[4] Das Fünfte Buch.
Herkules und Ladisla setzeten nach erhaltenem Siege ihre Reise auff Persepolis schleunig fort / so viel der Verwundeten Gelegenheit zulassen wolte; und als sie die Stad von ferne liegen sahen / sagte Herkules zu seinem Freunde: Unsere Valiska wird mit Verlangen nach uns außsehen / weil wir unsern durch Gott bekräftigten Sieg ihnen nicht zu wissen gemacht haben. Gleich in dem sahen sie eine zimliche Geschwade Reuter von der rechten Seiten auff sie zurennen / von denen sie bey ihren Fahnen bald erkennet wurden; dann es wahr GroßFürst Artaxerxes / welcher nach angestelleter guter Ordnung bey seinem HäuptHeer wiederumb zurücke kahm / und ritte ein Medischer Abgesanter hinter ihm her. Sie empfingen einander überaus freundlich / und wahr wegen der treflichen Uberwindung sehr hohe Freude; daher Artaxerxes zu unsern Helden sagete: Nun ihr meine sehr werte Herren / und vertrauete Brüderliche Freunde; freilich wird euer Ruhm und Ehre in diesen Morgenländern tauren /als lange die ErdenKugel von dem Meer unüberschwemmet bleibet / und ist die Fürstl. Verbündniß schuldig / eure hochansehnliche Dienste nach allem Vermögen zuerkennen. Hernach begab er sich hin zu den Sänfften / in welchen Pharnabazus / Arbianes /Bubazes / Tyriotes und Gallus getragen wurden / zeigete sein Mitleiden wegen ihrer Verwundung an / und versprach es mit Vergeltung / Gnade / und Freundschaft zuersetzen. Endlich rühmete er das ganze Heer wegen ihres wolverhaltens / und verhieß ihnen sämtlich drey Monat Gold zur Verehrung; worauff er von unsern Helden in die Mitte genommen / und aller Umstände ihres Sieges berichtet ward / da er sich nicht gnug verwundern kunte / wie sie den hocherfahrnen und vorsichtigen FeldHerrn Vologeses hätten mögen berücken und aus dem Felde schlagen. Er hingegen meldete ihnen des HäuptHeers Menge und Zustand an / und wie sie der Stad Persepolis naheten / sagte er: Mich wundert nicht ein geringes / wo Fürst Gobares Völker mogen blieben seyn / weil ich keinen davon auff meinem Rükwege angetroffen / da sie doch diesen Streich her auf meine Anordnung eingelegt wahren; und hat er ja keine Volmacht / seines gefallens sie an andere örter zuführen; biß daher habe ich gewähnet / meine Herren würden sie zum Entsaz abgefodert haben. Ladisla erschrak der Rede höchlich /und sagte; lasset uns der Stad zueilen / dann dieses gehet nimmer mehr recht zu / und wende Gott gnädig ab / daß Gobares nicht gar zum Schelm und Verrähter worden sey / wie seine Völker / die wir mit uns geführet / in dem sie teils nicht fechten wollen / teils auff uns [5] zugeschlagen / und umb ein Haar uns den Sieg auß den Händen gerissen hätten. Herkules sahe ihn an / entsetzete sich vor seinen Scheltworten / und redete ihm also ein: Wie mein Bruder? warumb schiltestu diesen Fürsten / ehe er der Untaht überzeuget ist? vielleicht ist er unschuldig an dem verrähterischen Vornehmen seiner Leute. O Bruder / antwortete er /des vergangenen bin ich gewiß genug / helffe nur Gott / daß nicht wol ein schlimmers in unserm abwesen von ihm begangen sey dessen ich sehr starke Muhtmassungen habe. Ich verstehe nicht / sagte Artaxerxes / worauff mein H. Bruder zihlet; solte aber Gobares zum Schelme worden seyn / wollen wir uns darüber wenig beku ern / worauff aber sehr schwere Rache erfolgen wird. Gott verhüte es / antwortete Ladisla /daß meine Furcht nicht eintreffe / so sol das ergangene mich nicht großirren. Als sie zur Stad einritten /fragten sie / wo Gobares Völker währen. Der Häuptman gab zur Antwort; sie könten nichts eigentliches davon wissen / ohn daß er gestern Abend alle seine Völker vor dem Westentohr in möglicher Stille versamlet / und umb Mitternacht davon gezogen / auch etliche Sänften / wie man sagte bey sich gehabt / und darinnen seine liebsten Schätze hinwegtragen lassen. Seine Schätze? sagte Artaxerxes / hat der Verrähter Schätze auff meinem Schlosse? vielleicht hat er meine SchazKammer beraubet? Ladisla zweifelte nicht mehr an der Warheit / und sagte zu Herkules: Mein Bruder / erschrik nicht; ich fürchte er habe nicht seinen / aber wol deinen Schaz entführet / welchen wir mit GottesHülffe bald wiederhohlen wollen / weil er erst diese Nacht davon gezogen ist. O mein Bruder / antwortete er; so hoch wird mich mein Gott verhoffentlich nicht straffen. Ihm ward aber so unsachte auf dem Pferde /daß er sich nicht mehr halten kunte / welches Artaxerxes ersehend / ihn in das näheste Haus geleitete / da ihm sein Herz dergestalt belieff / daß ihm alle Sinne entgingen. Ladisla rante in Geselschafft etlicher Reuter nach dem Schlosse / sprang vom Pferde / und ohn wortsprechen lieff er nach der Fräulein Gemache /welches er offen fand / und Herkules LeibKnaben samt Timokles in voller Ohmacht auff der Erde liegen; der Fräulein / und drey andere Weibliche Kleider aber mitten im Gemache auff einem Tische / und eine außgelöschete Kerze auff der Tühr Schwelle. O mein Gott / sagte er / wie werde ich doch meinem lieben Herkules diß berichten können? Er rüttelte Timokles so lange / daß er zu sich selber kam / und sagte zu ihm: Höre mein Geträuer; wie ist dieses zugangen? Ach Gn. Fürst / antwortete er; mir ist hievon nicht das allergeringste bewust / nur wie ich komme / auffzuwarten / finde ich leider wie es stehet. Ladisla wolte alhier nicht viel Zeit verlieren / ging nach der Schloß Häuptwache / und fragete; wo Fürst Gobares währe; aber da wahr niemand / der hievon einige Nachricht zu geben wuste; nur daß etliche davor hielten / er würde auff seinem Gemache / und wol noch in der Ruhe seyn. Wie / sagte Ladisla habt ihr dann hinte alle nur des Schlaffs gewartet? Er wird ja nicht mit allen den seinen über die Maur geflogen seyn. Der Häuptman antwortete: Durchl. Fürst / es ist ja diese Nacht ein wunderliches wesen auf dem Schlosse gewesen; aber unser keiner hat bey Leib uñ Lebensstraffe sich dürffen sehen lassen; retten / fahren / lauffen und bestellen hat man eine gute weile gehöret; wer es aber gewesen / und was es bedeutet hat / ist uns allerdinge verborgen. Es stund ein Kriegsknecht auf der Schildwache / der berichtete: Er hätte ein klägliches geheule etlicher Weibesbilder gehöret / welches sich doch bald gestillet / und darauff währe der Abzug [6] geschehen. Dessen muß ich sichere Gewißheit haben /sagte Ladisla; ließ Timokles nach Gobares Gemache lauffen / um zuvernehmẽ / was vor Zeichen sich daselbst würden findẽ lassen. Aber da war eine gleichmässige Einsamkeit / ohn dz er etliche rohte Seidene Stricke liegen sahe / die er auffhub / und mit sich nahm. Also wolte Ladisla hieselbst nicht länger verweilen / ritte straks nach Herkules und traf ihn in jämmerlicher Klage an. Artaxerxes tröstete ihn auffs beste: es währe ja noch ungewiß; und ob gleich die Entführung geschehen / wolte er sein Haupt nicht sanffte legen / biß es grausam gestraffet währe. Ach ach / sagte Herkules / hiedurch bekomt mein Fräulein ihre Ehre nicht wieder / wann ihr solte Schande zugestossen seyn. Ja wer weiß / ob sie nicht bereit Todes verblichen; dann lebendig hat sie sich in seinen boßhafften Willen nicht ergeben / dessen ich wol versichert bin. Ladisla kam gleich darzu / und sagte: Herzlieber Bruder / stärke dein Gemüht / und laß dich Unfal nicht erdrücken; klagen hilfft nicht / und seumen nutzet nicht; laß uns den Almächtigen Gott zu hülffe nehmen / und unverzöglich folgen / so können wir ihn noch vor Abends ereilen / weil er mit Fußvolk und Reutern zugleich fortgehet. Auf dem Schlosse ist nichts ungebührliches vorgangen / sondern man hat nur zum Abzuge geeilet / und das Fräulein neben dem Frauenzimmer aus den Betten geraubet / und in den Sänfften davon geführet. Herkules bedachte sich nicht lange / sprang auf sein Pferd / und in Geselschafft Artaxerxes und Ladisla setzete er dem Huefschlage nach / da alle anwesende Persische und Medische Reuterey folgeten / und was in Persepolis kunte beritten gemacht werden.
Fabius hatte den gefangenen Gobares vor sich bringen lassen / sahe ihn mit gri igen Augen an / und sagte zu ihm: Du schändlicher Verrähter und meinäidiger Räuber der Königlichen Fräulein; kennestu auch Kleon noch / welchen du umb falsches verdachts willen hast wollen schelmischer weise ermorden lassen? Dieser sahe ihn an / und erschrak daß er als ein Laub zitterte / auch kein Wort reden kunte. Wie bistu nun so verzagt? fuhr Fabius fort; ist diß der tapfere Gobares / der nicht gnug hat / seiner Untertahnen Weiber zu schänden / er mus auch Königen und Fürsten ihre Fräulein durch gewaltsame Dieberey entführen? doch werden die Götter mit dir lange gnug durch die Finger gesehen haben / wann du nur mit einem Halse alle deine Bubenstük bezahlen köntest. Er wolte in seinem Zorn fortfahren / aber Leches rieff überlaut: Bald zu Pferde / bald zu Pferde! dort vor uns erhebet sich ein dicker Staub / welcher uns eines neuen Heeres ankunfft verständiget. Die Gefangenen / insonderheit Gobares und die man auff der Gutsche bekommen /wurden fleissig verwahret; Fabius aber stellete die Völker in schöne Ordnung / des Vorsatzes / einen redlichen Stand zu halten / was sich auch begeben würde. Das Fräulein foderte alsbald Pferd und Gewehr / und sagte mit sonderlicher Anmuht: Ich wil meine allerliebste Teutschen selbst führen / ob ich vielleicht noch dereins ihre GroßFürstin würde; worüber diese Völker sich so inniglich freueten / daß sie einmühtig rieffen; Unsere GroßFürstin lebe / unsere GroßFürstin lebe! wolte auch ein jeder der näheste zu ihrem Schutze seyn / und halff nichts / daß Libussa und Euphrosyne nebest dem andern Frauenzimmer sie mit Trähen bahten / sich des gefährlichen Wagstückes zubegeben. Leches und die Böhmen ingesamt setzeten sich zu ihrer Rechten; Fabius und die Römer zur Linken / und tahten einen Wich in etwas hinter sich /damit sie auff allen FalPlaz und Raum zum Gefechte[7] haben könten; dann die nidergehauene Susianer würden ihnen sehr hinderlich daran gewesen seyn. Herkules mit den seinen eilete dermassen fort / daß die Pferde kaum mehr fortschreiten kunten / biß sie endlich an die leeren Sänften kahmen / und mit schmerzen sahen / daß die Eyer ausgenommen / und die ledigen Nester blieben wahren; worüber Herkules einen tieffen Seuffzer ließ / und zu Ladisla sagte: Ach GOtt / wer weis nun / wohin mein Fräulein des schändlichen Bösewichts mutwillen zuersättigen / geführet ist? ritten gleichwol fort / und sahen von ferne eine grosse menge erschlagener Kriegsleute liegen / auch in der nähe einen Verwundeten aus dem Pusche hervor kriechen / welcher auff ihre Nachfrage zur Antwort gab: Es währen eine grosse menge wilder erschrecklicher Leute über sie kommen / deren Sprache kein Mensch verstehen können / und hätten ihre Völker nicht anders als Schaffe abgeschlachtet / auch die schönen Weibsbilder (mit ihrem guten Willen / wie sichs ansehen lassen) aus den Sänfften hinweg geführet; könten noch nicht gar weit seyn / weil dieser Jammer vor wenig Stunden sich zugetragen / und sie noch vor gar kurzem sich mit einem sonderlichen Freudengeschrey hätten vernehmen lassen. Ey so mögen sie so wilde seyn als die ehmahligen Himmelstürmer / lasse ich ihnen doch diese Beute nicht / sagte Herkules / es sey dann / daß sie mich auch niderhauen; sahe zugleich eine Schaar von 300 Reutern gegen sie daher traben /welche die grossen schimmernden Schlachtschwerter umb ihre Häupter kommen liessen. Leches wahr ihr Führer / setzete auff Herkules freudig an / und da er nahe zu ihm kam / redete er mit auffgeschlagenem Helme also: Ihr Ritter; das Durchl. Königl. Fräulein aus Böhmen / Fräulein Valiska / und ihre KriegsObersten / begehren von euch zu wissen / wessen sie sich zu euch zuversehen / und ob ihr gesinnet seid /dem schelmischen Gobares beystand zu leisten / alsdann saget man euch ab auff Leib und Leben. Herkules wahr hierüber so voller freuden / daß er sein selbst vergaß / setzte seinen Helm ab / dann er kennete Leches / und sagete: Wie nun mein geliebter Freund /hat unser GOtt euch zu so glükseliger Stunde hergesand / mir meiner Seelen Lust zu retten? trauen ich werde satsame Ursach haben / eure Träue zuerkennen. Leches sprang alsbald vom Pferde / warff Helm und Schwert hinweg / küssete ihm die Hand / und weinete vor freuden / sendete auch alsbald einen Reuter zurük / dieser Freunde gegenwart anzumelden; dessen Fabius hoch erfreuet ward / schikte seiner geworbenen Reuter einen an Ladisla / und ließ ihm sagen. Es hielte dort bey dem sieghaften Heer ein Ritter / der nähst demühtiger begrüssung bey ihrer Durchl. umb verzeihung bitten liesse / daß er ehmahls ungeträue Geselschaft geleistet / und sie verlassen hätte. Ladisla kunte solcher geschichte sich nicht erinnern / und antwortete: Ritter / mit meinem wissen habe ich nie dergleichen unträuen Gesellen gehabt; da ich aber seinen Nahmẽ wissen solte / möchte ich mich dessen besiñen. Dieser sagte / wie wolte eure Durchl. den Nahmen eines so bekanten Freundes nicht wissen welcher dort herreñet / eure Durchl. selbst zu sprechen. Ladisla erwartete sein / wuste nicht wovor er ihn halten solte / weil er mit verschlossenem Helme daher kam /uñ mit verenderter Sti e ihn auff Persisch also anredete: Durchl. Fürst / ein ehmahls abgestrichener Landsknecht / hat seinen fehler erkeñet / uñ sich wieder finden wollẽ / nachdem er sich keiner Gefahr mehr zubesorgẽ hat / uñ forthin in sicherheit reiten kan; zweifelt nit / es werde der verlohrne Fabius wiederum köñen angenommen werden. O mein herzgeliebter Bruder / antwortete Ladisla / lebet ihr noch? ey Gott lob [8] Gott Lob! nun bin ich mit allem wol zufrieden /und werde mit frölichem Angesicht dereins wieder vor euren und meinen H. Vater treten können; Aber wie hat mein Bruder sich so lange können verborgen halten? Fabius antwortete / ich bin nicht allerdinge verborgen gewesen / sondern habe meinen Wandel geführet in Ketten und Banden / unter Schlägen uñ Streichen / in Mühe und unflätiger Arbeit / bald Leibeigen bald frey / und zum andernmahl mit meinem eigenen Gelde von mir selbst verkauft / womit wir uns vordißmahl nicht weiter betrüben wollen; nur freue ich mich / daß mein abgesagter Feind Gobares / der mich unterschiedlichemahl zuermorden gesucht /unter meine Hände gerahten ist. So hat der Schelm unser aller Feind und Mörder seyn wollen / sagte Ladisla; O wann er nur mit einem Halse bezahlen könte! Das Fräulein wolte ihren lieben Herkules auch erfreuen / setzete sich mit Euphrosynen und Libussen in eine Gutsche / und fuhr geschwinde hin zu ihm. Er gedachte bald / was vor ein Schaz auff dem verdekten Wagen seyn würde / und rante ihr auff seinem Blänken frisch entgegen / welches sie ersehend / vom Wagen sprang / und seine Näherung mit liebscheinenden Auglein erwartete / da er auch vom Pferde stieg /und ihr mit offenen Armen entgegen trat / sie einander auch nicht anders empfingen / ob währẽ sie etliche Jahr lang geschieden gewesen / und sagte sie mit trauriger Sti e zu ihm: Herzgeliebter Schaz / darff auch die geraubete Valiska sich kühnlich wieder zu ihrem Fürsten hinbegeben? Ach mein Herz / sagete er / warumb fraget sie solches? ist euch etwa wieder euren Willẽ Schmach angeleget / so schlaget es / bitte ich /aus dem Siñe / nachdem der grundgütige Gott uns wieder zusammen gefüget hat. Ja freilich ist mir Schmach angetahn / sagte sie / aber Gott Lob / ohn alle verletzung meiner Ehren / welches ich bloß nur der barmherzigkeit Gottes zu danken habe / welcher des FrevelersMuht und Macht gebrochen / uñ ihm alle Gelegenheit gehindert hat; wiewol er dannoch die Straffe außstehen sol / weil ich ihn in meiner Gewalt habe. Als Herkules diese angenehme Zeitung hörete /küssete er sie herzlich / und sagete: Ey so bin mit meines lieben Gottes väterlicher Züchtigung ich wol zu friedẽ / nachdem Ehre uñ Keuscheit erhalten ist. Aber was treten dort vor schöne Frauẽ her? die gewißlich dieser LandesArt nicht sind. Das Fräulein lachete / wolte sie doch nicht nennen / sondern winkete ihnen / fortzugehen. Fr. Euphrosyne und Libussa traten voran / Brela und Agatha folgeten / kehreten sich an das Fräulein nicht / sondern stelleten sich mit tieffer Neigung vor Herkules / da die erste ihm die Hand küssen wolte / welches er doch nicht zugab / sondern im umbfahen sie freundlich küssete / und mit grosser Verwunderung zu ihr sagete: O ihr meine geträue und werte Freundin / was bewäget sie immermehr / diese ferne Reise zutuhn? Durchl. GroßFürst / antwortete sie / die häupt Ursach unser aller ankunft ist das Verlangen / das aller volkommenste Menschen-Par dieser Welt zu sehen / und uns ihnen zu Dienste zuergeben. Meine neben Ursach ist / daß ich das mir in verwarung gegebene Ringelein / wieder einliefern möge /ehe ichs verliere / welches ich hiemit untertähnig einreiche. Frl. Valiska keñete solches alsbald / nam es ungeheissen zu sich / und sagete: Geliebte Freundin /dieses stehet eigentlich mir zu / drumb habe ich beydes vor gute Verwahrung und vor eure überkunft zu danken. Meine geliebte Wase Agatha / fuhr jene fort /nach dem sie berichtet ist / daß ein so teurer Fürst sie von dem kalten liebes Feur des alten Mannes / und gar zu heissen Flammen der unverdientẽ Straffen erlöset / hat sie ihre Schuldigkeit [9] nach vermögen abzulegen / mit mir reisen wollen. Meine Schwester Libussa kan durch beredsamkeit ihre Notturft selber wol vortragen / würde sie sich dessen etwa schämen / erkenne ich mich schuldig / ihr Wort zu reden; Kurz zu melden; sie kömt / untertähnigst zu danken / daß ihre Gn. den bewehrten Arzt ihrer Krankheit hat senden wollen / der das geängstete Herz gar sanft und glüklich geheilet hat; währe er aber fünff Stunden länger aussen blieben / hatte man sich schon erkläret / ihn aus der vermeinten Gefängnis loß zu machen. Fr. Brela / halte ich / sey meiner Gn. Fräulein halben mit überkommen / umb zufragen / was vor einen Rükweg deren Durchl. zuhalten willens / weil sie zu Tyrus durch freihische Gedanken verhindert worden / solches zuerforschen; und nachdem sie etwas furchtsam ist / uñ nicht gerne allein schläfft / hat sie ihren liebsten / ihres liebsten Schwester wolt ich sagen / mir auff gesprochen. Das Frl. hatte grosses gefallen an dieser beredsamen Frauen Kurzweil / da Libussa sich schon fertig hielt / ihr eins wieder anzubringen / durffte aber Herkules nicht in die Rede fallen / welcher Euphrosynen zur Antwort gab: Geliebte Freundin; ihr freundwilliges Herz gegen mich / hat sie mir schon gnugsam zuerkennen gegeben / da ich als ein Ubeltähter vor ihren Augen stund /wovor ich ihr Zeit meines Lebens werde schuldig bleiben; und nun folget sie meinem hochgeliebten Fräulein und mir / einen so beschwerlichen fernen Weg über Meer und Land; dürfte auch schier errahten / daß die übrigen meine sämptlich geliebte Freundinnen durch ihr Auffmahnen hierzu beredet sind / und also auch deren gewünschte Gegenwart wir ihrer guten befoderung zu danken haben; empfing hier auff die andern ebenmässig / und bedankete sich ihrer Ankunft. Noch hätte Libussa sich gerne an Euphrosynen gerochen / ward aber durch Klodius dran verhindert /welcher sich vor Herkules in die Knie setzete / und bey dieser Rede ihm die Hand küssete; Durchleuchtigster Fürst / Gn. Herr; euer Durchl. ich unwirdiger Knecht habe nicht umbhin gekunt / dieses gute Glük zuergreiffen / und deroselben untertähnigst zu folgen /nachdem euer Durchl. ich alle meine Wolfahrt nähst Gott zu danken habe; bitte demnach untertähnigst /dieselbe wollen mich in den ehmahls bedienten Plaz gnädigst wieder auffnehmen / welches mir ungleich angenehmer als meine Paduanische Oberhäuptmanschaft seyn sol. Herkules richtete ihn auff und antwortete: Mein geträuer und lieber Freund Klodius / eure ankunft ist mir sehr lieb / werde mich auch bemühen solche Träue zuerkennen; daß ihr aber euch verringern / uñ in einen nidrigern Stand treten soltet / würde ohn meine Undankbarkeit nicht geschehen können; muß also dahin trachten / daß ihr mit grössern Ehren und Nahmen aus diesen Ländern scheidet / als ihr hinein ko en seid; und nicht allein ihr / sondern alle / die aus gleichmässiger zuneigung uns gefolget sind. Nach diesem stelleten sich Markus / Neda uñ Prinsla bey Herkules ein / und wurden sehr freundlich empfangen. Zu allerlezt trat auch Neklam herzu / der eine Feldwebelschaft unter den Böhmen bedienete / hatte sich aber von dem Fräulein noch nicht sehen lassen / kniete dißmahl vor Herkules und ihr nider / und sagte: O gnädigstes Fräulein / daß ich nun von den Göttern Flügel erbitten könte / umb nach Prage zu fliegen /und meiner allergnädigsten Königin ihrer Durchl. Wolergehen anzumeldẽ. Sihe da Neklam / sagte sie /hastu in dem unglükseligen Flecken nicht Wunden gnug empfangen / du must sie auch hier suchen gehen? Ja / antwortete er; ich bin heut durch diesen Arm / den linken zeigend / geschossen / aber sanftere Wunde ist mir nie geschlagen. Gib dich zufrieden /[10] sagte sie / ich wil sie dir verbinden / daß du dichs erfreuen solt. Er meldete darauff des alten Wenzesla untertähnigsten Gruß an / und daß derselbe gerne diesen Zug mit getahn hätte / wann seine Königin es nur hätte erlauben wollen. Das Fräulein nam den Gruß mit guter freundligkeit an / und übergab Neklam ihrem Herkules zum geheimen Diener an Gallus stat /weil ohndaß derselbe wegen der Kriegsgeschäffte ihm nicht auffwarten kunte. Die andern wahren unterdessen nach Ladisla gangen und hatten die Gebühr abgelegt / der sich über ihrer Ankunft nit wenig freuete. Damahls ritte Artaxerxes hin zu dem Fräulein / stieg vom Pferde / und redete sie also an: Durchl. Fräulein; ich erfreue mich von Herzen / wegen euer Liebe geschehenen wunderbahren Rettung / neben angehängter Bitte / keine ungleiche Gedanken von den Morgenländischen Fürsten in gemein zufassen / ob gleich ein Schand-Bube sich unter ihnen hat wollen finden lassen. Durchl. Fürst und Herr / antwortete sie; Ihrer Liebe Auffrichtigkeit werde weder ich noch jemand in zweifel zihen / nachdem dieselbe viel zu ädel ist / Untugend zu schützen / vielweniger zubegehren; baht ihn nachgehends / er möchte neben Herkules / Ladisla und Fabius einen geringen Abtrit mit ihr nehmen /weil sie etwas vorzutragen hätte; und als ihr dieses gerne verwilliget ward / neigete sie sich tieff / und sagte mit ernsthaften Geberden: Großmächtiger Groß Fürst und Herr: wann die HochFürstliche Verbündnis einen ihres mittels gewust hätten / der ein so löbliches hochwichtiges Werk zu handhaben düchtiger währe /würden sie ohnzweifel denselben darzu haben erkohren; aber freilich ist das einhellige Loß billich auff eure Durchl. gefallen / weil Gott selbst deren Seele mit klugem / tapferen und gerechten Muht weit vor andere begabet / damit durch ihre Versehung und Weißheit / dem bösen gesteuret / gewaltsamkeit auffgehoben / Schande getilget / uñ Gerechtigkeit erhalten werden möge. Dieses gibt mir ungezweifelte Versicherung eure Durchl. werde mir gnädig gönnen / mit dem boßhaften Räuber nach Recht zuverfahren / auff daß andere ein Beyspielnehmen / sich solches Bubenstüks zuenthalten / welches in keines Menschen Herzen auffsteigen kan / er habe dañ alle Ehr und Redligkeit verschworen uñ aus seiner Seele verbannet. Artaxerxes neigete sich hinwieder gegen sie / und antwortete: Durleuchtigstes unvergleichliches Fräulein; das hohe Lob / von euer Liebe mir gesprochen /reichet noch lange an mein unvermögen nicht / wiewol die Begierde Fürstlich zuhandeln / ich bey mir gerne wolte spüren lassen; wann ich nun dieses unredlichen Räubers mich einiger Weise zum Schuz annehmen wolte / was tähte ich anders / als daß ich mich in gleichmässige Schuld und Boßheit stürzete / in welcher dieser Unflaht öffentlich ergriffen ist? So hat nun eure Liebe völligen Gewalt diesen verwägenen Buben an Leib und Leben zustraffen / welches Herr Fabius schon vor meiner Ankunft erstritten / und zu leisten gute Mache gehabt hat. Das Fräulein bedankete sich des erbietens / und hielt weiter an / daß der Räuber möchte vorgefodert werden / damit er nicht allein ihrer durch Gottes Gnade erhaltenen Ehre Zeugnis gäbe / sondern auch Ursach seines frevelhaften Vornehmens anzeigen / und davor antworten möchte. Solches ward ungeseumet ins Werk gerichtet / uñ er gebunden herzu geführet / da er mit erschrockenem Gewissen daher trat / und von Artaxerxes mit diesen Worten zu Rede gestellet ward: Du boßhafter Dieb und Räuber / sagte er / was vor teuflischer Getrieb hat dein verhuhrtes Herz gereitzet und kühn gemacht /eine so schändliche Taht zubegehen / welche nie von keinem [11] Fürsten erhöret ist? hatte dieser trefliche Fürst (auff Herkules zeigend) sein geliebtes Fräulein zu dem Ende von des einen Räubers Hand frey gemacht /daß sie in die deine wieder gerahten solte? ja hatten diese Helden umb unsere HochFürstl. Verbündnis verdienet / daß man ihnen die ihrigen so diebischer Weise von der Seite hinreisse / da sie inzwischen ihr Fürstl. Blut vor unsere Wolfahrt vergossen / und den Feind niderlegten / und du nicht düchtig wahrest / mit einem einzigen SchwertSchlage dem gemeinen Wesen hülffe zuleisten? und findest dich nun so geherzt /deine Verschlagenheit in Schelmstücken außzuüben? Gobares merkete / das seines Lebens nicht viel mehr seyn würde / wolte aber noch zulezt seiner Zungen freyheit gebrauchen / und antwortete ganz verwägen: Artaxerxes / ich bin so wol ein Fürst als du / und weiß mein Fürstliches Geblüt ungleich weiter herzuhohlẽ als du; so habe ich meines tuhns und lassens dir durchaus keine Rechenschaft zugeben / warumb setzestu dich dann selbst vor einen Richter ein / und darfst einem herschenden freien Fürsten deine Urtel anbieten? Artaxerxes wolte sich hierüber eifern; welches Herkules merkend / dem Räuber diese Antwort gab: Ihr ganz unvernünftiger / und aller Fürstlichẽ benennung unwirdiger; wie seid ihr dann so gar verblendet / daß ihr nicht erkeñen möget / das ihr als durchs Schwert überwundener besser tähtet / wann ihr umb Gnade anhalten würdet / als daß ihr lästert und trotzet? Er aber wolte hierauff nichts antworten / sondern fuhr also fort: Höre Artaxerxes was bildestu dir ein? verdreust dichs etwa / daß durch entführung dieser unvergleichlich / schönen Fräulein (welche zurauben ein recht Fürstlich liebes Werk ist) ich dich in deiner Niessung stören würde? oder schätzestu dich allein vor einen Erkenner der wahren Schönheit? O Artaxerxes du betreugest dich selber; ich habe bessere Augen als du / und mag ich ja so gerne geniessen als du. Artaxerxes kunte sich weiter nicht enthalten / und brach also loß: Was lästerstu SchandSchelm? legestu diesem züchtigen Fräulein Unzucht zu / welche sie mit mir pflegen solte? Ich halte es vor keine Unzucht /sagte dieser / wans aus inniglicher Liebe geschihet. Ataxerxes wieder antwortete: So wiltu mich gleichwol bey diesen Helden in Verdacht bringen / als stünde ich nach unzimlichen Sachen? und rechnest es vor keine Unzuch / da man einer verlobeten Braut nach ihrer Ehre stehet? du oder ich müssen hierüber zuschanden werden / und must deiner Verleumdung Ursachen anzeigen. Hiemit rieff er / man solte etliche SteckenKnechte und HenkersBuben her zu fodern /welche alsbald kahmen / und Befehl empfingen / daß sie stündlich ein Werkzeug zurichten / und diesen Verleumder foltern solten / biß er bekennen würde /von wem / oder durch wessen anzeige er solches hätte. Der Bube erschrak dieser Urtel höchlich / und fing an sich zubedingen / man solte mit ihm als mit einem Fürsten verfahren / der keinẽ Menschen wirklich beleidiget hätte. Aber die Schergen kehreten sich an nichts / schlugen zween starke Pfäle in die Erde /legten ihn auff ein gemachtes Stel / und führeten die näheste Gutsche herzu / befestigten ihm die Hände über Häuptwerz an den Pfälen / und den andern Strik umb die Füsse geschlagen / krecketen sie mit dem GutschRade umb / und zogen ihm alle Glieder aus den Gelenken / dz er vor unsäglichen Schmerzen ein elendes Geschrey trieb / und Herkules selbst zu Mitleiden bewägt ward / auch anhielt / man möchte ihn ohn fernere Peinigung abtuhn. Aber Artaxerxes antwortete: Mein hochwerter Herr uñ Bruder; es muß der boßhafte Verleumder mir die auffgebürdete Unbilligkeit beweisen / oder [12] seine schändliche Lügen bekennen; wo nicht / sol er diese Schmerzen biß an sein Ende leiden; dann wie dürfte eure Liebe ich kühnlich anschauen / wann in deren Herzen ein solcher Stachel bleiben solte? Gobares wahr durch die Pein schon ganz mürbe gemacht / baht umb Gnade / wolte gerne alles aus beichten / da man nur mit der Peinigung inne hielte. Also richtete man ihm die Glieder wieder ein /und hieß ihn nieder sitzen / weil er Schmerzen halben nicht stehen kunte; worauff er also anfing: Ich kan nicht gläuben / daß einiges Mannes-bilde sich solcher übertreflichen Schönheit enthalten könne / mit welcher dieses Fräulein / ob allen Menschen dieser Welt begabet ist / wann ihm nur einige Gelegenheit darzu offen stehet; weil du nun / Artaxerxes / so gute Freundschaft mit diesen beyden Fremdlingẽ hältest /bildete ich mir ein / sie würden dir ihre Schwester und Wase nicht versagen / und du der niedlichen Kost schon genossen haben / deren ich auch schon allernähest wahr / und bloß nur dieser falsche Kleon mich daran verhindert hat / der mir schon anderwärz im Grase gehütet / dessen ihn die hellischen Götter lohnen wollen. Bistu nun hieran unschuldig / schreibe ich solches nicht deinem Unglük / sondern unverstande und Blödigkeit zu. O du unkeuscher Bube / antwortete er; also urteilestu von andern nach deinem viehischen Sinne; zwar mich wird vor erst mein Gewissen /hernach dieses Durchl. keusche Fräulein / von deinem falschen Argwohn leicht loßsprechen; dir aber sol nach deiner Beichte die Straffe gesprochen werden. Als jener diese Urtel hörete / baht er um einen schleunigẽ Tod / und bekennete / sein Bagoas und der Fräulein-Magd hätten den Anschlag gemacht uñ ins Werk gerichtet / ohn deren zuschürung er das Herz nimmermehr gehabt hätte / solches vorzunehmen. So bedenket nun mein Fräulein / sagte er weiter / das alles mein beginnen aus übermässiger Liebe / und nicht aus Feindseligkeit entstanden; ja bedenket / daß euch meinetwegen nicht die geringste Ehrenkränkung begegnet ist / und helffet bitten / daß mir der Tod ohn sonderliche Pein angetahn werde / nachdem ich dessen schon gnug / uñ mehr als einem Fürsten je begegnet / außgestanden habe. O du zernichteter Bösewicht / antwortete sie / nennestu deine vihische Unkeuscheit eine Liebe? wahre Liebe hat mit der Untugend durchaus keine Gemeinschaft / und hättestu mich geliebet /würdestu solches zu meinem besten / nicht zu meinem Verderben getahn haben. Daß mir aber meine Ehr und Keuscheit unversehret blieben ist / danke ich bloß und allein Gottes Barmherzigkeit / welche deinen Vorsaz verhindert / dein Vermögen gebrochen / und die Gelegenheit dir benommen hat; jedoch / daß du oder deine Verwanten mich keiner Grausamkeit beschuldigen mögen / kan ich wol leiden / daß dir das Leben geschenket / und du mit einem Stabe und Zehrpfennige abgewiesen werdest. Ladisla redete ihn hierauff an /und sagete: Gobares / bekenne mir doch / warumb du eine solche Verrähterey angerichtet / daß du mich und meinen Bruder hast wollen durch deine Leute in der Schlacht hinrichten lassen / wodurch du ja dem algemeinen Feind den Sieg würdest in die Hand gespielet haben? und leugne mir nicht; dann dein verrähterischer Mithrazenes / welchen ich in Ketten und Banden habe / hat schon völlige Bekäntnis abgelegt. Dieser antwortete; die Liebe währe Augen- und Sinnen blind / welche ihm solches alles an die Hand gegeben / weil er wol gewust / daß so sie leben würden / er das Fräulein nicht lange hätte behalten mögen / und währe ihm bey jezt gestalten Sachen herzlich lieb / dz der Anschlag nicht gerahtẽ währe. Artaxerxes fing hierauff zu dem Fräulein an: So kan ihre [13] Liebe noch ihre Simme geben / daß ein solcher schändlicher Verrähter / welcher auff einmahl ihrer eigenen Ehre / ihres Herrn Bräutigams und Herrn Bruders Leben / und der Fürstl. Verbündnis Wolfahrt nachgestellet hat / das Leben behalten solle? Doch wolan / damit eure Liebe sehe / wie hoch ihr Wort bey mir gelte / sol der Diebische Menschen Raub ihm in der Urtel nicht zugerechnet werden / aber daß er dem algemeinen Feinde hat wollen den Sieg in die Hand spielen / und unsere hochverdiente FeldHerren ermorden / da durch hat er verdienet / das er lebendig gespiesset / oder ans Kreuz geheftet werde. Herkules aber redete ihm ein / er möchte ihm zugefallen sich seiner Gnade erinnern /und dem verbrecher das Schwert wiederfahren lassen; welches er auch erhielt / weil Gobares selbst deßwegen einen Fußfal taht / und auff erlangung sagete: Nun wil ich mit meinem Blute gerne bezahlen / was ich verschuldet habe / wünsche auch / dz alle Fürsten und Gewaltigen sich an mir spiegeln / sich vor Schmeichler und Fuchsschwänzer hüten / uñ ihren Begierden den Zaum nicht weiter / als Erbarkeit gönnet / schiessen lassen mögen; in der Jugend hatte ich mir vorgenommen eine solche Lebens Art zu wählen /welche bey ehrliebenden Ruhm und Lob verdienet /aber durch gegebene ärgernis meines Vaters / und reizung deren / die aus meiner Freyheit ihren Vortel sucheten / bin ich von solchem Vorsaz abgeleitet worden; also geschihet mir nun endlich / wie ichs verdienet habe / bitte auch alle und jede so ich beleidiget /umb vergebung / allein den falschen Kleon nicht. Ey so habe ich umb so vielmehr Ursach / sagte Fabius /deine boßhaffte Schelmstücken auszutragen. Artaxerxes kunte ihn länger nicht vor sich sehen / deßwegen ihm der Kopff herunter geschlagen ward. Es wahren noch 9000 zu Fuß und 10000 Reuter von Gobares KriegsHeer übrig und gefangen verwahret / dieselben wurden auffs neue in Pflicht und äide genommen /wozu sie sehr willig wahren / verfluchten auch ihren gewesenen Fürsten / der sie bey solchen Schelmstücken hätte gebrauchen wollen. Drey ihrer vornehmsten Obristen / und acht andere Ritter wurden an Ketten gelegt / auff welche die Magd bekennete / daß sie diese Taht ins Werk gerichtet hätten. Nun hatten unsere Helden biß daher nicht muß gehabt / nachzufragen / woher ihnen dieses wolgerüstete Volk kähme /wiewol sie die Teutschen an ihrer Farbe und kräftigen Gliedern leicht kenneten / ruffeten Leches zu sich /der sein Vorhaben schon angeordnet hatte / daß alle Fähndriche / so wol Römische / als Teutsche und Böhmen herzutreten / und dem Fräulein ihre Fahnen zun Füssen niderlegen solten / mit bitte / dieselben vor die ihren zuerkennen und anzunehmen / weil sie ihrer Durchl. zu Dienste und ehren von der Großmächtigen Königin in Böhmen / Fr. Sophien gerichtet währen. Das Fräulein bedankete sich der Ehren / welche sie billich erkennen müste / schätzete sich aber derselben ganz unwirdig / insonderheit / weil ihr Herr Bruder König Ladisla / und ihr versprochener Bräutigamb GroßFürst Herkules gegenwärtig währen; musten also Herkulessen die Teutschen / Ladisla die Böhmen / und Fabius die Römer zugewiesen werden /ohn Klodius und Markus brachten ihre eigene selbst herzu / und redete jener in ihrer beyder Nahmen also: Durchleuchtigste gnädigste Fürsten und Herren; nachdem diese beide Fähnlein über tausend Reuter wir vor uns selbst / zu untertähnigstem Dienst und Gehorsam / euren Durchleuchtigkeiten gerichtet / als ist unsere demühtigste Bitte / dieselben als ein geringes jedoch begieriges Zeichen unserer dankwilligen Herzen /gnädigst anzunehmen; dann mit dieser unser [14] Mannschaft sind wir außdrüklich außgezogen / vor unsere gnädigste Herren entweder frölich zu sterben / oder mit und bey ihnen glüklich zu leben. Unsere Helden verwunderten sich der grossen Träue dieser beyder /angesehen sie ihnen weder untertahn / oder sonst verpflichtet wahren; uñ gab ihnen Ladisla zur Antwort: Eure redliche Gemühter haben wir schon vor diesem gnugsam erkennet / aber anjezt lasset ihr sie Sonnen klar leuchten; doch seid versichert / es sol / da wir leben / zu eurem Glük und Ehren außschlagen; wir nehmen die angebohtene Völker gerne an / wollen ihnen auch redlichen Gold verschaffen / und sie auff Plätze führen / da Ehr und Gut kan erstritten werden. Nach diesem taht Leches seine Rede an Herkules mit diesem Vorbringen; Durchleuchtigster GroßFürst /gnädigster Herr / der Großmächtigste unüberwindlichste GroßFürst und Beherscher der Teutschen /GroßFürst Henrich / euer Durchl. Herr Vater / hat mir 6000 Mann von ihrer Hocheit Leib-Reuterey zugestellet / und zu mir gesprochen; zeug hin Leches / und sage meinem Sohn Herkules / daß er den Zweg aller seiner handelungen lasse die Tugend seyn; alsdann wird er Teutsch handeln; Hier schicke ich ihm eine geringe Schaar Reuter / ja so willig zum Tode als zum Leben; solte ihm aber ein mächtiger Feind zuwachsen / dessen Land und Leute zugewinnen er vorhabens währe / sol er mir solches schleunig zuwissen machen / alsdañ wil ich ihn mit 150000 streitbahren Teutschen verehren / und biß zur Stelle mit zehrungs Kosten sie frey halten. Herkules fragete ihn / ob er dann in Teutschland bey seinem H. Vater gewesen; Nein /antwortete er / sondern ihre Hocheit neben dero Gemahl und Frl. Tochter kahmen in einer Stunde mit mir zu Prage an / nicht ohn sonderbahre schickung Gottes. Neda hatte unterdessen die 300 Bömische ädelknaben sich mit ihren zu Padua empfangenen Kleidern außputzen lassen / traten mit ihrem Führer Prinsla daher / und wendeten aller anwesenden Augen auff sich hin. Sie neigeten sich gegen die Fürstliche Geselschaft / und hielt Prinsla diese Rede zu Ladisla: Großmächtigster König / gnädigster Herr; diese 300 Böhmische ädelknaben / stellen sich auff meiner gnädigsten Fr. Königin / und ihrer selbst eigenen Eltern Befehl hieselbst ein / auff ihrer Durchl. Leib zu warten / und aus dero Tuhn und Wesen zulernen / was gestalt sie dereins ihrem Könige und dem Vaterlande können ersprißlich seyn. Wer hat sie dann so schleunig außgeputzet? fragete er. Ihrer Durchl. Gemahl zu Padua / gab er zur Antwort / deren Durchl. mir dann gnädigst befohlen / bey ihrem Herzallerliebsten Gemahl dieses zu werben / daß so offt ihre Durchl. diese ihre ädelknaben ansehen würde / dieselbe ihres herzlichen Verlangens sich dabey erinnern / und die Rükreise beschleunigen möchte. Artaxerxes sahe nunmehr /was vor Gäste / er bey