbedeutende Kleinigkeit hinreichend, die Dämme, die einen heftigen Ausbruch verhielten, zu durchbrechen, und jeder ungestümmen Woge des Gefühls freien Lauf zu verschaffen. Es ist ein einiger Tropfen zu viel, nach dem Ausdrucke eines [426] geistreichen Schriftstellers, wovon das volle Gefäß überläuft. Von dieser stets wiederkehrenden Bemerkung, worauf man gleichwohl in der gewöhnlichen Staatskunst bisher so selten Rücksicht nahm, liefert der Vorgang in Lüttich ein neues Beispiel. Weil das Verbot der Getraideausfuhr, welches der Brodmangel erheischt hatte, nicht mit der Genehmigung der Stände versehen war, und folglich ohne Wirkung blieb, stieg die Empfindlichkeit der Lütticher auf den hohen Punkt der Spannung, der die äusserste Gewaltthätigkeit befürchten ließ. In der schwülen Ruhe dieser Erwartung verlangte der Bischof von dem Domkapitel und der Geistlichkeit, daß sie hinfort als gute Bürger zu den Abgaben des Staates beitragen möchten, und um endlich die Getraidesperre wirksam zu machen, berief er die Versammlung der Stände. Eine im Volk verbreitete Schrift hatte mittlerweile die Hoffnung angefacht, daß es den gegenwärtigen Zeitpunkt noch vortheilhafter benutzen und zum Besitze seiner langentbehrten Rechte gelangen könne. An mehreren Orten im Lande zeichneten sich die Freunde der Freiheit schon durch farbige Bandschleifen aus; auch in Lüttich selbst erschien dieses Abzeichen, und kaum hatte Einer angefangen, so trugen alle Einwohner die patriotische Kokarde. Einmüthig setzte das Volk die vom Bischof ernannten Bürgermeister ab; einmüthig erwählte es durch allgemeinen Zuruf Männer an ihre Stelle, deren erprobte Denkungsart allein schon hinreichend war, ein gutes Vorurtheil für diesen ganzen Auftritt zu erwecken. Der Fürst hatte schon im voraus, durch eine eigenhändig unterschriebene Erklärung diese Schritte des Volks genehmigt; er billigte sie auf eben die Art nach geschehener That, er bestättigte sie feierlich durch seinen triumphirenden Einzug in die Stadt, durch die Friedensworte, die er vom Rathause herab, mit Segnungen begleitet, an die versammelte Menge ergehen ließ, durch die Annahme der Kokarde, die er dadurch heiligte, und durch die wiederhohlten, ungebetenen Beweise seiner vollkommensten Zufriedenheit, womit er mehrere Tage hindurch die neuen Magistratspersonen und ihre Maaßregeln beehrte.
Wer vermag die Tiefen des menschlichen Herzens zu sichten, um mit richterlicher Unparteilichkeit die Entscheidung zu wagen, aus welcher Quelle dieses Betragen des Bischofs geflossen [427] sey; ob lautere Zuneigung für ein geliebtes Volk, gewissenhafte Anerkennung seines so lange vorenthaltenen Rechtes, ächte, freudige Theilnahme an dem neubefestigten Glücke freier Mitbürger, und das göttliche Gefühl, ihr Wohlthäter und der Wiederhersteller ihrer Freiheit geworden zu seyn – oder ob Furcht, Heuchelei, verbissene Despotenwuth und heimlich brütende Priesterrache die Triebfedern seiner Handlungen waren? Wer vermag eine Revolution, worüber Fürst und Volk einverstanden schienen, wobei kein Tropfen Bürgerbluts vergossen ward, wodurch die seit hundert Jahren verletzte Grundverfassung Lüttichs ihre gesetzmäßige Ergänzung wieder erhielt, wer vermag sie ohne Kläger und ungehört zu verdammen? – Dies vermochte, dies durfte das Reichskammergericht.
