[312] [3]Hieronymus Grube und Susanne Michel

27. Newjahrsmon. 1653.


Cvpido wollt' erlernen
Den schnellen Himmels-Lauff,
Vnd sahe nach den Sternen
Vmb unsre Börß hinauff,
Indessen wird er innen,
Daß eine Laute klingt,
Die von der Mauer Zinnen
Ihm wo zu Ohren dringt.
Ihn trog der Schall von weiten,
Daher er eilends sprach:
Das sind Apollos Seiten,
Vnd flog dem Klange nach
Vnd fand Milchinen sitzen
Vnd mit gelehrter Hand
So auff den Seiten blitzen,
Als er kaum je erkant.
Sie sang, der Liebe Wesen
Wär' ihr durchaus nicht lieb,
Sie hätt' ihr Zucht erlesen,
Ihn nennt sie einen Dieb
Vnd aller Laster Futter,
Er blend' uns unsern Sinn,
Vnd seine stoltze Mutter
Wär eine Zäuberinn.
Das drang ihm tieff zu Hertzen,
Die Kunst beliebt' er sehr,
Der Wort empfand er Schmertzen,
Er käm' umb Reich und Ehr',
Hielt' er es ungerochen,
Für Vnmuth hätt' er schier
Den Liebes-Zeug zerbrochen,
Weh, zarte Jungfraw, dir!
Er spannet seinen Bogen
Vnd greifft nach einem Pfeil,
Den gantz das Gifft bezogen,
Irrt aber in der Eil,
Die Zucht hatt' ihn geblendet,
Ihm den Pfeil beygebracht,
Der gantz und gar nicht schändet
Vnd süsse Liebe macht.
Milchine war getroffen,
(Seht was die Tugent thut!)
Doch über alles Hoffen
Durch tieffe Gegen-Glut.
Die Zucht in ihrem Hertzen,
Der güldnen Demut Schein
Nahm durch weit andre Kertzen
Dich, werther Ehburg, ein.
Sie zwar wär' einsam blieben,
Die Tugend wollt' es nicht,
Hat sie so lang getrieben,
Bis sie das JaWort spricht.
Itzt kommen sie zusammen,
Die Nacht ist hoch erfreut,
Die ihren keuschen Flammen
Nicht schlechten Fortgang drewt.
Lebt, edles Par, ohn Leiden,
Stimmt fort der Lauten Schall,
Vnd lasst in süssen Frewden
Sie klingen überall,
Besetzt die Burg mit Segen,
Der sich darinnen kaum
Für Menge könne regen
Vnd such' im Lande Raum.
[3]
Du aber, Jugend, übe
Stets Zucht und Erbarkeit,
So hat es mit der Liebe
In Warheit keinen Streit.
Ihr fragt, wo dieß geschehen?
Ich hab in gutter acht
Es im Parnaß gesehen
Heut früh nach Mitternacht.

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Weltliche Lieder. Hochzeitsgedichte. Hieronymus Grube und Susanne Michel. Hieronymus Grube und Susanne Michel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6625-9