sich hatte / und gab seine freude durch mannicherley bezeugung an den Tag; welches Herkules merkend zu ihm sagte; Durchl. Fürst /ich meine / wir haben noch so viel Tageszeit übrig /daß wir unsere wenige Leute mustern können / welche alle in ihrer Liebe Diensten leben und sterben sollen. Er bedankete sich des Erbietens / und versprach ihnen hohen Sold. Anfangs besahen sie die Römischen Völker / an denen sie satsames Genügen hatten; nachgehends zogen Klodius und Markus mit den ihren auff /unter denen man keinen undüchtigen Mañ fand. Darauff folgeten die Böhmen / und endlich die Teutschen / welche Artaxerxes nicht gnug beschauen kunte; dann er hatte auff der Wahlstat mit verwunderung angesehen / wie etliche Susianer in der mitte des Leibes als eine Stekrübe abgehauen wahren; nahm [15] ihm deßwegen vor / da ers bey Herkules erhalten könte / sie nimmermehr zuverlassen. Nach gehaltener Heeres Beschauung redete Artaxerxes unsere Helden also an: Hochwerte Herren und Freunde / ich erinnere mich /daß unser keiner heut diesen Tag weder Speise noch Trank genossen hat; ist demnach nöhtig daß wir uns nach dem nähesten Flecken machen / auff daß dem Leibe auch die Notturft gereichet werde / nachdem die Gemühter befriediget sind. Leches zeigete an / ihre Feldköche und Schenken hätten zur Notturft bey sich /womit alle anwesende Völker könten gespeiset werden; uñ da die HochFürstl. Geselschaft mit einem Zeltlager vor gut nehmen wolten / könte man darzu auch gelangen. Der Vorschlag wahr ihnen allen angenehm / daher ein grosses Feldlager von drey unterschiedlichen Plätzen abgestochen ward; einer vor die Persen / der ander vor die Susianer / der dritte vor die Fremden / welche wegen gemachter Beute von dem ganzen Susianischen Heer erobert / guter Dinge wahren. Herkules und das Fräulein gingen vor der Mahlzeit ausser dem Lager umbher / tahten ihr Gebeht zu Gott / wegen geschehener gnädigen Rettung / und beredeten sich nachgehends / wie sie inkünftig ihre Sachen anzustellen hätten; ihre Stimme ging dahin / man möcht die Rükreise nach Padua erstes Tages fortsetzen / auff daß ihre hochbekümmerte Fr. Mutter getröstet / und Ladisla Gemahl erfreuet würde. Aber Herkules führete ihr zu Gemüht / es würde ein Zeichen grosser Undankbarkeit seyn / dürfte ihnen auch zur verzagter Kleinmühtigkeit gerechnet werden / wann sie nicht zuvor der Häupt-Schlacht beywohneten; welches sie ihr gefallen ließ / wiewol mit dem außdrüklichen vorbehalt / daß sie nicht von ihm bleiben / sondern mit fortgehen wolte. Welches er ihr dañ bewilligte / jedoch nach versprechung / sich in kein Gefechte mit einzulassen. Die fünff junge Frauen / insonderheit Euphrosyne und Libussa / wahren sehr bemühet / die Mahlzeit anzurichten / schaffeten auch so viel / an herlichem Zuckergebak / daß Herkules fragte / ob solches von ihrer Hochzeit übrig währe; welches Fr. Agatha / bejahete. Artaxerxes vernam aus Fr. Euphrosynen Rede / daß sie eine Griechin wahr / fragete sie demnach / ob sie der beyde Herren / Parmenions und Perdickas keine Kundschaft hätte / deren langwiriges aussenbleiben ihn wundernähme / massen er dem ersten zimliche Wechsel als seinem bestalten Obristen übergemacht hätte / eine Anzahl Völker davor zu werben; der andere währe vor diesem sein Spießgeselle gewesen / dem er seine Anverwantin gefreiet. Euphrosyne ward dieser Rede etwas bestürzt / erhohlete sich aber bald / uñ antwortete: Großmächtiger GroßFürst /eure Durchl. suchen die Todten bey den lebendigen /wie ich wol berichten kan / und dessen gute Wissenschaft habe; massen Parmenions Bruder mein erster Ehegemahl gewesen / und Perdickas meiner Wasen Fr. Agathen nähester Anverwanter; ob nun etwa diese beyde euer Durchl. lieb mögen gewesen seyn / zweifele ich doch nicht / diese beyde Fürsten gegenwärtig /werden bey deroselben etwas mehr gelten / welches ich nicht ohn Ursach rede. Vielleicht / sagte Artaxerxes / haben sie ihren bekanten Hochmuht an meinen hochwerten HerrnBrüdern wollen sehen lassen / und haben drüber den verdienten Lohn bekommen? Es verhält sich also / antwortete Herkules / und kan eure Liebe ich wol versichern / dz mein Bruder Ladisla und ich dieser beyder wegen in die gröste Noht / uñ gar unter Henkers Hände gerahten / aber durch Gottes sonderliche Gnade / und dieser beyden Tugendliebenden Frauen Vorschub dem schändlichẽ Tode entrissen; erzählete hierauff umständlich / [16] was sich zwischen ihnen zugetragen hatte. Worauff Artaxerxes diese beyde Frauen hochrühmete / und ihnen ein sonderliches Gnadengeschenk versprach / welches er ihnen auff Herkules HochzeitFest lieferte / als etliche Kleinot / die ingesamt auff eine Tonne Goldes geschätzet wurden; insonderheit wahr ihm liebe / daß seine Wase sich gegen Ladisla so freundlich bezeiget hatte. Frl. Valisken wahr ihres Herkules Gefahr nie so außführlich erzählet / schlug Euphrosynen auff die Schulder / und sagte: Meine geliebte Freundin / ihr habt eigentlich mir zum besten diesen Fürsten beim Leben erhalten / dz wil ich euch Zeit meines Lebens geniessen lassen / so viel ich leisten / uñ euer Stand annehmen kan. Sie aber antwortete in untertähnigkeit / es möchte ihre Durchl. sie nicht zu blöde machen mit gar zu hohem erbieten / nachdem ihre geringe Gewogenheit (dann ausser dem Willen hätte sie nichts vermocht) schon tausendfach ersetzet währe. Der Abend wahr über der lanwierigen Erzählung hingelauffen / so hatten unsere Helden in etlichen Nachten wenig geruhet / daher wurden ihnen die Schlaffstäte bereitet / da Artaxerxes ein sonderliches Gezelt hatte; Fabius / Leches und Klodius beyeinander blieben; und Markus / wie untertähnig er sich entschuldigte /unserer Helden Schlaffgeselle seyn muste / welches ihn eine grössere Ehre seyn dauchte / als hätte man ihn auff des Römischen Käysers Stuel gesetzet. Das Fräulein wählete Euphrosynen und Libussen zu Beyschläfferiñen / wie sie wünscheten / nahmen sie zwischen sich / und entkleideten sie miteinander / hatten auch ihr Gespräch auff dem Lager etliche Stunden / und befahl das Fräulein / es solte Libussa ja so vertraulich mit ihr reden / als wan sie alle in währen. Weil auch derselben unmöglich wahr / ihrer Libussen etwas zuverbergen / offenbahrete sie ihnen beyden ihre Heimligkeit / daß sie ihres Herkules Gemahl schon von 20 Wochen währe / und von der Zeit her sich von Gott merkete gesegnet seyn; welches Euphrosyne also beantwortete: O mein Gn. Fräulein /wie habe ich dieses schon so bald gemutmasset / als ich ihr empfangen sahe; dann Eheliche Liebe lässet sich nicht bergen / man wickele es gleich so kraus und bund als man wil; bald verrahten uns die Augen / bald die Hände / und ist leicht geschehen / daß in Gedanken uns ein Wort entfähret / welches der Warheit wieder unsern Willen Zeugnis geben muß; ich wil aber eure Durchl. von der nöhtigen Ruhe nicht auffhalten; wünschete ihr hiemit eine geruhige Nacht / uñ schlieffen biß an den lichten Morgen / da Brela zu ihnen kam / und dem Fräulein ihre besten Kleider anzulegen brachte / weil ihr Euphrosynen Röcke zu weit wahren. Der UnterRok wahr Violen-Braun / mit einer SilbernGrund und köstlichem Perlen Gebreme; das OberKleid / hoher Pomeranzen Farbe / mit Gold und Indianischen Perlen reichlich gesticket / wobey sie allerhand nöhtiges leinen Gerähte gelegt hatte. Euphrosyne nam es alles zu sich / legte es dem Fräulein an /und betrachtete inzwischen ihre übermässige Schönheit / da sie sagte: Es währe nicht möglich einem Menschen zu gläuben / dz die Welt ein so volkommenes Meisterstük hervorbringen könte / wann mans mit Augen nicht besähe; doch muste billich / sagte sie / euer Durchl. unvergleichliche Seele in solcher treflich außgeziereten Herberge wohnen / da ihr nicht ungütlich geschehen solte. Das Fräulein sahe wol /daß die Liebe sie zu solcher Rede antrieb / und antwortete ihr: Geliebte Freundin; ich halte ihr wollet mich gegen mich selbst verliebt machen; oder sehen eure Augen schärffer als die meinen? Zwar dz sie mir nicht ungewogen sind / gibt eure Zunge gnug zuverstehen / da ich doch wol [17] weiß / daß meines gleichen viel in der Welt sind; und wer wolte mir in diesem Stük rahten / euren Worten zu gläuben / weil sie ausgewogenheit herfliessen / welche das Urtel der Warheit leicht überschreiten kan. Wie? sagte Euphrosyne / redet dann der trefliche Fürst Herkules anders als ich? Mein Herkules / antwortete sie / spielet mit mir als mit einem Kinde / und saget mirs vor / wie er meinet ichs gerne höre / deßwegen habe ich ihm in dieser Sache gleich so wenig zutrauen. Ey mein Fräulein /sagte sie / so trauet doch euren selbsteigenen Aügelein / die mit ihren durchbrechenden Strahlen aller ehrliebenden Herzen zu ihrem Dienste zwingen; und wolte Gott / daß ihrer Gn. meine geringfügige Auffwartung gefallen könte / und ich so bitselig währe /daß dieselbe mich nimmermehr von der Zahl ihrer Leibdieneriñen außschliessen wolte / dann würde ihre Durchl. mich in meine höchstgewünschte Glükseligkeit versetzen. Meine werte Freundin / antwortete sie /ich merke wol / daß ihr in erkäntnis meine Gedanken und Begierden / als meines Leibes / viel ein schäffer Gesicht habet / weil ich gleich mit dem Vorsatze umbgehe / wie ich euch in meiner stets wehrenden Geselschaft haben und behalten könne; welches aber euch anzumuhten mich nur abgeschrecket hat / daß euch und euren Liebsten die Liebe zum Vaterlande zu sehr möchte eingenommen haben; weil ich nun euren guten Willen vernehme / wo sonst euer Markus einwilligen wird / sollet ihr meine OberkammerFrau /und Libussa meine OberHoffmeisterin seyn / welches ich ihr schon vor drey Jahren verheissen habe. Euphrosyne ward dessen überaus froh / und antwortete: O meine Durchleuchtigste Fürstin; wie kan diese hohe Gnade ich immermehr erkennen / die weder mein Verstand begreiffen / noch mein Wille vergnügen kan /nachdem meiner Unwirdigkeit ich mich sehr wol zuerinnern weiß; doch gelebe ich der Hoffnung / eure Durchl. werden meine innigste Begierden gelten lassen / da mein Vermögen an gebührliche Verrichtung dieses hohen Amts nicht reichen kan. Meinen Liebsten betreffend / werde ich ihm die alllerangenehmste Zeitung bringen / weil ohndaß sein einziger Wunsch ist / die Gelegenheit zu finden / welche ihn in stetswehrenden Dienstẽ seiner Gnn. Fürsten erhalten möchte. Libussa wahr hingangẽ etliche trefliche Häupt-Bruft und Armkleinot herzuhohlen / womit sie das Fräulein außschmücken wolte / uñ als sie wiederkam / sagte Euphrosyne zu ihr: Herzliebe Schwester /euer und mein Wunsch ist nun erfüllet. Was? sagte sie / bleibẽ wir miteinander bey unser Gn. Fürstin? ich vor mein Häupt / antwortete sie / habe mir einen guten Dienst außgebehten. Libussa stund und sahe die Fürstin an / etwas zweifelnd / ob sie der ehemahligen Zusage würde eingedenke seyn / welche zu ihr sagete: Seid ihr beyde dann eins worden bey mir zu bleiben /muß mir solches sehr lieb seyn / und ist unnöhtig /daß ich dich deiner Hoffmeisterschaft eriñere / worzu ich dich schon vorlängst bestellet habe. O Gn. Fürstin / antwortete sie / Ist eure Gn. der ehemahligen Verheissung noch engedenke / die ich fürchtete längst vergessen seyn? Nun; sagte sie / so hastu an mir wol zweifeln können / da du wol weist / daß dir allein ich mein ganzes Herz vertrauet habe? Durchl. Fürstin /antwortete sie; Zu jenerzeit hatten ihre Gn. noch nicht was sie anjezt haben / und kunte mein Trost in etwas angenehm seyn / der nunmehr unnöhtig ist; so pfleget auch kindliche und erwachsene Gnade selten überein zustimmen. Gut Libussa / gut / sagte sie / jezt gibstu an den Tag / wovor du mich hältest / ungeachtet du so manniche Bewehrung von mir eingenommen hast; erinnere dich wie oft hastu mein schwermühtiges Herz[18] und höchstbetrübte Sinnen durch deine TrostReden ergetzet / da ich sonst wegen verlustes meines Herkules ohn zweifel untergangen währe / dessen du bey uns beyden geniessen solt / weil die Seele in uns ist; dann du nähst Gott / hast mich ihm erhalten / uñ mich mir selbst. Als Libussa dieses hörete / fiel sie ihrer vorigen Gewohnheit nach ihr umb den Hals / küssete und herzete sie / neben erinnerung der verlauffenen Dinge; zohe sie nachgehends auff ihre Schoß / und legte ihr die Kleinot an sprechend: Ey wie sol meine außerwählte Fürstin ihrem Fürsten noch heut so wol gefallen / dem treflichen Fürsten / deßgleichen in der Welt nit lebet / und ihm deßwegen diese billich vorbehalten ist / vor deren Schönheit alle andere erbleichen / und sich verkriechen muß. Die Fürstin lachete ihrer / uñ sagte: Da höre ich recht meiner Libussen alte Geige / auff welcher sie mir in der Jugend (ist noch nicht gar lange) pflag vorzuspielen; aber du betreugst mich forthin nicht mehr also / sondern zeug hin nach Padua und singe der vortreflichsten Fräulein von Rom / Frl. Sibyllen dieses Liedlein vor. Fräul. Sibyllen? sagte Libussa / ja wol Frl. Sibyllen; ich verachte den Mond nicht / aber weit gefehlet / daß er der Sonnen angewinnen solte / dessen er sich auch nicht unterfähet / sondern es verlanget ihn vielmehr / daß dieser ihre unvergleichliche Strahlen ihn anscheinen mögen. Du redest etwa aus Irtuhm / sagte das Fräulein / in dem du meine Strahlen nennest / und Fürst Herkules seine verstehest / welche diesen Monde /wie ich erfahren / rechtschaffen sollen beschienen haben. Wie verstehe ich daß? fragete Libussa. Wie anders / sagte das Fräulein / als daß Phæbus mit der wunderschönẽ Sibyllen (Dianen wolte ich sagen) frisch gebuhlet? Ey ey / Gn. Fürstin / antwortete sie /dieser Eifer hat keinen Grund / und so bald sie nur dieses Blut fromme Fräulein sehen wird / sol sie diesen Verdacht bald aus den Ermeln auff die Erde schütten. Ich weiß nicht / antwortete sie / was geschehen wird / aber daß weiß ich wol / daß sie nicht viel geringer als Braut und Bräutigam gespielet haben /welches ich meinem Herkules verzeihen muß / als durch übermässige Schonheit darzu genöhtiget. Verzeihe es euch Gott / sagte sie / daß ihr unschuldigen Leuten solches auffbürdet / obs gleich euer Gn. Scherz ist; und redet mir nur weiters nicht ein / dann Frl. Sibyllen Schönheit gleichet der euren noch lange nicht / welche sich überdaß in dieser Zeit über die helfte gemehret hat. Nun gewißlich / sagte die Fürstin / du weist deines HoffmeisterinAmts dich redlich zugebrauchẽ / massẽ mein liebster SchazFürst Herkules selbst / mich kein mahl hat schweigen heissen. Da lieget nichts an / antwortete Libussa / ich wil euer Gn. es nit anhören / noch zu gute halten / wann sie ihre eigene Schönheit beschimpfet / in welche ich mich dergestalt verliebt habe / daß wann so viel bewehrter Völker nicht umb uns hielten / würde ich bald der andere Gobares werden. Die Fürstin und Euphrosyne lacheten der rede überlaut / und fragete diese: Schwester Libussa / was wolte sie dann mit unser gnädigsten Fürstin anfangen / wann sie diesen köstlichen Raub erhalten hätte. Ey ja / antwortete jene; so sähet man die jungen Füchse; daß würde ich so überlaut hersagen; raunete hierauff der Fürstin etliche Wort ins Ohr / und sagte hernach; Gnug von diesem; aber wil eure Gn. mir auch versprechen / daß sie hernähst ihrer außbündigen Schönheit keine verachtung mehr zulegen wolle / die ich rühmen uñ vertähtigẽ wil so lange ein warmer Blutstropffe in mir ist / dann ich gebe mich vor ihrer Durchl. Ritter an. Einen solchen Ritter müste ich nicht außschlagen / antwortete die Fürstin; ihr müst mich aber / Herr Ritter / [19] nicht zu viel rühmen / noch mit unwarheit mich vertähtigen. Mit unwarheit? sagte Libussa; ja wans die Noht erfoderte tähte ichs ausser zweiffel / und redete auff einandermahl die Warheit gedoppelt. Gleich trat Herkules zum Zelte hinein / und schämete sich Libussa / dz in seiner Gegenwart sie die Fürstin auff der Schoß hielt; welche aber deßwegen nicht aufstund / sondern ehe sie ihn zu Worten kommen ließ / sagte sie zu ihm: Mein trauten Schaz / jezt sitze ich auff meiner Trösterinnen Schosse / die mir auff solche Weise manniche Trähnen abgewischet / auch wol ein innigliches Lachen heraus getrieben hat. O der unnützen Trösterin / sagte Libussa; Gott Lob und Dank / daß der Tröster selbst zu gegen ist. Herkules umbfing sein liebstes Gemahl /fragte wie sie unter den Zelten zwischen so lieben und anmuhtigen Freundinnen geruhet hätte / und sagte zu den beyden Frauen; Ihr habt mein liebstes Engelchen treflich außgeputzet / gedenke / ihr seid gesonnen / sie mir noch künftige Nacht zuzuführen / es währe dañ /daß meine Freundin Libussa zum Gobares würde. Hieraus vernahmen sie / daß er ihre Reden draussen angehöret hatte / worüber diese sich schämete / daß sie unter dem ganzen Angesicht roht ward / wolte auch davon lauffen / wann nicht Euphrosyne ihr den Außgang verwähret hätte; dessen aber die Fürstin von Herzen lachte / und zu ihr sagte: Sihe da du Plaudermaz / da bistu einmahl redlich angelauffen; doch / ungeachtet Gott Lob meine Ehr unverlezt blieben ist /wolte ich dannoch ein dutzet Tonnen Goldes drumb geben / daß ein solcher Gobares / wie du bist / mein Rauber gewest währe. Ein so angenehmer Gobares zu seyn / habe ich auch nur gewünschet / sagte Libussa /hoffe demnach mein Gn. Fürst werde mir meine Unvernunft gnädig verzeihen; ich erbiete mich aber / daß neben meiner Schwester Euphrosynen / euer Gn. wir das allerschönste Fräulein der Welt diesen Abend zuführen wollen. Daß soltu wol lassen / sagte die Fürstin / oder ich würde mich an demselben Fräulein heßlich vergreiffen. Gut gut antwortete sie / ists dann kein Fräulein / so sols doch die allerschönste Fürstin der ganzen Welt seyn; und hat schon diese Nacht mich nichts so sehr geirret / als daß mein Gn. Fürst nicht hat sollen meine stelle bekleiden. Daß sagestu sonst nirgends umb / antwortete die Fürstin / als daß ich dich wieder deinen Willen diese Nacht / von deinem Leches abgehaltẽ habe. Hat eure Gn. diesen Weissager Geist zu Ekbatana / oder zu Charas empfangen? sagte Libussa; weil ich aber mit meiner Schwester Euphrosynen / wegen des Auffbruchs allerhand zubestellen habe / wollen ihre Durchll. beyderseits unsern Abtrit nicht verargen; womit sie davon gingen. Herkules erkennete ihre Höfligkeit / näherte sich zu seinem Schaz / und baht inniglich / das ergangene aus dem Sinne zu schlagen / nachdem der boßhafte Mensch seine Straffe empfangen hätte. Sie versprach ein solches zu tuhn / klagete doch mit Trähnẽ /wie der gottlose Mensch seine ehebrecherische Augen an ihr geweidet / da er stets neben ihr hergeritten /und mit vielen bewäglichen Worten sie zu seiner Liebe bereden wollen / biß er endlich den Pusch / da die Sänfte stehen blieben / erreichet / und schon etlichen befohlen hatte / sie loßzumachen / uñ gebunden hinter die Hecke zu tragen; aber Gottes Barmherzigkeit / sagte sie / kam mir dazumahl augenscheinlich zu hülffe; dann es erhub sich ein Geschrey / es liesse sich ein KrigsVolk sehen / von denen man nicht wüste / ob sie Freund oder Feind währen. Ich sahe dem Bubenes eigen an / daß ihm das Gewissen gerühret ward / weil vor schrecken alle lebendige Farbe ihm unter dem Gesichte verging; Er ließ auch meine Sänfte alsbald rings umbher [20] zumachen / und eine starke Schaar mich verwachen / da ich Zeit wehrender Schlacht mit tausend ängsten beladen wahr / biß Herr Fabius bey mir anlangete / und meine blösse vernehmend / mich mit seinem ReitRocke bedeckete / da ich von dem Frauenzimmer bekleidet ward. Herkules hörete es mit nassen Augẽ an / weil bey der Erzählung es ihr an Trähnen auch nicht mangelte; tröstete sie hernach mit den allerfreundlichste Worten / uñ danketen sie Gott ingesamt herzlich vor diese milde und väterliche Barmhertzigkeit / versprachen auch einander /dieses Unglüks nicht mehr zu gedenken / sondern ergetzeten sich ein Stündichẽ durch ihr gewöhnliches Liebegespräch / biß Euphrosyne wieder kam / uñ der anderen Fürsten Ankunft vermeldete; denen sie entgegen traten / und Artaxerxes nach empfahung das Fräulein also anredete: Wann ein Fürst / ja auch ein geringer Betler einer Untaht beschuldiget wird / ist ihm erläubet seine Zeugen zuführen / welche / da es möglich ist / seine Unschuld darstellen / und der Beklagte dadurch in seiner guten Sache nicht allein der Schuld /sondern auch dem Verdacht entzogen werde; wo nicht; muß der Kläger seine Zeugen / oder andern Beweißtuhm beybringen / und den Beklageten der Untaht überführen. Nun hat aber / Durchleuchtigstes Fräulein / mein schändlicher Verleumder in meiner Anklage nur seine lügenhafte Zunge / und ungegründeten Argwohn wieder mich dargestellet / welche er nachgehends nicht allein selbst zu Lügenern gemacht / sondern auch überdz noch verzeihung seines verbrechens gebehten / daher ich hoffe / nicht allein vor ihrem / sondern auch vor meiner Herren BrüderGerichte / von solcher Boßheit loßgesprochen zu seyn. Sol ich aber überdaß noch meiner Unschuld Zeugen heran ruffen; so stelle ich vor erst mein rein-lauteres Gewissen / welches / wann es von ihren Liebten ingesamt so wol als von meinen inwendigen Augen könte gesehen werden / würde ich allerdinge frey und loß seyn. Ich ruffe überdaß eure Liebe selbst zum Zeugen / durchleuchtigstes Fräulein / uñ zweifele nicht / sie werde in einer so heiligen Sache sich nicht wegern /der göttlichen Warheit und himlischen Gerechtigkeit zu steur / dasselbe anzuzeigen / was ihre Wissenschaft erkeñet / und ihr Herz gedenket. Schließlich werden auch meine Herren Brüder sich gutwillig vernehmen lassen / ob ich ihnen einige Ursach gegeben habe / dasselbe von mir zu muhtmassen / dessen der Bübische Verleumder mich bezichtiget hat. Die Fürstin wolte seiner entschuldigung länger nicht zuhören / die er mit sehr ernsthaften Geberden vorbrachte / uñ gab ihm zur Antwort: Großmächtiger GroßFürst; der Gott / dem nichts verborgen seyn kan / stehet an meiner Seite als ein unfehlbahrer Zeuge / daß wie eure Durchl. mir nicht die geringste Ursach gegeben / dieselbe in Verdacht zuzihen / also ist mir auch ein solcher gedanke nicht ins Herz kommen / daß bey euer Durchl. ich mich dessen zubefahren hätte; so stehe ich in gleicher Hoffnung mein Herr Bruder / und mein Herr Oheim Herkules / als mein versprochener Bräutigam / werden ihnen dasselbe / meiner Zucht und ehrliebenden Willens lassen Beweißtuhms gnug seyn /daß der grosse König Artabanus weder durch Geschenk noch liebkosen dasselbe von mir hat können erhalten / daß ich auch meine Hand von ihm hätte berühren lassen / nachdem ich einmahl von ihm abgesondert wahr; zweifele demnach eure Durchl. gar nicht / dz dieselbe nicht eben so unschuldig von meinem Herrn Bruder und Oheim solte gehalten werden /als von mir selbst. Ladisla sagte mit wenigen: Wañ er wissen solte / daß seine Liebe der GroßFürst ihn des Verdachts nicht erlassen könte / ob [21] solte er dem verrähterischen Buben mehr gläuben / als seinem blossen Nein / würde er in seiner Geselschaft sich nimmermehr frölich können finden lassen. Herkules stellete sich dabey am traurigsten / und zeigete an; er hielte bey dieser unglüklichen Begebnis dieses vor das unglüklichste / daß er solte in Verdacht gezogen werden / als zweifelte er an ihrer beyder Zucht und ehrliebenden Gemühtern; und beschloß hiemit: Es währe alle Gedächnis dieses Erzbösewichts ganz überflüssig /welcher nirgend besser / als in dz Buch der Vergessenheit eingeschrieben würde; mahnete sie ingesamt zum Auffbruche auff / und zogen in schöner Ordnung fort / da das Fräulein sich mit ihrem Frauenzimmer in eine grosse Gutsche setzete / und allerhand unterredung pflogen. Der elende Orsillos sahe jezt / was vor einen grossen Herrn er an Kleon ehmahls zum Leibeigenen gehabt / und wahr ihm sein Verbrechen gegen denselben sehr leid / welches zuerweisen / er zu ihm ging / und untertähnigst anmeldete / daß er die vier Räuber / so ihn anfangs verkauft / unter den Susianischen Völkern gesehen / denen er ihre Straffe wol gönnen möchte / weil sie leider seine Gnaden in ihr ehmahliges / und ihn selbst in diß gegenwärtige Elend gestürtzet hätten. Fabius zeigete es Ladisla an / uñ wie unbarmherzig sie mit ihm verfahren / deßwegen sie alsbald vorgefodert / überzeuget / und nach erschreklicher prügelung / welche Orsillos verrichten muste / an Bäume auffgeknüpft wurden.
So bald die Fürstliche Geselschaft zu Persepolis anlangete / gingen sie hin / Arbianes und Pharnabazus in ihrer Schwacheit zubesuchen / uñ erfreueten sich diese wegen Fabius Ankunft. Nun wolte Artaxerxes seine Dankbarkeit unsern Helden gerne in der Taht sehen lassen / und erklärete Frl. Valisken zu einer Fürstin des ganzen Landes Susiana / welches sie erblich besitzen / und ihrem künftigen Gemahl als ein HeirahtGut zubringen solte. Und zwar hiedurch suchte er Herkules in diesen Landschaften zubehalten /nicht zweifelnd / er würde durch seine glüklichen Anschläge des Parthen Macht und Hochmuht bald brechen / uñ die Persische Freiheit befestigen. Valiska bedankete sich sehr der gar zu grossen Königlichen Schenkung / welche von ihr ja nicht verdienet / sie auch weder zuersetzen noch zubeantworten wüste /und deßwegen einen kurzen Abtrit mit ihrem Bräutigam uñ Bruder nam / denen sie diesen Vorschlag taht; weil ihr wol bewust / daß ihr Liebster nicht willens währe / in diesen Ländern seinen Siz auffzurichten /und aber nach ihrem Abzuge des Fürstentuhms Susiana Einkünfte sie schwerlich heben würden / als währe ihre Meynung / es H. Pharnabazus auff diese Weise zuzuwenden / daß ers mit Frl. Barsenen als eine Heimsteur empfinge; also könte sie nicht allein dieses Herrn Träue / sondern auch dieser Fräulein Liebe /welche sie ihr als ehmahligem Herkuliskus angebohten / auff einmahl vergelten. Dieser Vorschlag gefiel ihnen sehr wol / gingen wieder ins Gemach / und gab sie dem GroßFürste diese Antwort: Durchl. GroßFürst / die mehr als Königliche Schenkung / aus welcher ihrer Liebe hohe Zuneigung gegen mich und die meinen Sonnenklar erhellet / nehme ich mit gebührlicher Dankbarkeit an; befinde mich auch neben meinen Herrn Bruder und Oheim / ihrer Liebe davor hoch verbunden; demnach wir aber nicht willens sind / in diesen Ländern zuwohnen / sondern grosses Verlangen tragen / nach unsern Eltern und Vaterlande; als bitte ich demühtig / ihre Durchl. wolle ihr meinen Vorschlag gn. gefallen lassen / daß ich dem wolgebohrnen und mit allen Tugenden außgezierten Fräulein Barsenen dieses [22] Fürstentuhm erblich aufftrage /mit dem bedinge daß sie es Herrn Pharnabazus als ein Heirath Gut und wirdige Außsteur zubringen möge /da sonst derselbe zu diesem Fräulein liebe tragen kan / welches ich gerne sehen möchte. Artaxerxes hätte ni ermehr gemeinet / daß Herkules und Valiska sich der Besitzung dieses treflichen Fürstentuhms entschlagen würden; und gab zur Antwort: Trefliches Fräulein / ich merke wol / daß mein weiteres nöhtigen vergeblich seyn / auch dadurch meines geliebten Oheims gedoppeltes Glük verhindert würde; lasse mir deßwegen solches gefallen / und zweifele nicht / mein Oheim werde solches wirklich zuerkeñen geflissen seyn / auch dieses wirdige Fräulein mit solcher Fürstlichen Aufsteur nicht außschlagen. Pharnabazus wuste nicht / was er vor freuden antworten solte /richtete sich im Bette auff / und mit gebogenem Häupte bedankete er sich untertähnig nahm auch den Vorschlag an / doch mit dem bedinge / dafern Frl. Valiska zur anzeige eines dankbahren Gemühtes dreissig Tonnen Schaz / und jährlich / so lange sie und Groß Fürst Herkules lebeten / drey Tonnen Goldes von ihm annehmen / auch beyderseits den Nahmen eines Fürsten und Fürstin zu Susa führen wolten. Hieran handelt mein Oheim Fürstlich / sagte Artaxerxes / hoffe auch / das Durchl. Fräulein werde auff meine vorbitte sich nicht wegern / dieses einzuwilligen. Sie wolte solches nicht beantworten / sondern baht Herkules /ihre Stelle zuvertreten; welcher also anfing: Durchl. GroßFürst; es ist das angebohtene gar zu viel; massen auff solche Weise dieses Fürstentuhm nicht verschenket sonder teur verkauft ist; weil ich aber Herrn Pharnabazus Willen sehe / welchem zu wiedersprechen ich nur vergebliche Mühe anwenden würde / insonderheit / da eure Liebe es selbst rühmet / nehme ich solches im Nahmen meiner versprochenen Fräulein an / wünsche euch / Durchleuchtiger Fürst / Herr Pharnabazus / zu dieser Fürstlichen Hocheit / und zu der wolwürdigen Fräulein Braut / Glük und Gottes Segen / wie eure Tugend und Mañheit es wol verdienet / und wird nichts mehr übrig seyn / als daß die schnelleste Botschaft an H. Mazeus und bevorab an GroßFürst Phraortes abgefertiget werde / damit ungemeldet unsers vorhabens sie eiligst herüber kommen / und dieses Beylager Fest / mit meinem zugleich möge gehalten werden / wie ich dann nicht zweifele / es werden die Verwundeten allerseits gegen die Zeit genesen. Stündlich ward dieses ins Werk gerichtet / und auff demselben Gemache Mahlzeit gehalten / da die Fürstin erzählete wie es mit ihrer entführung eigentlich ergangen währe; nehmlich / es hätte Gobares des dritten Tages nach unser Helden abzug gegen den Feind / ein mit lauter liebes Waaren angefülletes Schreiben / an sie abgeschicket / welches nach verlesung sie ihm zurücke gesand / und durch ihre Jungfer Amestris anmelden lassen / dafern er dergleichen ansuchen sich nicht enthalten würde / wolte sie seiner Unkeuscheit mit blutiger Rache zubegegnen wissen; ob er schon vergessen hätte was gestalt sie ihn bey dem Tanze abgewiesen? er / noch kein ander Mensch solte sie bereden / ihre teur versprochene Träue zu fälschen; sähe auch ihn Gobares / viel zu unwirdig ihrer Liebe an. Hierauff hätte er sich außdrüklich vernehmen lassen /er wolte dessen hinfort allerdinge müssig gehen / sie möchte nur sein Ansuchen / Unglük zuvermeiden /niemand offenbahren. Des Abends vor ihrer nächtlichen entführung währe sein Schmarotzer Bagoas zu ihr kommen / und angehalten ihm ihre Leibdienerin Apame ehelich abfolgen zulassen / weil vor vier Monaten schon er sich mit ihr versprechen; welches sie ihm nicht abschlagen [23] wollen / sondern biß auff GroßFürst Artaxerxes Wiederkunft außgesetzet; womit sie auch beyderseits friedlich gewesen. Ich ließ aber /fuhr sie fort / mein Gemach des Nachtes inwendig fest verriegeln / und muste diese lose Haut es ja dißmahl in aller stille geöffnet haben; dann umb Mitternacht traten sechs gewapnete mit brennenden Fackeln hinein / deren geräusche mich bald erweckete / und mag wol sagen / daß zeit meines Lebens ich niemahls höher erschrecket bin. Dann sie hielten die Schwerter in den Fäusten / und dräueten uns allen den Tod / da wir einiges Geschrey machen würden; wiewol meine Kleofis / wie auch Amestris und Andia sich wenig dran kehreten / und sich ihrer Kehle weidlich gebraucheten / biß ihnen die Zunge mit einem Knebel gehemmet ward / welches mir gleichmässig geschahe /und wurden wir an Händen und Füssen zusammen gebunden / und in die verordente Sänften getragen; doch ließ Gobares sich nicht bey mir finden / biß wir schon einen zimlichen Weg fortgetragen wahren / und die lichte Sonne auffging / da kam er herzugeritten an meine Sänfte / und baht höchlich umb verzeihung wegen angelegter Gewaltähtigkeit / wozu ihn nichts als die übermässige Liebe gezwungen; hoffete / ich würde sein ergebenes Herz erkennen / und ihn zum Liebesten willig auff und annehmen / weil es ja durchaus nicht anders seyn könte. Es ist ein dumkühnes Stük von einem verzageten Menschen / sagete Artaxerxes / und hat der Unflat vor unkeuschen Begierden nicht absehen können / wie es ablauffen würde.
Leches und Libussa liessen sich anmelden / sie hätten etliche Schreiben einzureichen / wurden auch als bald vorgelassen / und übergab Leches vorerst H. Ladisla seiner Fr. Mutter / Schwähers / und Gemahls Briefe; hernach H. Herkules von seiner Fr. Mutter /auch von der Königin in Böhmen / von H. Fabius dem Stathalter zu Padua / und von Fr. Sophien. Endlich Herrn Fabius von seiner Fr. Ursulen; welche alle miteinander begierig gebrochen und frölich gelesen wurden / da Ladisla und Fabius wegen ihrer jungen Herrlein; Herkules und Valiska wegen der Eltern freude über ihrer Heyraht bericht empfingen / uñ sich daran herzlich ergetzeten. Libussa wolte ihre empfangene Brieffe von Frl. Klaren an Herkules und Frl. Valisken auch einliefern / und zugleich das überschikte Haaren Armband / welches Herkules alsbald umb den linken Arm legte / demnach er das von seinem Fräulein zu Padua empfangene am rechten trug. Nach diesem taht Herkules wegen der erhaltenen Schlacht wieder Vologeses volligen bericht / und ließ Artaxerxes die 15 Tonnen Goldes eroberter Beute einreichen /welche er aber durchaus nicht annehmen wolte / sondern unsern Helden wieder zustellete / einwendend /er würde gar zum undankbahren / wann er ihnen daß mit ihrem Blute erstrittene abnehmen solte. Der gefangene Susianer Mithrazenes ward neben Bagoas und der Verrähterin Apame vor Gericht gestellet / und nachdem sie ihre Boßheit gestunden / anfangs erschreklich gegeisselt / uñ hernach an Kreuze geheftet. Sonsten ward Herkules HochzeitFest ganz Königlich / und alles nach Artaxerxes Willen angeordnet / da inzwischen der betrübte und verliebte Artabanus wegen des entflogenen Täubeleins sich zu hermen nicht auffhören kunte / uñ vermehrete ihm der außgerissene Vologeses seinen Kummer umb ein grosses / als derselbe des Tages vor seiner ankunft ihm seine Niederlage durch einen Reuter zu wissen taht / gleich als Bagophanes bey ihm saß / und die trefliche Schönheit der Fräulein ihm oft wiederhohlen muste. [24] Er führete sonst gar ein einsames Leben / und durfte fast niemand als dieser Fuchsschwänzer vor ihn kommen / weil er durch Schmeichelreden ihm noch allemahl Hoffnung zur wiedererlangung machete. Nun ging ihm gleichwol diese Niederlage sehr zu Herzen / insonderheit /da Vologeses des folgenden Tages selbst vor ihn trat /allen Verlauff umbständlich erzählete / und Herkules Tapfferkeit / nebest auffweisung seiner schriftlichen höflichen Außfoderung dermassen rühmete / daß er ungescheuhet bekennete / er allein währe des Persen Schuz; und wo einiger Mensch der Parthischen Macht eintrag oder abbruch tuhn könte / währe es niemand als dieser unvergleichliche Held / welchen er mehr als 200000 Persen fürchtete. An meinen dreyen Dienern sagte er: Ließ er mir auff diesem Schlosse sehen wie er fechten könte; In dieser Schlacht hat er solch Wunder getrieben mit seiner Faust / ob wolte er mein ganzes Heer allein nidermachen. O wie übel haben wir gehandelt / dz wir ihn und seinen ihm fast gleichen Gesellen mit so hoher beschimpfung der angedräuetẽ Ruhten zur Rache gereitzet / welche von den Feinden an Unsere Seite zuzihen ich weder Mühe noch Kosten sparen wolte; dann ihre Hülffe solte unser Glük und des Persen gewisser Fal seyn. Ich halte sie fast nicht vor blosse Menschen / und sind sie es / so sind sie die aller volkommensten. Ihre Schwerter erschrecken ihre Feinde / und machen ihre unerfahrne Kriegsleute muhtig. Ihre Anschläge dringen durch / deren man sich verwundern muß / und ihre Freundligkeit stihlet Freunden und Feinden das Herz ab. Ihr Parthischen Schuzgötter / befestiget unsers Königes Artabanus Stuel / und vereiniget seine Hocheit mit diesen beyden fremden; oder da solches nicht geschehen kan / so erwecket ihnen in ihren Ländern so viel Feinde / daß sie unser vergessen / und Persen verlassen mögen; solte aber auch dieses den Göttern nicht gefallen / müssen wir trauen hernähst mit keinem fliegenden Heer mehr angestochen kommen / sondern die allergrösseste Macht zusammen zihen / und in guter Vorsichtigkeit ohn unzeitigen Eifer oder Feindes-verachtung / die Häuptschlacht wagen / da dañ ihre Hocheit selbst durch ihre Gegenwart dem Heer einen Muht einblasen / und sich der angenommenen Schwermühtigkeit entschlagen werden / auff daß des Reichs algemeine wolfahrt hiedurch nicht verabseumet / oder wol gar in unwiederbringliches Verderben gestürzet werde; dann die Feinde müssen so schlecht nicht besponnen seyn /massen mir heut ein schnelreitender Bohte bericht getahn / dz der ungeträue Mede Phraortes allein mit 50000 Mann in vollem anzuge nach Persen begriffen sey / dessen einiger Sohn Arbianes sich bey neulicher Schlacht finden lassen / und die besten Völker geführet. Eile aber wil uns nöhtig seyn / sonst möchten die Römer wol gar sich mit hinein flechten / die vielleicht mit den fremden Herren in verbündnis stehen. Dieses allergnädigster König / ist mein Raht in unterschiedlichen Vorschlägen / welche allerseits können versucht / und inzwischen die ganze Macht zusammen geführet werden; ich verpflichte mich / mein Leib und Leben geringe zuachten / nur dz ihrer Hocheit ich angenehme Dienste erzeigẽ / uñ den empfangenẽ Schimpf /welchen weder aus unvorsichtigkeit noch Frevel ich einnehmen müssen / rächen möge. Artabanus wuste wol / daß er dieses Mannes gleichen in seinem Königreiche nicht hatte; seine Träue und festes Herz wahr ihm bekant / und wie mannichen herlichen Sieg er ohn sonderlichen Verlust von den Reichsfeinden erhalten; wunderte sich demnach sehr / daß er dißmahl eine so schändliche Niederlage erlitten hatte / uñ setzete ihm vor / alle Macht anzuwenden / [25] daß in kurzer Zeit ganz Persenland mit seinem KriegsHeer überschwemmet würde. Es kam ihm zu gutem Glük / daß die Skythen sich selbst anerbohten hatten gegen erlegung acht Tonnen Goldes / ihm mit 80000 Mann zuzuzihen /welches er willig annam / und die Gelder alsbald übermachte; jedoch wolte er den gegeben Raht nicht aus der Acht lassen / ob er / wo möglich / nicht allein unsere Helden auff seine Seite bringen / sondern zugleich auch sein eingebildetes höchstes Gut durch eben diß mittel überkommen könte; schikte demnach einen ansehnlichen Parthischen Herrn / nahmens Sysimithres mit 500 Reutern ab / dem er drey unterschiedliche Schreiben zustellete / eines an Herkules und Ladisla zugleich / das andere an das Fräulein; das dritte an Herkules absonderlich / im falle das erste wol angenommen würde. Hiebey wurden dem Fräulein alle ihre hinterlassene Kleider und Kleinot / und dabey noch ein neues / so auff zwo Tonnen Schaz außtrug /zugeschicket. Nicht destoweniger führete man die Völker fleissig zusammen und übete sie täglich in den Waffen / wobey Vologeses und Madates sich weidlich gebraucheten; dann dieser insonderheit hoffete seinen Schimpf wieder einzubringen.