Es durfte und vermochte aber mit Recht. Form ist die Seele des Gesetzes, und wider die Form hatten die Lütticher gesündigt. Die gerechteste Sache verliert durch einen Verstoß wider die Form den Schutz, den ihr der Buchstabe zuerkennt. Wo bliebe der ganze, grosse Zweck der Rechtspflege, wenn jeder eigenmächtig sich selbst eines jeden Unrechts erwehren wollte? Welchen Nutzen hätte die Verfassung des deutschen Reiches für die darin zu einem Ganzen verbundenen Staaten, wenn nicht die Rechtshülfe der Tribunäle jedem bedrückten Mitstand die Selbsthülfe entbehrlich und sogar strafwürdig machte? Worin bestünde das unterscheidende Kennzeichen einer rechtmässig erlangten Verfassung, wenn nicht die dabei beobachtete Formalität sie von den willkührlichen Anmaassungen des Aufruhrs und der Faktionen auszeichnen, und mit der Genehmigung des Kaisers und des Reichs beglaubigen könnte? Unläugbar hatte die Revolution in Lüttich nicht nur den Flecken der Informalität und Illegalität, indem das Volk sich eigenmächtig gegen die einmal bestehende Herrschaft aufgelehnt, und ohne die Wiederherstellung seiner verstümmelten Regierungsform vor den Tribunälen des Reichs zu verlangen, die Bürgermeister abgesetzt hatte; sondern die Auszeichnung durch Kokarden, die tumultuarischen Bewegungen, der bewaffnete Aufzug verriethen eine zu auffallende Ähnlichkeit mit einem Aufruhr, und die gesetzwidrige neue Bürgermeisterwahl konnte der Beschuldigung, daß sie [428] das Werk der Aufwieglung und des Parteigeistes gewesen sey, nicht gänzlich entgehen.
Schnell, 1 ohne Bedenken, auf das bloße Ruchtbarwerden des Ereignisses, von Amtswegen und aus eigener Bewegung erließ daher das Reichskammergericht ein Dekret, welches die Neuerungen in Lüttich mit dem verhaften Namen einer Rebellion brandmarkte, die gefängliche Haft gegen ihre Urheber zuerkannte, und die Fürsten des westphälischen Kreises zur Execution aufforderte. Solche rasche Schritte, solche rächende Blitzesschnelle machte die Verletzung einer Form nothwendig, welche doch nur allein gefehlt hatte, um die Wohlfahrt des ganzen Staats von Lüttich auf Jahrhunderte hinaus durch die wiederhergestellte Constitution zu sichern; dahingegen, wo die processualischen Formen beobachtet wurden, wie bei dem Streite über die Rechtmässigkeit der Spieloktroi in Spa, die lezte Entscheidung sich Jahre lang verzögern durfte, unerwogen, ob nicht der Wohlstand, das Glück, die Nahrung, ja die Existenz selbst vieler tausend Familien daran hing, und eine unglückselige, zur Revolution unausbleiblich vorbereitende Erbitterung die Folge des Säumens war!
Das Dekret des Reichskammergerichts wirkte vermuthlich schon vor seiner öffentlichen Bekanntmachung; denn bereits am 26sten August 1789 entwich der Fürstbischof heimlich aus seinem Lustschlosse bei Lüttich nach der ohnweit Trier liegenden Abtei St. Maximin, und von diesem Augenblicke an wußte er, daß seine Einwilligung zu den Volksbewegungen eine bloße Wirkung der Furcht gewesen sey. Durch den Ausspruch des höchsten Reichsgerichts in Schutz genommen, entzog sich der Fürstbischof den Berathschlagungen der am 31sten August versammelten Stände; seine Abwesenheit und die nachher erfolgte Secession der Majorität des Domkapitels stempelten die Verordnungen dieser Versammlung mit einem neuen Anschein von Unrechtmässigkeit, setzten endlich das Beharren des freigewordenen dritten Stands auch bei der Ritterschaft in ein nachtheiliges Licht, und verbreiteten, indem man Zwietracht und Mistrauen zu begünstigen suchte, die in [429] Lüttich herrschende Volkspartei zu gewagteren Schritten. Lüttich selbst ward nunmehr ein Schauplatz, wo die aufgeregten Leidenschaften des Volks in Ungebundenheit tobten, und eine Revolution, deren friedlicher Anfang so schöne Früchte versprach, schien jezt die unglückschwangeren Prophezeihungen solcher Menschen zu rechtfertigen, die in der reinen Athmosphäre des Patriotismus nicht athmen können, und daher lieber den Himmel und die Hölle bewegten, um sie zu verpesten.
