[Tief in Nacht und Dunkel]
[254]Tief in Nacht und Dunkel
Lag ein Hort verborgen; –
Ferne meinem Ahnen,
Meinem Auge weit,
Lebte tief im Walde,
Dienet' in der Wildniß
Eine zarte Maid.
Ausgejagt von Unmuth –
Denn Verlust erlitt ich
Bitterlich und schwer –
Durch die Lande ritt ich.
Mied bekannte Wege,
Suchte wilde Stege,
Schweifte weit umher.
Das behende, gute
Rößchen und die eigne,
Junge Kraft ermüdend,
Linderung dem Herzen
Zu erreiten, hofft' ich,
Aber meine Schmerzen
Brannten nur noch mehr.
Allgemach anitzo
Seine graue Schwinge
Breitete der Abend
Über das Revier;
[255]Meine Blicke suchten
Lang nach einem Schirme
Vor der Nacht Bedrohniß,
Endlich in das Auge
Fiel mir ein Quartier.
An die Krippe hier
Stellet' ich den Renner,
Trat in eine Stube,
Eine dämmerhelle,
Barg in einen Winkel
Hinter einen Tisch mich,
Und begann zu feufzen,
Und begann zu weinen;
Heiß vom Auge träufte
Zähr' auf Zähre mir.
Hin zu mir, dem Düstern,
Der sie nicht bemerkte,
Spähte von der Seite,
Blickte scharf und sinnend
Jenes schöne Kind;
Brachte mir ein Glas nun
Ein von Schaume weißes,
Und ich sah in's Aug' ihr,
Und es traf ihr Blick mich
Wie ein Strahl des Himmels
Tröstlich und gelind.
[256]
Alsofort ein Dringen
Im Gemüthe spürt' ich,
Daß ich ihr die Spende,
Die sie reichte, zutrank
Und mit ihr vertraulich
Holder Rede pflag.
Und erklingen hört' ich
Ihre süße Stimme,
Und entschweben fühlt' ich
Meiner Seele Trübsal,
Aufgefunden war mir,
Was das Herz bedurfte,
Aufgegangen war mir
Tief in Nacht und Dunkel
Der ersehnte Tag.