Des neunden Tages nach Frl. Valisken Erlösung überfielen Euphrosynen die Geburts wehe / und bald hernach Fr. Agathen; da jene einer Tochter; diese zween ZwillingsSöhne genaß / wurdẽ auch nach kurzer Zeit durch die H. Tauffe der Kirchẽ Gottes einverleibet / da die Tochter Valiska / die Söhne / Herkules und Ladisla genennet wurden. Nach Euphrosynen entbindung zween Tage / kam Phraortes mit einem schönen KriegsHeer zu Persepolis an. Mazeus führete die Reuterey 30000 stark; das Fußvolk 20000 Phraortes Bruder-Sohn / Herr Artobarzanes / der sein Gemahl /die schöne Atossa bey sich hatte; und weil Arbianes der Fräulein ankunft von Charas schon hinüber entbohten / kam GroßFürstin Saptina mit Fr. Roxanen und Frl. Barsenen mit herüber / daß sie ihr eine Zeitlang Geselschaft leisten möchten. Sie wurden von den unsern wol empfangen / und schämeten sich fast / daß sie der Fräulein Verstellung nicht hätten merken mögen; insonderheit überging Frl. Varsenen eine heftige Schamröhte / da sie von der Fürstin empfangen ward / und ihr die Liebes-anmuhtungen / welche sie vor diesem merken lassen / ins Gedächtnis kahmen. Sie besucheten den verwundeten Pharnabazus und Arbianes / die sich schon zimlich erhohlet hatten / und in ihren SchlafRöcken sitzen kunten / und wolte die Fürstin mit ihrer Heyrahtsache nicht lange zurük halten / daher sie zu Frau Roxanen also anfing: Geliebte Freundin / ich habe mich fleissig bemühet / wie ich die grosse Freundschaft / mir von euch uñ euer Frl. Schwester / meiner auch geliebten Freundin erzeiget /in etwas ersetzen möge / da dann dieses gute Glük /wie ich gänzlich meine / mir zugestossen / daß ich Gelegenheit bekommen / jezt wolgedachte Fräulein dem Durchleuchtigen Fürsten zu Susa ehelich zuversprechen / nachdem solches dem Großmächtigen GroßFürsten H. Artaxerxes wolgefallen / uñ mein geliebter H. Bruder und H. Oheim es vor sehr gut befunden; zweifele demnach nit / sie ihres Orts werden gerne darein gehelen / und ihnen solch gewünschte Heyraht lassen angenehm seyn. Fr. Roxane uñ ihre Frl. Schwester erröhteten wegen dieses unvermuhtlichen vorbringens / als davor sie heftig erschraken /wie nicht weniger GroßFürstin Saptina selbst / als welche die Heyraht ihres Bruders schon mit ihr abgeredet und geschlossen hatte; begehreten daher einen kurzen Abtrit / welcher ihnen gerne gegönnet wahr /und Zeit [26] ihres abwesens die Fürstin zu den Anwesenden sagete: Ich werde diesen meinen geliebten Freundinnen wunderliche Gedanken gemacht haben / weil ich ihnen den jetzigen Fürsten von Susa nicht genennet; wie dann in Warheit geschahe / massen diese drey sich keines Schlusses zuerklären wusten. Zwar das Fürstentuhm Susiana wahr ihnen angenehm / aber Gobares / welchen sie vor einen Witwer hielten / gar zuverhasset / und wahr das Fräulein nicht bedacht denselben vor Pharnabazus zuwählen; beschlossen demnach / bey der Fürstin anzuhalten / daß sie von solchem Vorhaben abstehen möchte; gingen zu ihr hinein / und fing Fr. Roxane also an: Durchleuchtigstes Fräulein / daß eure Durchl. ihr gnädigst wollen gefallen lassen / vor meiner Frl. Schwester Wolfahrt zu sorgen / unter dem gn. Vorsaz / sie gar in den Fürstenstand zuerheben / davor bedanken wir uns untertähnigst; weil aber meine Frl. Schwester sich nicht kan bereden lassen / eine so ungleiche Heyraht einzugehen / da sie ohnzweifel von demselben Fürsten schier heut oder Morgen zu unwert seines Ehebettes möchte geschätzet / und nach kurzer Zeit wol gar verstossen werden / insonderheit / wañ eure Durchl. diese Länder bald verlassen solte; so ist unsere untertähnigste Bitte / uns dieser Heyraht gnädigst zuerlassen / uñ diesen Fürsten einer Standesmässigen wirdigeren Braut zuzuführẽ; zumahl daß meine gnädigste GroßFürstin meiner Frl. Schwester wol schon einen andern Gemahl möchte ausersehen haben. Herzgeliebete Freundinnen / antwortete die Fürstin / ich hätte nimmermehr gedacht / daß sie mir dieses mein so wolgemeintes Ansuchen würden so kurz vor der Faust abgeschlagen haben / welches doch meines ermässens nicht zu endern stehet / ich mich auch dessen verpflichten wil / daß meine höchstwerte Eltern / GroßFürst Phraortes und dessen Gemahl in diesen meinen Vortrag noch wol gehehlen werden; hoffe also / von ihnen eine genehmere Erklärung zu hören / uñ wollen sie beyde sich kürzlich bereden / und ihre endliche Meynung mich wissen lassen / wornach ich mich als dañ gerne richten und schicken wil / muß euch doch eine Geheimnis offenbahren / was gestalt der Fürst zu Susa und mein Freund Pharnabazus nunmehr in solchem Bunde stehen / das dieses sein Gemahl jenem /uñ jenes seine / hinwiederumb diesem gemein seyn solle. Die beyde Schwestern ängsteten sich dergestalt / daß ihnen der Schweiß außbrach / traten ab / und wahr ihnen die lezte Zeitung so unangenehm / daß sie so wol Pharnabazus als den Susianer anfeindeten; endlich machten sie den Schluß / daß das Fräulein durch einen Fußfal / umb die Ehe auffzuruffen / anhalten solte; welche darzu fertig wahr und mit tränenden Augen sich vor der Fürstin in die Knie nidersetzete / willens nicht auffzustehen / biß sie gnädige Antwort erlanget hätte. Aber die Fürstin sprang geschwinde auff / richtete sie küssend in die höhe / und sagte: Herzen Freundin als Schwester / beschimpfet mich nicht mit diesem Vornehmen / und bringet mir euren endlichen Willen stehend vor. Ja / nach meiner gnädigsten Fräulein Befehl / antwortete sie / und fuhr also fort: Nach dem ich das feste Vertrauen zu euer Durchl. gefasset habe / dieselbe werde mir keine andere Gnade wiederfahren lassen / als welche meinem Herzen angenehm / und ich aber meine Seele dessen durchaus nicht zubereden weiß / daß ich dem Fürsten zu Susa mich ehelich ergeben solte / vielweniger mich mißbrauchen zulassen willens bin / als bitte ihre Durchl. ich untertähnigst / dieselbe wolle mich dieser Unangenehmen gnädigst erlassen. Ey meine allerliebste Freundin / sagte die Fürstin / ich kan in diese eure Bitte durchaus nicht willigen / sondern mein Wille und Vorschlag [27] muß richtig erfüllet werden / insonderheit weil der Durchl. Fürst von Susa sich hierin gänzlich ergeben / ja durch euch ein Fürst zu Susa werden sol. Aber kennet ihr auch / herzen Freundin / kennet ihr auch denselben Fürsten recht / welchen ich durch euch zum Fürsten in Susa zu machen bedacht bin? oder gedenket ihr / ich werde euch den gottlosen ehrvergessenen Schelm / Bösewicht und Verrähter Gobares zufreien / welcher vor weniger Zeit an mir zum Räuber worden / und durch rechtmässige Urtel des Großmächtigen GroßFürsten enthäuptet ist? Ey habt doch nit solche ungenehme Gedanken von mir; sehet jezt hochgedachter GroßFürst hat mir das ganze Fürstentuhm Susiana erblich geschenket / uñ dasselbe sol euch / Durchleuchtiges Fräulein / anjetzo von mir hinwiederumb geschenket / auch ihr kraft dieses zu einer herschenden Fürstin zu Susa erkläret seyn / doch mit diesem bedinge / daß ihr solches dem Bräutigamb / welchen ich euer Liebe zugedacht / als eine wirdige Heimsteur zubringet / uñ ihn dadurch zum Fürsten über Susiana machet; dieser aber ist der schon darzu erwählte und erklärete Durchleuchtige Fürst / Herr Pharnabazus / alhie gegenwärtig. So erkläre sich nun eure Liebe / ob sie sich eines andern bedenken könne / und nehme mit ihrer Fr. Schwester zur beredung einen kurzen Abtrit; ich halte gänzlich davor / meine herzgeliebete Eltern / GroßFürst Phraortes und die GroßFürstin Fr. Saptina / werden ihnen solches wol köñen gefallen lassen. Da wahr nun lauter verwunderung und freude bey den Unwissenden. Phraortes fragete / ob sichs dann mit Gobares also verhielte / und was vor ein schändlich Bubenstük er begangen hätte. Welches die Fürstin mit wenigen beantworete: Es verhielte sich also / und würde alles zu seiner Zeit weitläuftiger erzählet werden / nur möchte die GroßFürstin sich mit Fr. Roxanen und dem Fräulein gnädigst bereden / ob diese Heyraht / wie sie gar nicht zweifelte / könte gefällig seyn. Aber Fr. Roxane fing also an: Durchleuchtigstes Fräulein / es bedarfs meines erachtens nicht / meine gnädigste GroßFürstin zu fragen /ob sie ihren allerliebsten Herr Bruder gerne zu Fürstlicher Hocheit befodert sehe; aber wie sollen ich und mein Frl. Schwester doch in ewigkeit diese übermässige Gnade ersetzen / welche unsere Erkäntnis überwieget? gestaltsam eure Durchl. uns viel ein grösseres leistet / als wir von allen Göttern ni ermehr hätten dürffen bitten. Wir untergeben uns allerdinge euer Durchl. und unser gnädigsten GroßFürstin gehorsam /alles nach gnädigstem gefallen zuordnen und zu schliessen / deren untertähnigste Dieneriñen wir Zeit unsers Lebens verbleiben wollen. Es darff solcher niderträchtigen erbietungen nicht bey vertraueten freunden / sagte die Fürstin; Nur erkläret euch mein Fräulein Barsene / ob mit eurer Fr. Schwester einwilligen /ihr auch friedlich seid. Gnädigstes Fräulein / antwortete sie / mir ist unmöglich / euer Durchl. vor Scham ein anders zu antworten / als daß ihrer Durchl. gehorsamste Dienerin ich zu leben und sterben begehre; uñ ob mir zwar diese Heyraht billich angenehm ist und seyn muß / werden mir doch die Götter Zeugnis geben / daß wañ ich meines künftigẽ Leben-Standes freie Wahl hätte / ich lieber bey ihrer Durchl. stäte Kammerdienerin / als ohn deren Geselschaft eine mächtige Fürstin zu seyn begehre. Und weil bey solcher Rede ihr die Trähnen hervordrungen / erkennete daher die Fürstin ihre heftige Liebe gegen sie; umbfing sie deßwegen mit beyden Armen / küssete sie auff die Stirn /Mund und Wangen / und sagte: Versichert euch mein trauten Schwesterchen / daß ich euch unter meine allerliebsten und besten Freundiñen gesezt habe / achte daher dieses [28] ihr auffgetragenes Fürstentuhm viel geringer / als daß ich eure Gewogenheit solte meynen dadurch ersetzet zu habẽ. Ob wir dañ gleich nit möchten stets beyeinanderleben köñen / sollen unsere Herzen doch untrenlich beysammen bleiben. Darauff führete sie dieselbe vor Pharnabazus Bette / und mit gegebenen Ringen bestätigte sie diese Ehe / da Phraortes und andere gegenwärtige der Fürstin vor solches geschenkte Fürstentuhm sehr danketen / und den Verlobeten Glük und Heyl wünscheten. Ladisla setzete das gedoppelte Hochzeitfest auff den stebenden nach diesem Tage an / weil die Aerzte den Verwundeten auff solche Zeit völlige Gesundheit versprachen; und ob gleich Fr. Roxane ihre Entschuldigung einwendete / sie würde mit gebührlicher Kleidung so bald nicht fertig werden / mochte es doch nit helffen / weil Frl. Valiska mit zustimmete / sie wolte dem Parthischen Wüterich nicht länger zugefallen warten / damit seine annoch übrige Hoffnung er möchte sinken lassen /und sich ihrer Liebe begeben; so könten die nöhtigsten Kleider nochwol verfertiget werden; und wer weiß / sagte sie / woher uns noch Kleider von Gott bescheret werden / welcher uns unsere Bräutigam zugeführet hat. Bey der Mahlzeit ward Gobares Boßheit erzählet / nachgehends fragte die Fürstin Herrn Mazeus / ob sein alter Kriegsknecht Boges /und sein Schütze Batis noch im leben währen / möchte sie dieselben gerne sprechen. Fr. Roxane gab zur Antwort; der Schütze hätte gar untertähnig bey ihr umb eine Vorbitte bey ihrer Durchl. angehalten / das ihm sein Verbrechen gnädigst möchte vergeben werden / wie dann GroßFürst Herkules dessen gnädigste Verheissung getahn hätte. Warumb aber der alte Boges so inständig umb die mitreise nach Persepolis angesuchet / könte sie nicht wissen weil sie nicht gedacht / daß ihre Durchl. des unachtsamen Menschen einige Kundschaft gehabt hätte / und könten dieselben wol stündlich vorgefodert werden. Der Fürstin wahr hiezu sonderlich liebe / hieß den Alten zu erst herhohlen / welcher sich von seinem verdienten Solde zimlich gekleidet hatte. Als nun derselbe in den Saal trat /kennete sie ihn alsbald / und sagte zu ihm: Guter Freund Boges / eriñert ihr euch noch des mir ehemahls erteilten trostes / da ich den Adler fellete? Ja Durchl. Fräulein antwortete er / wann nur eure Durchl. ihrer damahligen Zusage sich annoch eriñern möchte. Warumb nicht? sagte sie / ich wil / wo ich kan / euch dessen ergetzen / dann ihr habt dazumahl meine traurige Seele auffgerichtet; darumb bittet nur von mir kühnlich / wie ihrs gerne haben woltet. Dieser fiel auff die Knie / und hielt an / ihre Gn. möchten bey seinem Herrn Mazeus ihm dz Tohrhüter Ampt auff seinem Schlosse loßbitten / welches ein ruhiger Dienst währe / der ihm als einem alten abgelebeten Knechte wol anstünde. Ach du fromme Einfalt / sagte sie mit verwunderung; gab ihm aber zur Antwort: Sie würde ihm hierin schwerlich dienen köñen / weil sie den jetzigen Tohrhüter nicht außstossen / noch dessen Seufzen wieder sich selbst reizen möchte; demnach würde er andeuten / ob nicht etwas bessers vor ihm währe; als wañ etwa ein statlicher Meierhoff / oder wolgelegene BaurenSchenke unter H. Mazeus loßfiele / wolte sie ihm darzu gerne behülflich seyn. Boges gab vor / er dürfte sich so weit nicht erkühnen; so gehörete auch eine Anlage darzu / die er nicht hätte /doch stellete ihrer Durchl. er alles heimb. Die Anwesende zulacheten sich seiner wol / aber Fr. Roxane /die seine Art wol wuste / schlug ihm vor / sie wolte ihn zum Obersten Auffseher über ihren Lustgarten setzen / und daß er den Arbeitern darinnẽ solte zubefehlen haben; wolte er dann einen jungen [29] Löun daneben zähmen (womit er wol umbzugehen wuste) solte zu seinem belieben stehen. Das ihr aber wegen gar zu grosser Mühe euch nicht zubefürchtẽ habt / sagte sie /so sol mein Gärtner alles vor euch verrichten / daß ihr nur des Abends zusehet / was im Garten gearbeitet sey; vielleicht vermacht euch dann dieses Königliche Fräulein noch wol einen Handpfennig über euren Jahrslohn den ich euch geben werde / uñ hiemit euch jährlich 100 Kronen verspreche nebest freier Speise und Trank vor euch und alle die euren / so gut es meines Gemahls ädle Leibdiener bekommen / denen ihr auch in Kleidern sollet gleich gehalten werden. Dieser fiel vor ihr nider / bedankete sich untertähnig / und gab vor / er bedürfte dabey weder Jahrgeld noch einen Handpfennig / weil sein Weib und sechs Kinder die Garten Arbeit könten helffen verrichten. Frl. Valiska hieß ihn auffstehen und befahl ihrem Timokles / er solte ihm eine Gutsche mit vier starken Pferden anspannen / und in zwo Laden 8000 Kronẽ darauff setzen lassen / nebest nöhtigen zehrungs Kosten / vor ihn seine Fuhrleute und sechs Reuter zur begleitung; darnach sagte sie zu Boges; zihet nun hin und tretet euer Ampt an / die jeztgenanten Kronen aber bringet euer Frauen und Kindern zur verehrung mit / und da ihr schier heut oder Morgen zu deren ehrlichen aufferzihung und außsteur ein mehres werdet benöhtiget seyn / wil ich das Fürstl. Fräulein Barsenen bitten / dz sie euch mit einem Ehrenpfennige zu hülffe komme. Ja mein Boges / sagte dieselbe / ich wil einem jeden von euren Kindern hiemit 1000 Kronen zu Heyrahtgeldern vermacht haben. Gar zu viel / gar zu viel /gnädiges Fräulein / antwortete er / ich habe schon mehr als mir nütze ist / uñ muß man aus einen Betler nicht einen Freiherrn machẽ / er möchte sonst hernach kein gut tuhn / welches mir und meinen Kindern leicht wiederfahren könte. Aber wie werde ich meinem Weibe so angenehm seyn; sie hat mir sonst allemahl vorgeworffen / daß sie mich ernähren müste; bedankete sich nachgehends untertähnig und fuhr frölich davon. Der Schütze Batis ging mit grosser furcht hinein / aber Frl. Valiska hieß ihn gutes muhts seyn; sie wolte ihm hernähst kein Geld mehr abgewinnen / und währe ihr lieb / daß ihr Oheim ihm alles wieder zu gestellet hätte; nur daß er zusähe / und ers nicht zum andernmahl verwettete; schenkete ihm auch 5000 Kronen / worzu ihm Pharnabazus ein Landgut versprach /dz er hernähst ruhige Tage haben solte. Es hatte aber Mazeus seinen zahmen Löuñ ihr mitgebracht / aber ihn noch nicht sehen lassen / den muste Batis herzuführen; welcher alsbald sich zu ihr hinbegab / und wie ein Hund sich an ihren Kleidern streichelte / dessen sie sich alle verwunderten. Sie kante ihn auch alsobald / und sagte zu Mazeus. Mein geliebter Herr und Freund; ich werde die Kühnheit nehmen / und euch um diesen Löuen begrüssen / wann ichs nur zuersetzen wüste. Er aber antwortete: Gn. Fräulein / ich habe ihn zu dem ende mit gebracht / wann ihrer Durchl. ich ihn bieten dürfte / meine sonst ja / es sey vielhundert tausendfach schon vergolten. Phraortes erinnerte Herrn Herkules seiner ehmaligẽ Zusage / und baht /die Assyrischen Völker / die sich auff 30000 zu Roß und 35000 zu Fuß erstrecketen / nebest seinem Medischen Heer 30000 Reuter und 20000 Fußknechte unter seine ungemässigte FeldHerschaft zunehmen. Artaxerxes trug imgleichen Herrn Ladisla die gesamten Hirkanischen Baktrianischen / Margianischen /Arischen und Drangianischen Völker auff / 58000 zu Pferde und 40000 zu Fusse; welches Ampt sie dergestalt auf sich nahmen / deß Herkules sich vor GroßFürst Phraortes; Ladisla vor Fürst Menapis in [30] Hirkanien Feldmarschalk halten wolten. Artaxerxes hatte sonst noch 18000 hin und wieder geworbene Reuter /welche er Fabius untergab; seine Persen aber 14000 zu Roß / uñ 46000 zu Fuß wolte er selbst führen. Pharnabazus ergänzete das Susianische Heer / das es 40000 Mann / halb Reuter / und halb Fußknechte /stark wahr. Arbianes fliegende Heer wahr auff 14000 Mann wieder ersetzet und Leches zum Feldmarschalk drüber verordnet. Hierzu die Teutschen Böhmen /Römer und Fabius selbst geworbene gerechnet / erstreckete dieses gesamte Volk sich auff 204000 Reuter / uñ 161000 Fußknechte / von welchen 6000 Schützen auff die 300 wol abgerichtete Elefanten gesetzet wurdẽ / deren Gebrauch in künftiger grossen Feldschlacht Herkules gerne abgewendet hätte / und doch damit nicht loßbracht / weil er sahe daß die Morgenländische Fürsten so viel darauff hielten. Nun hatte Artaxerxes bey einem reitenden Bohten nach Susa allen Verlauff wegen Gobares geschrieben / und daß Pharnabazus ihnen wiederumb zum Fürsten angewiesen währe / wodurch die Landstände hoch erfreuet wurden; dann sie wahren mit Gobares übel zufrieden /daß er so gar nicht auff des LandesWolfahrt achtete /sondern nur den Leibeslüsten uñ dem schändlichẽ Geize nachhing; santen vor dißmahl zwanzig ihres mittels / ansehnliche Herrn nach Persepolis / ihrem neuen FürstenGlük zu wünschẽ / welche auch einen grossen Schaz / aus eigenwilliger freigebigkeit zu sammengelegt / mit übernahmen. Fürstin Rhodogune Gobares Gemahl die ihm wegen seiner Unkeuscheit nicht sonderlich gewogen wahr / sagete öffentlich; die Götter hätten seinem Unwesen länger nicht zusehen können; ließ durch getreue Leute die Fürstliche Schazkammer besichtigen / zog nach Persepolis / lieferte Pharnabazus die Schlüssel und Rechnung des KammerSchatzes 170 Tonnen Goldes hoch / und baht umb ein Fürstliches Leibgedinge / weil sie an ihres Gemahls-Verbrechen unschuldig währe. Fürstin Valiska legete ihr wegen ihrer frömmigkeit grosse Gewogenheit zu / nam sich ihrer sehr an / und erhielt leicht / daß sie biß auff Pharnabazus Einzug zu Susa auff dem Fürstlichen Schlosse daselbst bleiben /nachgehends jährlich 25000 Kronen Unterhalt haben /uñ entweder nach belieben zu Susa verbleiben / oder ihr einen Ort zum Leibgedinge wählen solte. Frl. Barsene trug auff ihres Liebsten Begehren Frl. Valisken obgedachten Susianischen Ka erSchaz auff; bekam aber zur Antwort; es hätte die Meynung nicht / daß sie die Vogel außnehmen / und das ledige Nest ihr lassen wolte / es währe schon mehr als zuviel / daß sie Herrn Pharnabazus Erbieten wieder ihren Willen hätte müssen gelten lassen.
Artabanus Gesanter / H. Sysimithres eilete mit seiner Geselschaft auff abgewechselten Pferden zimlich fort / da er des Tages vor dem HochzeitFest zu Persepolis anlangete. Auff den Grenzen geriet er einer Persischen Schaar von 1000 Reutern in die Hände / die ihn sicher durchbrachten / da er alsbald bey unsern Helden und dem Fräulein ohn der Morgenländischen Fürsten Gegenwahrt gehör begehrete. Ladisla Meynung wahr / man solte ihn unverrichteter Sache abzihen lassen / aber Artaxerxes und Phraortes bahten /die Werbung anzunehmen / und den Gesanten bey dem HochzeitFeste zubehalten / daß er davon bericht tuhn / und des verliebeten Königs Gedanken abwenden könte / wann er sehen würde / daß er durch den Korb gefallen / und ein ander schon in voller niessung sässe. Die unsern liessen ihnen solches gefallen und machten sich samt dem Fräulein nach dem grossen Saal / [31] da die 300 Bömische ädelknaben auffwarten /und 500 Teutsche mit Schlachtschwertern haussen die Wache halten musten. Kleofis und das Bömische Frauenzimmer stunden in prächtiger Kleidung hinter dem Fräulein; Leches mit seinen vier Gefärten / auch Tyriotes und Gallus / hatten ihre glänzende Rüstung angelegt / die Helme auffgeschlagen / und die blossen Schwerter in Händen. Ladisla saß zur Rechten; Herkules zur Linken / uñ das Frl. in treflicher Zierde und grosser freundligkeit in der mitte. Als Sysimithres auff erfodern hinein trat / entsetzete er sich vor solchem Pracht / ließ der Fräulein Kleider / an der Zahl 43 mit allem zubehör / von Indianischer reiner Linnewad / geflicketen Schuhen und dergleichen sachen / in grossen mit Silber beschlagenen Laden nachtragen /und die Kleinot in einer weissen Helffenbeinen / mit Golde umblegeten grossen Schachtel / auff welcher eine kleinere stund / darinnen das neue Kleinot versiegelt wahr. Nach gebührlicher Begrüssung aller dreyen / wendete er sich zu dem Fräulein / neigete sich tieff vor ihr / und redete sie also an: Durchleuchtigstes /Großmächtigstes Königliches Fräulein; der grosse König Artabanus / Beherscher aller Morgenländer von dem Meer biß an den Ganges / entbeut euer Durchl. Königlichen Gruß und ergebene Liebe / sendet deroselben dieses eigenhändige Schreiben / nebest ihren hinterlassenẽ / Kleidern / Kleinotẽ / uñ einem neuen Kleinot; bittet / ihre Durchl. solches alles mit guter Gewogenheit annehmem / und seiner Königl. Hocheit schrifftliche genehme Antwort wiederfahren lassen wolle. Das Fräulein bedankete sich sehr / fragete nach seiner Hocheit wolergehen / und zeigete darüber ihre Genügenheit an; wendete sich hernach gegen Ladisla und Herkules / umb zuvernehmen / ob ihr erläubet währe / dz Schreiben mit beygefügten Sachen anzunehmen; und auff bewilligung brach sie es /und lase vor sich allein folgende Worte.
Der grosse König Artabanus erbeut dem Durchleuchtigsten Fräulein / Frl. Herkuliska / seiner Königlichen verlobeten Braut herzlichen Gruß und alle Gewogenheit /und verwundert sich höchlich / warumb dieselbe ihr gro sses Verlangen nach ihrem Herr Bruder und Oheim / ihm nicht angedeutet / daß er sie mit einer sicheren Begleitung von 200000 Mann hingesendet / und ihr diese gebührliche Ehre bezeiget hätte; jedoch weil ihrer Liebe gefällig gewesen / in schlechter stiller Geselschaft nur mit ihrem geträuen Diener Valikules (dem wir / wie er weis /mit Königlichen Gnaden gewogen sind) diese Reise auff sich zunehmen / haben wir solches keines weges tadeln wollen; nur tuht uns wehe / dz sie in gar zu unwirdiger Kleidung / wie gesagt wird / sol hingereiset seyn; welches / da wirs in erfahrung gebracht / haben wir nicht unterlassen sollen / ihr durch unsern Hoffmeister Bagophanes nachzufragen / welcher uns aber zur betrübten Zeitung gebracht / daß er eure Liebe nicht habe antreffen können / sondern von Feinden verrähterlich überfallen und geschlagen sey Daher wir Zeigern dieses / unsern lieben geträuen Sysimithres abfertigen / ihre Kleider und Kleinot /auch daneben noch ein absonderliches / alles zur bezeugung ungefärbeter Liebe / nachsenden / und dabey sie freundlich ersuchen wollen / auffdas ehiste mit ihrem freundlichen lieben H. Bruder und Oheim sich bey uns unwägerlich einzustellen / damit unser beschlossenes /und so münd als schriftlich bestätigtes Beylager (auff dessen Feyr Königlich zubereitet wird) könne gehalten / und euer Liebe die GroßKönigliche Kron auffgesetzet werden; und wie wir uns hierzu gänzlich verlassen / also verbleiben wir derselben zu ehelicher Liebe uñ Träue stets ergebener.
Artabanus.
So bald der Gesante die ganze Verlesung des Schreibens merkete / ließ er alle Sachen zu ihren Füssen niedersetzen / nur das einzelne Kleinot reichte er verschlossen über. Sie hingegen baht ihn / einen geringen Abtrit zunehmen / damit sie sich einer beständigen [32] Antwort erklären könte; ließ die ihrigen den Brief lesen / und kunten sich des kindischen Vornehmens nicht gnug verwundern. Sie liessen den Gesanten balt wieder fodern / welchen sie fragete / ob er etwan auch an ihren Herrn Bruder und Oheim einige Werbung hätte / könte er solche ablegen / und auff einmahl fügliche Antwort bekommen. Worauff er zu ihnen also anfing: Durchleuchtigste Fürsten / Hochberümte Helden; der unüberwindlichste König Artabanus entbeut euren Durchll. seinen Grus und Liebe /übersendet denen zugleich dieses Schreiben / und zweifelt nicht / sie als seine hochgeliebte Freunde /welche zu beleidigen er nie willens gewesen / auch nicht seyn wird / werden solches als ein unfehlbares Zeichen seiner guten Gewogenheit vermerken und auffnehmen. Seiner guten Gewogenheit? sagte Ladisla; gewißlich / Herr Gesanter / werdet ihr euch an uns irren; massen Artabanus euer König uns bißher nicht vor Freunde / sondern vor Leibeigene uñ Bettelbuben gehalten / die er als Hundejungen streichen zu lassen sich untersahen dürfen / dahin es aber wils Gott nimmermehr kommen sol. Dieser Rede nun wuste Sysimithres sich so verwundernd fremde zustellen / daß unsere Helden schier nicht wusten / wie sie mit ihm dran wahren. Ey ihr Durchll. Fürsten / sagte er / wie solte mein Allergnädigster König eine solche Untaht in den Sinn nehmen können / angesehen seiner hohen Vernunfft / und dz er mit euer Durchll. sich so nahe zuverschwägern gedenket? Meine gnädigste Herren wollen doch so ungleichen Argwohn von seiner Königl. Hocheit nicht schöpffen / ob gleich dessen Wiederwertige etwa falsche Brieffe oder ertichtete verleumdungen außsprengen würden / umb / eure Durchll. meinem grossen Könige abgeneigt zumachen / welcher trauen von euer vortrefligkeit viel zu hoch hält / wie ohn zweifel dieses Gnadenschreiben außführẽ wird. Herkules antwortete; Es müste uns sehr lieb seyn / wañ euer König solcher Schuld sich entbrechen / oder einiges Zeichen der Gewogenheit uns darlegen könte / da wir des wiedrigen seiner Leute Blut darstellen wollen / als unfehlbahre Zeichen. Zwar unter dem nahmen Valikules / nach welchem ich euch / Herr Sysimithres nicht werde unbekant seyn /habe ich mich über euren König nicht in allem zubeklagen; aber Herkules weis seiner guten zuneigung nichts rühmliches nachzusagen. Hier wuste nun dieser Fuchs abermahl seine Verwunderung darzustellen / ob Herkules und Valikules unter so ungleicher Gestalt ein einiger Mensch seyn solte; er aber wolte sich darüber mit ihm nicht zanken / sondern fragete / was Madates und andere Feldflüchtige ihm nachsageten. Welches er beantwortete; ihm wäre zwar vorkommen /daß etliche Parthische und Persische geringe Schaaren sich etwas gezauset / und beyderseits zimliche Schlappen davon getragen / daß aber ihre Durchll. solten mit eingemenget seyn / obs gleich von etlichen gesagt würde / könte mans doch nicht gläuben; und wüste er gewiß / daß wann seinem Könige vorkommen würde / dz etliche seiner Völker sich gegen sie feindlich bezeiget / müsten sie ohn alle Gnade es mit dem Halse bezahlen / weil des grossen Königes Gewogenheit gegen ihre Durchll. viel zu groß / und allen bekant währe. Gut Herr / sagte Ladisla / euch zugefallen wil ich etwas davon gläuben / aber gleichwol sonst nicht; nachdem meine Leute aus Charas mich weit ein anders berichten. Hieß ihn darauff ein wenig abtreten / so wolten sie das Schreiben verlesen / und sich auff eine Antwort bedenken. Sie funden aber diesen Inhalt.
Der grosse König Artabanus / entbeut dem gewaltigen Könige der Böhmen / Herrn Ladisla [33] und dem mächtigen GroßFürsten der Teutschen / Herrn Herkules / seinen geliebten Freunden / Söhne und Schwägern Glük und Heyl. O der elenden Schwägerschaft / sagte Herkules mit einem Gelächter / welche nur im einbilden bestehet /und nimmermehr zuwerke kan gerichtet werden. Sie lasen aber weiter:Wir können uns nicht gnug verwundern / aus was Ursachen meine Freunde ihre Fräulein Schwester und Wase / unsere versprochene GroßKönigl. Braut / lieber durch hohe Gefahr zu sich fodern lassen /als sie auff ihrem Königlichem Schlosse besuchen wollen / angesehẽ der hohen Begierde / die wir gegen euch tragen / nicht allein in eure Kundschaft zukommen / sondern euer wirdigkeit nach euch zu ehren. Lasset ja unsere Wiederwertigen euch von uns nicht einbilden / was in unsern Sinn niemahls gestiegen ist; stellet euch nur ungeseumet ein / auff daß wir unsere Begierden an euch ersättigen mögen (daß möchte uns wol zu scharff fallen /sagte Herkules /) sintemahl unser fester unbewäglicher Schluß ist / daß unser geliebten Fräulein Herrn Bruder der Nahme eines großmächtigen Königes in Persen / Assyrien und Susiana; ihrem Herrn Oheim aber der Nahme eines Königes in Meden / Hirkanien und Baktriana erblich sol erteilet und bestätiget werden / da sie nicht als unsere Schwäger oder Söhne / sondern wie Brüder in gleichmässiger Gewalt / Macht und Ehre / mit uns herschen sollen; wollen auch nicht ruhen / biß ihnen solche Königreiche durch unser Schwert gewonnen und eingeräumet / die Wiederspenstigen und unrechtmässigen Besitzer aber erschlagen und abgestraffet sind. Dessen versichert sie ihr ganz geneigter und steter Freund Artabanus.
Nach verlesung reichten sie es dem Fräulein hin /welche es durchsehend / mit einem höflichen Gelächter sagte: die Worte sind gut / sagte der Wolff / aber ich komme den Bauren nicht ins Dorff; merke gleichwol / wann mein Herkules mich / uñ ich ihn abtreten könte / dürften wir des ergangenen endlich nach verzeihung erhalten. Aber mein Herr Bruder Ladisla hat sich wegen dieser unmögligkeit am meisten zubeschwerẽ / weil ihm hiedurch der Nahme (freilich der Nahme und nichts mehr) eines mächtigen Königes in Persen entrücket wird; den er aber / wie ich weiß / lieber entrahten / als mit seiner lieben Freunde / GroßFürst Artaxerxes und anderer Schaden annehmen wil. Sie traten enge zusa en / und verglichen sich einer Antwort; und als Sysimithres wieder eingefodert wahr / gab ihm das Fräulein diesen Bescheid: Daß der grosse König Artabanus nicht allein freundlich an mich geschrieben / sondern mir auch meine Kleider und angehörige Sachen / nebest einem neuen Geschenk zugesand / daraus verspüre ich seine hohe Gewogenheit / werde es auch Zeit meines Lebens hochzurühmen wissen / und mich bemühen / daß seiner Königl. Hocheit Unglük und Gefahr ich abwenden helffe / und ihm alle Freundschaft / die ohn abbruch meiner Ehren kan geleistet werden erzeige; ein mehres wird mein gnädigster König / so lange er redlich ist / von mir nicht begehren / vielweniger fodern können. Weil aber Morgen alhie zwo Fürstliche Heyrahten sollen volzogen werden dafern Gott wil / und meine Herrn Brüder dabey seyn müssen / wird der Herr Gesanter eines Tages auffschub zur gebührlichen Antwort uns nicht verdenken / sondern als ein lieber und werter Gast sich mit dabey finden lassen / da ihm dann alle gebührliche Ehre geleistet werden sol. Sysimithres ließ sich dazu willig bereden / hoffend es würde alles nach seines Königes Willen gehen; baht aber sehr / es möchte dem Persischen und Medischen GroßFürsten der gelieferten Schreiben Inhalt vor seinem Abzuge nicht zu wissen getahn werden; welches ihm verheissen ward / und musten Tyriotes und Gallus ihm in seiner Herberge Geselschaft leisten / welche ihm allen Verlauff der geschehenen Entführung erzähleten. Sie aber gingen hin [34] nach der Fürstlichen Geselschaft /gaben den beyden GroßFürsten die Schreiben zu verlesen / welche sich deren gnug zulacheten; doch /sagte Artaxerxes / ist mirs lieb / daß er durch Schaden klug wird / und Tugend besser achten lernet; hoffe daher / er werde forthin seine KinderRuhten ins Feur werffen / und nach einem Säbel sich umbtuhn. Nach gehaltener Mahlzeit baht Frl. Valiska die GroßFürstin Saptina / samt Fr. Roxanen und Frl. Barsenen / mit ihr zugehen / und ihre Kleider helffen außzulegen / da sie zu Fr. Roxanen sagte: Geliebte Freundin / ihr beschweretet euch neulich wegẽ mangel der Kleidung zur Hochzeit / die uns Gott in gutem überflusse bescheret hat; und hätte mein Bräutigamb Artabanus mir dieselben zu mehr gelegener Zeit nicht schicken können; bekomme also mittel / meiner Freundin vor den Rok / welchen sie mir nach Charas vertraulich mit gab / einen andern zuzustellen. Des folgenden Tages putzeten die Hochzeiterinnen sich treflich aus; Frl. Valiska legte ihr schneweisses Kleid an / neben darzugehörigen Kleinoten / welches Artabanus ihr auff ihren Geburtstag verehret hatte; das neue überschikte Kleinot wahr ein Bruststük in gestalt einer Sonnen / die grosse Strahlen von sich warff / wann die rechte Sonne darauff schien; und dieses sagte sie /wolte sie an ihrem höchsten Ehrentage dem Könige Artabanus zugefallen tragen. Herkules bekleidete sich auch ganz weiß / und wolte Ladisla seiner Gewohnheit nach / ihm nicht ungleich seyn. Frl. Barsene muste von den Parthischẽ Kleidern ein grün Güldenstük / mit den schönsten Rubinen stark besetzet / anlegen / weil ihr Bräutigamb sich in solche Farbe gekleidet hatte. Als sie miteinandern nach dem grossen Saal gingen / liessen sie den Parthischen Gesanten / aller Ursach ungemeldet / fodern / welcher /da er alle Anwesende so treflich gekleidet / und Frl. Valisken neben Herkules in solcher Pracht sahe / sich dessen nicht wenig verwunderte; hatte doch niemand den er fragen durfte / sondern sahe / daß unsere Helden / und alle / so des Christlichen Glaubens wahren /in ein Nebengemach traten / biß Pharnabazus mit seinem Fräulein nach Heidnischem Gebrauch getrauet wahr; hernach sich in voriger Ordnung einstelleten /und Herkules die Anwesenden also anredete: Großmächtige / Durchleuchtige / Wolgebohrne / auch ädle / hochwerte Herren / Freunde und Freundinnen; nachdem der grosse Gott Himmels und Erden mir unwirdigen mit so grosser Gnade erschienen / daß ich das Durchleuchtigste Fräulein / Frl. Valisken / gebohrnes Königliches Fräulein aus Böhmen / aus dem fest verwahreten Schlosse ihrer Gefängnis zu Charas erlöset /und aber schon über drey Jahr mit derselben ehelich versprochen bin / als ist mein jetziger Vorsaz und Wille / auff teils eingehohlete / teils gegenwärtige Bewilligung ihrer Fr. Mutter / der Großmächtigsten Königin in Böhmen / und ihres Herrn Bruders / des auch Großmächtigsten Königes daselbst / heut diesen Tag mein hochzeitliches EhrenFest anzustellen / und solche unsere Ehe nach Gebrauch unsers Glaubens durch einen Lehrer oder geistlichen Vater einsegnen zu lassen / damit ich dem Parther Könige Artabanus in der Taht zeigen möge / daß er unbilliger weise dasselbe besitzen wolle / welches keinem Menschen in dieser Welt / als allein mir / mit rechte zustehet; und er also dereins ablassen möge einem Gemahl nachzutrachten / die einem andern schon vermählet ist. Wann ich aber dieses alte Recht zu meiner längst versprochenẽ Frl. Braut nicht hätte / und König Artabanus nicht als ein Gewaltähtiger / sondern als ein höflicher König sie vor erst würde in freien Stand eingesetzet / und nachgehends ihrer [35] Frau Mutter und anderer Blutverwanten Bewilligung gebührlich gesucht haben / solte er von mir unverdrungen blieben seyn. Weil er aber mit Gewalt verfuhr / das Fräulein in eine Gefängnis versperrete / und uns durch Schreiben gebieten wolte / seine Heyraht gutzuheissen / ja ihn noch wol mit einem Fußfalle zu bitten / daß er sie ehelichen möchte / auch überdaß / wie gesagt / mein Anspruch zu diesem Schatze viel zu groß wahr / hat man sich an dieser Seite billich bemühet / eine unschuldig Gefangene loßzuwirken / damit sie nicht in Laster und Ehebruch gerahten / sondern ihrem verlobeten Bräutigamb ungekränket zugeführet werden möchte. Dieses / Herr Gesanter / werdet ihr eurem Könige zur Antwort überbringen / und ihm die lautere Unmögligkeit seines ansuchens darlegen / dessen er nach diesem müssig zugehen / sich wol besinnen wird / wo er sonst nicht seinen Wiz und Verstand gefressen hat. Was seine entschuldigung betrift / daß er meinem Bruder /Könige Ladisla und mir / stets wil gewogen gewest seyn / und nie keinen Schimpf zugelegt haben / möchten wir vielleicht vor ein Zeichen seiner bereuung außlegen / wans ihm ernstlich währe / aber aus dem Sinne wird er uns nicht schwetzen / was durch so vieler außsage mitten in der Geisselung beständig bejahet ist / ja mit so viel vergossenem Blute versiegelt. Wir wollen aber / wann wir eures Königes beständige Freundschaft weiter erfahren / alles Schimpfs und Hohns vergessen / und zwischen ihm und seinen Fürsten uns als Mitler gebrauchen lassen / daß er derselben Freundschaft weiter geniessen könne / und nicht Ursach habe / neue Persische und Medische Könige zuwählen / worauff er vielleicht schon möchte bedacht seyn. Als er zu reden auffgehöret / fing Frl. Valiska an: Ja Durchleuchtigster GroßFürst Herkules; ich gestehe vor dieser HochFürstlichen / auch sonst ansehnlichen Geselschafft / daß euer Liebe ich von solcher zeither verbunden bin / auch nie kein mahl anders gesinnet gewesen / als euer Liebe meine schuldigkeit zu liefern / oder einer andern getzwungen Heyraht (die nicht anders als ein Ehebruch seyn können) durch einen ehrlichen Tod vorzuko en. Zwar König Artabanus hat mich genöhtiget / ihm die Ehe zuversprechen / aber weil es wieder Recht und billigkeit /auch wieder meinen Willen und aus Zwang geschehen / wird ein jeder redlicher Mensch mich davon loß und frey sprechen; ja König Artabanus selbst kan mir nichts anhaben / in betrachtung / daß er wieder Hand und Siegel gehandelt / und vor außgang der bestimmeten Wochen bey mir angesuchet hat. So danke ich nun billich dem allerhöchsten Gott / daß er meinem versprochenen Bräutigam das Glük verlihen hat /mich loß zu machen / welches nicht weniger Könige Artabanus als mir selbst lieb sein sol; gestaltsam mein ganzes vornehmen / im fall ich ihm hätte zugeführet werden sollen / auf seinem / oder ja unser beyder Tode bestund / so das mit einem Messer / welches ich in meinem Luftweher verborgen trug / ich ihm das Herz im Leibe wolte gesucht haben / wann er mich hätte berühren wollen / was mir gleich drüber begegnet währe. So saget nun / Herr Sysimithres / dieses alles eurem Könige / und daß ich einen Abscheuh und Greuel an ihm habe / als lange er mich zu seinem unkeuschen Willen suchet; saget ihm / er möge sich an seines Sohns Gotarzes Unfal spiegeln / dem ich mich / währe ich unversaget gewesen / viel lieber als dem Vater gegönnet hätte; aber er muste durch diese Hand am Leben gestrafft werden / als er mir ungebührliche Sachen anmuhtete / wie König Artabanus wol weiß /ob ers gleich keinen Menschen wissen lässet. Kurz davon zu reden / ihr sehet / Herr Gesanter [36] daß eures Königes Heyraht mit Valisken oder Herkulisken nur in blosser Einbildung bestehe / weil ich ihrer zween nicht auff einmahl freien kan. Dieser hatte bißher als ein Verwirreter zugehöret / sahe daß er recht genarret wahr / da man ihn / andere zunarren außgeschikt hatte; auch daß seines Königes Hoffnung gar im Brunnen lag / und wuste nicht / wie ers best angreiffen solte. Er hatte den an Fürst Herkules absonderlichen Brieff noch bey sich / sahe aber wol / daß er ihn wieder muste zurük tragen; endlich fassete er ein Herz / und stellete eine Frage an: Ob nicht zuerhalten stünde / daß die Vermählung biß dahin aufgeschoben würde / und er mit schnellen Pferden seinem Könige solches hinterbrächte; dessen Herkules lachete / und zur Antwort gab: GuterFreund; hiemit würde so wenig eurem Könige als mir gedienet seyn; dann vor erst höret ihr ja / daß das Fräulein lieber sterben als ihn ehelichen wolle; hernach versichere ich euch /wañ euer König mir gleich seine Herschaft abtreten /und Indien darzu schaffen könte / gäbe ich ihm doch diesen Schaz nicht drumb. Ladisla kunte sich nicht wol mässigen / und fing an: Höret Sysimithres; wañ ich wissen solte / oder einige furcht hätte / dz Artabanus (der durch sein falsches auf Schrauben gesetzetes Schreiben mich ja so hoch / als durch den Ruhten-Schimpff beleidiget) meiner Frl. Schwester teilhaftig werden solte / wolte ich gleich diese Stunde mein Schwert durch ihr Herz stossen / umb daß sie nicht selbst Mörderin an ihrem Leibe werden dürffte; diesem meinem Bruder / dem GroßFürsten aus Teutschland wolte ich sie lieber zur Leibeigenen / als eurem Wüterich zum herschenden Gemahl geben; dann wir unsers Orts sehen im Heyrahten nicht auff äusserliche Macht / sondern auff Tugend / deren euer König so nottürfftig ist / daß andere Fürsten sich schämẽ / von ihm einigen Befehl mehr anzunehmen. Ist er dann mit dieser Heyraht nicht zufrieden / ungeachtet er ja nicht die allergeringste befugete Ursach der Einsprache hat / so lasse er uns nur wissen / was er dagegen vorzunehmen willens sey / alsdann sol er uns ohn Antwort nicht finden / er begehre sie gleich Münd- oder Schrift- oder Ritterlich. Foderte hiemit den Christlichen Lehrer herzu / welcher die Vermählung in Sysimithres beywesen verrichtete. Bey dem Hochzeitmahl ward derselbe als ein Königlicher Gesanter gar oben angesetzet / und beyde Fürstliche Bräute ihm zur Seiten; da unsere Helden und Pharnabazus sich gnug freundlich gegen ihn stelleten / aber Artaxerxes und Phraortes tahten / als ob sie ihn nicht sähen; liessen sich doch keines unwillens merken / und hatten allerhand unterredungen von außländischen Sachen. Den Tanz fing Ladisla mit seiner Frl. Schwester an / führete sie hernach seinem Herkules zu / der sie dem Gesanten brachte / zu welchem sie sagete: Jezt wil ich mir einbilden / als tanzete ich mit meinem allergnädigsten Könige / als dessen Hocheit ich / ausserhalb ehelicher Liebe / von Herzen gewogen bin / weil er dannoch auff mein heftiges ansuchen sich zur Zucht und mässigkeit hat anweisen lassen / daß ich Gott Lob / meine jüngfräuliche Ehre vor ihm erhalten; möchte wünschen / daß er sich meiner begeben könte / wie er dann nunmehr wol tuhn wird. Ihr seid des verstandes / mein Herr / daß ihr ihm sein blindes Vornehmen wol außreden werdet / damit er durch diese Unbedachtsamkeit sich nicht gar ins Verderben stürze / welches ich ihm nicht gönnen wolte. Sysimithres wünschete dieses selbst / sagete / er wolte hoffen /sein König würde sich finden / wann ihn nur der Spot nicht zu sehr höhnete / daß seine vermeinete Braut bey seinen ärgsten Feinden dem Persen und Meden auffgehalten [37] und verehelichet würde / die hernähst ohn zweifel dessen schwere Straffe zugewarten hätte; sein König Artabanus währe von solcher Macht / daß der Römische Käyser sich vor ihm fürchten müste /daher er seinen Lehnträgern solche bespottung nicht zu gute halten würde. Das Fräulein antwortete ihm: Sie hätte der Fürsten Sache wieder den König nicht zu verfechten / nur dieses möchte er wol wissen / daß die Parthen finden würden was sie wol nicht sucheten; und wañ diesen Fürsten wegen ihrer Heiraht solte zugesetzet werden / dürften wol ihr Bräutigam und Bruder so bald noch nicht räumen / die sonst ehisten Abscheid zunehmen gesinnet währen. Der Gesante wolte sich weiter nicht einlassen / sondern hielt an umb Morgenden Abschied uñ schriftliche Antwort / welches sie ihm zu werben verhieß. Am späten Abend wurden beyde FürstlicheBräute ihren Gemahlen zugeführet / ungeachtet die Böhmische wol der kühnheit gewesen währe / ohn begleitung zu ihrem Herkules zugehen; wie dann ihr Bruder sie damit auffzohe / und sie es mit dem wunsche beantwortete / daß sie nur bald zu Padua anlangen möchten. Libussa hatte Frl. Klaren aus Teutschland Brustbildichen / eines guten Tahlers breit / sehr wol gemahlet / und mit dero untergezeichnetem Nahmen / von ihr zum Gedächtnis empfangen / welches sie diesen Abend ohn gefehr fallen ließ / und von Arbianes gefunden ward / der aus dem Nahmen sahe / wessen Bilde es wahr / und verliebete sich dergestalt daran / daß man ihn nachdem eine zeitlang nicht frölich sahe. Des folgenden Morgens gab man Sysimithres abscheid / und keine fernere Antwort / als einen schriftlichen Beweiß / daß er zwey Schreiben an gehörigen Ort wol eingeliefert / und darauff mündliche Antwort empfangen hätte / welche er seinem Könige / vermöge seiner Pflicht wol anzeigen würde. Fürstin Valiska aber schikte dem Gesanten bey Kleofis eine trefliche güldene Kette zur verehrung / die er mit dank añam / uñ ihrer Durchl. dabey zugedenken sich erboht. Tyriotes hatte sich in Fr. Valisken Kammerjungfer Amestris verliebet / welches er Leches zuverstehen gab / der ihm so wol zu hülffe kam /daß sie ihm des dritten Tages hernach beygelegt ward; und weil er sich schon etlichemahl im gefechte wieder die Feinde rühmlich verhalten hatte / schenkete ihm Pharnabazus eine freie Herrschaft in Susiana / und gab ihm 6000 Reuter zuführen / die er so wol abrichtete / daß unter allen Susianern ihres gleichen nicht wahr. Also lebeten sie alle miteinander / Herr und Knecht / in täglicher fröligkeit / ohn der elende Orsillos muste sich immerfort mit schweren Ketten schleppen / und die unflätigste Arbeit bey sehr geringer Speise verrichtẽ / wobey ihm täglich die Peitsche gegeben ward / und ihm noch das unerträglichste wahr /daß er nicht eins um erleichterung anhalten durfte /biß endlich des dritten Tages in dem Hochzeitfeste /als er den Köchen Holz spaltete / Libussa ihn ersahe /und durch Timokles forschete / was vor ein Mensch er währe; welchem er sein Unglük zuerkennen gab / und sehr kläglich baht / ihm ein untertähnigstes Bitte-Schreiben an die junge GroßFürstin Valiska auffzusetzen / daß sie vor ihn bey seinem Herrn Fabius umb linderung der Straffe / oder da es möglich / umb vorige Freyheit gnädigste Vorbitte tuhn möchte. Libussa wahr ohndaß mitleidig / übergab solches Schreiben ihrer Gn. Frauen bey der Mahlzeit / welche es öffnete / und folgenden Inhalt lase:
Ich der ehmahls verwägene / nun eine Zeit her hart büssende / und mit Ketten schwer beladene Orsillos /falle vor der höchstberühmeten Barmherzigkeit der Durchleuchtigsten GroßFürstin Frau [38] Valiska in tieffester reue meiner groben Sünden nider / und bitte alleruntertähnigst / dieselbe wolle lauter umb Gottes willen mein Elend allergnädigst ansehen / und bey meinem ungnädigen hocherzürneten Herrn / Herrn Fabius / durch ihre kräftige Vorbitte mir allerelendesten Menschen zu hülffe kommen / damit dessen harter Zorn möge gelindert / und ich der schweren Ketten erlassen werden / weil seiner Gnaden ja mit meinen unnützen Diensten nicht gedienet ist / und ich meine begangene Boßheit nicht / als durch anzeigung eines herzlichen wehleidens büssen oder ersetzen kan. Dieses wird der Himmel selbst eurer Durchl. vergelten / und ich wil solche Hochfürstliche Woltaht Zeit meines Lebens zu rühmen unvergessen seyn.
