[Wer rief?]

[119]
Wer rief?
Ich fliege auf, erschreckt,
Die stille, bleiche Kerze wacht.
Mein Bett so weiß,
Und um mich abgrundtief die Nacht.
Mein Herz, das mit der Erde schlief,
Steht aufgereckt.
Wer rief? Wer rief?
Ein Wolfhund keift an meiner Tür,
Sein Aug greift scheel nach meinem Herz,
Sein Zahn greift hart nach meinem Blut,
Mein Blut erstarrt.
An alle Wände pochen Hände.
Wer pocht? Wer pocht?
Die Erde pocht.
Der Kerzendocht flackt lang und weht,
An meinem Bett die Sonne steht,
Und winkt, und geht.
Das Leben geht.
O ist es dies: das Leben geht?
Du bist der Tod?
Die Erde, die dich einst verließ,
Die dunkle Erde pocht und ruft,
Und ruft mich aus der Lust zurück.
Die Luft war rot.
»Sei mein, sei mein!«
Ich wehre nicht,
Ich fliehe nicht.
Ich höre nur, die Erde spricht:
»Mit jedem Gliede bist du mein.«
Und dann war Friede.

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TextGrid Repository (2012). Dauthendey, Max. Gedichte. Reliquien. Gedichte. 1. [Wer rief]. [Wer rief]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-76D4-4