[74] Dämmerung

Zur Abendzeit, wenn sich die Wolken färben,
Wenn Alles glüht in rötlich-gelbem Licht,
Da muß der Sinne Glut in mir ersterben,
Und keusch und lauter meine Seele spricht, –
Zur Abendzeit, wenn sich die Wolken färben.
Und es erwacht in ihr ein tiefes Sehnen,
Nach keuscher Liebe zittert ihr Gebet,
Und niederrieseln ätzend-scharfe Tränen,
Sie weiß es wohl, daß es zu spät, zu spät!
Und immer qualenreicher wird das Sehnen.
Mit stiller Freude sehn es die Dämonen
Und flüstern süß-verlockend ihr ins Ohr:
Wir wollen Dich für jede Qual entlohnen,
Auf, auf, sei stark und raffe Dich empor!
Und immer süßer locken die Dämonen
Erstorbne Gluten wieder sich entflammen,
Es stöhnt das Herz nach jener Trunkenheit,
In welcher das Bewußtsein bricht zusammen,
Nach Wollustkrämpfen meine Seele schreit;
Erstorbne Gluten wieder sich entflammen!

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TextGrid Repository (2012). Dörmann, Felix. Gedichte. Neurotica. Ekstasen. Dämmerung. Dämmerung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-819F-0