Die GroßFürstin wuste nicht / was dieser arme Sünder verbrochen hatte / wolte auch gegen Fabius dessen ehe nicht gedenken / biß sie von Timokles völligen bericht einnam; worauff sie zu Fabius sagete: Hochwerter Herr Bruder / wann ichs wagen dürfte /etwas an seine Liebe zubegehren / daß vielleicht ein ander nicht erhalten würde / wolte ich derselben meine Kühnheit / deren in solchen fällen ich mich zugebrauchen weiß / wol sehen lassen. Er gab ihr zur Antwort: Durchl. GroßFürstin; ihre Gn. wollẽ / bitte ich sehr ihrem Knechte befehlen / alles was in seinem geringen Vermögen seyn wird. Hier ist kein befehlen /sagte sie / nur allein versuche ich bey meinem H. Bruder / einige Vorbitte vor einen bußfertigen armen Sünder einzulegen / dem sein Verbrechen herzlich leid ist / und sich zur besserung anerbeut. O Bube Bube! sagte Fabius so bistu mir gleichwol noch zu schlauh / und wer hat dir diesen Raht gegeben? Zwar Durchl. GroßFürstin / wann ich der Schelmen eine Welt vol hätte / müsten sie ihrer Durchl. alle geschenket seyn / ungeachtet ich von ihm dasselbe erlitten /was zuerzählen ich mich schämen mus / und vor diesem mir wol nie einbilden können / daß mir solches zuerdulden möglich währe; jedoch bitte ich dienstlich ihre Durchl. wolle ihn in seiner jetzigen Gestalt herruffen lassen. Timokles hohlete ihn / mit vertröstung /er solte gutes Muhts seyn / seine Sache könte noch wol gut werden / und besser als er je gemeinet. Als er in den herlichen Saal mit seinen Ketten trat / taht er einen demühtigen Fußfall / daß ihm die Augen übergingen / und er vor herzleid kein Wort sprechen kunte; dann es wahr ihm der begangene frevel von Herzenleid. Fr. Valiska mochte sein Elend kaum ansehen / und Fabius selbst hielt davor / er hätte vor die ihm fünff Wochen lang angelegte Unbarmherzigkeit nunmehr fast außgebüsset; rieff ihm zu / vor den Tisch zutreten / und sagete: Orsillos / gedenkestu einige Gnade zuerhalten / so erzähle alles groß und klein / was vor Arbeit / Schmach und Streiche du mir auffgelegt hast. Dieser baht umb gnädigste Erlassung; es währe ihm unmöglich / ohn Trähnen an seine Sünde zugedenken / und würde ihm das Herz zerspringen / wann ers noch erzählen / und seinen Gn. Herrn so hoch beschimpfen solte. GroßFürstin Valiska ließ ihm ein zimliches Glaß mit Wein reichen /wodurch er etwas kühner ward / und er alles von Anfang biß zum Ende erzählete / jedoch von Kleon als von einem dritten und abwesenden redete. Als nun Fabius darauff den Anwesenden zuvernehmen gab /daß er selbst der Kleon währe; sagte Artaxerxes; so viel deine Beichte meldet / Orsillos / hättestu vorlängst am Kreuze büssen sollen / und hat dein ehmahliger Fürst nie keine löblichere Taht verrichtet / als daß er dich zum Leibeigenen gemacht hat. Ja / sagte GroßFürstin Valiska / er hats grob genug gehechelt; jedoch wann er mir einen gnugsamen Bürgen schaffen kan / daß er hernähst from werden / und solcher Boßheit feind seyn und bleiben wolle / hoffe ich ihm noch wol Gnade zuerwerben. Der arme Tropf [39] begunte ein Herz zufassen / sahe wol daß der Bürge aus scherz begehret ward / und gab zur Antwort: Allervortreflichste GroßFürstin; ich bin viel zu unwirdig / daß ihre Durchl. vor mich unwirdigen Sünder ein Wörtlein verlieren / oder anwenden sol; würde mich dessen auch ni ermehr unterstanden haben / dieselbe darumb zuersuchen / wañ nicht die äusserste Noht mich gedränget hätte; nachdem ich aber mich nicht erkühnen darff / solche Herren der Welt / alhie versamlet /umb Bürgschaft zubegrüssen / und geringere Leute /inbetrachtung ihrer Hocheit / es schwerlich verrichten können; als wil vor erst diese Ketten euer Durchl. ich verbürgen / mit dem freien erbieten / dafern mich hernähst einiger Mensch neuer übeltaht wird überzeugen können / ich nicht allein aller Menschen / sondern auch der Götter Gunst und Gnade mich auff ewig verzeihen wil; und wann mein Gn. Herr Fabius / des gehorsamster und ergebenster Knecht ich die übrige Zeit meines Lebens seyn und verbleiben wil / diese Bürgschaft über sich nehmen wolte / hätte dessen Gn. sich ja keiner Gefahr zubesorgen / inbetrachtung / dz mir der Kitzel dergestalt / wiewol recht nach meinem Verdienst vertrieben ist / daß ich mich davor nach diesem wol hüten werde; worauff er bitterlich anfing zu Weinen / daß die Trähnen von ihm auff die Erde fielen /und Fabius dadurch dergestalt gerühret ward / daß er zu ihm sagete: Stehe auff Orsillos / ich wil aller Schmach vergessen / und den Zorn wegwerffen / kan demnach wol leiden / daß die Durchl. GroßFürstin dich deiner Ketten benehme / und dich in vorige Freyheit setze. Der GroßFürstin stunden vor mitleiden die Trähnen in den Augen / uñ sagte zu diesem elenden Menschen; guter Mann / euer Unglük ist euch sehr heilsam gewesen / und eine kräftige Arzney / die Boßheit von euch außzutreiben / derẽ ihr vor diesem seid ergeben gewest; so denket nun stets an diese Gnade /welche euer Gn. Herr / H. Fabius euch jetzo erzeiget /in dem er alle eure grobe Beleidigung euch vergeben /und in vorige Freyheit euch wieder hingestellet hat. Also hatte dieser Unglükselige hiemit sein Elend überstanden / uñ erteilete ihm Fürst Pharnabazus einen Freybrieff / wurden ihm auch von den Anwesenden Fürsten und KriegsObersten in die 800 Kronen geschenket / da ihm Fabius überdaß ein Pferd und gutes Kleid gab / und ihn nach seinem GeburtsFlecken auff sein voriges Erbgut hinzihen ließ. Als er daselbst wolgeputzet ankam / hatte er sich doch in dieser kurzen Zeit so verendert / daß ihn weder die Nachbarn noch sein eigen Weib kennete; und wie er sich kund gab / wahren alsbald etliche / die sich nach Frau Statiren macheten / ihr seine Ankunft anzumelden /wie sie kurz nach seiner Flucht hatte bestellet; da sie alsbald neun Reuter nach ihm schickete ihn zu fahen /aber er trat vor die Obrigkeit des Flecken / zeigete seinen Freybrieff / und begehrete Schuz wieder Gewalt / welcher ihm auch geleistet ward / da er sich gegen die Abgeschickten erboht / freywillig mit ihnen zureiten. So bald er auff Nabarzanes Schloß kam /und die Frau ihn ins Gesicht fassete / befahl sie ihrem Gesinde / ihn vom Pferde zureissen und am Pranger zu tode zustreichen. Er aber gab ihr diese beherzte Antwort: Gn. Frau / haltet ein / ich gestehe euch durchaus keiner Oberbotmässigkeit / nachdem ich nie euer Gn. Leibeigener gewesen / und nunmehr von meinem Gn. Herrn Kleon allerdinge frey gesprochen bin. Was? rieff sie mit frölicher Stimme / lebet dann mein Kleon noch? Er aber blieb in seiner Erzählung /und sagte: Ja von dem Durchleuchtigen Römischen Herrn / welcher den unkeuschen verfluchten Verrähter und Fräulein-Räuber / den unseligen Fürsten Gobares [40] mit seiner Hand gefangen genommen / und nebest anderen grossen Herren zum Tode verdammet hat / wie ich solches mit meinen Augen angesehen / und in meinen damahligen Ketten nicht zehn Schritte davon gestanden bin / da ihm der Diebshenker anfangs seinen schnöden Leib auff der Folter zerrete / uñ ihm hernach den Schedel herunter schlug / welches ihm noch zur sonderlichen Gnade wiederfuhr / weil er das Kreuz billicher hätte bekleiden sollen. So begeben sich demnach eure Gn. dieses vorhabens / und ehren diesen Freybrieff / welchen euer und mein jetziger gnädigster LandsFürst / Herr Pharnabazus mir erteilet / als welcher meines gnädigen Herrn Kleons vertraueter brüderlicher Freund ist. Statira lase den Brieff /und gab ihm zur Antwort: Nachdem euer Herr Kleon euch das Verbrechen verzihen / habe ich mit euch im unguten nicht zu tuhn / sondern wünsche euch Glük zu eurem Wolstande. Nabarzanes stund dabey als ein träumender / und sagte zu seinem Gemahl: Wie / lebet dann Kleon gleichwol noch / und ihr habt mir ihn so gewiß Tod gesagt? so wird ja niemand als er selbst mich im Bette so elendig zugerichtet haben? Was weis ichs so eigen? antwortete sie; und wie hätte er bey schlaffender Nacht auff unsere versperrete Kammer kommen können? es wird etwa sein Engel gewesen seyn / welcher den Frevel an euch nicht hat wollen ungerochen lassen. Ist er aber ein so gewaltiger Herr /und unsers neuen Fürsten gleimässiger Freund / so seid ja bald darauff bedacht / wie ihr Gnade und verzeihung eures verbrechens bey ihm erlanget; Ich vor mich habe ein gutes Gewissen / daß ich ihn nicht beleidiget / sondern mehr als keinen Menschen in dieser Welt geliebet habe / wie dann seine Tugend ein solches wolverdienet. Ihr aber Orsillos / komt / ihr solt zur anzeige meiner guten Gewogenheit mit uns zu Tische gehen; gedenket des geschehenen nicht weiter und versichert euch / daß eure damahlige Geisselung von eurem H. Kleon selbst bestellet / und durch jenes Fenster angesehen ward. Alles Gesinde verwunderte sich dieser Verenderung / und daß Orsillos mit ihrer Frauen Mahlzeit hielt / welcher nach auffgehobenen Speisen den ganzen Verlauff mit Gobares erzählen muste / und kunte sie nicht unterlassen den Unfall zubeweinen / wovon sie doch bald abbrach / und nach Kleons Wesen fragete; Welches er alles meldete / und daß er mit seinem rechten Nahmen nicht Kleon / sondern Fabius hiesse / währe ein Hochädler Herr aus Rom / und des Römischen Stathalters zu Padua einiger Sohn / ein Römischer Rahts Herr / und Obrister über eine Legion Römisches KriegesVolk / dem sein H. Vater neulich 6000 Römische Reuter zugeschikt /die ihm auffwarten müsten; hätte auch Gobares Heer geschlagen / ihn selbst gefangen / und das geraubete Königl. Fräulein / deren an Schönheit / Waffenserfahrenheit / freudlichkeit / Tugend und frömmigkeit in der ganzen Welt kein Mensch gleichete / erlöset; und eben diese GroßFürstin / sagte er / hat durch ihre kräfftige Vorbitte mir Gnade und freyheit erworben /da ich sonst Zeit meines Lebens in schweren Ketten hätte müssen zubringen. Ist dann dieses Fräulein etwa seine Liebste? fragte Statira. O nein / antwortete er: Sie ehret ihn zwar hoch / aber er wartet ihr auff als ein Diener. Es ist aber ein ander Hr. GroßFürst Herkules / deßgleichen durchaus nicht zufinden ist; alle Fürsten ehren ihn; unser Fürst Pharnabazus stehet ihm zudienste / uñ ist fast gleicher Schönheit mit dem höchstgedachten Fräulein / ein Herr / dem die ersten Haar des Barts kaum anzumerken sind / uñ hat doch den Preiß /das sein Schwert unüberwindlich sey; dieser hat vor wenig Tagen [41] Beylager mit diesem Königl. Fräulein gehalten; deren Herr Bruder ist auch daselbst / ein herschender König in Böhmen / dem 300 ädelknaben auffwarten; derselbe sol Herrn Fabius meines Gn. Herrn einige Schwester zum Königlichen Gemahl haben / woraus leicht abzunehmen / was vor ein vornehmer Herr der errichtete Kleon seyn müsse. Pfui ihr blinder unverständiger Mensch / sagte Statira hierauff zu Nabarzanes; kuntet ihr euch daß von mir nicht einbilden lassen / daß Kleon mehr als ihr und eures gleichen währe? alle seine Geberden gabens an den Tag; und was hätte ich sonst vor Ursach gehabt / ihn zu ehren und zulieben? Dieser wuste nicht / wo er vor Furcht und Angst bleiben solte / dann er meynete /Kleon währe schon vor dem Tohr / ihn zuerwürgen /und sein Gemahl zu Heirahten; baht sie demnach inständig / ihm Gnade bey Kleon zuerwerben / dem er herzlich gerne abtrag machen / und ihm alles abtreten wolte / wañ er nur das blosse Leben davon brächte. Aber zu seinem sonderlichen Troste hörete er / daß Fabius schon geheyrahtet / und neulich von seinem Gemahl Schreiben gehabt hätte. Statira stellete sich gleichwol / als wüste sie wenig Raht / und taht den Vorschlag / er solte 12 ReitRosse / die Kleon selbst abgerichtet / mit dem allerbesten Zeuge belegen / ihm dabey vor etliche tausend Kronen Kleinot schickẽ /und selbst mitzihen / ob er verzeihung erhalten / und in ruhiger besitzung seiner Herschaft uñ geschenketen Güter bleiben könte; welches alles er gerne einwilligte / ohn daß er baht / sie möchte an seine stat die Reise auff sich nehmen / weil sie alles viel leichter erhalten würde; wozu sie sich dann nicht lange hätte bitten lassen / wann nicht ihr Gewissen der begangenen Leichtfertigkeit sie bezichtiget / daß sie durch die äusserste bedräuung ihn zu ihrer Liebe gezwungen hätte. Hierzu kam / daß er weder münd- noch schrifftlich sie grüssen ließ / welches aber Fabius gereuete /und ihm erst des andern tages nach Orsillos Abzuge einfiel; Sie hielt demnach vors beste / es dißmahl mit einem Schreiben zuverrichten; schenkete Orsillos 80 Kronen / und baht ihn / ihretwegen nach Persepolis zureisen / uñ ihren Dienern Gesellschaft zuleisten; als er sich nun darzu willig finden ließ / setzete sie folgenden Brieff auff.
Dem Durchleuchtigen Römischen Herrn / Herrn Fabius / entbeut Statira herzlichen Gruß und bereitwilligsten Gehorsam; Durchleuchtiger Herr; es beklaget mein Gemahl mit mir / die grobe Blindheit unser Vernunft an /daß ihrer Gn. Vortrefligkeit wir unter dem ertichteten Nahmen / oder vielmehr unter dem durch Unglük auffgelegten Deckel der Knechtschaft / nicht haben erkennen können / da dieselbe doch so klar hervor leuchtete / daß die unverständigsten sie mit Händen hätte greiffen mögen. Aber ungleich tieffer gehet uns zu Herzen / die grosse Unbilligkeit / euer Durchl. von uns / wiewol aus unterschiedlichen bewägungen angelegt / welche zu büssen wir so willig als schuldig sind / wann nur einiges Vermögen da währe. Mein Herr / bitte ich demühtig / wolle meinem Gemahl seinẽ Unverstand / und mir die hefftigkeit aus ergebener Seele entsprossen / gnädig über sehen /und diese groben Fehler mit dem Mantel seiner hohen Vernunft und Güte zudecken / da sonst ihre Durchl. einige Begierde / die Errettung ihres Lebens betreffend / an mir gespüret. Wir stellen unsere Wolfahrt zu euer Durchl. gnädiger anordnung / und bitten untertähnig / dieselbe wolle bey unserm Gn. Fürsten uñ Herrn / Herrn Pharnabazus uns in Gnade und Gewogenheit bringen / daß wir in Besitz- und Niessung unser Güter ohn verunruhet mögen geschützet werden; übersenden euer Gn. die von ihr selbst abgerichteten Pferde / und etliche geringe Sachen dabey / mit bitte / solches von uns anzunehmen; erkennen uns zwar schuldig / unser Verbrechen selbst mündlich abzubitten; weil aber wir nicht wissen / ob ihre Gn. unsere Gegenwart erleiden könne / sind wir biß dahin alle Stunden bereit und willig derselben untertähnig auffzuwarten / und dessen gnädige verzeihung zusuchen /wessen Mund und Feder [42] zugedenken sich scheuet; befehle eure Durchl. dem Schuz aller Götter / verbleibend / als lange ich lebe / deroselben zu dienst ergebene / und ge horsame Statira.
Die Botschaft ward auffs schleunigste fortgesand /und erwartete Statira mit höchstem verlangen / was vor Antwort sie von ihrem lieben Kleon bekommen würde. Es trug sich aber des folgenden Tages ein kläglicher Fall zu / dz der gute Nabarzanes auff der Hirschjagt von einem grimmigen Löuen unvermuhtlich überfallen / und in stücken zurissen ward / worüber sein Gemahl sich anfangs zwar entsetzete / aber weil sie schlechte Liebe zu ihm trug / sich bald zufrieden gab / und ihm eine ehrliche Leichbegängnis mit zimlichen Kosten außrichtete.
Zu Persepolis hatte man acht Tage in freuden gelebet / nach deren Endung man sich des Krieges nach äusserstem Vermögen annam / und wurden die Völker ihren FeldHerren / wie oben gemeldet / angewiesen /denen sie gleich so wol / als der Fürstlichen Verbündnis schwören musten. Herkules sahe vor gut an / daß man mit dem Feldzuge eilete / damit der Feind nicht auff Persischem Boden festen Fuß setzete / welches ohn gänzliche verderbung des Landes nicht geschehen würde / und währe nicht besser Kriegen / als wann man die Pferde an Feindes Krippen bünde; dann ob sie gleich daselbst ungeladen kähmen / hülffe ihnen doch dz Futter ungleich besser / als da mans ihnen kärglich müste zumässen. Hernach hielten sie Kriegsraht / ob sie gar absonderliche Heere führen /oder alle Völker zusammen stossen wolten / und bekahmen von Charas durch ihre heimliche Kundschaffer Zeitung / daß Artabanus auff Sysimithres Wiederkunft loßbrechen / und selbst mit zufelde gehen würde; Woraus Artaxerxes muhtmassete / daß er seine ganze Macht in ein Heer zufassen gesinnet währe / weil er solcher Art sich stets gebrauchete /und sie daher zurahte wurden / sich auff eben die Weise zusetzen; wurden also alle FußVölker zusammen geführet / welchen Artaxerxes selbst vorstehen wolte / nebest dem Medischen GroßFürsten. Herkules und Pharnabazus nahmen die Medischen / Assyrischen und Susianischen Reuter same den Teutschen und 6000 geworbenen / das ihr Heer in 92000 Mann bestund. Ladisla hatte die Persischen / Hirkanischen /Baktrianischen / Margianischen / Arischen und Drangianischen nebest seinen Böhmen und 2000 Geworbenen / die ingesamt 80000 Mann außtrugen. Fabius hatte den Vorzug mit allen Römischen / deren 7000 nebest seinen eigenẽ Geworbenen 1000 / und noch 10000 anderen Geworbenen / ingesamt 18000 Reuter. Arbianes mit seinem fliegenden Heer / 14000 stark /begleitete das Frauenzimmer / und wurden die Elefanten zwischen das FußVolk gefasset / welches mit den Elefanten-Schützen 161000 außtrug. Artabanus feirete auch nicht an seinem Orte / weil ihm seiner Feinde Macht von unterschiedlichen Ländern und Städten zu geschrieben ward / daher er sich um Mannschafft sehr bewarb / auff daß er den unsern mit der Menge möchte überlegen seyn / bekam deren auch eine grosse Anzahl / weil die wenigsten der Fürstlichen Verbündnis sich des Abfals durfften merken lassen / sondern ihm freie Werbung gestatten musten. Seinen Auffbruch hinderte nichts als des Skytischen Heeres anzug / und seines Gesanten Sysimithres Wiederkunft / deren er zuvor erwarten uñ die Antwort wissen wolte / weil er durch Bagophanes Einbildungen sich einer gewünscheten Verrichtung vermuhten wahr / daß er sich schon gegen denselben vernehmen ließ / wie mit harten Straffreden er das Fräulein [43] anfahren / und ihren Bruder und Oheim die eine Stunde vor Könige in Persen und Meden erklären / und die andere Stunde sie lebendig schinden lassen wolte. Aber O wie ging ihm dieser Anschlag so gar zunichte / als der Gesante sich wieder einstellete / welcher sich der lauteren Warheit gebrauchen wolte / und mit dürren Worten andeutete /mit was schlechter ehrerbietung die Königlichen Brieffe währen angenommen / und hönisch verlachet worden; und ob gleich das Fräulein zimliche Höfligkeit gebrauchet / währe es doch nur bloß zum scheine geschehen; massen sie in Gegenwart nicht allein der Fürsten / sondern aller vornehmen Herren und Kriegs Obristen sich öffentlich verlauten lassen; sie hätte den König zuentleiben den steifen Vorsaz gehabt / dafern die Rettung dem falschen Valikules solte gefehlet haben; ihr Bruder aber hinzugetahn / daß er seine Schwester lieber erwürgẽ / als sie Artabanus / (so schlecht hin hätte er seine Königl. Hocheit genennet) zum Gemahl gönnen wolte; und währe endlich das ganze Wesen dahinaus geschlagen / daß er selbst hätte müssen ansehen / wie Herkules sich mit ihr ehelich vertrauet / und des Abends sie mit sich nach Bette geführet / da sie bey dem Hochzeit Feste in den übergeschikten Kleidern uñ Kleinoten nicht anders gepranget / als ob sie dieselben dem Könige als eine Beute abgeno en hätte. Nach welcher erzählung er mit einer bewäglichen Rede anfing den König von dieser Liebe / die nunmehr unmöglich währe / abzurahten. Es hörete aber Artabanus diese Zeitung mit grosser Ungeduld und eiferiger Bewägung an / daß er meynete vor unmuht zubersten / schwuhr auch bey seinem Häupte und Reichsstabe / diese Schmach und beleidigung dergestalt zurächen / daß alle Welt ein Beyspiel daran nehmen solte; und kunte dañoch die Liebe nicht dämpffen / sondern wie unmöglicher man ihm die eingebildete niessung machete / je heftiger er darnach sich sehnete / daß er nicht umbhin kunte /seinem Bagophanes zuvertrauen / er wolte nicht destoweniger Herkulisken zum Gemahl haben / so bald er den Erzverrähter Valikules hingerichtet hätte. Daß nun solches zeitig gnug ins Werk gerichtet würde /befahl er alle Völker vor Charas zuversamlen / deren algemeiner Heerschauung er selbst beywohnen wolte. Der gebohrnen Parther wahren 120000 zu Roß / uñ 60000 zu Fusse. Das Skytische Heer bestund in 70000 Reutern und 20000 Landsknechten / unter welchen 10000 freywillige wahren. Die Geworbenen auß allen Landschaften erstrecketen sich auff 80000 zu Pferde / und 100000 zu Fusse; und hatten sich noch viel Indianer / als 26000 Reuter und 14000 Fußgänger von ihm bestellen lassen / daß also seine Reuterey 296000; dz Fuß Volk aber 194000 Mañstark wahr; ein Heer von 490000 Köpffen. Sie wahren schon alle mit Gewehr wol versehen / und durch tägliche Ubung zum Schimpff und Ernst abgerichtet / beydes in Feldschlachten uñ bestürmung der Städte und feindlichen Lagers sich gebührlich zubezeigen / dann Artabanus wahr nicht willens lange zuspielẽ / sondern in einem Ruk alles zuüberwältigẽ / damit ja die fremdẽ aus Teutschland mit der schönen jungen Frauen ihm nicht über Meer entgehen möchten. 500 Elefanten hatten 12000 Schützen auffgeladen / bey denen Artabanus sich selbst wolte finden lassen / und wurden zwischen das FußVolk eingeschlossen / über welches ein gewaltiger Parthischer Fürst / Herr Pakorus gesetzet wahr / ein Held / sonderlich zu Fusse zustreuen / deßgleichen in allen Morgenländern nicht zu finden wahr / weil er nicht allein guter Fäuste / und treflicher Kräfte und erfahrenheit / sondern dabey vorsichtig / verständig und Tugendhaft / [44] auch eine Schlacht zu ordnen geschikt wahr. Die Partische Reuterey ward in drey Teile gesetzet; den ersten führete Dorylaus zum vortrabe / ein verwägener Mensch / und bestund in 40000 Reutern / als 26000 geworbenen / 10000 Parthen / und 4000 Skythen. Den linken Flügel befehlichte Fürst Osazes / ein Ritter von grosser Leibeskraft / der in ritterlichen übungen nie unten gelegen wahr. Sein Heer begrief in sich 55000 Parthen /66000 Skythen / und 7000 geworbenen / ingesamt 128000 Köpffe. Den rechten Flügel hatte Fürst Vonones / des Königes naher anverwanter / uñ ein außbund eines guten FeldObristen; er führete 55000 Parthen /26000 Indier / und 47000 geworbene / wahr also gleich so stark als Osazes. Ein Sogdianischer Herr /nahmens Arimazes / wahr über die 1200 Eiserne Streitwagen geordnet. Der gestrichene Madates über die 12000 Elefanten-Schützen; und Fürst Vologeses wahr algemeiner Feldmarschalk über das ganze Königliche Heer. Als dieser erschrekliche Macht gemustert ward / saß Artabanus auff einem hohen Turm /von dannen er alles eigentlich wahrnehmen / und das ganze Heer übersehen kunte; sein Fuchsstreicher Bagophanes stund neben ihm / und füllete ihn mit Hoffnung von oben an biß unten aus / wie es möglich währe / daß die abtrüñigen Auffrührer so grosser Macht wiederstehen solten / unter welchen kein undüchtiger Mann währe. O wie heftige Reue wird dem Königlichen Fräulein in wenig Tagen kommen /sagte er / daß sie eure Hocheit verlassen / uñ an den unbärtigen Laffen sich gehenket hat / welcher die ersten Früchte ihres schönen Leibes gebrochen / zu deren niessung niemand / als ihre Hocheit berechtiget ist; jedoch kan eine schöne junge Witwe auch noch wol ihren Mann erfreuen / die ich dann in kurzen gedenke eurer Hocheit zuzuführen. Artabanus ward hiedurch so enttzündet / daß er vor ungeduld nicht zu bleiben wuste; die Seufzer brachen ihm loß / uñ fing an zu ruffen; O du außbund der ungefärbeten Schönheit / du allerholdseligste Herkuliska; wie hastu doch aus getrieb einer töhrichten Liebe die höchste Ehr dieser Welt verlassen / und mit Leib und Lebensgefahr dich von hinnen machen können / da dir doch alles /was dein Herz wünschete / gegönnet / und willig eingereichet ward; dir stund frey / mein Blut in meinen Anverwanten und liebstem Sohne zuvergiessen; mehr Verehrungen hastu meinetwegen empfangen / als niemahls einige Königin vor dir; und mochte doch dieses alles deine Dankbarkeit nicht heraus locken. O du nichtiger boßhafter Valikules / hättestu dir nicht irgendwo ein Weib uñ Beyschläfferin suchen können /du mustest uns dañ den treflichsten Schaz unser Seelen diebischer Weise entfuhren? Nun nun! wir müssen / wiewol ungern / dir die ersten Blumen und Liebesniessung gönnen / aber wüstestu / wie teur sie dir stehen wird / du soltest dich nicht so bald daran vergriffen haben; dañ wir wollen dich an allen deinẽ Gliedmassen / sonderlich / die uns am meisten beleidiget /dergestalt peinigen und quälen / daß du ein Beyspiel seyn solt der ganzen Welt; damit hinfüro niemand sich gelüsten lasse / dergleichen frevel und muhtwillen an Königlichen verlobeten Fräulein zubegehen. Aber ruffe mir Sysimithres her / sagte er zu Bagophanes / daß er uns außführlich erzähle / in was Schönheit er sie leztmahl gesehen. Dieser merkete / daß den König solches zuhören / die unnützen Begierden antrieben / gedachte deßwegen / alle seine Reden dahin zurichten / daß ihm die vergebliche Liebe möchte benommen werden / und sagte: Allergnädigster König; die Schönheit / so ich leztmahl an der GroßFürstin Valiska gesehen / kam alle von ihrer GroßKönigl.[45] Hocheit her; sie hatte nicht ein Fädemchen an ihrem Leibe / den sie nicht aus den mit überbrachten Laden entlihen hätte / und ob gleich diese Außreisserin sich damit ein grosses dünken lässet / so ist es ihrer Königl. Hocheit doch ein geringer Verlust / als welche noch wol ihr ganzes Frauenzimmer auff solche Weise außputzen könte / ohn einigen Abbruch ihres unermäßlichen Schatzes. Ey du einfältiger / sagte Artabanus; bestehet dir die Schönheit dañ in den Kleidern /so laß dir ein wolgepuztes Leibes-heßliche Baurenstük oder Dirne herzuführen / alsdañ wird sie dir schön genug seyn. Wir fragen nicht / was vor Kleider unser Fräulein am Leibe getragen / sondern wie ihr dieselben angestanden; ja vielmehr was vor Schönheit an dem entblösseten teile ihres unvergleichlichen Leibes sich sehen lassen. Eure Königl. Hocheit / antwortete er / fodern von mir etwas / dessen ich entweder keinen Verstand habe / oder doch mit euer Hocheit ungleicher Meynung bin. Doch vor erst hat sie einen menschlichen Leib / wie andere Weibesbilder / nur daß die zarte Haut und weisse Farbe / sie bey uns Morgenländern selzam machet /welches aber den Mitternächtigẽ nichts neues ist / als die von der Sonnen nicht gefärbet werden / wie wir dieses Orts. Solte ich nun meines Herzen Meynung von mir sagen / so halte ich diese Farbe an ihr vielmehr vor eine Unvolkommenheit / als vor eine Zierde / dann sie rühret anders nirgendher / als von der Unglükseligkeit ihres Vaterlandes / da die Sonne / als gar zu weit entfernet / den Menschen die gebührliche Farbe nicht anstreichen kan / sondern sie erbleichẽ lässet. Man betrachte nur einen Kirsch- oder Pflaumen-Baum / dessen eine Seite durch stäter beschattung des zu nahe stehenden Gebäues / von der Sonnen abgekehret ist; ob nit daselbst die Früchte bleich und ungefärbet blieben / so daß man sie nicht eins geniessen kan. Ich halte davor / es sey mit den Menschen unterschiedlicher LandesArten gleich also; aber die der Sonnen und ihrer Wirkung geniessen / sind ohnzweifel die volko ensten; uñ wird demnach mir kein Mensch nicht einbilden / daß mein Gemahl / die fein bräunlich / und an allen Gliedern gesetzt / nicht solte ungleich schöner / als diese junge GroßFürstin seyn. Ich werde aber auch ihre Sitten und Geberden etwas berühren müssen; diese nun straff ich nicht / nach dem äusserlichen Ansehen / und kan wol sein / daß sie von ihrem wol unterwiesenen Frauenzimmer hieselbst / solche Höfligkeit gefasset; aber andere weibliche Tugenden finde ich in zimlicher sparsamkeit bey ihr. Dann vor erst ist sie blutgierig; durfte nicht allein in ihrer Königl. Hocheit anwesenheit / den berümten Fürsten / Herrn Vologeses den jüngern erschiessen /sondern sie berümte sich offentlich / in aller andern Gegenwart / daß sie den treflichen Königlichen jungen H. Herrn Gotarzes mit ihrem Brodmesser entleibet; ja wie sie ihre Königl. Hocheit selbst im BrautBette hätte auffopffern wollen / wie solches ehmahls einem Assyrischen FeldHerrn Holofernes von einem Judischen Weibe / nahmens Judith solte begegnet seyn. Nun sind ja die ersten beyden Mordtahten ihr geglücket / und grauet mir nicht wenig / wañ ich an das dritte gedenke / daß vielleicht hätte können ins Werk gerichtet werden; daher wir den Parthischen SchuzGöttern billich danken / daß sie dieses unaußsprechliche Ubel gnädig abgewendet / und ein solches mörderisches Fräulein aus unserm Lande verbannet haben. Mag demnach der weißmäulichte Herkules sich eine Zeitlang mit ihr schleppen / biß sie seiner müde wird / wie sie mir dañ sehr unbeständig vorkomt; hernach wird sie ihn schon abschlachten / und einen frischen Reuter suchen. Bagophanes sahe / daß dieses lauter tödliche [46] Dornen / ja Schwerter-Stiche in Artabanus Herzen wahren; gedachte deßwegen sich durch eine verantwortung beliebet zu machen / und fing also an: Ich weiß nicht / Herr Sysimithres / ob ihr nicht allein der Vernunfft abgedanket / sondern gar blöder Augen und unsinlicher Sinnen worden seid / in dem ihr lästern und straffen dürffet / was alle Menschẽ rühmen / und GroßKönigl. Hocheit selbst vor ihren unvergleichlichen Schaz hält. Dreyerley habt ihr an dem vortreflichsten Fräulein der Welt (ja ich halte sie noch vor ein unberührtes Fräulein; massen die Parthischen Götter dem Diebischen Räuber Herkules das Vermögen nicht gönnen werden / ihr den genies abzurauben / welcher ihrer GroßKönigl. Hocheit einig und allein zustehet / sondern sie werden ihn lähmen und schänden / als der des guten unwirdig ist) so sage ich nun; dreyerley habt ihr an diesem unvergleichlichen Fräulein getadelt und beschimpffet / wo nicht gar geschändet; vor erst / ihres Leibes allerzarteste Schönheit; hernach ihrer Sitten und Geberden höchstwolgestalte bildung; und endlich ihre Liebesneigungen gegen unsern grossen und höchstherschenden König. Das lezte muß ich im anfange wiederlegen /dañ es deucht mich das wichtigste seyn. Hier sprechet ihr nun; das Fräulein habe sich eines vorgehabten Mordes gegen unsern höchstgedachten König vernehmen lassen. Ja wer hats gehöret? Herr Sysimithres. Hat sie es ihm dann in vertrauen gebeichtet / und da sie mit ihm allein wahr / daß sie nach ihrem Willen reden durfte? Nein; in gegenwart ihres Bruders und Oheims / der beyden Wüteriche / welche sie hierzu gezwungen. Ey daß währe wol ein statlicher Beweißtuhm / daher man der Fräulein eigentlichen Willen urteilen solte? Sie hat Bagophanes ihres Herzen Meynung wol auf andere Weise entdecket / mein Herr Sysimithres; da sie mit mir einen Abtrit in ein Nebengemach nam / und sich beklagete / was gestalt der Zäuberer Valikules / der ja sein Antliz verendern kan / wie oft / und auff was Art er wil / sie durch seine Schwarzkunst Wizloß gemacht / uñ als im tieffen Schlaffe entführet / daß sie noch nicht wissen könne / wie ihr geschehen sey; welches ich dann umb so viel gewisser seyn halte / weil auch ihr Angesicht allerdinge ist verendert gewesen / und ihr Wirt / da sie geherberget / solches bezeugen kan / wie er auch schon äidlich darüber ist befraget worden. O wie beklagete sie gegen mich / daß sie dem Allergroßmächtigsten Könige entführet / sich ohnzweifel rechtschaffen würde müssen streichen und stäupen lassen / weil sie nicht unterlassen könte / nach ihm zu seufzen; und währe ihr noch diese Hoffnung übrig / ihr allergnädigster König / der einige Schaz ihrer Seelen / würde sich ihrer erbarmen / und mit dem Schwerte sie loßmachen. Sehet Herr Sysimithres / diß ist ihr vorgenommener Mord; diß ist ihr verborgenes Messer im Luftweher; ja freilich im Luftweher / das ist / in der tichtung / die in der Luft verwehet wird. Aber sie sol ja den treflichen Fürsten Gotarzes entleibet haben. O ein neues Gedichte! zu welcher Zeit? an was Orte? etwan auff ihrem Schlosse? ey fraget ihr Frauenzimmer / ob sie dessen einige Wissenschaft habe; oder anderswo? warumb weiß dann Königl. Hocheit nichts drumb? Es ist wahr / daß der junge Fürst verlohren worden / aber weit von hinnen; nicht auff dem Wege Persenwerz / sondern nach Indien zu / woher er ein KriegsHeer seinem Herr Vater uñ Könige zuführen wollen. Vologeses niederschuß haben weder ihr noch ich zu rechtfertigẽ / welchen GroßKönigl. Hocheit selbst gebillichet / dabey es seyn verbleiben hat. Also werdet ihr nun lernen / Herr Sysimithres / daß ihr nur durch ein blindes schrecken auffgezogen [47] seid / und das Fräulein nicht anders hat reden oder sich anstellen dürffen. Nun müste ich mich bemühen / der Fräulein Sitten und Geberden zubeartigen; ja wann einiger Gebrech der Volko enheit daran erschiene; wer hat jemahls etwas volständigers an einem Fräulein gesehen / als wann diese unvergleichliche gehet / stehet / sitzet / tantzet / und nach Standes unterscheid so mañiche Art im empfahen / anreden / handbieten abzuwechseln weis / dz mans nur mit entzücketer verwunderung ansehen muß. Aber Herr Sysimithres wil GroßKönigl. Hocheit bereden / ihr Frauenzimmer zu Charas habe sie solches gelehret. Ey gehet hin mein Herr / und fraget / die meisten sind annoch verhanden / welche unter ihnen Meisterin gewesen; und wann ihr in diesem Stük die Warheit an euer Seiten habet / wil ich alles gelogen haben / sonsten richte ich euch uñ euer übriges nach diesem. Ich muß mich aber fast zum Schiefer lachen über der Vergleichung zwischen dem allerschönsten Fräulein uñ eurem Gemahl / deren Ehre ich durchaus nicht schände / weil nie keiner gehöret / daß derselben einiger solte nachgestellet haben; Aber mein Herr / die reizungen / verzeihet mir / sind auch nicht darnach / from ist sie / auch einfältig und blöde gnug / aber schönheit halben habt ihr sie nicht geheyrahtet / und gedenke ich noch wol / daß ihre Fr. Mutter zu sagen pflag; Wie haben doch zween gnug schöne Ehegatten eine so ungeschaffene Tochter zeugen können? und wie werde ich dereins meiner Odatis loß werden? ich muß ihr verstelletes Angesicht mit Kleinoten bedecken / und ihren schwarzgelben Leib mit dickem Silberschaum und Perlen vermahlen; gehet sie dann gleich etwas krum /wil ich sie mit güldenen Stützen gerade stellen / und ihre Ungestalt mit klingenden Pfeñigen noch wol beliebet machen. Ich rücke euch dieses nicht auff / Herr Sysimithres / nur allein beweise ich / das eure Urtel /die Schönheit betreffend / ja so vernünfftig sey / als dieser Stab. Dann lieber saget mir; hat auch wol einiger Mensch ein Fräulein von so überaus wolgestalten Gliedmassen gesehen / als diese ist; betrachtet / bitte ich / ihr Häupt uñ Angesicht; das güldene Haar / die glatte erhabene Stirn / die gleichgezogenen Augenbrahnen / die lachenden Aügelein / wahrlich zwo reitzende Sonnen an diesem Liebes-Himmel. Was sol ich von den weder geschwollenen noch eingesenketen Wängelein sagen? deren rohtes dem weissen einen unbeschreiblichen Glanz erteilet / und dannoch sich anders nit ansehen lässet / als ob diese Farben einẽ stetswehrenden Streit untereinander führen / welche unter ihnen dem Fräulein die anmuhtigste behägligkeit erteile. Die Nase ist nach allem Wunsch gerade /und durchaus nicht brackig; die Lippen trotzen den Rubinen / die Zähne dem Helffenbein / der Odem den allerwolrichensten Kräutern. Aber O des Honigsüssen Züngeleins / daß kräftig gnug ist / die todten zum Leben zu erwecken. Und wer hat jemahls ein anmuhtiger Kin gesehen? verzeihet mir / ihr pflaumenweiche Alabaster Händichen / daß ich weder euch noch eure Fingerlein / die zehn schmeidige Liebes-pfeilichen /so das Herz durchboren / zubeschreiben weis / sondern nur erstumme / wann ich die lebendigen DemantNägel an ihnen betrachte. Gewißlich / ihr Händichen /da ich / euch zuküssen und zuberühren gewirdiget wahr / dauchte mich / es währe ein göttlich Fleisch. Das völlig gesezte / uñ länglicht gestreckete Hälselein wird weder Praxiteles durch alle seine Kunst aus einem Marmel nachbilden / noch Apelles mit so hoher Farbe anstreichen können. O der gleichmässigen wolgefügten Schuldern! weiter gehe nicht Bagophanes /mit deiner kühnheit / ob du gleich die Apfel-rund-erhobenen Brüstlein mit einer zarten [48] Linnewad eingehüllet / aber nie etwas wolständigers oder anmuhtigers gesehen hast / und deine Augen nicht den allergeringsten Unterscheid der Zierligkeit und grösse an diesen einträchtigen Zwilling-Rehen merken kunten. Wer nun mir nicht gläuben wil / der frage ihr hieselbst anwesendes Frauenzimmer / ob sie sich unterstehen dürffen / ihres Busems volkommenheit außzureden. Das übrige ihres Leibes bleibet noch zur Zeit allen Mannesbildern verborgen / biß ihre GroßKönigl. Hocheit sie wieder bekommen wird; dañ ich weiß / daß sie dem Laffen Herkules solches nimmermehr sehen lässet. Dieses alles nun darf Herr Sysimithres nicht allein geringe schätzen / sondern es gar als eine Gebrechligkeit verwerffen. Aber er sage mir /bitte ich / aus was Ursachen er die zarte Haut und schneweisse Farbe ein Häupstük der Schönheit seyn /leugnet? kan er etwa die schärffe der Haut / und schwärze der Farbe ohn anhang der heßligkeit ihm wol einbilden? ja / spricht er; die schwarzen Kirschen und Pflaumen sind besser dann die weissen. Ey der ungereimten Vergleichung! H. Sysimithres / wisset ihr nicht / daß dieser gewächse Schönheit in der schwärze bestehet? ists aber mit den Weibsbildern auch also beschaffen / ey so ist trauen eure Odatis noch lange nit schön genug / sondern ihr müsset sie in die Schwarzfärbe schicken; oder fürchtet ihr was ungenehmes von den Färberknechten / so fahret mit der Schwarzbürste über ihren Leib / wie euer Junge über die Stieffeln / stellet sie an die Heerstrasse / und fraget / ob sie dann nun nicht schier hübsch und schöne gnug sey. Ja ja Herr Sysimithres / wir müssen nunmehr die Weiber nach euer Urtel aus Morenland hohlen / da es ihnen an der Sonne nicht gebricht / sondern sie schwarz genug gefärbet werden. Deucht euch aber dieses ungereimet / so beschuldiget hinfüro die liebe Sonne nicht / umb das sie dieses allerschönste Fräulein nicht schwarz färben wollen / und lernet die Ungültigkeit euer gleichnis von den Pflaumen Bäumen /aus meiner vielbessern erkennen. Wann ihr grobe und zarte Linnewad an die Sonne außleget / welche machet sie doch am weissesten? die grobe / oder die zarte? Es ist hie keiner Nachfrage von nöhten / die BaurenMägdlein wissens wol. Nur dieses einige hat etwas Schein / daß ihr saget / die weisse Farbe sey bey den mitternächtigen Völkern gemein. Gesetzet; sind aber die Weibsbilder alle bey ihnen so zart / so wolgestalt / so artig gegliedert? und last es seyn / daß die Farbe von ihrer Landesart / und gemein sey; so ist sie uns aber selzam uñ fremde. Das selzame aber wird immer am höchsten geschätzet / wo es dessen sonsten wert ist. Was machet den Tyrischen Purpur in andern Ländern teur? je weil man ihn daselbst nicht zurichten kan. Nun Herr Sysimithres / so lasset doch die Schönheit dieser unvergleichlichen Fräulein unangefochten uñ ungeschändet / wovon euch abzuhalten dieses gnug seyn solte / daß sie unserm allergnädigsten Könige gefället / dessen Urtel und Wille ja den euren billich zum gehorsamen Untertahnẽ haben sol; wiewol bey dessen GroßKönigl. Hochheit euch zuverunglimpfen ich durchaus nicht gesonnen bin / sondern vielmehr darlege uñ erweise / daß euer J tuhm nicht aus Vorsaz oder wiederspenstigkeit / sondern bloß aus unbedachtsamen unverstande / in dieser Sache zu urteilen / herrühret / und ihre GroßKönigl. Hocheit euch deßwegen allergnädigst verzeihen wird. Artabanus wahr durch diese Beschreibung der Schönheit und Wiederlegung der Sysimithrischen gründe in allen seinen bewägungen zugleich auffgemuntert; er kunte weder den Liebesreizungen / noch dem über Sysimithres gefasseten Eifer steuren / daher er mit rasender Sti e also loßbrach: Demnach [49] du ungehorsamer wiederspenstiger Bube dich unterstehen darfst / dasselbe schimpflich zuverachten / welches wir uns sonderlich außersehen / und es zuerlangen / Leib und Gut wagen wollen / hastu dich forthin keiner Königlichen Gnade mehr zugetrösten; uñ ob du zwar dein Leben verwirket hast / wollen wir doch nach der schärffe nicht verfahren / sondern du solt in das Untergemach dieses Turms gehen / biß wir uns einer gewissen Straffe erkläret haben. Der erschrockene Mensch fiel vor ihm nider / und baht sehr kläglich / ihm seine unbedachtsame Reden allergnädigst zuverzeihen / weil er sie böser Meynung nit vorgebracht / sondern in den Gedanken gestanden / ihre Hocheit hätten einen ungnädigen Willen auff das Durchl. Fräulein geworffen /wolte sich hinfüro wissen zuhüten / auch sonst in allen begebenheiten sein Blut und Leben vor ihrer Hocheit Wolfahrt willigst anwenden. Weil dann Bagophanes auch sehr vor ihn baht / überkam er endlich verzeihung / jedoch mit dem bedinge / daß da er dieses Gespräch einigem Menschen offenbahren würde /er eines schändlichen todes sterben solte. Hiedurch ward Sysimithres gewitziget / seiner Zungen Freyheit zu mässigen / und in dem er seines Königes bestes suchete / zugleich auch seiner eigenen Wolfahrt wahr zunehmen; dann grosse Herrn können von ihren Untertahnen die Unterweisung zum guten nicht wol annehmen / insonderheit wann sie einer wüterischen Art sind / und ihren Willen zur Richtschnur der Erbarkeit setzen; aber den Ohrenbläsern und lasterhaften / und die alle Tugend / so wieder des Königs Willen strebet / unterdrücken / denen stehet gemeinlich der Fürstliche Saal offen / welche man doch billich mit verfluchung und instendigem Gebeht der unmündigen Kinder tödten solte / weil von ihnen alle Landes verderbung herrühret / und umb ihretwillen die frommen solche Straffe über sich nehmen müssen / welche sie nicht verschuldet haben. O des glükseligen Landes /dessen Fürst oder König nicht gedenket / er könne allein rahten / sondern höret auch die / so bey redlichen Leutẽ wol geachtet sind / insonderheit / wann sie nicht so sehr auff die bereicherung ihrer selbst oder der Fürstlichen Schazkammer / sondern auff des Fürstlichen Hauses und des Landes wolfahrt sehen. Wie leicht ist es geschehen / daß ein boßhafter Mensch unter dem Schatten einer sonderlichen Frömmigkeit und untertähnigen gehorsams sich bey dem Fürsten beliebt machet / und wann er erst freien Zutrit hat / gibt er genaue achtung / wohin dessen Gemüht am meisten sich lenket; findet er ihn dem Trunk zugetahn / so ist er mit Bechern und Gläsern bereit und fertig; ist er liebsüchtig / so rühmet er ihm fleisches Wollust / und weiß das Laster der Unzucht so artig zuentschuldigen / als währe es eine halbe Tugend /durch unsere Eltern selbst uns eingepflanzet / dessen lässet sich dann ein ohndaß freier Herr leicht bereden / und da er vorhin den Begierden kaum das Schwankrütlein erteilete / häuet er sie mit beyden Sporen an /daß er alle so ihm im Wege stehen / übern hauffen rennet / und von allem guten reine Bahn machet / biß ihm niemand einreden darff. O ihr Fürsten / O leidet ja diese Schmeichler an euren Höfen nicht / die euch nur nach dem Maule reden; ihr seid ja in euer Jugend zum guten und löblichen angeführet / und wisset /was an sich selbst straffbar und lobwirdig ist; drumb leihet denen eure Ohren nicht / welche vorgeben dürffen / einem Fürsten stehe dieses oft wol an / was andere mit dem Kopfe bezahlen müssen. Hätte Artabanus auff richtige Rähte hören wollen / die sein und seines Reichs bestes sucheten / und dagegen den Fuchsschwänzern / Bagophanes und andern seines gleichen nicht ins [50] Maul gesehen / vielleicht herscheten die Arsazier noch über die grossen Morgenländer; weil er aber den leidigen falschen einbildungen folgete / muste er Leben und Reich mit einander verlieren /wiewol unsere Geschichte bißdahin sich nicht erstrecken wird. Als Sysimithres von ihm gangen wahr / trat Bagophanes Gemahl wieder hinein; sie hatte sich überaus prächtig / aber sehr leichtfertig gekleidet /und hielt bey dem Könige an / ihr allergnädigst zuerlauben / daß sie mit dem Königl. Frauenzimmer reisen möchte / damit sie seiner Feinde und Auffrührer Niderlage ansehen / und dem Königl. Fräulein / so bald sie erlöset währe / untertähnigst auffwarten möchte; welches ihr gerne gewilliget ward / weil durch ihre süsse Reden und blinzende Augen / die ihr sonderlich wol anstunden / sie den König schon in Liebesstricken gefangen hielt / und seiner mehr als einige andere genoß; worzu Bagophanes nicht allein durch die Finger sahe / sondern sich groß dauchte /daß er in solchen Gnadẽ lebete. Inzwischen erhoben die unsern sich von Persepolis / und führeten ihre muhtigen Völker / denen Herkules und Ladisla nichts als von grosser Beute vorschwatzeten / nach den Parthischen Grenzen in obgemeldeter Ordnung hin / so daß das ganze Heer sich in die breite fast einer Viertelmeile außdehnete. Des vierden Tages nach ihrem Auffbruche / kam Orsillos mit Fr. Statiren Dienern an / lieferte alles / samt dem Schreiben / Herrn Fabius ein / und zeigete an / wie sehr sie umb schriftliche Antwort bitten liesse. Dieser erinnerte sich zwar seiner Sünde / wozu sie ihn fast genöhtiget / betrachtete doch daneben die empfangene Woltaht / deßwegen er alles annam / und im nähesten Flecken dieses Antwortschreiben auffsetzete.
Wolgebohrne Frau / hochwerte Freundin; billich müste ich der Undankbarkeit beschuldiget werden / wann meines Lebens erhaltung derselben ich nicht zulegete /und die vielfältigen Woltahten nicht erkennete; und ob zwar unsere gar zu frey gebrauchete Kundschaft mir nicht gebühren wollen / weil ich zu Padua mein liebes Gemahl habe / so sind doch geschehene Dinge nicht zuendern / daher wir des verlauffenen vergessen / und hinfüro einer anderen zulässigen Freundschaft uns befleissigen wollen. Gegen ihren Gemahl / Herrn Nabarzanes /den ich freundlich grüsse / hätte sich meine Seele vielmehr zuentschuldigen / werde mich auch bemühen / solchen ungebührlichen Frevel in andere Wege zuersetzen. Bedanke mich sonst wegen der übermachten Geschenke dienstlich / und bitte sehr / nach gehaltener Schlacht / dafern ich lebe / mich neben Herrn Nabarzanes zu Persepolis zubesuchen / weil ich zweiffeln muß / ob meine Rükreise / sie zusprechen / erleiden werde. Im übrigen hat meine Freundin sich zuversichern / daß bey meinem Herr Bruder Fürst Pharnahazus ich nicht allein ihr guten Schuz und versicherung aller ihrer jetzigen Güter / sondern derselben vermehrung leicht erhalten werde. Vor dißmahl fodert mich der Trometenschal zu Pferde / daher ich abbrechen muß. Empfele meine Freundin samt ihrem Gemahl der Götter obacht / verbleibend / weil ich lebe /derselben bereitwilliger Diener Kajus Fabius / ehmahls Kleon.