Nach Wetzlar waren Abgeordnete von Lüttich gegangen, um das dortige Tribunal zur Zurucknahme seines Dekrets zu bewegen, und die versammelten Stände hatten mittlerweile die Grundartikel der Wiederherstellung ihrer Constitution entworfen, und dem Fürsten zur Genehmigung dargelegt. Hätte jezt der Bischof die Ruhe und das Glück der Unterthanen gewollt, anstatt sich auf den übertriebenen Punkt des Rechts zu steifen, wo es das größte Unrecht wird, so wäre seine Sanktion das Unterpfand des schönsten Friedens geworden; statt der aufgerufenen Gewalt hätten Liebe und Güte die Irrungen ausgeglichen, und die Geschichte hätte seine Wiederkehr mit jenem nie verwelkenden Kranze belohnt, um welchen mit jeder That des Lebens zu kämpfen, die heiligste Pflicht des Fürstennamens gebeut. Ein edles Selbstvertrauen, welches im Bewußtseyn einer grossen innern Kraft und Würde ruht, geht diesen eigenen, treuen, festen Gang; die furchtsame Schwäche, das Werkzeug dessen, der sie schreckt und leitet, kann ihn nicht gehen. Der Bischof glaubte in dem von ihm verlangten Schritte der Versöhnung nur den Privatnutzen etlicher Demagogen, nur den Sturz seiner eigenen Günstlinge zu sehen; von seiner Nachgiebigkeit ahndete er nur immer dreister geforderte Aufopferungen; Güte dünkte ihn Schwachheit, und nur der Starke vermag, zwischen beiden die Gränzlinie zu ziehen.
Weit entfernt also, mit den Ständen jezt zum Frieden zu stimmen, um weit grössern Übeln, womit der Freiheitstaumel im Volke den Staat bedrohte, der Losreissung vom deutschen Reiche, der Vereinigung mit den Insurgenten in Brabant, und der Berufung einer Nationalversammlung vorzubeugen, rief der Fürstbischof vielmehr die ganze Strenge des Gesetzes gegen [430] seine Unterthanen auf, und ersuchte die Fürsten des westphälischen Kreises um die Befolgung des Reichsgerichtlichen Mandats. Das Tribunal selbst that am vierten December einen neuen Spruch, worin es sein voriges Erkenntniß bestätigte, die Einwendungen der Stände für unstatthaft erklärte, alles in den vorigen Stand zuruckzusetzen verordnete, und sodann erst dem Fürsten gestattete, die nöthige Reformation auf einem neu auszuschreibenden Landtage in Erwägung zu ziehen. Der klevische Directorialgesandte, Herr von Dohm, erhielt indessen von seinem Hofe den Befehl, zur gütlichen Vermittlung der Unruhen mitzuwirken, und die rücksichtlose Sentenz des Reichskammergerichts hatte diese Vorsorge bei der heftigen Spannung der Lütticher doppelt nothwendig gemacht. Die von den damals siegenden Brabantern dargebotene schnelle Hülfe hatte sie wirklich gegen den Einmarsch einer Executionsarmee gesichert. Preussen, welches seine Truppen für keine eigensinnig behauptete Formalität hinopfern wollte, konnte noch viel weniger einen Schritt wagen, der die unmittelbare Folge nach sich gezogen hätte, gegen die Belgier für den Kaiser Partei ergreifen zu müssen. Ganz Lüttich stand in den Waffen, der hartnäckigste Widerstand schien beschlossen, die brabantische Hülfe war nah, und das königliche Executionscorps stand schon auf dem lütticher Gebiet. In einer Directorialconferenz, welche dieser kritische Zeitpunkt veranlaßte, stimmten die Delegirten von Münster und Jülich, (oder Churkölln und Churbaiern) dem ungeachtet für die unbedingte Vollziehung des wetzlarischen Mandats, und die Truppen des Königs mußten dieser Entscheidung der Mehrheit gemäß, ihren Marsch fortsetzen. Ein einziges Mittel blieb noch übrig, das Blutvergiessen und die anarchische Verwirrung, vielleicht sogar den Ausbruch eines allgemeinen Krieges zu verhüten: der Einzug der königlichen Truppen mußte nicht die Unterdrückung des Volks, sondern seine Aussöhnung mit dem Fürsten zur Absicht haben. Eine Erklärung des klevischen (preußischen) Gesandten, die den Lüttichern diese Zusicherung ertheilte, und unter dieser Milderung dennoch auf der Hauptbedingniß des Reichsgerichtlichen Spruchs, der augenblicklichen Absetzung des neuen Magistrats bestand entwaffnete die ausschweifendsten Freiheitsschwärmer, [431] fü[h]r[te] sie zum Gehorsam des Gesetzes zurück, und bewirkte die ruhige Aufnahme der preussischen Besatzung.
