Danklied

Allgütiger, mein Hochgesang
Frohlocke dir mein Leben lang!
Dein Name sei gebenedeit,
Von nun an bis in Ewigkeit!
O Gott! An meiner Mira Brust
Durchschauert mich die fromme Lust.
Den du erschufst, der Traube Saft,
Gibt meinem Liede Schwung und Kraft.
Im Wonnetaumel thut mein Mund,
Du Geber, deine Gaben kund!
Kuß, Freudenmahl und Becherklang
Entweihen keinen frommen Sang. –
Dies süße Mädchen, welches mir
Den Himmel küsset, danket dir,
Dir dankt es feurig mein Gesang!
Wie meine Liebe flammt mein Dank.
[43]
Die Tenne zollt mir ihre Gift;
Mir zinsen Garten, Forst und Trift;
Von mancher edlen Kelter fleußt
Für mich der Traube Feuergeist.
Auf Rebenbergen, fern und nah,
Am hohen Kap, zu Mallaga,
Zu Hochheim, Zypern und Burgund
Troff Nektar schon für meinen Mund.
Auch mir führt, unter Tausenden,
Das reiche Schiff auch Indien
Gewürz und edle Spezerei
Und Saba's Bohnen mit herbei. –
Wer zählt die Gaben alle? Wer?
Zählt jemand auch den Sand am Meer?
Wer ist, der an dem Firmament
Die Summe der Gestirne nennt? –
Von dieser Unzahl weg den Blick!
Zurück, mein Geist, in dich zurück!
In diesem engumschränkten Bau,
Gott, welcher Gaben Wunderschau!
Du flößest Geist den Nerven ein,
Mit Kraft erfüllst du mein Gebein,
Strömst in die Adern reines Blut,
Und in die Brust gesunden Mut.
Ich fühle deinen schönen Mai,
Und Philomelens Melodei,
Des Sommers wollustvolle Luft,
Der Blume Farbenglanz und Duft.
Vor Tausenden gab deine Gunst
Des Liedes und der Harfe Kunst
In meine Kehle, meine Hand;
Und nicht zur Schande für mein Land!
Daß meine Phantasei, voll Kraft,
Vernichtet Welten, Welten schafft,
Und höllenab, und himmelan,
Sich senken und erheben kann;
[44]
Daß meines Geistes Auge hell
Der Dinge Wirrwarr, leicht und schnell,
Wie nicht ein jeder Erdenmann,
Durchspähen und entwickeln kann;
Daß ich, von freiem Biedersinn,
Kein Bube nimmer war und bin,
Nie werden kann mein Leben lang,
Durch Schmeicheleien oder Zwang:
Des freuet meine Seele sich,
Und meine Lippe preiset dich!
Dein Name sei gebenedeit,
Von nun an bis in Ewigkeit!

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TextGrid Repository (2012). Bürger, Gottfried August. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1789). Erstes Buch. Lyrische Gedichte. Danklied. Danklied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4731-E