Bey diesem Schreiben versiegelte er ein Päklein Kleinot / viel höheres werts / als ihm zugeschikt wahren / stellete Orsillos alles zu / uñ daß ers auffs schleunigste überbrächte / schenkete ihm dabey 200 Kronen / und hieß ihn mit nach Persepolis kommen /dann wolte er ihn der empfangenen Streiche ergetzen. Nach seinem Abscheide brach Fabius auff / dañ er hatte den Vorzug mit seinen Völkern / die schon vorhin wahren / und nichts als des Feindes schleunige Ankunft wünscheten; so nam auch Artaxerxes ein unfehlbares Zeichen des künftigen Sieges daher / daß alle KriegsObersten mutig und des Streits begierig wahren; ohn der einige Arbianes kunte durch nichts zur Fröligkeit bewäget werden / wo [51] er reisete oder ruhete / wahr er stets schwermühtig und mit tieffen Gedanken beladen / daß ihm nicht allein die lebhafte Farbe / sondern auch das Fleisch entging / dessen niemand fleissiger als sein Feldmarschalk Leches / und GroßFürstin Valiska wahrnahmen; und diese zwar merkete aus allen umbständen / daß er mit heimlicher Liebe angefochten ward; daher sie sich / inbetrachtung seiner ehmahligen Neigungen einer ungebührlichen Lust bey ihm ihretwegen befahrete / welche ihm zubenehmen / sie schon auff allerhand Mittel bedacht wahr; dann sie zweifelte nicht / sein Gemüht könte durch angezeigete wichtige Ursachen / von dem Irwege zur Tugend wiedergebracht werden; weil er sich aber durchaus nichts gegen sie vernehmen ließ / argwohnete sie daneben / ob er irgend an Libussen sich vergaffet hätte / dann er suchete oft Gelegenheit / mit ihr allein zureden / dabey er viel und mancherley Verenderung sehen ließ. In diesen ungewissen Gedanken verblieb sie biß an den dritten Tag nach ihrem Auffbruch / da Leches ihr zuverstehen gab / er hätte ihn des vorigen tages in seinem Zelte auff den Knien sitzen / und ein kleines Brustbildichen in beyden Händen als einen Spiegel halten sehen / welches er bald geküsset / bald mit Tränen befeuchtet / bald als eine Göttin angebehtet; und da er nit irrete / währe es des Durchl. Fräulein aus Teuschland / Frl. Klaren Bildnis / welches seine Libussa verlohren / und er etwa müste gefunden haben. Die GroßFürstin schlug vor freuden in die Hände / und antwortete ihm: O wie tuht ihr so wol / daß ihr mir solches offenbahret; dann ich habe mir in Warheit sehr gefährliche Gedanken wegen dieses Fürsten Traurigkeit gemacht / daß ich selber schwermühtig drüber worden bin; ich bitte aber / ihr wollet dieses alles in höchster geheim halten / und keinem einigen Menschen offenbahren / auch gegen Arbianes selbst euch nichts merken lassen. Ließ ihn von sich / foderte ein Pferd / uñ ritte hin nach ihrem Herkules / dem sie mit freuden entdeckete / sie hätte Arbianes anliegen erfahren; erzählete ihm alles / und fragete / ob er nicht meinete / daß ihm in dieser Liebe könte geholffen werden; zum wenigsten müste man ihm völlige Hoffnung machen / daß der unlust Brunnen bey ihm gedämpfet würde / und er sich nicht selbst durch grämnis verzehrete. Herkules gab seine Antwort; wann es in seiner Macht stünde / wolte er ihm seine Frl. Schwester nicht versagen; weil er aber weder seiner Eltern noch Schwester Meynung wüste /ob sie in so weit abgelegene Heyraht einwilligen würden / könte er nichts beständiges rahten. Zwar ihm gute Hoffnung zu machen hielte er vor nöhtig / doch daß man gleichwol nichts mehr verspräche / als man halten könte / und der junge Fürst samt seinen Eltern nicht Ursach hätte / sich dessen hernähst zubeschweren. Mein Schaz / sagte sie / ich wil schon wissen die Mittelbahn zutreffen / gelebe auch der Hofnung / die Heyrath mit Gotteshülffe zu schliessen / da er sonst mit uns nach Teutschland zuzihen Herzens gnug hat /welches ich ihm doch nicht anbieten werde / sondern seiner freywilligen Erklärung erwarten; kehrete wiederumb nach ihrer Gutsche / und foderte Libussen zu sich / fragete nach der Fräulein Art und Sinnen / und befand aus allen umbständen / daß sie sitsam / ohn falsch / und wol zubereden währe / offenbahrete ihr hernach ihr Vorhaben / und ließ sie wieder von sich. Und als Arbianes bald darauff vor ihrer Gutsche her ritte / baht sie ihn / sich zu ihr zusetzen / da sie ihn also anredete: Fürst Arbianes / in ehren hochgeliebter Herr Bruder; wie ich anfangs in euer Liebe Kundschaft gerahten bin / habe ich viel eine frölichere Weise bey ihm gemerket / als er jetzund spüren lässet; ja wañ dazumahl mein [52] Herz mit tausenderley Angst und Sorge umbspannet wahr / machte seine anmuhtigkeit mich derselben zum oftern vergessen. Wohin ist doch nun das freie Gemühte gereiset? woher komt dieser unliebliche Wechsel / der das allergeringste Zeichen einer Fröligkeit an ihm nicht mehr wil scheinen lassen? Ist euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet / so gebe sie mirs zuverstehen; oder findet sich einiger Mensch in dieser Geselschaft / dessen Gegenwart er nicht ertragen kan / so mache er mir denselben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes Schwacheit / welche der Arzney bedürffte / wird er sich ja selber nicht verseumen; oder welches ich am ersten gläube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte / da er ohn Ehren-abbruch zugelassen werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fürstlich / daß er ungebührlich lieben solte) so lasse er michs kühnlich wissen; ich weiß wie verliebten umbs Herz ist / uñ weiß daher auch / wie man in diesem falle Raht schaffen kan. Arbianes / der ohndz bey Frauenzimmer blöde wahr / und die GroßFürstin hochehrete / ward wegen dieses Anspruchs mit einer grossen Schamröhte übergossen / und weil ihm unmöglich wahr zu antworten /auch nicht wuste / was er antworten solte / ließ er an stat der Rede einen schweren Seufzen / dañ die Zunge wegerte sich ihres Amtes / und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwirret / hatte nicht Zeit zubedenken / womit diese tief forschende Frage solte ersetzet werdẽ; welches die GroßFürstin merkend / also fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure Liebe gleich auff meine Frage schweiget / gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht / und verständiget mich daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fürst / welches ihr so wenig zuverbergẽ wisset / als ich zu jener Zeit / da Fürst Pharnabazus mir meines Schatzes Brustbilde zeigete / wie euch unvergessen ist; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten Freunde / so gebet mir euer Anligen zuverstehen / und prüfet mich in diesem Stücke / wie ich gegen euch gesinnet sey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz / küssete ihr die Hand mit grosser Höfligkeit und ehrerbietung und sagte nachgehends: Durchleuchtigste GroßFürstin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe / so hohes erbieten anzuhörẽ; dann es übertrift nicht allein mein Vermögen / sondern alle erkäntnis /daß ich daher mich keiner Antwort zuersinnen weiß; wann aber vor diese erzeigete hohe Gnade mein ungültiges Blut gnug währe / daß in ihrem Dienste es vergossen würde / wolte ohn einiges wegern ich mich zum Opfer darstellen; fassete ihre zarte Hände zum andernmahle / und küssete sie ganz inniglich / daß sie von neuen fürchtete / er würde gegen sie entzündet seyn; welches unbillige Feur zu dämpffen / sie zu ihm sagete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in Warheit gar zu grosse Ehr / die mir allerdinge unangenehm ist /nachdem wir nunmehr in solche Kundschaft gerahten sind / daß viel besser währe / wir setzeten diese Höfligkeit bey seite / als die nur den Fremden zustehet; ich erkenne ohndaß sein gewogenes Herz / welches ich auff allen Wegen / die Zucht und Gesetze nicht verschliessen / nach äusserstem Vermögen zuersetzen mich willig erbiete / und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er antworte mir / bitte ich /auff meine Frage; ist dann dieselbe / so er liebet (dann ich weiß gewiß daß er liebet) ein unversagtes Fräulein / so verlasse er sich nur kühnlich auff meinen Beystand; solten aber über alles verhoffen / seine Siñen durch einer verheirahteten Zierligkeit berücket seyn /wie dann ein Mensch wol verleitet werden kan / ey so wolle mein Herr Bruder sich ja beyzeiten begreiffen /und mit solcher Unbilligkeit seine Seele nicht beladen; wie [53] ich dann wol weiß / daß er solches tuhn /und sich einem so unverantwortlichen Laster nicht ergeben wird. Ich bin kühn mein HerrBruder / daß ich solches reden darff; aber sein verdächtiges zurük halten erwecket diese Sorge in meinem Herzen / die ich vergeblich seyn hoffe / und dannoch an seiner willigen verzeihung nicht zweifele. Arbianes erschrak dessen nie wenig / dann er merkete / daß wegen seines verhaltens sie diesen Verdacht fassete; deßwege er /solchen gänzlich außzureuten vor nöhtig hielt / und ihr also begegnete: Durchl. GroßFürstin; wañ ihrer Durchl. ergebener Knecht Arbianes mit unzimlichen Gedanken umginge / müste er billicher in Schmach und Schande / als bey ihrer Liebe auff der Gutsche sitzen; wolle demnach dieselbe mir höchst verzeihen /wañ etwa meine stumme unverständliche Reden / sich nicht gnug haben erklären können / denen die Zunge jezt zu hülffe kömt / uñ ihre Liebe versichert / dz dergleichen ungebührligkeiten mir bißher ja so ferne / als deren straffen selbst geblieben sind. Daß aber ihre Liebe sich über meine gebührliche Ehrerbietung bebeschweret / und selbe mir verbeut / dadurch leget sie mir eine schlechterdinge unerträgliche Last auff / welche über mich zunehmen / ich mich ungescheuhet wegere; dann ich wil lieber tausendmahl sterbẽ / als euer Liebe unvergleichliche Wirdigkeit zu ehren unterlassen. Sonsten daß eure Liebe auff die Frage zu antworten mir ernstlich gebeut / mus ich meinen Vorsaz brechen / und ihr unverhalten seyn lassen / daß ich bißher nur eine Sonne am Himmel erkennet; aber jezt deucht mich / breche eine Neben-Sonne hervor / wiewol unter dicken Wolken verhüllet / welche anzubehten ich dermassen gezwungen werde / daß ich aller irdischen sachen drüber vergesse; ihre blicke / die nicht mich / aber ich sie durch die Wolken sehe / speisen mich / tränken mich / leiten mich; sie sind mein schlaffen / mein wachen; mein denken und sinnen / so daß inbetrachtung dieser Volkommenheit mich zu üben / mir so lange werde lassen angelegen seyn / biß die Seele sich wegert dem Leibe solche mitleistung länger zugönnen; alsdann wil ich (spricht meine Seele) bey der HäuptSonnen mich unvermerket halten / ob vielleicht in dero Geselschaft angeno en / ich dahin gelangen könte / woselbst mir vergönnet seyn wird / ausser dem Leibe zubesichtigen / was ich mit den Augen meines Häuptes anzuschauen unwirdig bin / auch vielleicht dieses garzuschwache Gesicht nicht ertragen würde. Die GroßFürstin antwortete ihm mit einem freundlichen Lachen: Hochwerter HerrBruder; meines unbesonnenen Argwohns halben erkenne ich mich in euer Liebe Straffe verfallen seyn / dessen ich mich auch nicht entbrechen wil / da ichs sonst mit besseren diensten nicht ersetzen / und mich loßarbeiten kan; betreffend euer Liebe verdeckete Reden /wolte ich sie zum teil errahten / aber alle sind sie mir nicht behäglich / wil doch anfangs mich in kein unnöhtiges Gezänke einlassen / so viel mich selbst betrift / weil ich schon anhören müssen / daß ihr mir in diesem stücke allen Gehorsam abschlaget. Wie aber /mein HerrBruder / darff ich dann dieser Neben-Sonne (wie ihr sie nennet) nicht bessere Kundschaft haben? vielleicht möchte die vermeinete andere Sonne / (aber O der elende Soñe!) bey dieser Neben-Sonne wirken können / daß ihr zu liebe sie euch ihre Strahlen nicht allein mitteilete / sondern niemand anders als nur euch / damit beschiene. Ich rede ernstlich mit euch /mein HerrBruder / uñ wollet ihr euren Zweg erreichen / müsset ihr trauen euch selbst nicht fesseln; deßwegen lasset mich eure Heimligkeit wissen / und gedenket nur sicher / daß ihr mit derselben redet / die eure Liebe als viel und sorgfältig sie kan / zubefodern willens ist. [54] Aber ich sehe / das euer Herz mein Ansuchen nicht fassen / vielweniger der Zungen gebieten wil /daß sie den Nahmen außspreche / den die Seele so wirdig hält. Wann ichs aber von mir selbst errahten würde / wovor wollet ihr solches rechnen? Gewißlich / antwortete er / vor ein Zeichen eines glüklichen außschlages. Der Hoffnung gelebe ich auch / sagte sie /uñ wil nicht länger warten / euch meine Zunge zuleihen; höret nur zu. Ihr liebet / Fürst Arbianes / ein GroßFürstliches eurem Stande gemässes Fräulein /und zwar / die ihr Zeit eures Lebens nicht gesehen /nehmlich meine Frl. Wase / und meines lieben Herkules Schwester Frl. Klaren; gewißlich ein Fräulein / die liebenswert ist / und wol eine Sonne möchte genennet werden / dafern mir solcher Nahme zustünde / dem ich aber wiederspreche. Mein Herr Bruder Arbianes; er erblasse nicht so über meiner Rede; ich sage noch mehr: Diese Sonne / wie ihr sprechet / ist mit dicken Wolken bedecket; ja mit so viel Wolken / als zwischen hier und Teutschland schweben; und dannoch sehet ihr deren blicke; ists nicht also? aus dem gefundenen Brustbildichen / welches ungeachtet aller fleissigen Nachfrage / ihr so heimlich haltet / und als einen Diebstahl bey euch verwahret / da es euch doch sehr wol gegönnet ist. Verberget euch forthin mehr vor euer Schwester Valisken / deren Geist alle eure Heimligkeiten außforschen kan; ja auch sihet / wann ihr auff den Knien / oder wol im Bette dieses liebste Bildichen bald besehet / bald küsset / bald mit Trähnen befeuchtet / bald säuberlich abwischet / bald gar anbehtet. Da habt ihr nun Fürst Arbianes / was ihr schon selber wisset / und dannoch zu wissen begehret. Durchleuchtigste GroßFürstin / antwortete er; von Herzen wünsche ich zu wissen / wer doch immer und ewig mein Verrähter / ja wer meiner heimlichsten Gedanken und handelungen anmerker und außschreier seyn mag; inbetrachtung ich keinem Menschen dieser ganzen Welt das allergeringste von meiner Liebe geoffenbahret / auch niemand das gefundene Bildichen sehen lassen; demnach ich aber alles / was eure Liebe mir vorgehalten / gestehen mus / wil ich nichts in abrede seyn; nur bitte ich in demühtiger zuversicht / eure Liebe wolle niemand hievon ichtwas melden / massen ich mich viel zu unwirdig weiß / an solche Sonne hinzureichen / die ich mehr anbehte als liebe. Ich aber gebiete euch / sagte sie / daß ihr einen Muht ergreiffet / und eures GroßFürstlichen Standes euch erinnert /der billich nicht unter sich gedenket; nur leget die biß her geführete Traurigkeit abe / und erzeiget euch als ein wirdiger Liebhaber; insonderheit bedenket / was vor ein Schreiben ihr an das Fräulein abgehen lassen wollet / welches neben dem meinen ich straks Morgen fortschicken wil / euch den Weg zu dieser Sonne zu bahnen. Aber ihr müsset mir gönnen / daß ichs mit euer Fr. Mutter rede / und sie es eurem H. Vater vortrage / damit ich schier heut oder Morgen nicht vor eine heimliche Kuplerin gehalten werde. Arbianes wuste nicht / was er vor freuden antworten solte / stellete ihr alles heim / und ließ ihr auff begehren das BrustBilde; foderte seine Fr. Mutter hin / und daß GroßFürstin Valiska sie ingeheim gerne sprechen wolte; baht daneben sehr / da etwa seiner gedacht würde / ihm Mütterliche Liebe und Träue zuerzeigen /welches er Zeit seines Lebens Kindlich erkennen wolte. So bald GroßFürstin Saptina zu ihr kam / fing diese an: Geliebete Fr. Mutter; des lieben Fürsten Arbianes Anliegen / welches ihn dermassen von ihm selber bringet / habe ich nunmehr glüklich erfahren / bin auch schon in verfassung / wie man ihm Raht schaffen könne. Was ich nun stets gemuhtmasset / finde ich mehr als alzu wahr / und [55] mag euer Liebe nicht bergen / daß seine bleiche Farbe und fleisches Verschwindung nichts als ein Liebesleiden ist; doch liebet er an solchem Orte / dessen er / meiner Meynung nach /nicht kan schande haben. Ob ich nun gleich mich seiner gerne und billich annehme / werde ich doch durchaus nichts anfahen / es geschehe dann mit euer Liebe und ihres Gemahls wissen und einwilligung / ungeachtet der Fürst anfangs sehr angehalten hat / seinen Eltern davon nichts zumelden. Die GroßFürstin bedankete sich des geneigten willens / könte aber nicht ersinnen / sagte sie / wie ihr Sohn in Liebe eines wirdigen Fräuleins gerahten mögen / weil er biß daher bey seinem H. Vater stets daheim gewesen / und dieser örter dergleichen Frauenzimmer sich nicht hätte sehen lassen / inbetrachtung / daß Artaxerxes sein Gemahl und Kinder von sich hinweg in der Römer gebiet geschicket hätte / welches ihm etliche Weissager und Sternseher als ein hochnöhtiges Ding gerahten. Es ist alles wahr / antwortete sie / aber er liebet / was er noch nicht lebendig / sondern nur bildnisweise gesehen hat; reichete ihr hiemit Frl. Klaren Gemählde und sagete: Sehet / geliebte Fr. Mutter / dieser Abriß ist aller seiner Traurigkeit Ursach / welches meine Hoffmeisterin Libussa verlohren / und von ihm ist gefunden worden. GroßFürstin Saptina sahe es mit verwunderung an / uñ befand es Fürstin Valisken sehr ähnlich seyn / daher sie sagte: O lieber Sohn / du hast nicht allein gar zu hohe / sondern auch unbilliche Gedanken gefasset / nachdem ich nicht anders gedenkẽ kan / als dieses sey euer Liebe Bildnis. Ja / antwortete sie / dieses Fräulein ist mir nicht ungleich / weder an Gestalt / noch Stande / und heisset Frl. Klara / meines Herkules leibliche und einige Schwester; dafern nun seinen Eltern diese ihres Sohns Liebe nicht zuwieder ist / welches ich vor allen dingen wissen muß; und hernach dieses Frl. inwendig Vierteljahrs frist nicht verlobet / wil ich mich gerne bemühẽ / ihm in dieser Heyraht bedienet zu seyn; wiewol andere als vertrauete Freunde aus meinem erbieten muhtmassen könten /ob böhte ich meine Frl. Schwester feile; dessen in diesem falle ich mich nicht fürchte. Fr. Saptina fiel ihr umb den Hals / herzete und küssete sie / und gab zur Antwort: Ach daß mein GroßFürst dieses erbieten anhören solte / welcher in dieser Welt höhers nit wünschet / als daß sein Sohn wirdig währe / mit dem HochFürstl. Teutschem Geblüte sich zuvermengen; deßwegen wird eure Liebe uns allerseits zu ihren Diensten verbinden / wann sie diesem Vorhaben beständig nachsetzen wird. Woldann / sagte Fr. Valiska / ist eure Liebe dessen gewiß / so wollen wir dem Vater es noch so bald nicht offenbahren / sondern eine eilige Botschaft nach Teutschland abfertigen / und diesem Fräulein in des jungen Fürsten Nahmen etliche Kleinot schicken / nicht zweifelnd / ich werde auff mein Schreiben schleunige Antwort bekommen. Saptina machte sich geschwinde nach ihrer KleinotLade /nahm achte der besten uñ kostbahresten hervor / auff 80000 Kronen geschätzet wozu Valiska eben so viel /gleiches preises legete / redete alles mit Herkules ab /der ihr Schreiben verfertigen halff / und empfing sie von Arbianes einen köstlichen Ring / daneben ein Lateinisch Schreiben / in welches sie den Ring hinein legete / und einen Umbschlag darumb an das Fräulein. Inzwischen hatte sie nach Ladisla geschicket / daß er Neklam in den Bömischen Adelstand auffnehmen /und ihm Urlaub geben möchte / weil sie ihn nach Teutschland zuverschicken hätte. Azores ein Dolmetscher ward von Herkules mit gleicher Ehre angesehen / wie auch ein Teutscher / nahmens Ruprecht / welcher aus denen wahr / die Herkules [56] zu Padua loßgegeben hatte. Diese drey empfingen die Brieffe samt den Kleinoten und Geleits Brieffen / daß man sie allenthalben frey zihen lassen / uñ allen möglichen Vorschub zu ihrer Reise tuhn solte. Fr. Valiska unterrichtete sie alles dessen / was sie wolte bestellet haben /mit ernstlichem Befehl / Tag und Nacht / so viel möglich / zu eilen / daß sie bald wiederkommen / und in der Rükreise auff Jerusalem und Damaskus zuzihen solten / wann sie verhoffentlich schon würden abgezogen seyn; gab ihnen auch 30 Reuter / welche sie biß an den Eufrat begleiten solten; und muste von der Stunde an Arbianes auff Fr. Valisken Vermahnung sich alle Tage von Leches in der teutschen Sprache unterrichten lassen / welche ihm zimlich schwer ankam.
Diesen Abend empfing Artaxerxes aus CharasBrife; der König währe mit einer ungläublichen Menge Volks / schon vor etlichen Tagen auffgebrochen / und ginge der gemeine Ruff / er wolte ganz Persen zur Wüsteney / und alle Inwohner zu Leibeigene machen. Artaxerxes hielt hierauff Kriegsraht / und begehrete anfangs Herkules Meynung zuvernehmen / welcher also anfing: Es erfreuet mich sehr / daß Artabanus es auff die Spitze wagen wil / und den ganzen Kern seiner Mannschafft uns darstellen. Wir haben GOtt Lob / eine solche Menge wolgeübeter Völker / daß ich mit der helffte ihm das Häupt bieten / und seinen überfluß durch GOttes Hülffe dergestalt verwickeln wolte / daß sie mit ihren eigenen Schwertern sich niderschlagen /und den Weg zur Flucht durch ihre Herzen öffnen solten. Damit wir aber desto behutsamer und in mehrer sicherheit gehen / währe mein unvorgreiflicher Raht /wir setzten in guter Vorsichtigkeit gerade auff des Feindes Land / liessen die Inwohner frey ruhig bey dem ihrigen / daß sie nur nach vermögen Futter und Mahl schaffeten / und legeten uns an einen vortelhaften Ort mit einer angenommenen äusserlichen Furcht /wodurch der Feind in unvorsichtige Verwägenheit gestürzet / und alsdann mit geringem Verlust der unsern gedämpfet werden kan. Ob wir uns dann gleich nicht gar weit in Feindes Land zihen / schadet nicht / weil wir aus allen umbliegenden Freundes örtern alle Notturft überflüssig haben / und dem Feinde seinen Troz und Grim gar wol außharren können / wie ich mich dann keiner zeitigen Schlacht vermuhten bin /wo sonst Fürst Vologeses das Häuptwerk führet. Dieser Vorschlag ward von allen gut geheissen und angenommen / und der Weg mit zimlichen Tagereisen fortgesetzet / weil alle engen Durchzüge erweitert wurden / und legten sich auff Feindes Grund und Bodem / an einen Ort / da sie Wasser und Raum vor Menschen und Pferde hatten / auch keines Hinterhalts sich befürchten durfften. Fabius ging hieselbst mit seinen Völkern vor dem HäuptHeer / besser in Feindes Land / nachdem man ihm 5000 Römer abgenommen / und an deren stat 2000 Teutschen / 2000 Böhmen und 7000 von Arbianes fliegendem Heer zugegeben hatte / daß seine Völker auff 24000 Mañ bestunden. Herkules und Ladisla erinnerten ihn Brüderlich der guten Vorsichtigkeit / das er ja richtige Kundschaft halten /und sich in kein Treffen einlassen möchte / es währe dañ / daß er sicher wüste / dz nur ein fliegendes Heer auff ihn stiesse / welches von dem HäuptHeer nicht könte entsetzet werden. Artaxerxes gab ihm einen wolversuchten aber etwas furchtsamen Persischen Herrn / nahmens Phrataphernes zum GroßOberwachtmeister zu / und wünschete ihnen glük zum guten anfange. Artabanus wahr nicht weniger bemühet / seiner [57] Schanze acht zu haben / ließ nach gehaltener algemeiner Heersbeschauung seinen Völkern durch die Bank einen Monat-Sold erlegen / welches über 40 Tonnen Goldes außtrug / mit der Verheissung / dafern sie frisch fechten und das Feld erstreiten würden / solte ihnen abermahl so viel außgezählet / und doch am gebührlichen Solde nichts abgekürzet werdẽ; wodurch sie sehr willig und muhtig gemacht wurden; brachen auch bald auff / und hielten ihren Zug eine halbe Meile breit. Vologeses versahe alles durch gewisse vorsichtige Leute / und wolte nichts unbedachtsames vornehmen / weil er der unsern wachsame Vorsichtigkeit gar zu wol erfahren hatte; taht auch so viel bey diesem Feldzuge / daß wann seine Gegenwart nicht gewesen währe / alle Völker würden auf die Schlachtbank geliefert seyn; dann Artabanus verließ sich auff die grosse Menge / meynete es könte ihm nicht fehlen / sondern müste eilen / damit das Fräulein nicht vor seiner ankunft entführet würde; ja er stund fest auff der meynung / die Reuterey solte voraus zihen / und das Fußvolk algemach folgen; aber Vologeses zeigete die Gefahr / und brachte alle FeldObristen auff seine Seite / daß der König seinen Vorsaz endern muste. Er bekam aber auch Zeitung / daß der Perse mit allermacht fortrückete / und nicht weit von den Parthischen Grenzen währe / ginge gar behutsam / und würde die Reuterey in die 200000 stark von den beyden fremden Fürsten; das Fußvolk / etwa des vierdenteils geringer / von Artaxerxes und Phraortes geführet. Artabanus ließ sich darauff vernehmen / es währe unmöglich / daß die Auffrührer so stark seyn könten /doch es sey wie ihm wolle / sagte er / so ist doch der Sieg unser / wañ wir ihn nur hohlen dürffen; unsere Macht ist über den vierdenteil grösser / die Völker alle geübet und mit waffen wol versehen; geschwinde lasset uns auff sie angehen / daß die Fremdlinge uns nicht entlauffen / wann sie unsers anzuges gewahr werd; dann wir müsten uns immer und ewig schämen / daß die frechen Buben lebendig davon kommen /und des uns zugefügten Schimpfs sich anderweit berümen solten. Vologeses sahe vor Augen / daß auff solche Weise die Niederlage gewißlich erfolgen würde / welches nach mögligkeit zuverhüten / er in aller FeldObristen Gegenwart den König also anredete: Ich bin zu wenig / ihrer Königl. Hocheit und gegenwärtigen hochverständigen Fürsten / einigen Raht vorzutragen / und zwinget mich dannoch mein Gewissen / und der schwer geleistete Aid / das ich mein gutdünken unangezeiget nicht lassen kan. Vor erst bleibe ich noch bey meinem festgelegeten Grunde / daß wir vorsichtig spielen müssen / wann wir nicht verspielen wollen; und wann wir die Täg- und stündliche Kundschaft nicht fortsetzen / werden wir diese tapffere Völker ins verderben stürzen / ehe sie es selbst inne werden. Es ist nicht der Perse Artaxerxes / noch der Mede Phraortes / noch der Hirkaner Menapis / die an jener Seite alles versehen; dann diese / wie frech und verwägen ihrer etliche seye mögen / achte ich sie doch nicht eines Pfifferlinges wert; sondern es sind Herkules und Ladisla / zween Strahlen und Donnerkeile /die ihre Stärke mit Wiz anwenden / und ihren Wiz durch Vorsichtigkeit stärken. O lasset uns ihre Jugend nicht verachten / wie vor zeiten der großmächtige Darius den Mazedonischẽ jungen Alexander verachtete /und darüber Reich uñ Leben verlohr. Fraget Spitamenes / Madates / Bagophanes und mich / wie sie fechten und zugleich befehlen. Haben sie so viel Völker /als gesagt wird / und ich schwerlich gläuben kan / ja haben sie gleich den drittenteil weniger / so wil ihrer Königl. Hocheit ich mein Leben zu pfande geben /daß sie es nicht aufs [58] lauffen / sondern streiten setzen werden / und wir daher nicht Ursach haben / das Heer durch grosse Tagereisen abzumatten. Habe ich nit allemahl erinnert / man müste den Auffbruch nicht verweilen / damit die Feinde uns nicht in unser Feldmark begegneten? Aber wer hat mich hören wollen? ja wer hat mich nicht verlachet? versichere sich ihre Königl. Hocheit / daß Herkules und Ladisla ihre Leute in Charas haben / und von ihnen tägliche Zeitung einnehmen / was zu Hofe und bey dem Heer vorgehet; meynet eure Hocheit / dz sie unsern Aufbruch nicht gewust haben / ehe wir zu Pferde blasen lassen / und einen Schrit fortgesetzet? wer hatte ihnen Madates und seine Ritter verrahten? sie wustens ja / und wusten ihre Abzeichen nach den allergeringsten umbständen. O so lasset uns doch auch Vorsichtigkeit gebrauchen / welche / ob sie uns gleich nicht nöhtig währe / sie uns doch nicht schädlich seyn kan. Nicht rede ich solches / ob wolte ich am künfftigen Siege zweifel tragen; welchen wir gleichwol noch nicht in den Händen haben / nur wünsche ich / die Auffsicht im Spiel / deren hindansetzung uns dürfte schädlicher seyn / als der Feinde Schwerter; dann wir hören ja /das ein wolgeseztes Heer es mit uns aufnehmen wil /und wir nicht so gar ohn Blut die Wahlstat behäupten werden. Ihre Königl. Hocheit gedenke meiner / wo nicht der Feind ihm schon einen bequemen Ort außersehen hat / da er mit Vortel streiten / uñ unserer Menge die freie Außdehnung benehmen kan; was hilfts uns dann / ob wir mehr oder weniger haben? Als vor acht Jahren ich 60000 Indier mit 20000 Parther erlegete / halff mir der Ort / sonst währe ich gefressen worden; diesem nach müssen wir nicht allein des Feindes Völker zählen / sondern ihrer Führer Wiz und des Orts Gelegenheit beherzigen / als dann wollen wir mit ihnen das Spiel frisch angehen / und umb den Stich mit ihnen die Haar zausen. Der König hörete fast unwillig zu / meynete / es stünde seiner Macht schimpflich an / durch dergleichen Vorsichtigkeit einiges Zeichen der Furchtsamkeit sehen zulassen; Weil aber alle FeldHerren Vologeses beypflichteten / und nicht allein durch einführung unterschiedlicher begebenheiten erhärteten / daß durch geringe Verwarlosung oft die grössesten KriegsHeere in äusserstes verderben geführet währen / und daß die kluge Vorsichtigkeit keinem zur furcht außgelegt werden möchte; ließ er sich bereden / nur daß er mit einem Hohnlachen fragete / ob dann die beyden jungen Laffen eisern oder stählern währen / daß man sie dergestalt fürchtete; ja ob nicht eine kleine Schaar nach der andern an sie setzen könte / biß sie entweder lebendig gegriffen / oder nidergesäbelt währen. Worauf Vologeses mit wenigem antwortete: Es währe ihrer Königl. Hocheit ohn sein erinnern / wol bewust / daß im Felde eine jede Schaar ihre bestreiter fünde / daß wann sie meyneten ein abgemattetes Häuflein anzugreiffen /würden solche alsbald von andern entsetzet; wiewol er selbst hoffen wolte / man würde diesen beyden unverzagten und tapferen Helden auf solche oder dergleichen Art beykommen können. Ein sehr verwägener Parthischer Herr / nahmens Dorylaus / dem der Vortrab anbefohlen wahr / ließ sich vernehmen / er vor sein Häupt könte nicht absehen / was vor sonderliche Gefahr bey diesem Zuge zubefürchten währe; je näher ihnen der Feind stünde / je zeitiger könte man mit ihnen fertig werden. Welches dem Könige so wol gefiel / daß er zu ihm sagete: Du erzeigest dich auff gut Parthisch / mein Dorylaus / deßwegen brich auff mit deinem Heer / und hohle die erste Ehre von den Persischen weichlingen. Dieser nicht faul / hieß seinen Völkern das Zeichen gebẽ / [59] und erklärete sich /nicht zu ruhen / biß er so manniches Persen Zunge dem Könige liefern könte / als er Reuter unter seinem befehl hätte. Vologeses wolte ihm nicht bald anfangs einreden / aber da er im Auffbruch begriffen wahr /trat er mit Pakorus und Vonones hin zu ihm / und band ihm hart ein / sich ja in keine Feldschacht einzulassen / er sähe dann / daß er beydes an Macht uñ Orts Gelegenheit den Feinden überlegen währe. Dieser aber rechnete solches vor eine Beschimpfung / und gab zur Antwort: Sein König hätte ihm Freyheit anzugreiffen erteilet / und könte man allemahl weder den Ort mässen / noch der Feinde Köpffe zählen; wünschete demnach / daß inwendig 24 Stunden ihm etwa 60 oder 70 tausend Persen auffstossen möchten /umb Gelegenheit zu haben / sein Versprechen bald zu leisten / und trüge er grosses verlangen / zuerfahren /ob die lustergebene Weichlinge die Persen in so kurzer Zeit ein MannesHerz und EisernFleisch bekommen hätten. Worauff Vologeses die Anwesendẽ zu Zeugen rieff / und sagete: Höret Dorylaus / ich verstehe eure schimpfliche Spotreden sehr wol / deren zu gelegener Zeit ihr mir rechenschaft geben sollet; aber umb euer guten Völker willen warne ich euch noch einmahl als ein Freund; werdet ihr bey diesem Vorsatze verharren / so ist dieses redliche Heer schon ein Opffer der Feinde; es sey dann / daß ihr etwa einen ruchlosen Persen antreffet; ich bin auch ehmahls verwägen gewesen / aber es wil sich nicht allemahl so tuhn lassen; fahret nur wol / gesund sprechen wir uns wieder. Dorylaus entschuldigte sich mit wenigem / er hätte niemand beschimpfet / aber er bähte die Götter nochmahls / daß sein Wunsch bald erfüllet würde / ob gleich zehn Herkules und zwanzig Ladisla unter den Feinden währen: wüste auch schon / daß geträue Diener eines Königes / einer dem andern sein besser Glük nicht göñeten. Pakorus kunte solche Freyheit nicht länger dulden / und gab ihm zur Antwort: Mein Kerl /du solt gleichwol wissen / daß du mit dem algemeinen Feldmarschalk redest / welcher dich zu vermahnen / ja dir zubefehlen hat / und dafern du lebendig wiederkommen wirst / werde ich dich auch zubesprechen haben. Dieser wuste daß Pakorus seines gleichen an Kraft und Kampfs-erfahrenheit unter allen Parthen nicht hatte / deßwegen wolte er seinen Zorn nit reizen / sondern sagte: Gn. Fürst / ich verbleibe euer Durchl. gehorsamer Diener / und gehe fort auff unsers Königes Befehl. Nun schikte sichs gar bald / daß diesem frechen Menschen sein Wunsch in die Hand fiel / wiewol zu seinem schweren Unglük; dañ Fabius hatte desselben morgens sehr früh Kundschaft eingezogen /daß des Feindes Heer nicht so gar weit währe / wehrete auch nicht lange / daß ein reitender Bohte in dem Flecken / darin sich Fabius gelegt hatte von dieses Dorylaus Anzug Zeitung brachte; dann Fabius gab sich mit seinen Völkern vor Parthisch an / die im Königreiche Armuzia geworben währen / uñ nach dem Häuptlager eileten / welches ihm sicher gegläubet ward. Er fand hieselbst Futter und Mahl vor Pferde und Menschen / daß sie sich wol labeten und drey Stunden ruheten; gab inzwischen Phrataphernes zuverstehen / daß er gesonnen währe / diesem Feinde auff gute begebenheit Fuß zuhalten / ob sie ihnen gleich an der Zahl in etwas möchten überlegen seyn; dann sie zögen in aller sicherheit daher / und würden kaum Zeit gewinnen / sich in Ordnung zustellen. Dieser wiederriet solches heftig / weil ihnen ohn Vortel zuschlagen verbohten / und der Feind an Mannschaft viel zu stark währe; so würde auch viel darauff gesehen / wie das erste Treffen ablieffe; währe demnach seine Meynung / daß man sich zurük [60] zöge / und mehr Hülffe foderte. Aber Fabius wuste ihm dieses beständig zu wiederlegen; den Vortel müste man suchen /und fleissig darnach aus seyn / alsdann fünde er sich wol selbst; er achtete den geringen überschuß an feindes Seite nicht; wann der gröste teil geschlagen währe / solten die übrigen nicht viel wesens machen; hoffete auch die Schlacht also zuführen daß ihm der Sieg nicht entstehen solte. Weil nun Phrataphernes noch immer das Wiederspiel hielt / rieff er H. Herman und H. Marobod / welche die Teutschen und Böhmen führeten / mit in den Raht / welche nach ihrer Herzhaftigkeit sageten / es würde ihnen eine ewige Schande seyn / wann sie mit so statlichen Völkern sich scheuhen solten / den Feind zuversuchen; wer nicht wagete / der gewünne nicht; könte man das Feld nicht erstreiten /müste man doch den Muht sehen lassen / und da man übermannet währe / stünde ihnen der Abzug offen / da ihnen die Feinde aus furcht eines Hinterhalts nicht eilig folgen würden; währe demnach ihre bitte / diese Gelegenheit / Ehre und Beute zuerlangen / nicht unter den Händen zerrinnen zulassen / und würde man ihren Teutschen und Böhmischen Völkern / wie wenig ihr auch währen / die Freyheit gönnen / sich an den Feind zureiben / wann auff den unverhoffeten Fall die übrigen sich nicht wagen wolten. Hiemit wahr der Perse überstimmet daß er einwilligte / brachen in allerstille auff / und liessen unterschiedliche einzelne Reuter hin und wieder außgehen welche drey Bauren auf fingen /uñ diese Kundschaft einzogen / Dorylaus Vortrab hätte sich eine gute Meile von dannen ins offene Feld nider gelassen / und läge in aller sicherheit. Fabius ordente seine Völker / und gab Phrataphernes 10000 Mann / die Teutschen / Böhmen / Römer / samt sei nen 1000 gewerbenen / und die 7000 Meden behielt er bey sich / und gingen in zween Flügeln eilig fort. Auff halben Wege fingen sie noch drey einzelne Reuter und sechs Bauren / gegen welche sie sich Parthische erkläreten / und von ihnen Bericht empfingen /ihr Heer währe 40000 stark / die helffte stünde in guter bereitschaft / die andern hätten ihre Pferde in die Graßweide gejagt. Wolan / sagte Fabius / unsere Zeit ist kommen; hieß Phrataphernes nach der Linken zihen / umb zuverhüten / daß die Abgesattelten nicht zu Pferde kähmen / die er leicht überfallen / oder doch nur aufhalten könte; den seinen aber redete er frisch zu; jezt währe Zeit / ein manlich Herz sehen zulassen; ruhm würde nicht durch Furcht und Faulheit / sondern durch unerschrockenen Muht erworben; es währe der erste Angriff welchen das Glük ihnen in die Hand gespielet hätte / der müste frisch gewaget seyn / alsdann würden die Götter sich mit einmischen / und den Sieg zu wege bringen. Dieses trug er ihnen Persisch und Lateinisch vor / welches ein Teutscher / der Latein kunte / seinen Landsleuten und Böhmen verdolmetschete / die sich alle freudig erzeigeten / und auff den Feind loßgingen. Fabius hatte an seiner Seiten drey hauffen gesezt; der erste wahren 4000 Meden / der andere die Teutschen (unter denen 250 Schlachtschwerter) und Böhmen / ingesamt auch 4000 / den dritten /als 2000 Römer / seine 1000 geworbene / und 3000 Meden behielt er vor sich selbst. Als sie des Feindes Schildwache ersahen / gingen sie eiferig auff dieselben loß / und zerhieben sie in Stücken / wiewol deren zween hart verwundet davon kahmen / und doch /weil ihnen der gerade Weg abgeschnitten wahr / bey den ihren nicht so bald anlangen kunten / daß sie die Gefahr hätten andeuten mögen; dann Fabuis setzete frisch fort; ward gleichwol von Dorylaus so zeittig ersehen / daß er ihm 6000 geworbene entgegen schickete / die ihn weichend [61] fechtend auffhalten solten / biß er seine Ordnung etwas besser gerichtet hätte. Fabius wolte diesen / seinen Medischen hauffen entgegen schicken / aber die 2000 Teutschen hielten an umb den ersten Angriff / und stürmeten mit solcher Wuht auff diese Feinde / daß deren in einer viertelstunde über 4000 nidergehauen wahren / dessen Freunde und Feinde sich entsetzten. Dorylaus wuste nicht was er gedenken solte / daß die seinen wie Mücken zur erde stürzeten / und schickete ihnen 3000 Parther und 1000 Skythen zum entsaz; aber die Böhmen gingen diesen unerschrocken entgegen / und hielten sie ritterlich auff / biß die Teutschen mit den ihren fertig wahren / da wolten sie den Böhmen die hülfliche Hand bieten; welches Dorylaus ersehend / ihnen 3000 geworbene entgegen gehen ließ / denen sich 1500 Teutschen wiedersetzeten / die übrigen gingen den Böhmen zuhülffe / und tahten ihnen solchen Beystand /daß sie den Feind auff die Weichseite brachten / nachdem an diesem Orte 600 Skythen und 1000 Parther gestrekt lagen. Ihr FeldHerr sahe daß dieses endlich kein gut tuhn würde / schickete deßwegen nach den Ruhenden / die eine Viertelmeile von ihm in den Wiesen lagen / und ließ sie auffs schnelleste zu sich fodern / mit anzeige / daß die Noht grosse Eile bedürffte. Er aber brach mit seinen übrigen 7000 loß / in Meynung / die 1500 Teutschen einzuschlissen; aber Fabius griff sie von einer Seite mit den 4000 Meden /von der andern mit seinem eigenen hauffen an / da die Römer sich sehr wol hielten / und mit ihren Speeren 800 Feinde zu Bodem wurffen / aber doch dieselben auff die Weichseite nicht bringen kunten; den Meden ging es sehr hart / dann 3000 wolgeübete Skythen und Parther traffen auff sie / denen sie bey weitem nicht gewachsen wahren / sondern zeitig zurük wichen /nachdem ihrer 800 erschlagen / und 1500 hart verwundet wahren. Fabius befürchtete sich aus dieser schlechten bezeigung seiner Meden / es möchte Phrataphernes an seinem Orte nicht wolgehen / wolte deßwegen alhie nicht lange seumen / und die obgedachten nohtleidenden Meden vor erst entsetzen / welches ihm so wol glückete / daß er sie wieder in Ordnung und zum Stande brachte. Doch wolte ihm Dorylaus nicht lange Zeit gönnen / sondern setzete so grimmig auff ihn hinein / daß wo die Römer ihre Glieder nicht so fest gehalten diese ohnzweiffel durch gebrochen / und ein grosses Blutbad angerichtet hätten. Die 1500 Teutschẽ richteten in kurzer Zeit 1800 von den 3000 geworbenen zu grunde / weil sie nicht sonderlich erfahren wahren / daher die übrigen sich auff Dorylaus hauffen zogen / und hingegen die Teutschen sich mit Fabius zusa en setzeten. Da gab es nun einen überaus harten Streit / und bemüheten die Meden sich äusserst / den genommenen Schimpff zuersetzen. Die beydẽ FeldObristen gerieten in absonderlichen Streit aneinander / und weil sie beyderseits guter Fäuste und unverzagtes Herzens wahren / wolte keiner dem andern nachgeben / biß endlich dieser Kampff durch etliche Parther und Römer getrennet ward. Die Böhmen mit ihrem Teutschen Entsaz / hatten ihren Feind auch so weit schon gebracht / daß sie sich nach Dorylaus hauffen hinzogen / der noch einen starken hauffen machte / in Hoffnung / die unsern so lange auffzuhalten / biß ihr Entsaz ankähme. Aber so bald Fabius die seinen auch zusammen gesezt hatte / hieß er die Teutschen und Böhmen ruhen; mit den übrigen traff er auff den Feind mit solchem Ernst / daß er nicht stand halten kunte / wiewol er als ein rasichter Hund umb sich hieb. In dem sahe H. Herman einen frischen hauffen / 800 stark / mit verhengetem Zaume daher rennen / und fürchteten sich die unsern sehr / Phrataphernes würde [62] den kürzern gezogen haben; an dessen Seite es also erging. Als er muhtig gnug mit seinen 10000 Reutern ansetzete / traff er zu seinem Unglük auff einen Graben / welcher zwar nicht breit / aber zimlich tieff wahr / das die Pferde überzuspringen scheuh trugen; daher der Feind so viel Zeit gewan /daß 1000 Skythen und 2000 Parthen sich zu fusse in Ordnung setzeten / und die unsern / so etwas furchtsam angingen / auffhielten biß etliche tausend zu ihren Pferden kahmen; und weil es ohndaß ein zimlich enger Plaz wahr / kunten sie die unsern zur Noht bestehen; hätten auch / da sie alle zu Pferde sassen (dann ehe sie zun beinen kahmen / wurden ihrer kaum 2500 erschlagen) die Persen leicht abtreiben und gar auffreiben köñen / nachdem sie ihnen beydes an Mañheit uñ Menge überlegen wahren; aber es geriet Phrataphernes zum guten Glük / daß eine Botschaft über die andere von Dorylaus ankam uñ beystand foderte /daher sie 4000 Parther und gleich so viel geworbene ihm zuschicketen; die übrigen hielten so fest Wiederstand / daß die Persen ihnen nicht allein nichts angewinnen kunten / sondern etlichemahl zu weichen gedrungen wurden. H. Herman empfing die geruheten mit solchem einbruche / daß ihrer bald anfangs 3000 stürzeten / dañ sie hatten ihre Glieder nicht fest geschlossen / und wurden von den Schlachtschwertern immer nidergematzet / denen sie nicht zubegegnen wusten; wiewol 2000 Parther von diesem hauffen eine besondere Schaar macheten / und damit den Teutschen zur Seite eingehen wolten / worauf sich diese wenden und eine andere Ordnung machen musten. Das Glük fügete die beyden FeldHerren abermahl aneinander / da Fabius seinem Feinde im dritten Hiebe den rechten Arm lähmete / daß er das Schwert fallen lies / und als er außreissen wolte / stieß er ihm das Schwert in die Gurgel / daß er zu bodem stürzete; die Römer umb ihn her trieben die Feinde ab / und machten ihm Raum / daß er absteigen und dem erstochenen das Häupt abschlagen kunte / welches ein Ritter auff sein Speer stecken / in die höhe richten / und dabey auff PersischGewonnen Gewonnen ruffen muste; Worauff den Feinden dieses Orts das Herz entfiel / daß sie wie das Vieh nider gesäbelt wurden / wobey die Meden sich vor andern wol gebraucheten / so daß von dieser Schaar etwa 290 verwundete davon flohen. So bald dieser Sieg behäuptet wahr / ging Fabius mit 800 Teutschen / 1500 Böhmen und so viel Römern nach Phrataphernes / welcher von den Parthen dergestalt geängstet ward / daß er die seinen kaum von der Flucht abhalten kunte. Er vor sein Häupt hatte ritterliche Gegenwehr getahn / und einen berümten Parthischen Obristen / nahmens Pampazius erleget; aber die seinen wusten sich in die schweren Streiche nicht zuschicken / also daß ihrer schon 3000 erschlagen und 2000 verwundet wahren / da Fabius bey ihnen ankam / und mit seinem hauffen dergestalt einbrach / daß die Persen Lufft bekahmen / und sich des entsatzes höchlich freueten. Hier ging es nun dergestalt über die Feinde / daß sie zurük getrieben wurden / wobey die Römer sich sehr wol hielten. Das andere Heer / welches Fabius zurük gelassen hatte / umbringete die übrigen Feinde / mit welchen die Teutschen und Böhmen ihr Handgemenge hatten / und lieffen nicht abe /biß sie alle miteinander erschlagen wahren. Nur hatte sich gegen Fabius ein Häuflein von 500 Skythen und 2500 Parthen gesetzet / die sich über die masse wol hielten / uñ ungerochen nicht sterben wolten / daher er ihnen Freyheit und Leben versprach / welches sie annahmen und das Gewehr von sich wurffen. Hiemit wahr der herliche Sieg erstritten / wiewol nicht so gar ohn Verlust; dann 6500 Meden [63] und geworbene wahren erschlagen und 5400 hart verwundet. Von den Römern lagen 28 Mann; von den Böhmen 12 / und von den Teutschen / daß zu verwundern / nur 14 / von Fabius geworbenen aber 150 auff der Wahlstat; wiewol 200 Römer / 120 Böhmen / und 90 Teutsche /auch 160 geworbene Fabische dergestalt verwundet wahren / daß ihrer fast die helffte im folgenden Häupttreffen nicht kunten gebraucht werden. Funden sich also alles in allen an unser Seite 6704 erschlagene / und 5970 verwundete. Hingegen lagen 36700 Feinde auff der Wahlstat gestrecket. Zeit des treffens hatten sich zehen geworbene Hirkanier und Assyrische von dem Feind an unsere Seite begeben / weil sie zu dienen von den Feinden gezwungen wahren; hielten sich auch so tapffer in der Schlacht / daß sie 23 von den Feinden erlegeten / und ihrer fünffe dagegen das Leben einbüsseten; die übrigen wurden biß auff einen / zimlich verwundet / und zeigeten nach erhaltenem Siege Fabius an / was gestalt Dorylaus seinem Könige 40000 Zungen von Persischen Kriegsleuten versprochen hätte; worüber das Heer sich dergestalt eiferte / daß sie allen erschlagenen Feinden die Zungen außschnitten / und sie den gefangenen zutragen auffbürdeten; Fabius aber des Dorylaus Zunge selbst zu sich nam / und das Häupt einem Römer zu tragen gab. Die Plunderung der Erschlagenen ward den Völkern gegönnet / da sie überaus grosse Beute macheten / massen keiner an Feindes Seiten gefunden ward / der nicht 20 und mehr Kronen bey sich gehabt hätte. Phrataphernes erinnerte die Persischen Reuter / sie möchten bedenken / daß die Fremden das meiste bey dem Treffen verrichtet / und allenthalben kräfftigen Entsaz geleistet hätten; währe demnach billich / dz man ihnen von der Beute etwas vorab gönnete; wodurch er erhielt daß alle geraubeten Gelder und Geschmeide herbey gebracht wurden / da sich 889000 Kronen an Baarschafft / 3000 Ringe / durch die Bank auff 120000 Kronen / 230 par Armbänder auff 112000 Kronen am wert befunden / welches ingesamt 1121000 Kronen außtrug / und in zween gleiche Teile gelegt ward / so daß die Persischen Völcker (deren noch 11350 lebendig wahren) die eine helffte; die Teutschen / Böhmen und Römer aber (deren Zahl in 5964 bestund) die andere helffte bekahmen / da einem jeden gemeinen Reuter 48 Kronen; jedem unterbefehlichs haber (deren 120) 235 Kronen; jedem Fähndrich und Unterritmeister (deren 60) 1800 Kronen; jedem Rittmeister (deren 30) 3000 Kronen; und jedem Obristen (deren 3) 18000 Kronen außgeteilet wurden; den überschuß gab man den Troßbuben. Die Pferde der erschlagenen wurden auffgefangen / deren sie 44000 bekahmen / und nach obiger gleicheit außteileten / so viel sichs leiden wolte. Was aber ausser den Reitpferden im Lager gefunden ward / als 120 Wagen mit Speise / Trank / Kleidern / Gezelten und Gelde (welche Baarschaft auff acht Tonnen Goldes sich erstreckete) solches alles nam Fabius zu sich in verwahrung / speisete die Völker eilig / und kehrete noch denselben Abend umb nach dem Häuptlager / woselbst er des folgenden Tages bey spätem Abend anlangete /und von ferne mit grossem Freudengeschrey empfangẽ ward. Die gesamte Fürsten ritten ihm frölich entgegen / und sahen bey den vielen gesattelten ledigen Pferden / daß eine sehr grosse Menge der Feinde muste erschlagen seyn / worüber unsere Helden insonderheit sich höchlich erfreueten / daß ihrem lieben Freunde es so wol gelungen wahr / welcher den Helm abtaht und mit diesen Worten Artaxerxes anredete: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädiger Herr; hier liefere ich euer Durchl. des verwägenen [64] Parthischen FeldHerrn Dorylaus sein Häupt / welches mir das Glük gegönnet /und dabey 3000 gefangene Skythen und Parthen /(denen ich / weil sie ihrer Haut sich redlich gewehret /Leben und Freyheit versprochen) nebest 36000 Zungen der erschlagenen Feinde / welche ihnen zur Rache billich abgeschnitten sind / weil Dorylaus seinem Könige 40000 Persische Zungen versprochen hatte. Ich habe diesen Sieg von dem Himmel umb 6704 Köpffe meines Heers erhalten; die übrigen haben die Beute auff der Wahlstat brüderlich geteilet / und was ich im Lager angetroffen / überlieffere ich hiemit euer Durchl. als dem algemeinen OberFeldHerrn untertähnig ein; das Glük gönne uns / daß die künftige Haupt-Schlacht mit gleichmässigen / oder wie ich hoffe / besserem verfolg ablauffen möge. Artaxerxes umbfing ihm mit beyden Armen / rühmete seine Tugend und Mannheit vor dem ganzen Heer / und nachdem er ihm die mitgebrachte Beute eigentuhmlich zugesprochen hatte / warff er ihm eine DemantKette /am wert über 80000 Kronẽ an den Hals / womit er ihm Dorylaus Häupt ersetzete. Es entstund aber eine solche Freude bey dem Häupt Heer / als ob des Fein des ganze Macht schon gebrochen währe; nur die Teutschen / so zurük blieben wahren / liessen sich traurig merken / dz sie hätten feiren müssen / als sie ihrer Landsleute wolbespikte Beutel und trefliche Pferde sahen. Doch versicherte sie Herkules / daß sie inwendig fünff oder sechs Tagen sich dessen nicht mehr betrüben solten. Auch Artaxerxes wie er von den Persen berichtet wahr / was vor Tahten die Teutschen begangen / wunderte sich dessen so gar / daß er sie vor sich foderte / ihr Wolverhalten rühmete / und jedem durch die Bank 12 Kronen außteilen ließ; hernach ward allen Teutschen / Böhmen und Römern des ganzen Heers gleich so viel gegeben / umb daß sie zur bevorstehenden Schlacht solten auffgemuntert werden. Sie hatten alle erschlagenen unsers Heers mit sich auff Pferden und Wagen übergebracht / welche ehrlich begraben / den Teutschen / Böhmen und Römern aber grosse Mahlsteine auffgerichtet wurden. Die obgedachte von den Feinden übergelauffene wurden wegen des feindlichen Lagers befraget / wovon sie aber wenig Nachricht zugeben wusten / weil sie erst neulich auffgefangen / und zu dienen gezwungen wahren. Aus den Gefangenen aber kunte man nichts kriegen / sondern gaben zur Antwort: Sie währen entschlossen gewesen auff der Wahlstat ritterlich zu sterben / da ihnen der FeldHerr Leben und Freyheit angebohten hätte / welches sie auch angenommen / und auff solche masse sich ergeben; nun währen sie nicht gemeinet / sich als Verrähter gebrauchen zulassen /sondern viel lieber zu sterben / da dañ ihr Blut über Fabius Rache schreihen solte. Artaxerxes wiederantwortete: Hiedurch würde das versprochene durchaus nicht gebrochen / sondern Kriegsgebrauch währe / das gefangene auff die Befragung richtigen bescheid geben müsten; drang doch weiter nicht in sie / sondern sonderte die Skythen ab von den Parthen / uñ sagte zu ihnen: Euer FeldHerr Karthasis ist mein ehmaliger Spießgeselle / und hätte mich zu ihm nicht versehen / das er sein berümtes Schwert wieder mich auffheben würde; jedoch stehet einem Ritter frey / zu dienen wo er wil / wans nicht wieder sein Vaterland gilt. Ich wil aber umb unser alten Kundschaft willen euch wieder zu ihm hinschicken / und solt ihr nähst anmeldung meines Grusses ihm hinterbringen; ich hätte so wol frische Gelder als der Parthische Wüterich / die ich ihm lieber als einem andern gönnen möchte / aber weil ihm die Parthischen besser gefallen / wolle ich ehist mit ihm spielen / wer sie miteinander haben [65] solle. Hernach deutet Vologeses und Pakorus an / sie sollen sich auff geruhete Arme schicken / ich wolle ihnen zu dreschen gnug schaffen; doch daß sie als redliche Fürsten ihrem unredlichen Wüterich zureden / der Persen Zungen hinfüro zu schonen / wie ich dann nimmermehr gläuben kan / daß sie ihrer selbst so gar vergessen / und des Dorylaus Vornehmen / welches Artabanus eingewilliget / ihnen haben gefallen lassen; Im wiedrigen wil ich alle Parthische Inwohner und Kriegsleute / hoch und niedrig / die mir unterhanden kommen / ohn Zungen / Ohren und Nasen lauffen lassen. Hierauff schenkete er einem jeden ein gesatteltes Pferd und drey Kronen / und daß er sie des folgenden Morgens unter sicherer Begleitung wolte nach ihrem Lager bringen lassen; dessen sie sich höchlich bedanketen / uñ doch nicht das geringste von ihrer Völker zustande melden wolten. Nachgehends wurden die Parther von einander geführet / und mit bedräuung befraget / da sich ihrer fünffe schrecken liessen / und was sie wusten anzeigeten /mit bitte / es ihren Spießgesellen nicht kund zutuhn /sie müsten sonst ohn alle Gnade sterben. Die Fürsten gingen zuraht / wie sie es mit den übrigen Parthen halten wolten / von denen GroßFürstin Valiska ihr etliche zu schenken baht / welche sie Artabanus zur Verehrung übersenden wolte; worauff ihr Artaxerxes den ganzen hauffen / nach belieben damit zu schalten / übergab; welche des folgenden Morgens zu Fuß mit den berittenen Skythen unter der Begleitung 600 Reuter fortgeschikt wurden / so daß jedem ein mit Parthischen Zungen gefülleter Beutel auff den Rücken gebunden ward; einer aber des Dorylaus Kopff und Zunge absonderlich tragen muste; dessen sie sich zwar anfangs wegerten / aber / auff gesprochene Urtel / daß ihnen allẽ die Zunge solte aus dem Halse geschnitten werden / solche ungenehme Bürde gerne über sich nahmen / nebest geleistetem Aeidschwur /sie ihrem Könige bloß zu lieffern; da dann ein Gesanter voraus nach dem Lager ritte / umb zu fragen / ob der Persischen begleitung freyheit könte gegeben werden / ihnen etliche gefangene zuzuführen.