Die hier geäusserten Besorgnisse konnten eitel gewesen seyn; in diesem Falle ward Lüttich, auf Kosten des Ansehens, welches die Reichsgesetze heischen, geschont. Hier mußte der Rechtsspruch vollzogen werden, und sollte Lüttich darüber zu Grunde gehen; hier konnte von jener Nachsicht, womit Leopold die Insurgenten in seinen Niederlanden schonte, weil sie nur für ihre alte Verfassung stritten, die Rede nicht seyn; denn hundertjähriger Besitz hatte dem Fürsten von Lüttich aus Usurpation ein Recht geschaffen; hier mußte es vor anderm dem Bischof ziemen, an seinen Unterthanen »glorreiche Rache« zu nehmen; hier kam es darauf an, durch ein schauderhaftes Beispiel, das deutsche Reich vor aller fernern Ansteckung mit der französischen Freiheitsseuche zu bewahren; hier konnte der Ruin von Lüttich, das zerstörte Glück seiner Einwohner und die exemplarische Züchtigung ihrer Häupter das Lösegeld werden, womit ganz Deutschland sich auf immer von der Furcht der Revolutionen befreite; Schonung also war hier ein Irrthum, und dieser Irrthum, in der jezigen Lage der Sachen, eine der deutschen Reichsverfassung gerissene Wunde.
Wenn solcher gestalt das preussische Kabinet auf einen bedenklichen Abweg gerathen war, so hatte es ihm doch nicht an wichtigen Beweggründen für seine Beschlüsse gefehlt. Gelindigkeit und Vatergüte hatten ihm gegen ein erstes* Vergehen anwendbarer als Strenge geschienen, und dieser Überzeugung liegt ein so schönes Vertrauen auf die unverdorbenen Gefühle der Menschheit, ein so tröstlicher Glaube an Tugend und Edelsinn zum Grunde, daß sie selbst denen, die sie als Irrthum verwerfen müssen, Ehrfurcht, Bewunderung und Liebe entlockt. Für die grosse Masse des Menschengeschlechts ist gewiß der Zauber unwiderstehlich, womit der Mächtige sie an sich fesselt, wenn er Gnade für Recht ergehen läßt, und in diesem besondern Falle wirkte noch die Kraft der tadellosen Namen: Hertzberg, Dohm und Schlieffen, um ein allgemeines, günstiges Vorurtheil für das Benehmen des preussischen Hofes zu erwecken. Es wollte indessen dem König nicht gelingen, durch einen unmittelbaren Briefwechsel [432] mit dem Fürsten von Lüttich, die Zustimmung dieses leztern zu der vorgeschlagenen Versöhnung zu bewirken. Die bis an Beleidigung gränzende 2 Hartnäckigkeit, womit der Bischof fortfuhr, die unbedingte Vollstreckung des Reichsrichterlichen Mandats zu fordern, überzeugte endlich den König, daß seiner Ehre nur der einzige Ausweg bliebe, seine Truppen von Lüttich zuruck zu ziehen, und die Execution, die seit fünf Monaten das Land mit einer täglichen Ausgabe von sechstausend Thalern belastet hatte, anderen Reichsständen zu überlassen.
Am 16ten April 1790 brachen die Preussen aus Lüttich auf, und am 19ten erschien ein neues Dekret zu Wetzlar, welches die Hülfe des Ober- und Churrheinischen, im gleichen des Schwäbischen und Fränkischen Kreises gegen Lüttich aufforderte. Die Churrheinischen Contingente nahmen wirklich Antheil an der Execution, welche der Churfürst von Cölln als Bischof von Münster und der Churfürst von Baiern als Herzog von Jülich fernerhin dirigirten. Allein der Widerstand der Lütticher, die aus Furcht vor der so deutlich an den Tag gelegten leidenschaftlichen Stimmung ihres Fürsten die ernsthaftesten Anstalten zur Gegenwehr machten, bewies ihnen bald, daß die Vollziehung des Reichsgerichtlichen Urtheils ganz andere Kräfte erheischte. Das ärgerliche Schauspiel eines zwecklosen kleinen Kriegs, wobei gleichwohl das Bischthum durch beide Theile verwüstet und erschöpft werden mußte, dauerte bis nach der Kaiserkrönung ins Spätjahr fort. Die zu Frankfurt über das Schicksal dieses unglücklichen Landes von neuem angeknüpften Unterhandlungen, wozu die Stände ihre Abgeordneten schickten, endigten sich mit einem Vorschlage, den die Lütticher anfänglich mit Unwillen verwarfen, hernach aber bedingungsweise annahmen, indem ihnen die Unmöglichkeit, gegen überlegene Heere länger zu bestehen, die Unterwerfung zum Gesetz machte. Allein auch diese Rettung ward ihnen entzogen, als das höchste Reichstribunal die Hülfe der kaiserlichen Regierung in den Niederlanden [433] aufbot. Das Unglück, welches ihren Muth gebrochen hatte, stimmte sie jezt zur unbedingten Ergebung, und der Kaiser überlieferte dem Bischof den entseelten Leichnam seines einst voll Kraft und Leben blühenden Landes.