Die außgerissene Parthische Reuter durfften nicht alsbald nach dem HäuptHeer kehren / weil sie über daß alle verwundet wahren / und deßwegen die nähesten Flecken und Dörffer suchten / ihren Wunden Raht zuschaffen. Etliche Kundschaffer / die von Vologeses außgeschikt wahren / und etwa eine Stunde nach Fabius abzug an die Wahlstat gerieten / ritten schleunig wieder zurük / jageten die ganze Nacht /biß sie umb den Morgen im Lager anlangeten / und in allerstille nach Vologeses Zelt gingen / mit bericht /Dorylaus ganzes Heer läge auff der Wahlstat erschlagen / schiene fast / als hätten sie sich selbst untereinander ermordet / und währen in ihrem eigenen Blute ersoffen / weil man nichts als lauter Parthische Völker liegen sähe. O des Jammers! sagte Vologeses; O wie bin ich leider sein gar zu wahrhafter Wahrsager gewesen! foderte Pakorus und Vonones zu sich / und klagete ihnen den schweren Unfall. Der verwägene Mensch / sagte er / hat zwar den Lohn seines frevels eingenommen / aber mich dauret der guten Völker; ohn zweifel wird ihm Herkules oder Ladisla das Fel also gegerbet haben / ehe ers recht inne worden / welches mir zwar leid ist / aber doch wegen unsers Königes mich in etwas erfreuet; dann es kan ihm zur Warnung Dienen / daß man den Feind unverachtet lasse /welchen er viel zugeringe schätzet. Der Bube ist meinem Schwerte entgangen / sagte Pakorus / dessen er vielleicht unwirdig gewesen; halte aber vor best / daß wir dem Könige es noch zur Zeit verschweigen / [66] und auff eigentlichern Bericht warten / welcher uns ohndaß mehr als zu früh ko en wird; wie solches auch geschahe; massen nach verlauff fünff Stunden die Verschlagene ankahmen / welche Vologeses ausser dem Lager aufffangen uñ vor sich allein fodern ließ / die ihm dann den Verlauff / ohn was mit denen in den Wiesen sich begeben hatte / erzähleten. Er machete sich darauff mit obgedachten beyden FeldHerrn nach dem Könige / ließ auch Osazes und Karthasis herzu ruffen / und fing also an: Allergnädigster König; hier stehen die teuren Fürsten / Herr Pakorus und Herr Vonones / die mit Ohren angehöret / wie geträu- und brüderlich Dorylaus von mir gewarnet worden / er solte sich ja nicht erkühnen / noch den Feind verachten / damit er das ihm anvertrauete Heer wieder liefern könte; aber an stat seines mir schuldigen gehorsams / hat er mich mit solchen schimpfliche Spotreden aufgezogen / daß Fürst Pakorus verursachet worden / ihn deßwegen zu rede zustellen / wozu ich mich zu gut hielt; worauff aber dieses erfolget / daß er als ein Unbesonnener fortgezogen / sich ins offene Feld unbeschanzet nidergeschlagen / und die halbscheid seiner Pferde ins Graß gejaget / als ob gute Sicherheit währe; worauff ihn der Feind mit geringer Mannschafft angegriffen / und nach kurzem Gefechte /neben allen den seinen / wie man nit anders weiß / nidergehauen hat; ist es aber nicht eine überaus grosse Schande / in solcher Unvorsichtigkeit zu gehen / da man einen solchen muhtigen Feind in der nähe hat? und von ihm nichts zuwissen / ehe man das Schwert im Eingeweide empfindet? zwar ich bin gnug entschuldiget / dann an meiner Warnung hats nicht gemangelt / und möchte wünschen / daß durch euer Königl. Hocheit anmahnung er nicht währe sicher gemacht / die solchen Frevel ihm eingegossen hatte /daß er wünschete / nicht unter 60 oder 70 tausend Feinde auff einmahl anzutreffen. Eines setze ich nur hinzu; hätte Dorylaus mich hören wollen / so lebete er noch mit den seinen; und geben die Götter / daß nicht seines gleichen hochmühtige Freveler uns die Sache noch viel schlimmer machen. Artabanus erschrak der Zeitung / und fragete nach / wie stark die Feinde gewesen; und als er deren geringe Mannschaft vernam /währe er vor Eifer schier aus der Haut gefahren. Aber Vologeses tröstete ihn; es könte ihnen sämptlich dieser Unfall zur warnung dienen / daß man desto vorsichtiger spielen lernete / damit nicht durch frecheit verlohren würde / was die Vorfahrẽ durch herzhafte Vorsichtigkeit des Arsazes vor vierhundert und etliche siebenzig Jahren ritterlich erstritten / und seine Nachkommen bißdaher kräftig erhalten hätten; vielleicht würden die Feinde hiedurch sicher und verwägen / dz in der Häupt Schlacht alles zehnfach könte eingebracht werden.
Des folgenden Tages gar früh gab sich der Persische Heer Hold an / und auff sein begehren erlangete er vor die Begleitung freien Abzug; jedoch daß ihnen 1000 Reuter unter Vologeses und Pakorus auführung solten entgegen zihen / und die Gefangenen annehmen; welches alsbald geschahe / da der Persische Führer diese Rede vortrug: Hochansehnliche Herren; nachdem von der Durchleuchtigsten GroßFürstin uñ Frauen / Frauen Valiska / ich gnädigst befehlichet bin / niemand anders als dem grossen Könige Artabanus meine Werbung vorzutragen / als ersuche ich die Herren / daß sie mich bißdahin geleiten. Vologeses und Pakorus beredeten sich dessen / liessen die Persische begleitungs Reuter zurük zihen / und mit den gefangenen Parthen kehreten sie umb nach ihrem Lager / da die [67] freygegebene Skythen in einem absonderlichẽ hauffen ritten. Vologeses fragete die Parthen / was sie in ihren Beuteln trügen / und bekam zur Antwort; es währe des Dorylaus straffe; wobey ers auch vordismahl bewenden ließ. Der Gesante ward bald vorgefodert / massen der König sehr begierig wahr / ihre Werbung zuvernehmen; und brachte dieser vor: Er währe von der Durchl. GroßFürstin Valiska / ehmahls Herkuliska genennet / an ihre Königl. Hocheit abgefertiget umb dieses verzutragẽ: Es hätte höchstgedachte GroßFürstin in erfahrung gebracht / daß gegenwärtige 2500 Gefangene ihrer Hocheit angehöreten / uñ sie deßwegen alsbald von der Dorylaischen straffe loßgebehten / um ihrer Hochheit dieselben ungestümmelt wieder zu geben / nachdem sie wol erkennete / derselben sehr verschuldet seyn / wegen vielfältiger empfangenen Woltahten; tähte ihr demnach leid / daß wegen längst zuvor geschlossener Heyraht mit GroßFürst Herkules / sie in diesem Stük ihrer Königl. Hocheit nicht wilfahren können / deren sie in allem übrigen / Zeit ihres Lebens gehorsam und bereitwilligste Dienste erzeigen / sich auch derselben zu aller väterliche Gewogenheit wolte anbefohlen haben. Artabanus hatte ihm viel eine andere Ursach der Gesandschafft eingebildet; nachdem er aber alle abdankung der ehelichen Liebe hörete / sahe er den Redener mit grimmigen Augen an / und fragete; wer ihn so verwägen gemacht hätte / mit solcher Werbung vor seinem Stuel zuerscheinen; meynet der abtrünnige Bube Artaxerxes / sagte er / daß es uns umb ein Händichen vol nichtwerter gefangenen zu tuhn sey / welche wir ihres unverhaltens selbst am Leben straffen werden. Der Gesante antwortete unerschrocken: Diese Kühnheit vor eure Königl. Hocheit zutreten / hat die Versicherung meiner Gn. GroßFürstin mir gemacht /nebest dem gemeinen VölkerRecht / welches allen Gesanten freyheit verspricht. Vologeses hieß den Gesanten einen Abtrit nehmen / und die gefangenen Parthen vorfodern / die mit kläglichen Gebärden und fliessenden Augen alle mitgebrachte Zungen nebest Dorylaus Häupt vor des Königes Füssen außschütteten /und der vornehmste unter ihnen also anfing: Allergroßmächtigster König; die Götter müsse es erbarmen / daß ihrer Groß Königl. Hocheit wir dieses elende Schauspiel anzurichten / durch einen schweren äidschwur gezwungen sind / wo wir sonst nicht alle miteinander auch unserer Zungen hätten wollen verlustig seyn. Sehet / allergnädigster König / sehet alhier mehr als 36000 Zungẽ / von unserm FeldHerrn Dorylaus uñ seinem KriegsHeer / welche die Feinde ihnen nach ihrem tode außgeschnitten / weil sie in erfahrung gebracht / daß Dorylaus euer Hoheit eine anzahl Persicher Zungen sol versprochen haben; ich scheuhe mich zuerzählen / was vor hönische reden von dem Persischen und Medischen Fürsten über diese Zungen sind außgeschüttet worden; ob die Parther Lust beko en hätten / Zungen zufressen. Allergnädigster König; haben wir armen gefangenen daran gesündiget / daß wir aus furcht unsere Zungen zuverlieren / uns zu dieser Verrichtung äidlich haben verbinden lassen so stehen wir hie / es mit unsern Köpffen zubüssen /als welche wir tausendmahl lieber / dañ nur die Zunge / verlieren wollen. Artabanus stellete sich nicht anders / als ob er rasend währe; befahl die Zungen hinweg zutragen / und die Gefangenen allein zuführen; und weil er vor Zorn nicht reden kunte / ließ er alle hohe Befehlichshaber zusammen kommen / und hierüber Raht halten; welche einen Abtrit begehreten / uñ auff gemachten Schlus durch Vologeses dieses vortrugen: Allergroßmächtigster König / wir ingesamt [68] euer Königl. Hocheit allergehorsamste Untertahnen und Diener / zweiffeln gar nicht / uns werde unser wolgemeineter Vortrag nicht ungleich außgelegt werden. Eure Königl. Hocheit werden sich allergnädigst erinnern /wie der freche Dorylaus sich vernehmen ließ / so viel Zungen der Persen einzulieffern / als er Reuter unter seinem befehl hätte. Dieses wird zweifels ohn den Feinden verrahten seyn / daher sie an unsern Leuten solches volstrecken / und uns verweißlich vorhalten wollen / man solle dergleichen unerbarkeiten müssig gehen / und nicht zu hoch trotzen weil das Glük Kugelrund ist / und bey niemand sich beständig erzeiget. Wolte Gott / daß wir durch uns selbst uns dessen erinnerten / und der Feinde unterweisung es nicht bedürffte / so dürfften wir dieses elende Schauspiel nicht vor unsern Augen dulden. Unser aller Meynung ist /Dorylaus habe durch sein frevelmuhtiges Vornehmen und erbieten / der Götter Zorn auff sich geladen / uñ durch deren wunderschickung den Spot einnehmen müssen / welchen er andern zugedacht hatte. Nicht sage ich dieses / den Todten anzuklagen / welcher seine Straffe schon außgestanden hat / sondern die Lebendigen zu warnen / daß sie sich an diesem Unfalle spiegeln; wiewol ich diese Taht der Feinde nicht gut heisse / sondern vielmehr der Rache wirdig schätze; jedoch nicht durch gleichmässiege Zungen-abschneidung / sondern durch niderschlagung der Tähter / und aller deren / welche ein gefallen daran tragen. Herrn Karthasis haben seine wiedergeschikte Skythen des abtrünnigen Artaxerxes dräuung angemeldet / dafern uns die Begierde nach der Persen Zungen nicht vergehen werde / wolle er ohn unterscheid allen Parthen / deren er mächtig wird / Nasen und Ohren darzu abschneiden; und wer kans ihm als einem Feinde verdenken? Nun begeben sich die Fälle wunderlich / und kan ein tapfferer Mann leicht in Feindes gewalt gerahten; aber würde derselbe nicht tausendmahl lieber sterben / als solcher dreyfachen nöhtigen und wolständigen Häupt-Glieder beraubet seyn? Lasset uns deßwegẽ Freunden und Feindenkund machen / daß des Dorylaus Zungen-hunger (so muß ichs mit dem Feinde nennen) unser keinem je gefallen habe; und doch der Durst der Rache in uns so groß sey / daß er weder mit Wasser noch Wein / sondern bloß nur mit der Feinde Blut könne gelöschet werden. Vor dißmah folge eure Königl. Hocheit unserm geträuen Raht /und stelle sich / als wüste sie nichts umb diesen Zungenschnit / daß wird den Feind mehr kränken / als wañ man sich darüber ungeberdig stellen / oder groß eifern wolte. Artabanus erhohlete sich hierauff / und stellete seinen Fürsten anheim / mit dem Gesanten nach gut achten zu handeln / dem er sonst die Straffe zugedacht hätte / daß man ihm die Zunge / samt Ohren und Nase abschneiden / und sie dem abtrünnigen Buben zuschicken solte. Welche Rede aber mit stilschweigen beantwortet ward / und foderte bald hernach Vologeses den Gesanten vor sich / da er zu ihm sagete: Hat Artaxerxes sonst nicht gewust Kundschaffer außzusenden / als unter dem nahmen eines Weibsbildes / und einlieferung etlicher wenig gefangenen / die man nicht begehret hat? Zwar man könte dir nach Recht verrähters Lohn außfolgen lassen; aber weil dem großmächtigsten Beherscher der Morgenländer mit so schlimmen Blute nicht gedienet ist / wird man dir deine Tohrheit zu gute halten / und schon wissen / wie man die unredliche abscheuligkeit /durch abschneidung der Zungen denen angelegt / die keiner verleumdung noch verrähterey konnen beschuldiget werden / ernstlich rächen sol / nachdem man dieses Orts versichert ist daß man zu solcher Untaht /an ehrlich gestorbenen [69] begangen / keine Ursach gegeben hat / sondern dergleichen vornehmen verfluchet /daher man versichert ist / die Götter werden solche grausamkeit straffen / worzu alle redliche Parther und Parthers-verwanten sich wollen gebrauchen lassen. Hierauff muste er alsbald fort / und seinen Leuten folgen welche er auch zeitig erreichete. Die Parthischen Feld-Herrn aber verfügeten sich hin nach den freygelassenen Skythen / und nahmen völligen bericht ein von allem verlauff / und daß weder Herkules noch Ladisla dem Treffen beygewohnet / sondern ein Römscher junger Herr / nahmene Fabius / der bey Artaxerxes in grossem ansehen währe / und mit den beyden fremden als ein Bruder umbginge; die Persischẽ und Medischen Völker hätten sich in der Schlacht zimlich schlecht gehalten / denen man mit leichter mühe würde abgeholffen haben / aber es währen dreyerley fremde Völker dabey / als Teutschen / Böhmen und Römer / deren geringe Mañschaft allen schaden getahn; wüsten auch nicht / daß sie Zeit ihres Lebens solche Kriegsleute gesehen; massen sie weder Speer noch Schwert scheuheten / und alles was sie träffen /zu grunde gehen müste. Die Teutschen / welche den grösten Schaden getahn / führeten zierliche Fähnlein /uñ die nahmẽ HERCVLES und VALISKA daran geschrieben. Artaxerxes Heerlager hätten sie gesehen /aber nie kein wolgestalters; währe einer gewaltigen Stad ähnlicher als einem Feldlager; mit Graben und Wällen umbfasset / hinter welchen sie vor allem anfall ganz sicher lägen; der Völker währe eine sehr grosse Menge / man sagte von 400000 Mann / alle wol bewehret; Speise und Trank führete man ihnen häuffig zu / und mangelte nichts an allem was zu einem wolbestalten Feldzuge erfodert würde; insonderheit aber hätten sie sich verwundern müssen über der grossen freudigkeit / welche alle Völker erzeigeten / da sie nichts als die HäuptSchlacht wünscheten / welche zu gewinnen / oder willig zu sterben sich hoch und nidrig verbunden hätten. Sie wiederhohleten auch / was sie mit Karthasis / Vologeses und Pakorus zu reden /von Artaxerxes absonderlich befehlichet wahren. Welches alles niemand besser als Vologeses anmerkete / und daraus erkennete / wie schwer es ihm fallen würde / den Sieg dergestalt zubehäuptẽ; verwunderte sich auch über Artaxerxes freymühtigkeit / daß er den König offentlich schmähen / und dessen FeldHerren grüssen und warnen lassen dürffte. O / sagte er / wie eine schlechte Morgensuppe solten uns die Persen und Meden seyn / wann die fremden von ihm abgesondert währen; diese / diese sind seine Seele uñ sein Muht /sonst hätte er das Land schon verlauffen müssen. Und O ihr Fürsten uñ Herrn / helffet / bitte ich / sinnen und tichten / wie wir diese zween Helden von ihm abreissen / oder sie fellen mögen / daß wird uns eben so viel / als die völlige überwindung seyn. Sie gingẽ hierauff wieder nach dem Könige und führete Vologeses daselbst eine bewägliche Rede / wie grosse vorsichtigkeit man in einer Sache anzuwenden hätte /auff deren Gewin und Verlust unser Heyl und Verderben beruhete; auch wie ein gefährliches Ding es währe / einen starken / sieghafften und muhtigen Feind in seinem Vortel anzugreiffen / der an allen nöhtigen sachen überfluß hätte; und schloß endlich dahin; er hielte vor das beste und sicherste / man spielete den Krieg anfangs etwas in die Harre / des Feindes gefasseten Muht zu brechen; zum wenigsten / biß man durch eine absonderliche kleine Schlacht den genommenen Schimpff (der nicht so gar ohn Schaden währe) wieder einbrächte / oder / wo möglich / die Teutschen von ihm zurük nach ihrer Heimat zögen /welche ohn zweiffel nicht lange in [70] der Fremde bleiben würden / nach dem sie ihren Vorsaz erhalten / und das Fräulein / welches schiene dem Parthischen Stuele zum schaden gebohren seyn / wieder bekommen hätten / welches wieder zugewinnen / der König nicht begehren würde / nachdem sie sich verheirahtet hätte /und wol ein kleines Meer Parthisches Blutes kosten würde / da man sichs unterfahen wolte. Zwar er zweifelte nicht / ein und ander dürffte ihm diesen Vorschlag zur kleinmühtigkeit außlegen / aber solches wolte er gerne über sich gehen lassen / weil ihm sein Gewissen Zeugnis gäbe / daß er auff nichts / als auff des Parthischen Reichs erhaltung / seines Königes wolfahrt / und des Heeres mögliche verschonung sein ganzes absehen hätte. Dem Könige dauchten diese Reden lauter stachlichte Dornen / ja Schwerter und Spiesse in seinem Herzen seyn / deßwegen er im Zorn also loß brach: Ist euch das Herz schon entfallen /Vologeses / und habt den Feind noch nicht gesehen? oder sind wir zu dem Ende mit diesem fast unzählbahren / unüberwindlichen Heer außgezogen / daß wir in unsern Zelten stille sitzen / und etwa Eyer außbrüten wollen? Auff diese Weise haben unsere Vorfahren das Reich weder erstritten noch geschützet / sondern wann Feinde entstunden / griffen sie frisch an / und legten sie zu bodem; und wir solten den Auffrührern /unsern Untertahnen zusehen / wie sie unser Land und Leute verderben / unsern Kriegsleuten die Zungen außreissen / ja auff unserm Parthischen Grund und Bodem liegen / und ihres willens spielen? Nein Vologeses / hier zu bringet ihr uns noch nicht / noch einiger Mensch. Und was hätten wir dessen doch vor Ursach? ein tapfferer Mann / wann ihm schimpff und schaden angefüget wird / suchet er schleunige Rache; und wir sollen nach dessen einnehmung geduldig ruhen / damit wir nicht etwa ein schlimmers empfinden? Ey ey / welch eine Tapfferkeit ist daß! Sollen wir aber auff zweer / ja bloß nur auff zweer verlauffener Buben abzug lauren / damit sie nicht unser ganzes Heer (dann die übrigen werden ja nichts geachtet) auffreiben? Ey mein Vologeses / wir möchten wünschen / daß einem andern als euch / diese rede entfahren währe. Doch daß ihr euren Irtuhm erkennet / so wisset / daß eine grosse Ursach unsers Zuges eben dieses sey / daß wir diese beyden verächter unser Hocheit härtiglich zu bestraffen / und unsere verlobete Braut wieder zugewinnen / uns gänzlich vorgenommen haben. Währe es aber nicht ein schönes fressen vor unsere Abtrünnigen / wann sie durch bedräuung /uns Zungen / Ohren und Nasen abzuschneiden / uns dz Herz gar hinweg rauben / und nach unser Häuptstad zurüke treiben könten? Diesen Spot zu meiden /entschlage sich nur ein jeder der Gedanken / daß wir bedacht seyn solten / unsere und des Reichs abgesagte Feinde ohn angefochten zu lassen. Nein nein! wir wollen sie / ehe die Soñe dreymahl auff und untergehen wird / getrost angreiffen / uñ wo sonst kein ander verhanden ist / unsern Leib an die Teutschẽ Laffen setzen; oder da sie uns Streits versagen / ganz Persen mit Feur und Schwert durchächten. Wer nun dieser unser meynung zuwieder ist / der melde sich bey zeiten / auff daß wir uns vor demselben zu hühten wissen. Allergnädigster König / antwortete Vologeses /euer Königl. Hocheit Wille ist mir befehls gnug / dem ich und ein jeder billich folgen sol und wil; jedoch habe ich meine meynung weder aus furcht meiner Nasen und Ohren / noch aus verrähterischem Herzen vorgetragen / nachdem mir mein Gewissen Zeugnis gibt / das mein Gut / Blut / Ehr / und Leben meinem Konige ohn alle bedingung ganz eigen ist; und gebe der Himmel daß euer Hocheit niemahls gereue meinen Raht [71] verachtet zuhaben; ja daß klein und groß Ursach haben möge / nach diesem zusprechen: Vologeses Raht hat nichts getaucht. Weil dann der unwiederrufliche Schluß gemacht ist / dz die Schlacht ehistes sol gewaget seyn / wil ich alles mein vorige in die Erde verscharren; aber auff diesem meinem Häuptgrunde stehe ich feste / wir müssen behutsam verfahrẽ / wann wir nicht fallen wollen; dann wir haben Männer vor uns; wir haben mit vorsichtigen / herzhaften und glükseligen zu fechten; aber den Göttern sey dank /nicht mit unüberwindlichen; so stehet die Gerechtigkeit auff unser Seite / deren der Himmel allezeit wol wil / da jene nur auff den Frevel bauen; wir streiten vor unsern König / von dem jene abgefallen; suchen Friede zustiften / welchen jene gebrochen; und gedenken die Boßheit zustraffen / deren jene ergeben sind; wil nicht sagen / daß wir an geübeter und versuchter Mannschafft dem Feinde es zuvor tuhn. Deßwegen bestimme eure Königl. Hocheit den Tag uñ die Stunde / ich bin fertig und bereit / mit gleichem Herzen zum tode und zum Siege. Nun höre ich den ehmahligen Vologeses / sagte der König welcher nicht wähnen darff / als ob wir ihn einiger träulosigkeit zeiheten. Aber mein Karthasis / was gebt ihr vor einen Raht? ihr pfleget ja nicht gerne lange zu feiren. Allergroßmächtigster König / antwortete dieser: Ich habe nie mit stille sitzen etwas gewinnen können / ohn beim Würffel- und Kartenspiel; wiewol ich nit zweifeln wil / Herrn Vologeses Vorschlag sey der sicherste Weg / den Feind zu schwächen; jedoch halte ichs mit euer Königl. Hocheit / unter der Hoffnung / je frischer man an den Feind gehen wird / je geherzter werden unsere Völker gemacht und die Wiederwärtigen erschrecket; achte sonst vor dienlich / daß man in unserm Lager durch die übergeschikten gefangenen außsprenge / Dorylaus sey der ganzen Feindesmacht in die Hände gerahten / und mit den seinen wieder gegebene Träu und Glauben ermordet; welches nit allein die unsern aller furcht entheben / sondern auch einen Eifer und Rachgier bey ihnen erwecken wird / wodurch man den Sieg gewaltig befodern kan. Ich vor mein Häupt wil nichts lieber wünschen / als eben an dem Orte zufechten / wo selbst der hochberümte junge Fürst Herkules sich wird findẽ lassen / nachdem ich sonderliche gute Lust habe / sein Schwert zuprüffen. Dieser Vortag gefiel Artabanus / ermahnete ihn zur beständigkeit / und versprach ihm / dafern er ihm Herkules lebendig oder Tod liefern würde / solte es ihm mit einem Fürstentuhm und sechs Tonnen Schaz vergolten werden; welches das rechte Wasser auff Karthasis Mühle wahr / als der umb geniesses willen keine mögligkeit unterließ. Vologeses ließ die an Dorylaus ertichtete Verrähterey offentlich außruffen / und zugleich andeuten / daß ein jeder sich gegen Morgen früh zum Auffbruch fertig halten solte / da man sie zur Rache und Beute anführen wolte.
Der Persische Gesanter eilete sehr / die empfangene Antwort seinem GroßFürsten zu hinterbringen / deren sie wenig achteten / und wol sahen / daß Vologeses des Dorylaus vornehmens sich schämete / erfreueten sich aber höchlich da in folgender Nacht sie Zeitung bekahmen / daß die Feinde auffgebrochen währen /und gerade auff sie angingen; worüber Herkules vor freuden auffsprang; dann weil er vernam / daß alles von Vologeses geordnet würde / dessen Art ihm wol bekant wahr / befahrete er sich einer langwierigen Verzögerung / wodurch sie von ihrer hochgewünschten Rükreise dürfften abgehaltẽ werden; welchem vorzubauen er seine Stimme im Kriegsraht allemahl dahin richtete / man [72] solte des Feindes nicht erwarten /sondern / umb ihn zur Schlacht zubringen / etliche Meilen ins Land rücken / welche er durch Gottes hülffe gedächte zuerhalten. Diesem setzeten sie umb so viel eiferiger nach / da ihnen des Feindes Auffbruch kund getahn ward; und erhielt Valiska bey ihrem Herkules / daß sie mit zu Felde ging / weil Artaxerxes ihr einen treflichen Elefanten mit einem niedrigen festen Turm zurichten ließ / der von 2000 Schützen begleitet ward; wiewol sie / umb Argwohn zuverhüten / sich stets bey den andern Elefanten hielt. Als nun ein jeder FeldHerr sich nach seinen Völkern hin begeben wolte / redete Artaxerxes unsere Helden an / bedankete sich der schon geleisteten Dienste / und baht / die bevorstehende Schlacht ihnen befohlen seyn zu lassen /welches die gesamte HochFürstl. verbündnis / und jedes Glied derselben vor sich erkennen würde. Sie hingegen versprachen alle mögligkeit / sich zubemühen / daß sie in Artabanus Gegenwart möchten sehen lassen / wie sie sich so wenig vor seinem Säbel als vor seinen Ruhten fürchteten; verfügeten sich zu ihren anvertraueten Völkern / und gingen in gevierter Schlachtordnung freudig fort / da Leches und Arbianes (welcher jezt schon alle traurigkeit abgelegt hatte) mit 14000 Pferden den Vortrab hielten / und außdrüklich befehlichet wahren / nicht zu schlagen / sondern nur / wo möglich / etliche gefangene einzubringen /und auff erblickung eines starken Heers / hinter sich zugehen. Artabanus zohe in gleicher behutsamkeit etwas langsam fort / wegen etlicher engen Wege / und bekam gegen Abend Kundschafft der Perse währe aus seinem festen Lager loßgebrochen / und ginge gerade auff ihn zu mit aller seiner Macht. Daher Vologeses vor rahtsam hielt / man solte nicht weiter zihen / weil hieselbst ein weites ebenes Feld zur Schlacht sehr bequemlich währe; versicherte auch den König und die andern Häupter / daß Herkules nicht weichen / sondern alle Gelegenheit zur schleunigen Schlacht suchẽ würde. Die unsern traffen nichts denkwirdiges an /ohn dz die außgeschikten Kundschaffer einbrachten /an was Ort Artabanus sich nider gelassen hätte; deßwegen sie diese Tagereise endigten / und nur eine halbe Meile sich von dem Feinde lagerten / da ihre Völker zur gnüge gespeiset / und zur ruhe gelassen wurden. Umb Mitternacht bekahmen sie eigentliche Kundschaft / wie nahe ihnen der Feind währe / worüber sich Herkules erfreuete / und zu Artaxerxes / der mit ihm in einem Reuterzelte lag / sagte: Nun hat gewißlich der verständige Vologeses mit seinem nüzlichen Raht nicht mögen gehöret werden; dann ich weis / wañ es bey ihm stünde / würde er so eilig nicht fortgangen seyn / und dürfte ich schier wetten / der Wüterich fürchte sich / ich werde ihm mit meiner Valisken entlauffen. Beiderseits stelleten sie ihre Schildwachen gar weit und bey ganzen Schaaren aus / und weil der Angriff an beiden seiten verbohten wahr / hielten sie gegen einander mit blossem Gewehr / und fingẽ nichts tähtliches an / ohn daß sie einander mit Worten und Geschrey umbetrieben / da die unsern von jenen vor Zungendiebe; jene aber von den unsern vor Zungenfresser gescholten wurden. Vor Tage musten beyde Heere sich mit Speise und Trank laben / und ward an Persischer seite ernstlich befohlen / daß ein jeder ein stük Brod und etwas Gewürz bey sich stecken solte /damit wann die Schlacht etwas lange anhalten würde /sie sich laben und erfrischen könten. Herkules mit seinen Christen hielt ein andächtiges Gebeht zu Gott /uñ ließ das 14 Kapittel des ersten Buchs Mose von einem Christlichen Lehrer außlegen; nach dessen endigung zum Auffbruch geblasen ward. Nun hatte Artabanus diese Nacht weder [73] Schlaff noch ruhe haben können / ohn gegen Morgen kam ihm vor / als hätte Artaxerxes der Perse einen dreypfündigen Stein auff sein Schloßdach zu Charas geworffen / wovon es gar zerschmettert worden. Er erschrak dessen nicht wenig / zeigete es anfangs Bagophanes / und auf dessen Raht Vologeses an / welche beyderseits sich munter bezeigeten / als währe solches nicht zu achten; wiewol sie viel ein anders im Herzen befürchteten / uñ dieser dem Könige riet / es würde seiner Königl. Hocheit nicht ungleich können außgedeutet werden /wañ dieselbe die beyden abtrünnigẽ Fürsten vor der Schlacht durch ein gnädiges Schreiben ihres schuldigen Gehorsams erinnerte / und auff dessen bezeigung ihnen Gnade und ihres verbrechens vergebung anböhte. Die Furcht machete / daß er sich hierzu leicht bereden ließ / setzete es mit eigener Hand auff / zeigete aber niemand den Inhalt / sondern versiegelte es / und schikte es durch einen Heerhold über; welcher gleich im anfange des Auffbruchs sich bey Artaxerxes melden ließ / und ihm den Brieff dieses Inhalts einlieferte:
Der grosse König Artabanus wil nicht unterlassen /sein liebreiches Vaterherz / auch den Abtrünnigen Söhnen Artaxerxes und Phraortes / und allen denen / die ihnen mit verbund sind / darzulegen; erbeut sich allergnädigst / das Verbrechen zu übersehen / die Straffe abzustellen / und sie nach wie vor als geträue Fürsten und Reichs Seulen zu halten / dafern sie nur ihre Missetaht erkennen / umb Gnade anhalten / auffs neue sich dem Reich und ihrem Könige verbinden / und ihm die beyden Fremdlinge aus Teutschland und Böhmen / nebest dem entführten Fräulein alsbald lebendig übergeben und einlieffern. Solten sie aber wieder vermuhten sich dessen wegern / und diese väterliche Gnade verachten / wil er an dem erschreklichen Blutbade / und der gänzlichen verhehrung der Persen- und Meden länder allerdinge entschuldiget seyn / und an den Uhrhebern es hernähst ernstlich zu straffen wissen.
Artaxerxes trug bedenken / es einigem Menschen sehen zu lassen / dessen er sich gegen unsere Helden also entschuldigte: Hochwerte Herren Brüder; sie wollen mir vergeben / daß vor gehaltener Schlacht ich ihnen diesen Narren-Brieff nicht zeige / weil er absonderlich mich betrift / uñ ich ihn mit wenigen beantwortẽ wil; setzete auch alsbald folgendes auf:Artaxerxes und Phraortes / auch andere löbliche Fürsten dieser Morgenländer / haben Artabanus den Parther nie zum Vater / aber wol zum Wüterich und Henker gehabt / dessen übermuhtigen frevels sie lebendig oder Tod abseyn wollen / und daher seiner Gnade durchaus nicht begehren / erkennen sich auch vor keine Verbrecher / sondern beschützer ihrer Freyheit / insonderheit vor geträue Freunde Königes Ladisla und GroßFürst Herkules / die ihnen ja so lieb sind als ihr eigen Leben; und wer die Durchl. GroßFürstin Valiska ihnen entzihen wil / muß zuvor aller unser Mannschafft die Hälse gebrochen haben. Der übrigen dräuungen wil man gewärtig seyn / aber mit diesem bedinge / daß man umb die Meisterschaft spielen wird.
Diese Antwort reichete er in unserer Helden und anderer Fürsten und Herren Gegenwart dem Heerhold mit diesen Worten ein: Sihe da / mein Kerl / einmahl Antwort vor allemahl; und wer mir dergleichen anmuhtung nach diesem / schrift- oder mündlich bringen wird / sol an stat Trinkgeldes den Galgen bescheissen. Die Anwesende merketen aus seiner verenderung /daß es ein wichtiges betraf; aber niemand / ohn allein Herkules kunte es aus sinnen / wiewol er sichs gar nicht annam. Sie ordenten ihre Völker alsbald zur Schlacht / so daß Artaxerxes / Phraortes / Fabius und Artobarzanes das FußVolk uñ die Elefanten führeten; Herkules aber mit Pharnabazus / Arbianes / Leches /Klodius und Markus den rechten Flügel der Reuterey / welcher also abgeteilet wahr. Pharnabazus [74] ging voran mit seinen 20000 Susianern / uñ hatte 500 Teutschen um sich zum Leibschutze. Arbianes zohe hinter ihm her mit 20000 Meden / und hatte gleichergestalt 500 Teutschen bey sich. Den dritten Hauffen führete Leches / 20000 Assyrer und 500 Teuschen /deren hundert die grossen Schlacht Schwerter führeten. Den vierden und lezten behielt Herkules vor sich selbst / 10000 Assyrer / 10417 geworbene / 4441 Teutschen / 5872 Römer / und 770 Fabius geworbene; und sahe Herkules vor gut an / daß Markus seine und Klodius 1000 Römer Arbianes zuführete /daß also dieser Flügel 94000 Reuter stark wahr. Herkules ritte stets neben Pharnabazus vor dem ersten hauffen her / uñ ließ Klodius zum Statverweser bey seinem eigenen / da er dann auff seinem wolverwahrten Blänken sich so freudig erzeigete / auch den Völkern so geherzt und freundlich zu redete / daß sie alle entschlossen wahren / mit ihm zu siegen oder zu sterben. Den linken Flügel befehlichte Ladisla / welcher eine gleichmässige abteilung mit Herkules abgeredet hatte. Unter ihm ging Prinsla vor an mit 12000 geworbenen / 8000 Hirkanen und 500 Böhmen. Diesen folgete Neda mit 10000 Baktrianern / 10000 Arischen / und 500 Böhmen. Den dritten hatte Mazeus 14100 Meden / 6900 Drangianer / und 500 Böhmen. Den vierden behielt er vor sich / als 4428 Böhmen / 14000 Persen uñ 13072 Margianer / wobey er seinen Tyriotes zum Statverweser bestellete / weil er sich vor dem ganzen Flügel sehen ließ / welcher in gleicher anzahl mit dem linken wahr. Das FußVolk ward in vier hauffen gesetzet; den ersten führete Artobarzanes (Phraortes Bruder-Sohn) und Gallus / 20000 Susianer / 8000 Drangianer / und 6000 Assyrer. Den andern Fabius /12000 Hirkaner / 15000 Arische / und 7000 Margianer; Den dritten Phraortes / 20000 Meden 13000 Baktrianer / und die Elefanten / auff welchen sich 7000 Schützen hielten. Den vierden und lezten Artaxerxes selbst / 48000 Persen; und blieben 6000 FußKnechte zur besatzung des Lagers; daß also die ganze Reuterey in 188000; und das FußVolk / welches sich in der Schlachtordnung befand / in 156000 Mann bestund / ein KriegsHeer von 344000 bewehrten Kerlen.
Artabanus lies durch Vologeses seine Völker auch in Ordnung stellen / welcher von den geworbenen Fußknechten den abgang der Reuterey unter Dorylaus / ersetzet hatte / wie imgleichen auch dz Skytische Heer von ihren Fußgängern; an deren stat 37000 Parther dem FußVolk wieder zugegeben / und deren anzahl auff 196000 ergänzet ward / über welches Fürst Pakorus Obrister FeldHerr wahr / der sich in vier starke hauffen setzete. Den ersten gab er einem kühnen und verständigen Parthischen Herrn / nahmens Surinas / 42000 geworbene Knechte. Den andern / Fürsten Orodes / 16500 Skyten / 14000 Indier / und 11500 geworbene. Den dritten / Herrn Archelaus /20500 geworbene und 21500 Parther. Den vierden behielt er bey sich / 50000 Parther. Nähst ihm hielt Madates mit den Elefanten / auff welchen 12000 Schützen wahren / wobey Artabanus sich selbst befand; uñ wahren 6000 Parther im Lager zur besatzung blieben. Den linken Flügel der Reuterey führete FürstOsazes / 146500 Mann stark / welchen er gleichmässig in vier grosse Geschwade verteilete. Bey dem ersten wahr FürstMithridates 25500 allerhand zusammen gelesene Völker / und 5000 versuchte Parther. Bey dem andern / Herr Argunthis GroßOberwachtmeister von Karthasis / 31000 Skythen. Bey dem dritten Karthasis selbst / 35000 Skythen. Bey dem vierden der FeldHerr Osazes / 50000 Parther. Der rechte Flügel [75] unter Fürst Vonones wahr gleich so stark an Mannschaft / auch in gleich so viel Heere abgeteilet; das erste bekam Herr Oxatres 32000 geworbene /zum angriff. Das andere Pardion / ein Handfester Indianischer Herr / von 26000 seiner Landsleute und 5000 allerhand gesamleten. Das dritte Herr Dataphernes / 15000 geworbene / 13500 auß dem FußVolk gesamlete / und 5000 versuchte Parther zum Leibschutze. Das vierde hatte Vonones selbst zum Stichblade dieses rechten Flügels; 50000 Parther / den Kern der Ritterschaft.