Nirgends hat das Gesetz einen vollkommenern Sieg davon getragen; nie hat die Verfassung der deutschen Republik die in ihr liegenden Kräfte zur Erhaltung des innern Ruhestandes thätiger bewiesen; nie hat ein mächtiger Monarch ein edleres Beispiel, als hier der König von Preussen, von seiner Mäßigung und seiner Achtung für ein Gesetz, dessen Anwendung ihn nicht ganz billig dünkte, dem deutschen Publikum und der gesammten aufmerksamen Welt gegeben. Es ist gewiß nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß in keinem andern gegenwärtig schon organisirten europäischen Staate der Begriff des Gesetzes diese Heiligkeit erlangt hat, vor welcher sich alle andern Rücksichten beugen. Mit einer Klarheit, die weit über jeden Einwurf erhaben ist, leuchtet uns aus dieser wichtigen Erfahrung die tröstliche Gewißheit hervor, daß, so lange die deutsche Reichsverfassung unangetastet besteht, die Ausführung einer Revolution innerhalb den Gränzen Deutschlands schlechterdings unmöglich bleibt. Darf man es von der strengen Unparteilichkeit der höchsten Reichsgerichte erwarten, daß sie auch da, wo die Rechte der Unterthanen von ihren Landesherren beeinträchtigt werden, eben so schnell als im entgegengesetzten Falle, auf eingereichte Klagen oder auch von Amtswegen, erkennen werden, und darf man von der tiefen Verehrung der Fürsten für die Aussprüche des Gesetzes, auch alsdann der schnellsten, pünktlichsten, unbedingtesten Vollstreckung des Oberrichterlichen Spruchs gewärtig seyn: o dann, wo wäre das Land, das sich mit unserm Vaterlande in Absicht auf Gerechtigkeit, Freiheit der Person und Sicherheit des Eigenthums messen dürfte? Deutsche Fürsten! Deutsche Männer! die ihr segenvolle Ruhe im Lande zu erhalten und allgemeines Glück eurer Mitbürger fest zu gründen wünscht; hier greift in euern Busen, und forscht nach der Hoffnung der Zeitgenossen!
Der Lütticher Aufstand, der einzige, der jezt die öffentliche Ruhe Deutschlands gestört hatte, ward nicht nur gänzlich gedämpft, sondern auch mit äusserster Strenge bestraft. Es ist [434] lehrreich, indem man noch einen Augenblick bei dieser und der andern gleichzeitigen Bewegungen in Europa verweilt, auf die verschiedenen Triebfedern, die so viele Menschen in Handlung setzten, den Blick zu richten; lehrreich, wahrzunehmen, daß nur in Lüttich die Revolution mit der französischen die Erleichterung des Volks zur Absicht oder zum Vorwand hatte. Die Urheber aller andern Unruhen waren privilegirte Klassen von Menschen, die entweder das Heft der Regierung an sich reissen, oder gegen die Willkühr der Regenten ihre Vorrechte behaupten wollten. Wo sie das Volk bewegen konnten, ihre Partei zu ergreifen, erreichten sie ihren Zweck; denn ohne fremde Übermacht hätte auch in Holland die Aristokratie der Städte gesiegt, und, wie gesagt, in Belgien erkaufte Leopold die Unterwerfung der Empörer nur mit der Bewilligung aller ihrer Forderungen. Wo hingegen das Volk aufgeklärt und gehörig repräsentirt war, wie in Schweden, vereinigte es sich mit dem König wider den Adel. Wo endlich der dritte Stand, wie in Ungarn, gänzlich fehlte, dort kam auch die Empörung des Adels nie zur völligen Reife. Die unversöhnliche Feindschaft und der ewige Wettstreit zwischen der Aristokratie und der monarchischen Gewalt wurden jezt nur darum so sichtbar, weil Gustav und Joseph, ein jeder auf seine Art, jene hinunterdrückten zur Gleichheit mit dem übrigen Volk. Warum gehorchte sie hingegen so willig der Allgewalt Friedrichs des Weisen? Auch in seiner Hand, war sie nur ein Werkzeug, wie die übrige Masse des Volks; allein er wußte sie an ihre Stelle zu setzen, erhielt sie als ein edles Gefäß, und ehrte sich selbst in ihr. Seinem Tiefblick war es unverholen, daß ihre gänzliche Unterjochung jene Gleichheit vorbereitet, die zwar dem grossen Despoten schmeicheln kann, dem schwachen aber furchtbar wird. Ludwig der Vierzehnte, der seine Vasallen bezwang, der ihre Vorrechte schmälerte, sie fesselte an seinen Hof, und abhängig erhielt von seiner Gunst, bahnte durch ihre Demüthigung dem dritten Stand den Weg zur politischen Existenz. Das Gegenstück zu diesem Bilde ist jene gefährliche Freundschaft, zwischen dem Fürsten und den privilegirten Ständen, welche jederzeit die Scheinherrschaft des ersten beweiset. Dort regieren sie schon unumschränkt, und bewegen die königliche[435] Maschine nach ihrer Willkühr, wo sie als geborene, unentbehrliche Beschützer des Throns, für seine Majestätsrechte streiten.
Ist die Bedingung, unter welcher alles in der Welt seinen Nutzen hat, jene unvermeidliche Fähigkeit zum Misbrauch, so muß das Werk der Weisheit und der reifen Erfahrung nicht sowohl auf die Vernichtung, als vielmehr auf die unschädliche Benutzung des einmal Bestehenden zielen. Der unwiderlegbare Satz des Naturrechts, daß alle wirklich existirende vernünftige Wesen auf ein ungehindertes Daseyn und auf die dazu gehörigen Erfordernisse gleiches Anrecht haben, näher bestimmt und eingeschränkt durch die eben so unläugbare Verschiedenheit der Anlagen und Kräfte, welche verschiedene Kreise der Wirksamkeit nothwendig vorschreibt, kann sich allerdings unter billigen Voraussetzungen mit einer politischen Einrichtung vertragen, die gewissen Generationen erbliche Vorrechte zugesteht. Ein freiwillig anerkanntes Erbrecht war vielleicht die sicherste Schutzwehre neuaufkeimender Bürgervereine gegen die Unterdrückung, der sonst nicht nur die physische, sondern auch die moralische Schwäche von einer jeden ihr überlegenen Kraft beständig ausgesetzt bliebe. Allein der Misbrauch dieses Vertrauens, der äusserste Grad des Verderbens, worin der Staatskörper versinken kann, hat desto schauderhaftere Folgen, je umfassender zuvor die Wirksamkeit der so Betrauten war. Menschliche Weisheit und Güte, wie die Erfahrung lehrt, sind nicht vermögend, die Wunden zu heilen, die menschliche Bosheit und Thorheit ihrem eigenen Geschlechte schlugen; sie können den morschen Bau nicht stützen, den diese Jahrhunderte lange untergruben Vielleicht errichten sie einen neuen auf seinen Trümmern! –
Ein grosses, rührendes Schauspiel reißt uns fort von den kleinen Zuckungen, die wir bisher betrachteten. Lassen wir die Ausschweifungen etlicher misgeleiteten Bauern, und den Muthwillen der unmündigen Jugend auf Universitäten unberührt; sie sind der Geschichte zu klein. Wenn die Pest im Lande ist, wer würde nicht des Arztes spotten, der Mückenstiche für Pestbeulen hielte? – Die erste Monarchie in Europa stürzte jezt schrecklich zusammen; wir sehen sie noch in ihrem Schutte liegen!
Fußnoten
1 Die neue Bürgermeisterwahl in Lüttich geschah den 18ten August 1789 und das Dekret des Kammergerichts zu Wetzlar erschien den 27ten desselben Monats.
2 Des Königs eigene Worte von dem lezten Briefe des Bischofs lauten so; – la derniere lettre de l'Évêque, aussi foible en argumens, qu' indécente en expressions, aux quelles le Roi ne veut pas faire attention par un Surcroît de générosité.