Als diese beyde Heere gegen einander hielten 845000 Mann zusammen gerechnet / (so hatten sich die Völker beiderseits auff dem Zuge und im Lager gestärket) wahr niemand der nicht überlegete / was vor eine erschrekliche Blutstürzung in wenig Stunden sich zutragen würde; nur der einige Artabanus wahr blind vor Eifer und Liebe / daß er weder seines Heils noch schadens wahr nam. Arimazes wahr befehlichet /mit den 1200 Streitwagen den ersten Angriff zu tuhn; und weil die unsern davon gute wissenschaft hatten /folgeten sie Herkules Raht / in dem sie 4000 zu Fusse mit langen Spissen / und zwischen ihnen 4000 der allerbesten Schützen desselben Weges in die länge herstelleten / da sich 50 Wagehälse mit 5000 Kronen willig erkäuffen liessen / daß sie mit angezündeten Fackeln / Stroh und Flachs / welches sie auff Knäbelspiesse stecketen / den Wagen entgegen treten / und die Pferde damit verschüchtern wolten; welches auch sehr glüklich von statten ging / und ihrer nur zehn drüber ums Leben kahmen; dann als dieser Wagen anfangs 50 loßbrachen / wurden sie durchs Feur erschrecket / daß sie umbkehreten und sich in einander wickelten / da die bestelleten Schützen nicht feireten / sondern die Pferde niderschossen. Nach diesem gingen 300 andere loß / deren Rosse gleichergestalt das Feur scheuheten / und zur seite außlieffen /daß sie von unserm Heer mit Pfeilen alsbald undüchtig gemacht wurden. Artabanus sahe / daß die ser Anschlag / auff welchen er fast getrotzet hatte /von Freunden und Feinden als ein Kinderspiel verlachet ward / deßwegen er befahl / daß die übrigen auff gelegenere Zeit versparet würden / und der linke Reuter Flügel den Angriff tähte. Also ging Mithridates frisch loß mit den seinen / die alle Schwerter und Bogen führeten. Den ersten angriff tahten sie mit schiessen / aber Pharnabazus / welcher ihm begegnete schonete sein auch nicht; uñ weil die unsern den Wind zum vortel hatten / wirketen ihre Pfeile weit besser als der Feinde / und erlegeten deren 3000 / da von den unsern etwa 50 erschossen wurden. Hierauf wolte Pharnabazus mit dem Schwert ansetzen / aber der Feind weich seiner Art nach zurük / und schoß die Pfeile hinterwerz / daß wo die unsern nicht so behutsam gangen währen / würden sie grossen Schaden genommen haben; weil sie aber sich bey zeiten zurük zogen / ging es noch gnädig ab / wiewol sie 165 dabey einbüssetẽ / uñ 300 zum gefecht undüchtig gemacht wurden. Osazes brach darauff mit seinem hauffen selber loß / die eine solche Menge Pfeile von sich schicketen / daß sie als Hagel niderfielen; aber Herkules / der sich mit Arbianes zusammen gesezt hatte /wichen zurük / daß die Pfeile zu kurz fielen / und etwa 100 Mann verwundeten und 36 erschossen / die von Arbianes Heer wahren. Die unsern zücketen hieselbst noch keine Bogen / stelleten sich gleichwol als wolten sie eiferig ansetzen / wodurch Osazes muhtig ward / und gedachte sie nahe gnug kommen zulassen /und alsdann im weichen ihnẽ grossen Schaden zu tuhn; aber Herkules wiche zugleich mit / daß jener abermahl seine Pfeile umbsonst verschoß. Bald darauff wendete sich Herkules / hieß die seinen freudig loßdrücken / [76] und traffen so wol / daß 5000 Parther sitzen blieben / und 3000 hart verwundet wurdẽ / da hingegen der unsern etwa 200 von Arbianes Heer verletzet und 80 zu bodem gestürzet wurden; daher diesem Feindes hauffen nicht mehr gelüstete / sich unter die Pfeile zuwagẽ. Herkules sendete unter diesem Schiessen seinen Klodius an Ladisla / und ließ ihm ansagen / daß er aus der erfahrung gelernet / wie man sich bey diesem Pfeil-Treffen zuverhalten hätte / welche unterrichtung ihm wol zu statten kam. Artabanus sahe / daß der Bogen Streit / welcher der Parther bestes wahr / und er darauff seine gröste Hoffnung gesezt hatte / ihm den Sieg nicht bringen würde / wie ihm solches auch Vologeses schon hatte zuvor gesagt / daß Herkules viel zu behuhtsam währe / und die fliehenden so blindlings nicht würde verfolgen lassen /welches er zwar dazumahl verlachete / aber es in der Taht mit grossem unlust und verlust erfuhr; befahl demnach / es mit dem Schwerte auffs tapferste zu wagen / und den ersten Feinden nur getrost entgegen zugehen / alsdann würde das Feld leicht zuerhalten seyn. Es wahren hierzu seine Leute willig / und die unsern sehr froh / daher sie / als hätten sie sich dessen verglichen / zu ihren Schwertern griffen. Mithridates setzete abermahl voraus / welches Pharnabazus ersehend / den seinen geherzt zuredete: Sie solten gedenken / dz sie Männer währen / und die verübte träulosigkeit ihrer Landsleute unter Gobares / mit einer ruhmwirdigen Taht abwischeten / damit die Susianer /so vor diesem die ädlesten geachtet / ihren Ruhm und Preiß nicht verlieren möchten. Führete sie damit an den Feind / und griff mit ganzer Wuht an / da seine Leute / die sich alle zum Tode bereitet hatten / nichts mehr begehreten / als ihr sterben noch lebendig zurächen; und wann einer seinen Feind erlegt hatte / meinete er daß seine getahn haben / wiewol ihrer viel den dritten vierden und mehr hinrichteten / und gleichwol ohn sonderliche Wunden blieben; und tahten die 500 Teutschen hieselbst ein grosses durch ihr tapfferes vorgehen / denñ die Susianer rechtschaffen folgeten. Mithridates wahr dieses verzweiffelten fechtens an den Persen nicht gewohnet / bemühete sich sehr /ihren dolkühnen Einbruch auffzuhalten / aber vergebens; dañ da wahr kein weichen / biß Mann oder Pferd stürzete; und gab ein lustiges ansehen / daß des Feindes hauffe / welcher drey gegen zween hatte / in kurzer Zeit geringer ward als diese. Niemand freuete sich dessen mehr / als ihr Führer / welcher nur suchete Mithridates anzupackẽ / der sonst sein vertraueter brüderlicher Freund wahr; samlete deßwegẽ eine Schaar von 150 Teutschen umb sich / brach mit ihnen durch / und traff seinen Mann zeitig an / welchen er mit aller Macht überfiel / aber gute gegenwehre fand; doch halff ihm das Glük / dz seines Feindes Pferd über eines ertödteten Harnisch strauchelte / und mit samt seinem Reuter zu bodem fiel. Da hätte man mögen ein verwirretes schlagen sehen; jene wolten ihren FeldHerrn retten / und diese den so gut als gefangenen nit verlassen. Aber der Teutschen Schwert drang durch / daß Pharnabazus gelegenheit bekam abzusteigen und ihm auffzuhelffen / da er zu ihm sagte: Bruder gib dich / daß du leben bleibest / du weist daß ich allemahl dein Freund gewesen bin. Ich muß mit des Glückes Unfal zu frieden seyn / antwortete dieser / gab das Schwert von sich / und ward von 20 Susianern nach Arbianes geführet / der ihn Artaxerxes zusendete. Vologeses sahe diesem Treffen mit grossem Unlust zu / hielt neben Osazes / und sagte: Jedes Ding hat seine Zeit und verenderung; wie haben doch die Persen in so kurzer Zeit solchen beständigen Muht gefasset / dz da ihrer drey vorhin [77] kaum einen Parther bestreiten durfften / jetzo einer dreien scheinet gewachsen seyn. Machte sich nach Argunthis / und redete ihn also an: Geehrter Spiesgeselle / auff! und lasset jezt sehen / daß SkytischeFunken heisser als Persische Flammen brennen; mich deucht / Mithridates werde eures entsatzes schier benöhtiget seyn. Dieser brach bald loß / in meynung / Pharnabazus abgematteten hauffen / wie eine Fluht zu überfallen; Aber Herkules seien Auffbruch ersehend / munterte Leches also auff: Sehet / dort ist Ehre zubekräfftigen; haltet euch frisch / daß Pharnabazus guter anfang besser fortgesetzet /und er mit seinem hauffen vor des einbrechenden frischen Feindes Wuht erhalten werde; taht ihm zusage guter vergeltung / und ließ ihn damit fortgehen / da er zu gewünschter Zeit ankam; massen Argunthis sich mit solchen kräfften an die Susianischen Völker henkete / daß sie als ermüdete bald würden hingerichtet seyn; aber Leches einbruch zog ihn ab / und ließ Herkules Pharnabazus ansagen; dafern die Mithridatischen nicht stark auff ihn drüngen / möchte er seine Völker abführen / aber jene wichen ohndaß / daher leistete er folge / weil er 5000 eingebüsset / und 4000 verwundete hatte / da an Feindes seiten 13000 ins Graß gebissen / und 9000 verwundet wahren. Leches ging anfangs mit den Skythen gar behutsam / und ermahnete die seinen / sich vor des Feindes dräuen nicht zu entsetzen / sondern von ihm uñ den Teutschen ein Beyspiel zunehmen. Von den Teutschen behielt er 100 Schlachtschwerter bey sich / die andern hatte er unter seine Assyrer verteilet / daß jede zwotausichte Schaar / 40 Teutschen bey sich hatte / welche die er sten Glieder macheten. Dieser fund wahr ihnen sehr nützlich / dann die Teutschen brachten diesen Wahn in die Skythen / ihre folger währen eben ihrer Art /wie sie dann in warheit alle mögligkeit anwendeten /und ihren Vorgängern kek nachsetzeten / kunten aber den Feind durchaus nicht auff die Weichseite bringen. Die Blutstürzung wahr anfangs an beyden seiten fast gleich / aber in die harre würden die Assyrer es nicht gespielet haben; deßwegen ließ Herkules 2000 Römer und 4000 frische geworbene unter Klodius anführung ihnen zu hülffe gehen / welche dann rechtschaffen erwiesen / daß sie wol ehmals es mit ihren Feinden hätten zu tuhn gehabt; wiewol die 100 Schlachtschwerter die allerbeste Wirkung verrichteten / vor denen Vologeses auch von ferne sich entsetzete / und meynete anfangs / diese wenige nur würden bey dem ganzen Heere seyn / ließ demnach Argunthis erinnern / dieselben absonderlich anzugreiffen; aber es wolte niemand gerne hinan / biß Argunthis 600 beherzete Ritter umb sich samlete / und mit blinder Wuht auff sie hinein ging; wodurch aber Leches sich nicht schrecken ließ /sondern dreyfachete sie auch mit frischen Römern /und ging diese kleine Schlacht mit ihnen ein; Härterer Saz wahr bißdaher nicht geschehen; die beyden Führer traffen aneinander / uñ zuwetzeten sich rechtschaffen / biß etliche Skythen ihrem FeldHerrn beystand leisteten; worüber ein teutscher Ritmeister / nahmens Schwerting / ergrimmete / und Argunthis Pferd mit seinem Schlachtschwerte niderhieb / daß er drunter zu liegen kam. Leches hätte ihn gerne gerettet / aber das Gedränge umb ihn von seinen eigenen Leuten / wahr zu groß / die mit ihren Pferden ihn zutraten / da er einezeitlang unter den Pferdefüssen ein jämmerliches Geschrey trieb / welches seine Skythen zu tödlichem grimme auffmachte / daß sie wie blinde anfielen / und mit ihrem Führer zusterben sich erkläreten. Die Assyrischen kunten solcher Macht nicht wiederstehen / und begunten hintersich zu weichen / uñ währe Klodius[78] Beystand nicht gewesen / hätten die Teutschen / als die zu flihen ungewohnt wahren alle Haar lassen müssen. Herkules kunte bey seinen Völkern nicht lange stille halten / umbritte selb sechs hin und her / uñ machte die seinen durch herzhafte Worte sehr freudig. Sein Pferd ging als ein Pfeil m der Luft / welches Vologeses von ferne sehend / sich nach Karthasis wendete / und zu ihm sagte: Sehet dort mein Freund; jenes ädle Pferd / daß seines gleichen nicht haben sol / gibt seinen Reuter den muhtigen Herkules zuerkeñen / da ich doch gemeinet / er hätte vor längst schon gefochten. Ist der Reuter wie das Pferd / antwortete diese /so dürfte er den Parthischen Stuel zubehäupten kek gnug seyn. Inzwischen sahe Herkules der Assyrer außweichen / und schikte ihnen 2000 geworbene zum entsaz / welche nicht allein alles wieder gut macheten / sondern mit der Teutschen und Römer hülffe der SkythenVorsaz brachen; dann ihre Zahl hatte sehr abgenommen / uñ wahren von 31000 kaum 15000 übrig / welche aber 9000 Assyrer / und 40 Teutschen mit sich in den Tod genommen hatten. Karthasis sahe der Skythen geringen überschuß / und begehrete von Osazes / daß er sie mit etlichen Parthen entsetzen möchte / wozu er sich ungerne verstund; dañ er wolte seine Mannschaft nicht schwächen / mit denen er bedacht wahr / den Sieg zugewinnen; weil aber Vologeses selbst es vor rahtsam hielt / muste er 8000 unter Phraates fortgehen lassen / die aber wegen der Verzögerung zu späte kahmen; dañ als die Teutschẽ und Römer ein Loch in die Skythen gebrochen hatten /gingen die andern mit zu / und hieben sie wie Mücken nider / daß bey der Parther ankunfft etwa noch 6000 übrig wahren. Herkules sahe Phraates daher traben /und sendete ihm Arbianes und Markus mit 10500 Meden und 500 Römern entgegen / denen er alsbald noch 500 Teutschen uñ gleich so viel von Fabius geworbenen nachschickete; Klodius aber und Leches foderte er zurük; dann er merkete / daß sie schon zu weit gangen / und dem Parthischen FußVolk unter die Pfeile gerahten wahren / weil die übrigen Skythen dahin ihre Zuflucht nahmen / auch endlich bey Karthasis schnaubend ankahmen / und Argunthis elenden Tod mit seuffzen beklageten; welcher ihnen zur Antwort gab: Seine Zeit ist kommen / und sein Wunsch erfüllet / daß er das Schwert in der Faust haltend sterben möchte; ihm ist nirgend besser mit geholffen / als dz wir seinen Tod zu rächen / uns lassen angelegen seyn. Vologeses hatte seinen Oheim Phraates vermahnet / des Parthischen nahmens eingedenk zu seyn / mit der Verheissung / da ihm der Feind zu schwehr würde / wolte er ihn zeitig gnug entsetzẽ; ging deßwegẽ wolbedacht hinan / in willens Leches anzugreiffen; aber Arbianes begegnete ihm tapffer / dessen Menge er doch nicht scheuhete / sondern mit einem heftigen Angriff sie auffhielt. Markus sahe / daß die Meden im vorzuge sich trennen liessen / setzete sich deßwegen mit 500 Römern vorne an / und brachte damit den ganzen hauffen zum stande / daß die Parther als die wenigsten wieder weichen musten / welches ihm aber 25 Römer kostete. Nun wahr Phraates sehr verschmizt / daher er sich einer Furcht añam / und sich zurücke zog / daß er die unsern unvermerket unter des Fußvolks Pfeile lockete / ließ hernach seine Völker vonander gehen / daß die unsern kunten getroffen werden / da dann jene eine solche menge Pfeile unter sie schicketen / daß jederman meynete / ihres Gebeins würde nicht davon kommen. Arbianes ermahnete seine Leute zur Flucht / wodurch der mehrerteil gerettet ward / verlohr doch in diesem unfalle 3000 Meden und 25 Römer / und wahren im Gefechte schon 1400 Meden [79] den nidergehauen / aber dagegen auch 2300 Parther sitzen blieben. Arbianes selbst ward von zween Pfeilen an der linken Hand und rechten Beine beschädiget; Markus Pferd ward erschossen / und kam mit Noht auff ein anders. Auch wurden 900 Meden / 40 Römer / und 15 Teutsche hart getroffen /daß sie der Schlacht ferner nicht beywohnen kunten. Herkules betrübete sich des unfals; weil aber Arbianes ohn tödliche Wunde blieb / ward er froh / und setzete sich mit seiner ritterlichen Schaar dem Feinde näher; befahl doch zuvor Leches und Klodius / die übrigen Völker / so noch nicht getroffen hatten / nicht anzuführen / biß ers geböhte / oder sie sehen würden ein frisches feindliches Heer loßbrechẽ / dem sie alsdann begegnen solten. Pharnabazus und Markus gab er die annoch vermögenden Völker / die schon getroffen hatten / welche 37760 stark wahren / sie auff allen fall fertig zuhalten. Er aber nam 22500 / so von seinem hauffen noch bey ihm hielten / als 10000 Assyrer / 4417 geworbene / 270 Fabius eigene / 3872 Römer / 3941 Teutschen / und redete sie auf Teutsch / Römisch und Persisch an; Sie solten sich nach ihm richten / und ihrer Ehr und Mannheit eingedenke seyn; Gott teilete den Menschen nichts mit ohn mühe; so währe dz Feld an ihrer seiten schon fast erstritten; ein kleiner Schweiß währe umb so grosse Beute / die ihnen bevorstünde / noch wol anzuwenden; sie solten nur behutsam fahren / keinen möglichen Schlag verseumen / und ihrer eigenen beschützung unvergessen seyn / auch fleiß anwenden / daß sie ungetrennet blieben / und sich nicht im ersten anfall aus dem Athem arbeiteten. Hernach sagte er zu seinen Teutschen absonderlich: Ihr meine lieben Teutschen / die ich so herzlich als Söhne und Brüder liebe; lasset uns einer dem andern biß in den Tod träulich beystehen / und zweiffelt nicht / Gott werde uns gnädig hindurch helffen. Hiermit munterte er seinen ädlen Blänken auff /ließ sein nohtfestes Schwert dreymahl umb den Kopff gehen / und setzete fort in fest geschlossener Ordnung / erwartend / was vor ein Feind ihm begegnen würde. Vologeses sahe ihn daher prangen / und sagte zu Karthasis; Mein Freund erinnere sich seines gestrigen Wunsches / welchen Königl. Hocheit als ein Versprechen auffnahm / und mit grosser mildigkeit zuersetzen sich erboht; dort kömt Herkules her / die starke Seele der ohmächtigen Persen / der gleichwol ein Mensch /ja noch ein lauter Jüngling ist / und demnach durch mänliche Kraft wol kan gezähmet und gelähmet werdẽ. Ich erfreue mich seiner ankunft / antwortete er / habe mich auch eigentlich auff diesen meinen Mann gesparet / sonst würde ich meinen Argunthis unentsetzet nicht gelassen haben. Redete nachgehends seine Völker an; Jezt währe Zeit / die Skythische unüberwindliche Mannheit sehen zulassen / und der Brüder Tod / die dort gestrecket lägen / eiferig zurächen /nicht durch blossen Zorn / sonder mit der Taht. Der Sieg währe ihr / wann sie ihn nur behäupten dürfften; brach damit loß / und führete alle übrige Mannschaft in vorsichtiger Ordnung an. Herkules hatte seine 1000 Schlachtschwerter in die mitte gesetzet / die Römer aber vorne an / weil sie Speere führeten / damit sie auch den Angriff tuhn musten / und geriet ihnen derselbe so wol / daß über 2000 nider gerennet / und von ihrer Gesellen Pferdẽ mehrenteils zutreten / auch sonst noch 1000 zum gefechte undüchtig gemacht wurdẽ. Karthasis hatte auch SpeerReuter / aber sie wahren dieses Streits ungeübet / und führeten zu kurze Spiesse / welche zwar / wañ sie traffen / den Gegener mächtig außhoben; aber kaum 80 Römer wurden gefellet / deren 56 durch hülffe der ihren wieder zu Pferde kahmen / die [80] übrigen aber das Leben zusetzen. Als dieses Treffen glüklich geendiget wahr /griffen die Römer zu den Schwertern / hatten sich doch wegen des Speer rennens zimlich getrennet /welches ihnen übel würde bekommen seyn / wann nicht auch die Feinde ihre Glieder zufüllen etwas Zeit hätten anwenden müssen. Als sie auffs neue traffen /gingen die Skythen ihrer Art nach / sehr feurig loß /aber der Teutsche Wedekind und der Römer K. Autronius / nahmen ihres FeldHerrn warnung in acht /brauchten samt den ihren das Schwert mit vortel / und den Schild zur fleissigen beschirmung daher der heftige Sturm der Skythen / mehr getöß als Wunden gab /und hingegen der Feind mannichen abgesattelten missen muste. Herkules rühmete der seinen wolverhalten / und sagte zu den Schlachtschwertern / gehet nun hin / und arbeitet so lange es die Arme erleiden mögen /auff daß ihr sehen lasset / wie erschreklich ihr den Römern selbsten seid; aber vertieffet euch nicht zu weit in den Feind hinein. Sie ritten hierauff fuß vor fuß / dehneten sich in die breite aus / und fielen mit solchen hieben zur rechten Seite in den Feind / daß ohn verlust einiges Mannes sie 3000 Skythen im ersten angriff zu grunde richteten. Herkules entsetzete die Römer und ersten Teutschen mit 6000 Assyrern; da hätte man ein Gemätsche sehen sollen; dann als diese Assyrer der Teutschen und Römer tahten sahen /uñ Herkules sie zu gleicher tapferkeit vermahnete /hielten sie sich so ritterlich / daß keiner unter ihnen zu tadeln wahr. Karthasis muste nohtwendig seine Völker teilen / und den Schlachtschwertern 6000 Skythen entgegen ordnen / mit den übrigen ging er unerschrocken auff Herkules macht / dessen Pferd nie kein mahl seine Tugend hatte sehen lassen wie anjezt. Er hatte diesem ädlen Blänken eine leichte Rüstung angelegt /welche nur von Linnewad / und mit stählenem Draht durchzogen / aber so hart durchnähet wahr / daß weder Pfeil noch Schwert drauff hafften kunte / es zu beschädigen; diese seine sicherheit merkete es gleichsam / schlug und biß von sich / daß ihm niemand nahen durffte; so schlieff trauen sein Reuter auch nicht / sondern was er traf muste zu grunde gehen. Karthasis sahe ihn solch wunder treiben / machte sich an ihn / uñ sagte: Fürst Herkules / es beut euch Karthasis der Skythe seinen Gruß an; schlug auch mit dem Worte ihn über die Schulder / daß ihm die linke Hand davon schmerzete / und er den Schild kaum halten kunte / welches sich doch bald wieder verzog; und antwortete er nur dieses wenige: Des muß Karthasis dank haben; aber das Schwert ließ er ihm dergestalt umb die Ohren sausen / daß er mühe hatte sich zu schützen.
Wir müssen aber des andern Flügels nicht gar vergessen / woselbst die unsern zum Treffen nicht gelangen kunten / biß an der andern seite der Bogenstreit geendet wahr / welches Artabanus also ordente /damit er an diesem Orte desto eigentlicher sehen möchte / wie die Persen von den seinen (also hatte er sichs eingebildet) hauffenweise nidergeschossen würden. Weil es aber hieselbst sich nicht nach Wunsch fügete / muste Vonones mit seinem Flügel sich eben zu solchem Treffen fertig machen / ritte auch auff Ladisla weidlich loß / in meynung / er solte deßgleichen tuhn. Aber er wahr von Herkules gewarnet / deßwegen er auff stillem Fusse jenen die Pfeile entgegen schicket / so bald er den Feind damit ablangen kunte /welches dem guten Vonones den Seiger gar verrückete / daß nach hinterlassung 3000 todten er unverrichteter sache abzog / uñ kaum 200 von den unsern beschädiget hatte. Dataphernes / welcher bißdaher geruhet / wolte es besser machen / taht auch unter Mazeus [81] Völkern zimlichen schaden / deren er 1200 erschoß; aber er geriet dagegen dem Persischen Fuß Volk unter die Pfeile / die ihm seine Völker / worzu Neda seine Baktrianer weidlich hulffen / dergestalt zurichteten / daß ihrer 13000 gestrekt lagen / und 10500 hart verwundet wurden / daß wañ die übrigen nicht die schleunige Flucht ergriffen hätten / währe ihrer keiner davon kemmen. Also liessen die übrigen unter Oxatres und Pandion sich witzigen / daß sie ihre Pfeile zwar verschossen / aber wegen der andern behutsamkeit nichts sonderliches verrichten kunten; doch felleten sie von Prinsla 600; von NedaVölkern 450 und verlohren dagegen der Parther 1700; der Indier 1450 Reuter. Vonones wahr sehr ungehalten /daß Dataphernes die herlichen Völker auff die Fleischbank geführet / und dagegen dem Feind keinen abbruch getahn hatte; rieff Herrn Oxatres zu sich /und befahl ihm / auff Prinsla Geschwade anzugehen; der ihm dann freudig mit den seinẽ begegnete / und ob er gleich im anfange harten Wiederstand spürete /brach er doch endlich durch / verwundete den Führer selbst schwerlich / und reiß ihn mit gewalt vom Pferde / daß ihm weder seine eigene / noch der seinen gegenwehr helffen mochte / sondern ward von 30 Hirkanern nach Artaxerxes geführet / bald nach Mithridates ankunfft / da sie einer dem andern geselschaft leisteten / und einander erzähleten / wie sie in voriger Nacht einerley Traum gehabt / und sie gedaucht hätte / als gingen sie vor dem Parthischen Kriegsvolk her durch ein grosses Wasser / da die anderen ihnen nachfolgeten; woraus sie der ihrigen gänzliche Niederlage muhtmasseten. Nach Oxatres gefängnis ging das Blutvergiessen erst recht an; gestaltsam die unsern den erstrittenen Vortel nicht aus den Händen lassen /und jene ihres Führers Gefängnis rächen wolten /daher an Feindes seiten 15000 ins Graß sitzen gingen / 6000 hart verwundet wurden / und die übrigen sich nach Entsaz umbsahen / da von Prinsla seinen geworbenen nur 1800 von den Hirkanern 400 / und von den Böhmen 4 umkahmen / nebest welchen sich 300 verwundet befunden. Pandion der Indier schickete Oxatres hauffen seine 5000 gesamleten und 1000 Indier zum Entsaz / die sich zwar an Prinsla macheten / aber dergestalt empfangen wurden daß ihnen arbeit genug geschaffet ward. Dataphernes sahe diesen Entsaz noht leiden / und schickte ihnen von seinen annoch übrigen 10000 gesunden / 6000 zu hülffe; aber Mazeus ging ihnen entgegen mit seiner ganzen Macht / daß Prinsla freien Abzug bekam / nach dem er noch 2500 von den Feinden nider gelegt / und die übrigen zurük gingen /wobey er gleichwol auch noch 600 eingebüsset hatte /und 200 verwundet wahren / und ward er wegen seines wolverhaltens von Ladisla sehr gerühmet. Obgedachte / so gegen Mazeus angingen / gebrauchtẽ sich ihrer Fäuste rechtschaffen / aber sie wahren mehr als dreyfach übermannet / daher sie mehr Beystand von ihrem FeldHerrn begehreten / welcher seine annoch übrige 4000 / und 5000 Indier von Pandion zu sich nam / damit er hoffete die verlohrne Ehre wieder einzuhohlen. Sein erstes häuflein zog sich enge zusammen / und drungen mit gewalt hinein / da ihnen Mazeus gerne freiẽ eintrit gab / in meynung / sie einzuschliessen / und in der enge nider zu machen; aber der Anschlag mißriet ihm; massen er mit den feinen selbst umbzingelt ward / als Dataphernes ihn angriff / gegen welchen sein halbes Heer sich wenden muste / uñ die eingeschlossene Feinde daher Luft bekahmen / die sich ihrer Haut redlich wehreten. Ladisla sahe / daß dieses kein gut tuhn würde / und gab Tyriotes von Neda hauffen 6000 Baktrianer / damit er auff [82] Dataphernes traff. So bald Mazeus hieselbst loßgelauffen wahr / taht er den ersten eingewickelten so gedrange /daß sie alle den Tod tiesen musten. Worauff er sich mit Tyriotes zusammen setzete; wiewol er in diesem sehr herben Treffen 6500 Mann eingebüsset hatte /und 3400 hart verwundet wahren; da sie dann dem Feind so hart zusetzeten / daß er sich auf Pandion zurüke zihen muste. Derselbe wolte nun seinen guten Freund nicht im stiche lassen / sondern ging loß mit seinen annoch übrigen 20000 Indiern / vorhabens /mit Mazeus und Tyriotes (welcher 800 Baktrianer zugesezt hatte) das garaus zuspielen; aber Ladisla / dem die Zeit ohn daß schon zu lange wehrete / ging auff ihn mit 14000 Persen und 7000 Margianern / und muste Neda seine 6072 übrige Margianer / samt allen Böhmen (deren er nur 150 zu sich foderte) zu seinem Heer nehmen; er aber / in dem er loßbrach / befahl Mazeus und Tyriotes / alle annoch gesunde Mannschaft / die schon getroffen hatten / in einen hauffen zusetzen / und seiner verordnung gewärtig zu seyn; und stürmete darauff dergestalt zu Pandion ein / als hätte er ihn gleich anfangs mit seinem ganzen Heer übern hauffen rennen wollen. Weil dann dieser auch bisher gewohnet wahr zu siegen / wolte er so bald sich nicht treiben lassen / daß also dieses der allerheftigsten Treffen eines wahr / davon je mag gehöret seyn. Beyde Heerführer gaben durch ihrer Schwerter wirkung den ihren ein Beyspiel / wessen sie sich verhalten solten; Verlust und Gewin blieb in gleicher Wage / so lange Pandion Freyheit hatte sich hin und her zuwenden / aber weil ihn Ladisla mit seinen wenigen / doch außerlesenen suchete / traff er ihn endlich an / schlug ihn umb den Kopff daß ihm beyde Ohren gelleten / und sagte: Mein / du must nicht gedenken /ob sey dir das Feld allein eingeräumet. Dieser fühlete die schweren streiche und bezahlete baar / so viel er kunte / daß Ladisla am linken Beine etwas verwundet ward / welches zuvergelten er seine Hiebe verdoppelt / dz dem Indier der Helm auffsprang / und zugleich einen geringen Schramhieb über die Backe bekam. Ladisla meynete / er währe sehr verwundet / und ermahnete ihn / sich zu ergeben; aber dieser bekam hiedurch nur Zeit / seinen Helm gleich zurücken; worauf er alsbald die Rache vornam / und Ladislaen mit aller Krafft zusetzete / dessen Pferd er in den Hals verwundete / das es strauchelte / und er sich deßwegen auff die Füsse begeben muste / nam doch seiner Schanze wol wahr / und hieb seines Feindes Pferde die Vorderfüsse entzwey das es auff den Kopff stürzete / und Pandion herunter fiel / auff welchen Ladisla sich setzete / und seinen Leuten zurieff / sie solten niemand herzu dringen lassen; reiß ihm hernach den Helm ab /und stellete sich / als wolte er ihm das Häupt abschlagen; dieser aber fragete; wer sein Obsieger währe. Der heisset Ladisla / gab er zur Antwort; und könnet ihr euch gefangen geben wil ich euer Mannheit wegen euch nicht weiter beschädigen. Ja / sagte dieser /einem solchen preißwirdigen Könige ergebe ich mich willig / dem zu dienen ich ohn daß geneigt bin. Also nam er das Schwert von ihm / und ließ ihn aus dem gedränge nach Artaxerxes führen / der seiner Gefängnis froh wahr. Die übrigen Indier / als sie ihr Häupt verlohren hatten / wurden wie das Vieh abgeschlachtet / daß ihrer kaum 6000 übrig wahren / als Vonones ihnen 12000 Parther zum Entsaz schickte / welche den Persen eine harte Nuß zu beissen wahren / weil deren schon 3500 gestrekt lagen / und 1500 sich hefftig verwundet befunden / auch durch dieser ankunft noch 2000 fielen / daß wo Ladisla mit 2000 herzhaften Rittern nicht gegenstand gehalten / währen sie alle nidergesäbelt worden; Neda [83] brach aber mit seiner Mannschafft (ohn daß er die Böhmen ausser 300 /alle zurük ließ) zu rechter Zeit auff und entsetzete seinen König / erschlug auch einen vornehmen Parthischen Obristen bey seiner ankunft / und drücketen seine Leute ihm dergestalt nach / daß Ladisla Zeit hatte / die abgemattenen Persen und Margianer abzuführen / und alle seine annoch gesunden Völker auff den lezten Saz zuordnen. Und ob wol Neda gefechte nicht lange währete / erschlug er doch der Parther 4500 / und verwundete ihrer 2300 / dagegen er 1500 zusetzete und 600 verwundet wurden.
Im rechten Flügel haben wir bißdaher Herkules und Karthasis sich zausen lassen / die ein langwieriges Gefechte trieben; dann Herkules eilete nicht mit ihm /weil er sahe / daß die seinen hiedurch Lufft bekahmen / die Skythen niderzuhauen / denen sie übrig gewachsen wahren / weil Leches und Klodius mit ihren 9500 frischen Meden und 500 Römern / so von Arbianes Heer noch nicht gefochten hatten / sie stärkete; und merkete Karthasis wol / daß sein absonderlicher Streit den seinen sehr schädlich wahr / deßwegen er alle kräffte samlete und entweder gewinnen oder verspielen wolte / auch Herkules selbst gestund / er machte ihm gnug zuschaffen; aber mit dieser letzen abmattung wahr es geschehen; dann Herkules / der sich gewaltig gesparet hatte / verwundete ihn an etlichen orten / daß er kraftloß ward / uñ sich kaum auff dem Pferde halten kunte / daher er ihn ferner nicht beleidigen wolte / sondern sagte zu ihm; Herr Karthasis / ich meyne / wir haben beyderseits unsern Ehren gnug getahn; seid demnach mein Freund biß auff eure gute Erlösung / die euch nicht sol gehindert werdẽ. Woldañ / Durchleuchtigster GroßFürst / antwortete er; ob mir gleich der Tod erträglicher als die ergebung währe / wil ich doch eurem befehl gehorchẽ; reichte ihm auch dz Schwert / welches er doch nicht annehmen wolte / und ward von 30 Meden hingeführet /denen Herkules befahl / daß er redlich und alsbald verbunden würde. Es ist nicht zubeschreiben / was vor Jammer bey den Skythen über seiner Gefängnis entstund / die als verzweiffelte unsinnige Leute ihren Feinden in die Schwerter fielen / und doch ungerochen nicht sturben / welches meist über die Meden ging /die solchen Anfall abzuhalten nicht bestand wahren. Nun wolte gleichwol Herkules seiner Teutschen kräfte biß auff Osazes sparen / deßwegen er Pharnabazus mit 8000 so schon gefochten / herzu foderte / die Teutschen und Römer abzulösen; dann ungeachtet von diesen Skythen nicht über 12000 mehr übrig wahren / wolten sie doch nicht weichen / sondern ihres FeldHerrn Gefängnis rächen / daher von den Meden und Assyrern 8500 erschlagen wurden. Der Römer lagen an diesem orte 300 / der Teutschen 85 /und 70 von Fabius geworbenen / im Sande und Blute. Fürst Osazes machte sich fertig zum lezten angrif / uñ Vologeses hielt es schon so gut als verspielet; wahr auch bedacht / seinen König zum abzuge zubereden /und dem zornigen Glük zuweichen. Leches uñ Klodius tahten vor ihr Häupt alle mögligkeit / die Skythen abzutreiben; aber ihre Leute mehrenteils / wahren so harter püffe nicht gewohnet / daher sie sich trennen /und diese ihre beyden Führer nebest etlichen wenig Teutschen und Römern im stiche liessen / daß sie beyde nicht allein verwundet sondern auch gefangen wurden; währe auch umb die übrigen getahn gewesen / wann nicht Herkules mit seinen Teutschen und Römern / die schon abgeführet wahren / sie entsetzet hätte / da es von neuen anging / daß noch 3000 Skythen nidergehacket wurden. Osazes brach hieselbst loß / und wahr entschlossen zu siegen oder zu sterbẽ[84] dem Herkules mit aller unverwundeten Reuterey großmuhtig begegnete / und sich stark genug befand diesen lezten Saz zuerhalten; aber es entstund plözlich ein so heftiges Ungewitter mit Donner Bliz und Schlagregen / daß weder Menschen noch Vieh sich behelffen kunten / und wahr erschreklich zu sehen /daß das Regenwasser mit dem Blute vermischet daher lieff / worüber die Haar allen zuberge stunden / weil sie bedachten / daß noch wol etwas gräulichers erfolgen möchte. Vologeses hielt es vor ein sonderliches Glük / weil er keine Hoffnung zum Siege hatte; befahl auch / daß nach geschehenem abzuge ein jeder FeldHerr ihm die Zahl seiner erschlagenen und hart verwundeten einreichen solte; da sichs fand / daß der linke Flüge / welcher vor der Schlacht 146500 Reuter hatte / dergestalt geschwächet wahr / daß nur noch 53200 gesunde davon übrig wahren; dann 80300 wahren gefellet / und 13000 hart verwundet; und welches am meisten betrauret ward / lebeten von 66000 Skythen nur noch 9000 / deren 1000 zum gefechte nicht kunten gebrauchet werden. Im andern wahr es nicht viel gnädiger zugangẽ; massen von demselben 64700 tod / und 18800 hart wund / also noch 63000 vermögende übrig wahren / daß Vologeses sich höchlich verwunderte / wie in so kurzer Zeit eine so grosse Mannschaft / als 145000 hätte können erschlagen /und überdaß noch 31800 verwundet werden. Gleichwol hatte es an Persischer Seiten auch Seelen gekostet; dann Herkules missete 27800 Mann; und funden sich 5555 beschädigte / daß sein gesunder überschus noch in 60645 Köpffen bestund. Unter den erschlagenen wahren 125 Teutschen und 374 Römer; unter den verwundeten aber 40 Römer und nur 15 Teutsche. Ladisla hatte noch weniger eingebüsset; massen er nur 19354 todten und 6200 verwundete hatte; da unter den Todten 25 Böhmen / und deren 160 unter den beschädigten wahren / seine gesunde Mannschaft aber noch in 68446 Köpffen bestund; kunten demnach noch 129091 Reuter an den Feind führen / welcher sich nur noch 116200 Reuter stark befand. Vologeses machte sich mit der auffgesetzten anzahl seiner verlohrnen nach dem Könige / welcher weder mit sich selber / noch mit dem Heer / noch mit den Göttern zufrieden wahr. Mit sich nicht / dann es reuete ihn / daß er Artaxerxes so viel Ehr und Gnade angetragen; mit dem Heer nicht / weil es seiner meynung nach viel zu verzagt gefochten; mit den Göttern nicht; weil sie zu gut Persisch wahren / und das ungestüme Wetter / wie er vorgab / zur unzeit daher stürmen lassen / daß er die Fremden samt dem Fräulein nicht in seine Gewalt bekommen mögen. Als sein Feldmarchalk zu ihm trat / und die menge der erschlagenen hoch betraurete; gab er zur Antwort: Feige Memmen liegen besser im Sande / als dz man sie mit schwerem Solde unterhält; wir haben gemeynet / Kriegsleute gehabt zuhaben /und sind kaum Schatten von Kerlen gewesen. Ists nicht eine schande / daß man den weibischen Persen so viel Blut gegeben / und dannoch der beyden jungen Laffen noch keinen / weder erschlagen noch gefangen haben mag? Vologeses befand sich hiedurch sehr beleidiget / und sagte darauff: Dafern ihre Königl. Hocheit dem Kriegsvolk einige furchtsamkeit beymisset / tuht sie ihnen sehr ungütlich / und kan ich dieselbe wol versichern daß nicht die ungeübeten / sondern die allerbesten Völker uns leider abgeschlagẽ sind; drum lasse eure Hocheit ja bey Leib und Leben sich dieser beschuldigung gegen keinen Menschen merken / wo sie sonst der Völker Herz nicht gar von sich abwenden wil. Ich bin vor diesem auch in Schlachten mit gewesen / aber härter Stand ist mir Zeit meines Lebens [85] nicht vorkommen / und traue eure Hocheit nur ungezweifelt / daß die beyden Fremden / den Jahren wol / aber nicht dem verstande / noch der Faust nach /vor Jünglinge zuschelten sind / wo wir nicht unsere vornehmste Obristen gar zu Kinder machen uñ außschreihen wollen; jedoch / hätten sie die Schlachtschwerter / welche uns den grösten schaden getahn /nicht bey sich gehabt / solten die Feinde sich unsers Bluts nicht groß rühmen. Artabanus begehrete zuwissen / was diese dann vor ungeheure währen; deßwegen Vologeses drey gefangene Susianer herein führen ließ / welche darauff antworteten: Es währen vor wenig Wochẽ 7000 Römer / 6000 Böhmen / und 6000 Teutschen den beyden Helden und H. Fabius auffzuwarten ko en / unter denen 2000 Teutschen die Schlachtschwerter (daher sie selbst auch Schlachtschwerter genennet würden) wie leichte Spizruhten führeten / und sich nit scheuheten / daß ihrer hundert auff tausend und mehr angingen; Artaxerxes gäbe ihnen dreyfachen Sold und grosse verehrungen / und hätte der König aus Teutschland seinem Sohn Herkules 150000 Mann zusenden angebohten / aber allem ansehen nach / begehrete Artaxerxes deren in so grosser menge nicht / ob sie ihnen etwa diese Länder möchten besser als ihr Vaterland gefallen lassen / und sich unterstehen / die Freunde mit samt den Feinden auffzureiben. Vologeses hörete dieses mit leidigen Ohren an / und trug ihm der Sinn wenig gutes zu / insonderheit / wann er dem grausamen Wetter nachdachte / welches von Persen entstanden wahr / und sich nach Charas hinzog / woselbst es auch grossen schaden an den vornehmsten Gebäuen getahn / uñ den herlichsten Saal auff dem Königlichen Schlosse sehr heßlich zugerichtet hatte / wie man hernach erfuhr. Nach abtrit der befrageten Gefangenen / ließ Vologeses den König wissen / man hätte zween vornehme Herrn von den Feinden gefangen / als einen Bömischen / und einen Römischen / die man wegen ihrer tapferkeit hoch rühmete. Wol wol / antwortete Artabanus / man gebe ihnen den Lohn / und lasse sie durch des Schwerts Spitze lauffen / damit die Auffrührer daher unsern Zorn und Eifer erkennen / uñ zu gleicher straffe sich gefasset machen. Einen solchen Lohn? sagte Vologeses; Sie sind ja weder Verrähter noch meinäidige / sondern in der Schlacht gefangẽ; und was man mit diesen vornehmẽ wird / müssen unsere FeldHerrn / Karthasis / Pandion / Mithridates und Oxatres auch erwarten. Der König entsetzete sich über deren Gefängnis / und fragete / welches so mächtige Schwert diese Helden hätte demühtigen können; der teutsche Bliz Herkules / antwortete Vologeses /hat den Skythen; und der Bomische Donner Ladisla den Indier nidergelegt / und mit einzelner Faust gefangen / welche wir vor junge Laffen schelten. Hat dann das Unglük diese Unholden uns zur beleidigung außgehecket? sagte Artabanus; befahl die beyden gefangenen / Leches und Klodius ihm vorzustellen / welche dann mit guter freidigkeit und zimlicher ehrerbietung zu ihm in sein Gezelt traten / und von ihm also angefahren wurden; Wer hat euch Landstreicher so verwägen gemächst / daß ihr an unsern Völkern euch vergreiffen / und wieder uns fechten dürffet? wie wann wir solchen frevel an euch nach verdienst abstraffeten / wer würde uns solches wehren? Leches gab unerschrocken zur Antwort: König der Parther; mein Geselle und ich sind keine Landstreicher / sondern ehrliche Ritter / und dienen unsern allerliebsten Herren /den beyden großmächtigsten / Könige Ladisla uñ GroßFürsten Herkules. Ob nun dero Königl. Hocheit und GroßFürstl. Durchl. Ursach haben / euer Heer anzugreiffen / haben wir nicht [86] zuverantworten; so viel aber wissen wir wol / daß wo man wieder Kriegsgebühr mit uns umbgehen wird / unsere Herren mächtig genug seyn / uns Blut zurächen. Weil er dieses vorbrachte / ward Vologeses angemeldet / es währe ein Trometer von Fürst Herkules mit einem Schreiben ankommen / welches an den Feldmarschalk hielte. Er befahl das mans ihm alsbald brächte / hieß die Gefangenen abtreten / und lase in Artabanus gegenwart folgenden Inhalt:
Dem Durchleuchtigen Fürsten / und Hochberümten Parthischen Feldmarschalk / Herrn Vologeses / entbeut Herkules / bestalter Persischer Feldmarschalk / gebohrner GroßFürst der unüberwindlichen Teutschen / seinen Gruß und Dienst / und ersuchet dessen Liebe hiemit freundlich / daß den beyden Gefangenen seinen lieben geträuen Leches und Klodius / ihre Wunden redlich verbunden / sie auch sonst als freie wolgebohrne Herrn in ihrem Gefängnis gehalten werden / welches mit gebühr erstattet werden sol / und ich das Vertrauen zu euer Liebe auffrichtigkeit trage; solte ihnen aber ichtwas ungebührliches begegnen / welches abzuwenden eure Liebe nicht vermöchte / sol es an meinen vier ansehnlichen Gefangenen grausamlich gerochen werden / denen ich biß auff diesen unverhoffeten Fall allen brüderlichen Willen zuerzeigen / nicht unterlassen werde / und hiemit Fürst- und ritterlich verspreche; gelebe auch der Hoffnung / es werde der zornige Himmel uns Morgen gütiger seyn /und mir fernere Kundschafft mit Fürst Vonones / oder Osazes / oder auch wol Pakorus gönnen / denen ich meine bereitwillige Dienste als redlichen Fürsten und auffrichtigen ehrliebenden Rittersleuten und tapfferen Helden entbiete / verbleibe auch euer Liebe in absonderlicher Freundschafft willigster Diener Herkules.
Vologeses wolte nach verlesung kein Wort hinzu tuhn / sondern erwartete des Königs Erklärung; welcher in sich selbst grießgramete / dz seiner so gar mit keinem Worte gedacht ward / als ob er nicht eins dazu gehörete. Zu gutem Glük kam Pakorus in das Zelt getreten / zu dem Vologeses sagte: Bruder / ich habe einen Gruß an dich von dem Persischen Feldmarschalk / GroßFürst Herkules. Ich bedanke mich des ritterlichen Helden / antwortete er / welcher mich heut von ferne ein solches Gefecht hat sehen lassen / deßgleichen Zeit meines Lebens mir nicht vorkommen ist; aber vielleicht ist es ein Schwert Gruß. Man kan es deuten wie man wil / sagte Vologeses / und gab ihm den Brieff zu lesen; welcher darauff anfing: Sihet dann GroßFürst Herkules uns Parther vor solche Leute an / die kein Kriegsrecht gelernet baben? man hat mir nicht gesagt / dz die beyden Gefangene verwundet sind / sonst wolte ich sie schon haben verbinden lassen. Aber ihre Königl. Hocheit tähte sehr wol /sagte er / wañ sie dieselben entweder gar nicht vor sich liesse / oder ihnen mit freundligkeit freien abschied gäbe. Das erste ist schon zuspät / sagte Vologeses / massen unser König ihnen schon bedräulich zugeredet hat. Das ist mir leid / antwortete er / inbetrachtung des grossen verlustes / welchen wir heut eingenommen; und ich ihn doch mit nichten unsern Völkern / welche sich in warheit tapffer gnug bezeiget / zulegen kan / sondern dem Unglük / welches uns dieser beyder fremden Fürsten feindschaft auffgebürdet hat. Und O wolte der Himmel / daß wir mit denen möchten verglichen seyn / der Perse und Mede solten ihren Hochmuht bald sinken lassen. Kan aber solches nicht geschehen / möchte ich wünschen / wir hätten diese Stunde einen ehrlichen Vergleich mit den Auffrührern; dann wo unser verfolg nicht glüklicher ablauffen wird als der Anfang / wird die Erhaltung des Parthischen Stuels nicht Menschen / sondern den Göttern zuzuschreiben seyn. Doch wird man hievon zur andern Zeit zu rahtschlagen haben / da Königl. Hocheit Wille und Befehl die einige [87] Richtschnur meines verhaltens (so viel in meiner Kraft ist) seyn sol; vor dißmahl werden wir des Gebohts erwarten / wie es mit diesen Gefangenen solle gehalten werden. Es verdroß zwar Artabanus diese Rede nicht wenig / als welche zur wiedererlangung der Fräulein gar nicht vorträglich wahr / durfte sich doch dessen nicht mer ken lassen / weil Pakorus im ganzen Reich ein sehr grosses ansehen hatte; gab auch vor dißmahl ihnen beyden die Freyheit / mit diesen beyden Gefangenen (denen sonst billich die Zunge solte außgeschnitten werden) nach willen zuhandeln. Da setzete sich nun Vologeses nider in seinem Zelt / schrieb eine Antwort an Herkules / und schenkete dem Trometer 100 Kronen; sendete doch den Brieff bey seinem Leib Trometer in dieses Geselschaft fort / welche / fehlete nicht viel / auff diesem kurzen Wege von den Scheltworten zun Schlägen geschritten währen. Pakorus ließ inzwischen Leches und Klodius Wunden besichtigen / welche wenig zubedeuten hatten. Artaxerxes empfing nach gehaltener Schlacht unsere Helden überaus freundlich / dañ er hatte auff einem hohen Elefanten ihr wolverhalten gutenteils gesehen / wuste auch daß die beyde vortreflichste FeldHerrn Karthasis und Pandion durch ihre Hand erleget und gefangen wahren. Sie wolten als Obsieger von der Wahlstat nicht weichen / sondern schlugen daselbst ihr Lager / liessen die Zelten auffrichten / und alsbald mit einem Graben umbgeben / welches in zwo Stunden fast geschehen wahr / uñ die Gefangene mit höchster verwunderung ansahen / denen aller guter wille als Freunden / so wol von Artaxerxes und Phraortes / als von unsern Helden erwiesen ward. Ihre Wunden wahren bald anfangs auffs fleissigste versehen; insonderheit stellete Artaxerxes sich höflich gegen den Skythen / uñ Indier / dann sie wahren vor dem in der Jugend mit ihm unter einem Obersten / Ritmeister gewesen. Karthasis aber steckete es ihm nicht unter die Bank / sondern sagte dürre heraus; Versichere dich Herr Bruder / daß deine Menge den endlichen Untergang von dir nicht würde abgekehret haben / wann der kleine teutsche Hauffe mit ihrem GroßFürsten nur ein halbviertelmeilichen von dir solte gewesen seyn. Gut Herr Bruder /antwortete er / stinken dieselben deinen Skythen so gewaltig zu / muß ich mit meinem H. Bruder GroßFürst Herkules handeln / daß er sie dir nicht lasse nachhauen / wann du nun Morgen nach Charas wol gar zu fusse wirst neben dem Wüterich hertraben müssen / dem du nit ohn beleidigung unser Freundschaft deine Dienste wieder mich angebohten hast. Pandion / der etwas frecher wahr / ersetzete dieses also: Ja Herr Bruder / wann nun dieses geschehen solte / wem würde dann die Ehre des Sieges seyn? würde man alsdañ nicht sagen; GroßFürst Artaxerxes aus Persen ist kek durch andere Leute? wie er dann freilich ist. Aber wie wirds fallen / wann diese SchuzGötter abzihen werden? Ich rühme mich des beystandes meiner geträuen Freunde / antwortete er /und ihre Ehre zubefodern / sol mein Gut und Blut mir nit zu lieb seyn; wir wollen aber diese SchuzGötter bey uns behalten / und dem einen den Parthischen; dem andern den Indischen Reichsstuel erstreiten helffen; dann der HochFürstl. verbundnis Vorsaz gehet nicht weiter / als den Parthischen Hochmuht zu dämpffen / und an dessen stat einen König zusetzen /der seine Fürsten nicht als Leibeigene / sondern als freunde hält. Herkules trug unwillen an diesem Gespräch / und gab er Karthasis zur Antwort: Meine Herrn; sie nach ihrer alten brüderlichen Kundschaft haben dieser Scherzreden gute Freyheit / sonsten wann es zur ernstlichen verantwortung kommen solte / müste ich trauen [88] zeugen / daß nit allein meine wenige Leute / sondern auch andere sich redlich gehalten; zweifele auch nicht / es hätte GroßFürst Artaxerxes durch seine Völker eben dasselbe verrichtet / was durch anderer zuzihung geschehen. Es wahr von Artaxerxes befohlen / daß alle die bey Leches so schändlich gehalten / solten Wehrloß gemacht / und hingeführet werden / daß sie in der Gefangenen gegenwart der zehndeteil gehenket / die andern aber alle zur ewigen Knechtschafft verstossen würden. Aber GroßFürstin Valiska brachte es mit ihrer Vorbitte dahin / daß aus dem verurteileten zehndenteil der zehnde solten zur straffe gezogen / uñ die andern ihr geschenket werden; welche sie also anredete: Freylich habt ihr alle mit einander den Tod wol verdienet / weil ihr eure Führer verlassen / und aus furcht davon gerücket seid; aber ich wil euch vor meine FußSchützen bestellen /und da in künfftiger Schlacht ihr euch redlich halten /und den heutigen Schandflek abwischen werdet / sol alles gebüsset seyn. Vor welche Gnade sie einen demühtigen Fußfall tahten / und nachdem sie auffs neue in äid genommen wahren / sich verbunden / entweder ehrlich zusterben / oder das Verbrechen einzuhohlen; da endlich Valiska auch die andern verzehndeten biß auff drey Köpffe verbaht. Vologeses und Pakorus tahten Leches und Klodius gütlich / stelleten ihnen ihr Gewehr / Waffen und Pferde zu / und liessen sie in begleitung 50 Parthischer Reuter nach Artaxerxes Lager zihen; machten sich hernach wieder nach Artabanus / und frageten / wie ihre Königl. Hocheit es nach diesem wolte gehalten haben; Weil er aber ihre meynung zuvor hören wolte / ließ Vologeses alle FeldHerrn hinzu fodern / da er also anfing: Es ist das Glük uns heut sehr zuwieder gewesen / da des feindes Schwert über den halben teil unser Reuterey nidergehauen und hart verwundet / insonderheit / welches zubeklagen / fast das ganze Skythische Heer / und das Indische zugrunde gerichtet hat / da wir doch meineten / sie allein währen gnugsam / des feindes Macht zubrechen. Ich weiß nicht / wie so gar alle dinge der veränderung unterworffen sind / und ein jeder seinen Meister findet; dañ wo vor hat Karthasis mit seinen versuchten Reutern sich bißher gedemühtiget? oder wo ist er nit durchgebrochen / wo er ernstlich angesetzet? Und vor dißmahl hat eine geringe handvol Volks ihm fast den Garaus gemacht. Ich schreibe den Persen nichts häuptsachliches zu / ob sie gleich umb ein grosses sich gebessert haben; ihres Gebeins solte nicht übrig seyn / wann Herkules und Ladisla mit ihren wenigen Teutschen und Römern (dann die Böhmen haben nicht eins getroffen) ihre Vormaur und Schuz nicht gewesen währen. Nun ist gleichwol die Parthische Macht hiedurch noch nicht gebrochen / aber doch zimlich geschwächet / welches ich freylich der himlischen Verordnung zuschreibe / die uns sehen lässet / das alles Irdische der Verwandlung unterworffen sey. Vor dißmahl werden wir allen unsern Wiz / Krafft uñ vermögen anzuwenden habẽ / wie die empfangene grosse Wunde zuverbinden und zuheilen sey / da wir unter zweien Wegen gewißlich einen zuwählen haben; nehmlich den Streit Morgendes Tages fortzusetzen / oder einen kurzen anstand der Waffen zu machen; dann ein völliger Vertrag scheinet noch zur Zeit allerdinge unmöglich. Sol ich nun mein Herz außschütten / und vor meinem großgebietendem Könige und diesen verständigen FeldHerren / als unsers Reichs Seulen / meine unverfängliche Meynung sagen; so ist gewiß / daß der Sieg an unser seiten nicht allein mißlich / sondern fast unmöglich seyn wird / inbetrachtung daß unsere Feinde uns nunmehr ohn zweiffel an Reuterey [89] überlegen sind / und wir bloß allein auff unsere übrige Parther uns zuverlassen haben. Wolte aber jemand einwenden / wir könten von unserm Fußvolke ein halb hundert tausend Mann beritten machen; gebe ich solches zwar nach / halte aber davor / es sey vor dißmahl dem Parthischen Stuel nichts heilsamers / als daß wir uns zurücke zihen /und uns an eine Enge legen / das Heer gewaltig stärken / und den muhtigen Feind etliche Wochen auffhalten; alsdann werden wir des sichersten spielen / und nicht durch unzeitigen Eifer verwarlosen / was Kindes Kinder würden beklagen müssen. Jedoch / solte Königl. Hocheit ein anders gesinnet seyn / und die anwesende Fürsten meinen Vorschlag aus einigem grunde zu tadeln haben / wil ich folgen wohin man mich haben wil / nur allein / daß meine Reden wol erwogen / und als redlich und träuherzig auffgenommen werden mögen. Artabanus merkete / daß die übrigen ihnen diesen Vorschlag nicht übel gefallen liessen /wuste auch aus Pakorus vorigen Reden / daß derselbe einer gleichen Meynug wahr / daher er niemand mehr wolte lassen zun Worten kommen / sondern fuhr also fort: Wann die Auffrührer umb anstand anhalten wolten / würden wir ihnen denselben nicht umb hundert Tonnen Goldes verkäuffen; aber Vologeses dürffte ihnen denselben fast anbieten. Sind wir dann irgend schon aus dem Felde geschlagen? oder sind wir so gar bloß von Kriegsleuten / daß wir aus Noht dem Feinde weichen müsten? wir haben ja noch mehr als 300000 bewehrter Mañ umb uns / und wissen / daß wir den Feind an der menge übertreffen / welcher uns ja seines Bluts auch wird gegeben haben. So sind unsere Parther / der Kern und außbund unsers Heers noch zum Treffen nicht kommen / und wolten am Siege verzagen? Ey mein Vologeses / lasts seyn / daß wir eine Handvol Knechte mehr verlohren haben / als der Feind / solte daß unsern Muht brechen? ja lasts seyn /daß die ganze Reuterey geschlagen währe; müsten wir deßwegen uns vor den abtrünnigen Buben in einen Winkel verstecken? der Regen beuget die Kräuter nach der Erden / und drücket ihnen den Kopff nider /aber er teilet ihnen zugleich die Krafft mit / sich wieder auffzurichten. Ein unverzagtes Herz muß auch wol einen Schimpff über sich nehmẽ / aber es suchet sein Schart außzuwetzen. So ist demnach unser Vorsaz und Schluß / mit dem Lager eine gute halbe Meile hinter uns zurücken / umb so viel bessern Raum zur morgenden Schlacht zugewinnen / und daran zusetzen / was in unserm vermögen ist / was gilts / es werden Morgen die himlischen Zeichen anders stehẽ als heut. Daß wir aber von anordnung der künftigen Schlacht unsere Meynung sagen / so halten wir von dergleichen Treffen nicht / da man mit zerteileten Völkern fechtet. Mañ lasse Morgen den hellen Hauffen treffen / dann so dringet die Macht besser durch / insonderheit beim Bogenstreit / in welchem die teutschen Wölffe ja so bald und leicht als die andern können gefellet werden. Aber auch das gesamte Schwert dringet besser durch /und ob dañ gleich an Feindes Seiten ein Fähnlein oder etliche guter Knechte sind / können doch dieselben nicht allenthalben zugegen seyn / und müssen endlich mit daran / wann die übrigen getrennet sind. Ist also nöhtig / unsere Völker auffzumuntern und zu stärken. Zwar es hat ein teil der Reuterey abgesattelt / aber die Pferde haben sich mehrenteils wieder nach unserm Lager gewendet (wer wolte daß nicht vor ein glückes Zeichen rechnen) welche man mit frischen Reutern von unserm Fußvolk freilich besetzen kan / ob wir gleich nicht absehen können / warumb unser Feldmarschalk solches vor ungereimt hält. Die Schlachtordnung [90] zu Roß sol vor den Elefanten hergezogen werden / daß wann der Feind sich nahet / man von oben her mit Pfeilen in sie schiessen könne. Unsere Parther stelle man die halbscheid vorne an / die werden vor andern ihrer Mannheit und Pflicht eingedenke seyn /und den Ohmächtigen Weichlingen den Sold ihrer Auffruhr geben. Nun wird hiemit unserm lieben geträuen Vologeses befohlen / anzusagen / wie ihm dieser Vorschlag gefalle. Dieser wegerte sich zu antworten / ehe Pakorus nebest Vonones und Osazes ihre Meynung angezeigt hätten. Artabanus muste damit zufrieden seyn / und erläubete Pakorus zu reden / welcher ungescheuhet sagete: Er merkete wol / daß wer sichere uñ heilsame Rahtschläge vortrüge / dürfte fast darüber in verdacht der kleinmühtigkeit fallen; könte aber dannoch nicht umbhin / zubekennen / daß Fürst Vologeses dasselbe eingeführet / worauff sonder zweiffel des Parthischen Reichs Wolstand beruhete. Ihre Königl. Hocheit möchte sich allergnädigst erinnern / was neben Fürst Vologeses er bey erster zubereitung zu diesem Kriege als nohtwendigkeiten eingeführet hätte; man müste sich nicht nur auff eine Schlacht / sondern auff einen Krieg schicken; man müste ein Heer ins Feld führen / und das andere zum Nohtfall fertig haben; man müste einen gelegenen sichern Ort kiesen / dahin man / wans die ärgeste Hand gewinnen solte / sich zihen und von neuen stärken könte; daß alles währe verworffen und verachtet. Nun stünde zwar der Parthische Stuel bißher feste / aber er stünde gleichwol nicht im Himmel / sondern auff der Erden / da er durch Unglük (welches die Götter ja verhüten wolten) könte umgestossen werden; möchte demnach gerne wissen / daß wann die morgende Schlacht unmahl fallen solte / welches in der Götter Händen stünde / wie mans doch alsdann weiter anschlagen wolte; ja wie man des Königes einzigen Leib in sicherheit bringen / und aus der Feinde Klauen erretten wolte. Hierauff würde man noch wol können bedacht seyn / wann man etwas Zeit hätte / weil mans bißher nicht hätte achten wollen / aber die bestimte und schon geschlossene morgende Schlacht verhinderte solches alles / daß man auff nichts könte gedenken / als wie die Völker in höchster Eile ohn Nachtruhe möchten verstärket werden; solte demnach / zur gewinnung der teuren Zeit sein Schluß dieser seyn / daß wann sein König bey voriger Meynung verbliebe / wolte er sich redlich erkläret haben / bey demselben zu leben und zu sterben. Die andern erbohten sich eben dessen / welches auch Vologeses wiederhohlete / und mit diesem Wunsche beschloß / daß die Götter es schicken möchten / daß nach verlauff 24 Stunden er mit fuge und warheit vor den schli esten Rahtgeber und unverständigsten Kriegsmann könte gescholten werden. Artabanus wahr sehr froh / daß der Schluß also fiel / und seinen blinden Begierden ein genügen geschahe / dann er wahr schier Sinnloß vor Liebe / und hatte ihm steiff eingebildet / es müste ihm seine Herkuliska wieder werden / und der Feind untenliegen. Er wolte alsbald anordnung tuhn / woher das Fußvolk solte verstärket werden; aber es erhub sich im Vorlager ein grosses freuden Geschrey / und als man nach der Ursach fragete / kam Karthasis daher geritten / dem seine überbliebene Leuthe diese Ehre antahten. Der König ließ ihn alsbald zu sich fodern / erfreuete sich seiner ankunfft / und fragete / wie es ihm vorstünde / und ob er auch von den Abtrünnigen und Fremden währe beschimpffet worden. Worauff er diese Antwort gab: Großmächtigster König; ich scheuhe und schäme mich nicht zubekennen / daß ich des allervortreflichsten und unvergleichlichen Helden / des teutschen Herkules Gefangener gewesen /[91] und von ihm in einem auffrichtigen absonderlichen Kampffe ritterlich überwunden und Krafftloß gemacht bin / dann ich habe an ihm meinen Meister funden /den allerbesten Kämpffer / verständigsten FeldHerrn und leutseligsten Fürsten / dessen Tugend und Frömmigkeit der Welt beherschung gnug fähig ist. Er hat mich nicht als einen Gefangenen / sondern als einen Freund und Bruder gehalten. Das erste Geboht an seine Leute / da er mich gefangen fortschikte / wahr /daß man mich ehrlich halten und redlich verbinden solte. Nach geendigter Schlacht / hat er mir die Persische Kriegsmacht gezeiget / die trauen nit zuverachten / ja schwerlich zuverbessern / aber viel anders als auff Persisch angestellet ist; und hat eure Königl. Hocheit sich zuversichern / daß ob sie gleich auch gute Völker eingebüsset / dannoch ihr KriegsHeer sich auff die 300000 Köpffe wehrhafter guter Mannschaft erstrecket. Sonsten schwöre ich / das kein verächtliches Wort aus dieses Helden Munde gangen / dadurch eure Königl. Hocheit / oder deren Leute möchten beschimpffet seyn; Ruhmretigkeit hörete ich ja so wenig von ihm / sondern er stellete sich / ob wüste er von dem Treffen nicht daß allergeringste. Alles sihet auff ihn / alles höret ihn / alles fraget ihn / als währe er alles. König Ladisla hanget ihm an als eine Klette /und wahr überal vergnüget / da er seinen Herkules frisch und gesund aus der Schlacht kommen sahe /welcher sich gleichwol etwas unwilliger über eure Königl. Hocheit vernehmẽn ließ / weiß nicht / wegen weß empfangenen Schimpffes / wiewol mit wenigen und unschimpflichen Worten. Darf ich meine Meynung sagen / so gedünket mich / es streiten diese beyde Helden wieder uns ohn feindseligkeit / und wir reizen sie ohn gnug wichtige Ursachen zu unserm verderbẽ / welches uns wenig Vortel bringen dürffte. Ich rede dieses nicht / als währe ich Persisch / das ist /träuloß worden / dann an Parthischer seiten habe ich mich verbunden zu leben und zu sterben. Daß ich aber die Tugend auch an den Feinden rühme / wird mir niemand verargen; aber ich weiß nicht / ob ich diese beyden Helden vor unsere Feinde halten sol. Sie gestehen / ich habe ihnen den grösten Schaden getahn / noch bin ich von ihnen als ein Freund geehret / ungeachtet eurer Königl. Hocheit sache ich ungescheuhet behäuptet / und des Persen abfall gescholten /wobey sie sich gestellet ob ginge sie das Häuptwesen gar nicht an. Der Perse hat schon viel Höfligkeit von ihnen gelernet / welches er sehen ließ / in dem er mein Vorbringen teils großmühtig / teils scherzhafft beantwortete / auch teils mit stille schweigen vorbey gehen ließ; nur dieses meldete er außdrüklich / er möchte GroßFürst Herkules den Parthischen / und Könige Ladisla den Indischen Reichs Stuel wol göñen und gewinnen helffen / welches sie doch / dem äusserlichen ansehen nach / beyde nicht achteten. Als wir in Geselschafft redeten / trat die Göttliche Valiska /GroßFürst Herkules Gemahl in das Zelt / eine Fürstin / deren gleichen der Erdbodem schwerlich gezeuget hat; ihr gang wahr züchtig / ihr ansehen über menschlich / ihre schöne himlisch / ihre Rede mit der allerlieblichsten Demuht vermischen doch so kräftig / daß kein Pfeil so scharff durchs Fleisch dringet / als ihre Honigsüsse Worte durch die Seele der Anwesenden. Artaxerxes ehrete sie als seine gebietende Königin; Phraortes / den sie ihren Vater nennete / hielt sich vor ihren Diener; der junge Arbianes in dem ein guter Landsknecht stecket / wartete ihr auff; der Römer Fabius / der seinen Feind wol sehen mag / setzete ihr den Stuel; sie aber sagte zu ihm: Mein Herr Bruder /ich habe viel einen sanfteren Siz auff meines teuren Herkules Schosse; [92] taht sich auch zu ihm nicht anders / als ein Kind zu seiner Mutter; So ließ hingegen er nicht weniger spüren / wie hoch er dieses Kleinot der Welt hielte / in dem er beyde Hände in ihre Schoß legete / und mit ihren allerzartesten Fingern lieblich spielete; dessen er von ihr einen anmuhtigen Kuß zur vergeltung bekam. Sie hatte bey ihrer ankunft uns Gefangene schon mit dargebohtener Hand sehr freundlich empfangen / und jezt fragete sie mit gebehtener verzeihung nach unsern Nahmen / welcher von Artaxerxes genennet / und ihr zugleich freie anordnung über unsere erlassung gegeben ward; da sie mir sagete; Berühmter Herr Karthasis euer Unfall ist mir leid /so wol der Verwundung als Gefängnis halben / und wann es in meinem Vermögen währe / wolte ich allen Parthischen Völkern auff der Wahlstat das Leben wieder einblasen / so geneigt bin ich eurem und meinem Könige / vor die vielfältige mir erzeigete Woltahten / und müste mir leid seyn / wann ihm an seiner Gesundheit etwas wiedriges zustossen solte. So seid nun gebehten / Herr Karthasis / und nehmet von mir eure vorige Freyheit an; ich begehre zur wiederkehr dieses gutẽ Willens von euch nur diß / daß ihr den König meinetwegen Freund- und Kindlich grüsset /und dz seine Hocheit ich sehr bitten lasse / dieselbe wolle forthin sich weiters nicht bemühen / meinen allerteuresten Schaz Herkules und mich / in unser ehelichen Liebe zustören / dann alles sein tichtẽ / welches er hierauf wendet / ist vergebens uñ umsonst. Und so wahr dieses Fleisch uñ Blut ist (die Hände zusa en drückend) sol kein einiges Mañesbilde mich zu seiner Liebe bringen / als dieser mein Gemahl / GroßFürst Herkules; derselbe ist der erste / dem ich mein Herz ergeben / und sol auch der einige und der lezte seyn /daß mag König Artabanus mir woltrauen. Mich tauret von Herzen / fuhr sie fort / dz euer König mit seinen Fürsten so hart über den Fuß gespannet ist / und ich kein Mittel weiß / diese Feindschafft beyzulegen tuht mir auch leid / daß er noch nicht ablassen kan / meinen H. Bruder und meinen Gemahl zubeleidigen / die er noch diesen Morgen (welches sie selber noch nicht wissen) durch einen Brieff von GroßFürst Artaxerxes hat dürffen zur straffe abfodern lassen. Jedoch würden sie ihm auch diese und andere unbilligkeiten verzeihen / wann er sich im Häuptwerk könte finden lassen / und meinen guten Raht' annehmen / daß er sich mit seinen Fürsten verglieche / und uns andern unsern freien Willen gönnete; welches ich doch nur vor mich rede / dann ich menge mich in so hohe sachen nicht ein. Als sie dieses gesagt; warff sie mir diese güldene Kette umb den Hals / steckete mir diesen Ring an den Finger / und nachdem einwolgesatteltes Pferd herzugeführet wahr / setzete sie dieses hinzu; ihr werdet /Herr Karthasis dieses geringe / als ein Pfand meines guten willens zum gedächtnis behalten / und stehet euch frey / bey uns euer Gesundheit zupflegen / als bey wahren Freunden / oder nach eurem Lager zureiten / da ihr dem Könige meinen Ehrengruß vermenden wollet / und daß in gebührlicher Zucht ihrer Königl. Hocheit Dienerin ich allemahl verbleibe. Aus dieser Erzählung / sagte Karthasis / sihet eure Königl. Hocheit / wie mirs in meiner Gefängnis ergangen /und wessen die Fremde gegen sie gesinnet sind. Artabanus / der durch dieses vorbringen die Eitelkeit seiner Begierden billich hätte sollen erkennen / ward durch das Lob der GroßFürstin nur in seiner närrischen Liebe gestärket / bildete ihm auch eine lautere unmögligkeit ein / zu leben können / wo er ihrer Schönheit nicht geniessen solte; daher er in seinem Vorhaben die Schlacht fortzusetzen / nur steiffer verblieb / unter der Hoffnung / sie [93] in seine Gewalt zubringen; meynete auch / es währe eine sonderliche schickung der Götter / daß sie bey dem Zuge sich finden ließ. Diesem nach befahl er Vologeses / die Völker fertig zuhalten / dann er wolte ohn Häuptstreit nicht weichen. Aber auff Karthasis Vorbringen gab er zur Antwort: Es nehme ihn groß wunder / daß er an derer feindseligen willen zweifeln könte / die nicht allein bey den Auffrührern sich auffhielten / sondern mit Raht und taht ihnen behülfflich / und in allen Schlachten die födersten währen / denen er doch die allergeringste Ursach zum Wiederwillen nicht gegeben / sondern das Fräulein zum Königlichen Gemahl begehret / ihnen aber die grösten Fürstentühmer auffgetragen / und schrifftlich versprochen; welches alles von ihnen hönisch verspottet uñ außgeschlagen währe. Das Fräulein / welche er des diebischen Räubers Gemahl nennen dürffte / hätte ihm eheliche Träue gelobet / und sich nie keinmahl verlauten lassen / daß sie sich mit einem andern verbunden / aber wol / daß sie der Göttin Vesta verlobet währe; wolte deßwegen solchen Raub und ehebruch an dem Bösewicht rächen / obs ihm gleich sein halbes Königreich kosten solte. Hierauff fing er an sich nicht anders zugeberden / als ob er besessen währe; dann die Begierde nach der so hochgerühmten Schönheit machte ihn schier zum Narrẽ; bald erfolgete drauf eine hefftige Wuht / daß er allen seinen Göttern es verweißlich vorhielt / daß sie eine solche diebische Taht an dem Räuber könten ungestrafft lassen. Endlich brach er auch loß wieder Artaxerxes / darumb / daß er dem Räuber Unterschleiff gäbe / und ermahnete die Anwesenden / sie möchten doch nicht gönnen / daß Parthische Ehr und Hocheit so liederlich geschändet würde / und zwar von denen /die ihnen weder an Macht noch Adel / noch verstande im geringsten gleicheten; er vor sein Häupt wolte lieber tausend Leben dran setzen / wann er sie hätte / als eine Stunde Persischẽ übermuht dulden. Ob sie nicht so wol Fäuste uñ Gewehr hätten / als die Feinde; warumb sie doch dañ den Muht so leicht sinken liessen? Als seine KriegsFürsten diese Erklärung höreten / und sahen / daß ihm die Trähnen nicht ferne wahren / verbunden sie sich untereinander zu Siegen oder zu sterben. Insonderheit erbohten sich zehn trefliche Ritter hohes Standes / vor der Schlacht sich in absonderlichen Kampff einzulassen / ob an Feindes Seiten sich etliche hierzu finden würden; welches der König mit sonderlicher Freude vernam / und auff Herkules und Ladisla zehn tonnen Goldes und ein Fürstentuhm setzete; wiewol Vologeses nicht unterlassen kunte / den König zu bitten / es diese Nacht reiflich zuerwägen /ob er solches einzelne Gefechte zulassen wolte / er vor sein Häupt zweiffelte nicht / man würde damit nur Schimpff und Spot einlegen; welches aber dem Könige so übel gefiel / daß er ihn mit höhnischen Worten angriff: Ob er dañ meinete / daß allen seinen Helden das Herz in die Füsse geschossen währe. Worauff er kürzlich antwortete: Des Königes Wille geschehe /und die Götter geben daß er gut und heilsam sey / ich aber zum törichten Lügener werde. Pakorus baht zugleich mit / es möchte der König nichts aus unzeitigen oder erhitzeten bewägungen vornehmen / als welche selten wol ausschlügen; aber da wahr alles den Tauben geprediget.
So bald der Parthische Trometer im Persischen Lager ankam / lieferte er Herkules das überschikte Schreiben ein / der solches in der andern gegenwart erbrach / und es seiner Gemahl laut zulesen reichete /welches dann also lautete:
Dem Durchleuchtigsten GroßFürsten / und hochberümten Persischen Feldmarschalk / Herrn [94] Herkules / erwiedert Vologeses freundlichen Gruß / welcher nicht ge meinet / daß die Unwissenheit mit Gefangenen umbzugehen / ihm hätte sollen zugelegt werden. Meine Feindschafft erstrecket sich ausser dem Fechtplatze nicht / deßwegen befinden sich die Gefangenen nach ihrem Willen; und wann ihre Wunden und Mattigkeit nicht Pflaster und Laabsaal erfoderten / solten sie bey euer Liebe schon angelanget seyn / dessen sie sich zu mir wol versehen mögen. Unsere Leute zuerlösen wird man sich nit wegern / so bald man der Anfoderung berichtet ist / an deren guter Verpflegung mir zuzweifeln nicht gebühren wil. Was der morgende Himmel gibt / wil ich mit annehmen. Ich / nebest Fürst Pakorus / Vonones und Osazes grüssen eure Liebe dienstlich hinwiederumb / und werden wir Gelegenheit suchen / Morgen in meinem / oder euer Liebe Zelt das Abendmahl mit einander zuhalten. Inzwischen erbieten wir jeztgenante euer Liebe / ausser dieser Fehde / uns zu allen bereitwilligen Diensten / welches auff begehren und vor sich selbst meldet und schreibet /
Vologeses
Valiska lachete der Höfligkeit und sagte: Wolte Gott / daß diese Fürsten ihren überflus dem Könige mitteilen könten / solte weiterer Feindseligkeit es nicht bedürffen; aber als viel sie zu verstehen geben /wollen sie mit der heutigen Schlappe nicht friedlich seyn. Leches und Klodius kahmen auch an / erzähleten des Königes Grobheit und rühmeten Pakorus Leutseligkeit; auch wie träulich er neben Vologeses sich ihrer angenommen / und sie endlich gar auff freien Fuß gestellet; welches Artaxerxes so wol gefiel /daß er die GroßFürstin baht / Herrn Pandion / Oxatres und Mithridates in begleitung 200 Persen zihen zulassen; wie dann geschahe / und der Trometer 200 Kronen von Herkules bekam. Als diese Begleitung sich wieder einstellete / zeigeten sie an / man hätte sie nicht nahe an deß Feindes Lager wollen kommen lassen / sondern die Gefangenen etliche Steinwürffe vom Lager eingehohlet / und sie geheissen in gutem friede zurük reiten; sie hätten aber einen gewaltigen Aufflauff im Lager gemerket / als währe man zum Auffbruch geschäfftig gewesen. Tyriotes ward deßwegen mit 1200 Reutern außgeschikt / auff der Parther Vorhaben zu achten / welcher bey spätem Abend wieder kam / und berichtete / der Feind hätte sich eine halbe Meile zurük gezogen / und einen bequemen Ort zum Lager genommen / ohn zweiffel / daß man auff Morgen Raum zur Schlacht haben könte. Daher man an dieser Seite die Völker speisete und zur Ruhe hinließ / auch die das hinterste Lager besezt hielten / abfoderte / und die geschwächete Reuterey von den Fußknechten ersetzete / so daß Pharnabazus 8000 seines Fußvolks; Phraortes 6000 beritten machte. Hierzu wurden noch 3000 Drangianer / 2000 Assyrer / 3850 Hirkaner / 11000 Arische / 2000 Margianer / 5000 Baktrianer / 10000 Persen / Fußvolks / und 240 von den versuchtesten Wagenknechten beritten gemacht mit welchen die Reuterey ersetzet 180000 Mann außtrug; dahingegen das Fußvolk mit 11150 Troßbuben vermehret ward / welches in 120000 Köpffen bestund; ein wolgeseztes Heer von 300000 Mann. An Parthischer Seite stärkete man die Reuterey ebenmässig / und wurden vor erst die Skytischen Fußknechte 16500 auff Pferde gesetzt / und mit den annoch übrigen 8000 gesunden vereiniget / die 14000 Indier zu fusse nahmen auch Pferde / und gingen zu ihren übrigen 6000 Landsleuten. Von den Parthischen und geworbenen Fußknechten wurden überdaß noch 68300 Mann außgelesen / die wol ehmahls zu Pferde gedienet hattẽ oder sich in der Schlacht darauff zubehelffen wusten / dz die Reuterey 210000 Mann stark wahr; und weil aller umbliegenden Dörffer Flecken und Städte Inwohner außgewichen wahren / und sich bey dem Parthischen Heer auffhielten / wurden daraus [95] 44800 Kriegsdüchtige genommen / und unter das Fußvolk verteilet / das solches auff 140000 Mann außtrug / ein Heer von 350000 Kriegsleuten. Artaxerxes hatte viel überlauffs von seiner Reuterey / daß ihnen die Plunderung möchte gegönnet werden; aber sie wurden biß auff folgenden Tag nach geendigter Schlacht hin gewiesen / mit dem Versprechen / daß weil sie heut allein ohn das Fußvolk gefochten / solte ihnen allein auch diese Beute vorbehalten werden; womit sie sich gerne befriedigen liessen / und die Obersten daher ein gutes Zeichen nahmen des künfftigen Sieges. Des folgenden Morgens machten sie beyderseits ihre Ordnung gar früh; die Persische Reuterey ward in zween Hauffen gesezt; den Linken nahmen Ladisla und Fabius / weil seine Römer ihn entweder bey sich haben / oder mit ihm zu fusse streiten wolten / daher man ihnen das erste gerne einwilligte. Bey ihnen wahren Markus / Neda und Tyriotes / mit 6458 Römern / 5743 Böhmen / 29891 allerhand zusammen gelesenen aus dem Fußvolk / und 47908 von den vorigen gesunden / allerley Landes art. Den rechten Flügel führete Herkules / und hatte bey sich / Ritter Wedekind / Bubazes / Leches und Klodius; wiewol diese beyde wegen ihrer Wunden nicht fechten kunten. Seine Völker die er anführete / wahren alle gesunde Teutschen 5801 hiebey 21200 aus dem Fußvolk gesamlete / und 63000 von der gestrigen Reuterey; daß also ein jeder Flügel 90000 Köpffe starck wahr. Das Fußvolk ward in drey Hauffen gesezt; den ersten hatten Artobarzanes und Gallus / 34000 Mann; den andern Pharnabazus und Prinsla / 36000; den dritten Artaxerxes und Arbazes 43000. Phraortes blieb bey den Elefanten mit 5000 Schützen / und ward Fr. Valisken ihr absonderlicher mit 2000 Persen umbgeben. Das Lager musten die Verwundeten Reuter verwahren.
Vologeses wahr nicht minder geschäfftig / das Königliche Heer ins Feld zusetzen. Die Reuterey teilete er unter Vonones und Osazes gleich; dieser bekam 24500 Skythẽ / 48000 versuchte Parther / und 32500 vom Fußvolk außgelesene. Vonones wurden 20000 Indier / 39900 seiner gestrigen Parther / 9300 altgeworbene Reuter und 35800 aus dem Fußvolk gesamlete zugestellet. Das Fußvolk ordente Pakorus in drey Hauffen; den ersten führete Surinas 28250 versuchte /und 11750 ungeübete; den andern Orodes / 18000 versuchte / und 22000 ungeübete; den dritten Pakorus selbst / 40000 geübete und 8000 unversuchte. Die 12000 Elefanten Schützen blieben auff den Elefanten bey dem Könige / über welche Madates gesetzt wahr. Artabanus ritte vor der Schlacht bey seinen Völkern umbher / rühmete ihr gestriges wolverhalten / und reizete sie mit grossen verheissungen zur weiteren Tapfferkeit an; insonderheit hielt er den Parthen vor / ob sie bey so gestalten Sachen die Fäuste sinken lassen /und den Persen gönnen wolten / ihren Stuel über sie zusetzen? Alles was er in seinen Kleidern trüge /wolte er dran wagen / daß solcher Schimpff den ädlen Arsaziern nicht begegnete; ließ sich endlich vernehmen / wie er auff eines jeden verhalten selbst und durch andere acht geben / und die Tapfferen reichlich belohnen wolte. Nachgehends rieff er die zehn Ritter vor sich / die den Kampff anzutreten sich erbohten hatten / und nach wiederhohltem Versprechen ermahnete er sie der Parthischen Mannheit. Diese schikten alsbald einen Heerhold an die unsern ab / welche in dieser Frühe schon in vollem anzuge wahren / und weil Fabius den Vortrab hatte / ward ihm folgender absags Brieff unversiegelt zugestellet:
[96] Fürst Intaphernes / Obrister Befehlichshaber über die Besatzung des GroßKöniglichen Parthischen HäuptSchlosses zu Charas. Fürst Tiribazus / Obrister über 6000 Parthische Reuter. Herr Ariarates / Obrister zu Roß und Fuß. Herr Masistes Obrister zu Roß. Herr Oretes / Obrister zu Roß. Herr Ochus / Obrister zu Roß. Herr Kosroes / Obrister zu Roß. Herr Xerxes Obrister zu Roß. Herr Oribazus Obrister über 50 Elefanten; und Herr Kantibaris / Obrister über 40 Elefanten; alle und jede gebohrne Parther und geschlagene Ritter / versprechen hiemit / ausserhalb Bogenschusses des Häuptheers ohn arge List und gefährde / auff der wahlstat mit gebührlichem Ritter-Gewehr / Speer und Säbel zuerscheinen / und einen absonderlichen Beweißtuhm ihrer Mannheit abzulegen / dafern an gegenseiten jn- oder außländische Ritter / Fürsten und HerrenStandes sich werden finden lassen / einen ritterlichen Kampff mit gleichmässigem Gewehr einzugehen /unter dieser Bedingung / daß der überwundene / welcher sich gefangen gibt / mit gewöhnlichem Lösegelde sich frey machen sol / es währe dann / daß die hohe Obrigkeit auff ihn zu sprechen hätte. Und werden die Kämpffer sich nicht wegern / ihren Nahmen hinwieder zu melden.
Fabius brachte diesen Brieff selbst an Herkules über / und baht / seinen Nahmen unter den Kämpffern mit anzugeben / da der Streit vor sich gehen würde; aber Herkules redete ihm ein / es währe kein FeldHerr an Parthischer Seite geneñet / und er schiene gleich wol / daß sie Hoffnung hätten / er und sein Ladisla würden sich finden lassen; wozu er sich aber / angesehen seines tragenden Amtes / zu hoch hielte; welches Fabius auch bedenken möchte. Ritte darauf alsbald nach Artaxerxes uñ Ladisla / wurden wegen der Gegenkämpfer / die sich selbst anbohten / bald einig /und setzeten dieses Antwortschreiben auff.
Herr Wedekind / Teutscher Reitter / GroßFürstlicher Erb-Kammer Herr / Obrister über 2000 Teutsche Reuter. Herr Herman / Teutscher Ritter / und Obrister über 1500 Schlachtschwerter; H. Neda / Ritter und Obrister über 3000 Bömische Reuter. H. Siegfried Teutscher Ritter und Obrister über 1000 Teutsche Reuter. H. Prinsla Bömischer Ritter und Obrister. H. Marx Römischer Ritter /Obrister über 500 Römische ädle Freyreuter. H. Kajus Autronius Römischer Ritter und Obrister Statverweser über 6000 Römische Reuter. H. Tyriotes / Ritter / Obrister über 6000 Susianische Reuter. H. Arbazes Ritter /Obrister Statverweser und Unterfeldmarschalk eines Persischẽ FußHeers. Und H. Bubazes Ritter / Obrister zu Roß und Fuß / und Befehlichshaber über die Besatzung des GroßF. Persisches Häuptschlosses zu Persepolis /fügen den Parthischen Außfoderern zu wissen / daß der Kampff von uns wieder sie unter vorgeschriebenen bedingungen angeno en sey / jedoch / daß das Lösegeld eines jedweden nicht unter 4000 Kronen gesetzet werde; auch allemahl nur zween sich schlagen / und dem Uberwinder frey stehe / den andern / dritten / und so lange ihm gefällig / außzufodern; alles redlich und auff guten Glauben.
Als der Heerhold dieses überbrachte uñ weder Herkules noch Ladisla sich im Schreiben meldete / verdroß es die Außfoderer nicht wenig. Aber Ariarates sagte: Fürst Vologeses und Pakorus haben dieses unserm Könige schon gnug zuvor gesagt / daß so grosse FeldHerrn sich gegen niemand als ihres gleichen Beampten setzen würden; so dürffen wir auch die genenneten Ritter ohn angezeigete Ursach nicht verwerffen; weiß auch nicht ob wir ihren bedingungen uns entbrechen können / nachdem sie unsere angenommen. Es wuste niemand zu wiedersprechen / nur daß Intaphernes sagete: Ich gedenke / die Teutschen werden mit den ungeheuren Schlachtschwertern ankommen / welches man ihnen / als unritterlich und dieses Orts unsitlich nicht gönnen wird; im übrigen bin ich mit allem wol zu frieden / und da mirs mißlingen solte /wil ich unter 8000 Kronen meinem Ansieger nicht erlegen / weil ich merke / daß jene nicht allein umb die Ehre sondern auch umb den Gewin [97] spielen wollen. Tiribazus hielt vor rahtsam / daß dem Feldmarschalk Vologeses der Antworts-Brieff schleunigst zugeschikt würde / ob etwan der FeldHerren einer oder ander / an Herkules oder Ladisla die Außfoderung legen wolte; dann man sähe den Feind schon heran rücken. Vologeses machte sich mit dem Schreiben nach dem Könige / welcher wenig freude daraus schöpffete / und den Vorschlag taht / daß Pakorus und Osazes es wieder unsere Helden wageten. Aber Vologeses legte ihm vor Augen / was vor Gefahr drauff stünde; weil vor erst die Uberwindung sehr zweiffelhaftig; hernach auffs wenigste nicht ohn hefftige Verwundung würde erhalten werden; wann nun diese ihre beyde Handfesteste FeldHerrn vor der Schlacht zum Gefechte solten undüchtig gemacht werden / könte solches ohn des ganzen Heers merklichen Schaden nicht geschehen; es währe viel sicherer / diese fremde Fürsten im Treffen zufahen oder niderzulegen / als durch einzelne Ritter. Also muste Artabanus sich hiemit befriedigẽ lassen /unter der Hoffnũg / er wolte in der Schlacht ihrer mächtig werden. Inzwischen zohe das Persische Heer fort / uñ hatten die zehn Kämpfer sich mit guten Speeren uñ Schwertern versehen; Weil dañ ihre Außfoderer die Bahn schon eingenommen hatten / ritten sie auch hinzu / und hielten die drey Teutschen an / daß ihnen der Angriff möchte gegönnet werden; solte es ihnen dann glücken / daß sie mehren als dreyen ansiegeten / wolten sie des Lösegeldes nicht mehr als auff einen Mann geniessen; worin man ihnen nicht wiedersprechen wolte. Als nun Kantibaris die erste Außfoderung taht / welches er mit dem Speerwinken zuverstehen gab / ritte ihm Wedekind frisch entgegen / und warff ihn im ersten Treffen herunter / sprang ihm nach / und ehe er sich auffrichten kunte / fassete er ihn bey den Füssen / schleppete ihn von der Bahn / riß ihm den Helm ab / uñ fragete / ob er sterben oder 4000 Kronen geben wolte; welches ihm Mardus als Dolmetscher vortrug; dieser aber zur Antwort gab; er liesse es bey der schrifftlichen Bedingung / und ward von Neda nach dem Heer geführet. Wedekind setzete sich wieder auff / und begegnete Oribazus / der ihm vorgenommen hatte sich besser zuhalten / aber nur in Gedanken / dann der Teutsche wolte ihn nicht vom Pferde stossen / sondern im vorbey rennen ergrieff er ihn beim Arme / und schleppete ihn bey dem Pferde her / da er ihn also hübsch davon brachte; seumete sich weiters nicht / sondern weil Xerxes sich schon gestellet hatte / rante er ihm entgegen / warff dz Speer hinweg und ließ frisch auff sich stossen / fassete das Schwert / welches nicht länger / aber dicker und breiter als die gewöhnlichen wahr / und schlug ihn damit flächling über den Kopff / daß ihm schwinden ward /deßwegen er ihn mit sampt dem Pferde hinweg führete. Artabanus mit seinen Leuten sahe diesen spötlichen Handel an / uñ taht ihm der Schimpff so weh /daß ihm die Augen übergingen. Vologeses aber sagte: Alles was aus unzeitigem Eifer vorgenommen würde /pflegete solchen und keinen bessern Außgang zugewinnen / und da ihre Königl. Hocheit würde fortfahren / des Zorns sich an stat der Vernunfft zugebrauchen / würde das Spiel sehr bald zum Ende lauffen. Es würde sich der König erinnern / wie träulich er diesen Kampff wiederrahten hätte; aber er währe nun mehr fast abgeschrecket / weiter zu rahten / weil niemand besser und lieber / als schädliche Schmeichler und unbesonnene Großsprecher gehöret würden. Mann solte ja billich der Teutschen gestrige Tahten betrachtet haben; und wolte er seines teils gerne eine Tonne Schatz drumb geben / daß das Spiel nicht angefangen währe / welches ihr ganzes [98] Heer verzagt /und die Feinde muhtig machete. Endlich erklärete er sich mit dürren Worten / dafern ihre Königl. Hocheit ihrer angenommenen jetzigen Art nach / weiters verfahrẽ würde / wolte er seines Dienstes erlassen seyn /oder in Gegenwart des ganzen Heers sein Ampt ablegen / und sich selbst darauff entleiben / damit er nicht der Feinde Spot werden möchte. Der König durffte ihm nicht einreden / und wahr so betrübt / als stünde der ganze Sieg auff diesem Kampffe. Hingegen lachete Artaxerxes das Herz vor freuden / und sagte zu unsern beyden Helden / zwischen denen er zu Pferde hielt: Nun habe ich mein lebelang solche Krafft und stärke an keinem Ritter gesehen / und möchte nicht mehr wünschen / als daß unser einer unvermerkt bey Artabanus stünde / umb seine Raserey anzuhören. Derselbe wuste nun nicht / wie ers best angreiffen solte; den annoch übrigen den Kampff zuverbieten wolte sich nicht schicken / und sahe doch vor Augen /daß sie alle an den elenden Tanz müsten; dann Kosroes wahr schon der vierde von Wedekind überwunden / welcher im ersten Stosse zwar herunter gestochen wahr / aber doch auff die Füsse kam / und den Schwertstreit anfing / wiewol er nach wenig Hieben mit dem Leben bezahlen muste; dann er schlug ihm das rechte Bein oberhalb dem Knie rein hinweg / daß er zur Erden stürzete / wolte ihn aber doch nicht liegen lassen / sondern bey dem andern Beine schleppete er ihn davon / lösete ihm den Helm auff / und sahe daß er schon mit dem Tode rang / gleich da auff Vonones Raht Mithridates mit 12000 Parthischen Reutern loßbrach / und ein grosses Feldgeschrey machete / daß die Kämpffer beyderseits sich etwas zurükzogen; aber Wedekind ermahnete seine beyden Spießgesellen / ihm zu folgen / setzeten unter die sechs Parthischen Außfoderer mit ihren Schwertern tapffer hinein / dessen sich diese nicht versehen hatten / und doch nicht außreissen durfften / stelleten sich demnach zur gegenwehr als gut sie kunten / insonderheit Intaphernes und Tiribazus samt Orodes hielten sich wol / aber Ariarates uñ Mafistes wurden im ersten anfal verwundet und von den Pferden gestürtzet. Ochus währe gerne außgerissen und fürchtete sich doch des Schimpffs / bedachte sich eines andern / und fiel als ein Rasender an / daß er auch Hermans Pferd niderhieb; aber es ward ihm nicht übersehen; dann Wedekind schlug ihm die rechte Hand reine hinweg /so wahr auch Herman schon zun Beinen / gab ihm vollends den Lohn / und sties ihm das Schwert in den Leib daß er vom Pferde fiel / auff welches dieser sich gerade setzete / und mit seinen gehülffen es so weit brachte / daß die übrigen fünffe alle hart verwundet sich ergeben und mit ihnen reiten musten; hatten also acht lebendige und zween todte gefangene / welche sie doch mit sich führeten. Artabanus währe des handels schier tolle worden / auch die übrigen wahren des leidigen fakles sehr betrübet; aber endlich verwandelte sich die Traurigkeit in einen wütigen Eifer / daß sie alle schwuren / den Schimpff zu rächen / oder darüber zu sterben. Ey sagte Vologeses / dieser Vorsaz gefället mir wol / daß ich am Siege so groß nicht zweiffeln wil / wann wir nur die Vorsichtigkeit nicht bey seit setzen; und ist mir lieb / daß Mithridates nit über befehl gehandelt sondern der Pfeile geschonet hat; wie er auch nur einen blinden Lermen zu machen außgeschicket wahr. Nun hatten sich aber die unsern dadurch nicht schrecken lassen / sondern da er näher kommen währe würde er schon seine Bestreiter angetroffen haben. Als er aber mit den seinen so schleunig umbkehrete / erkenneten die unser daher / daß er nur /einen blinden Aufflauff zu machen loßgebrochen wahr / umb den elenden Kampff [99] auffzuheben. Bald hernach ward Herkules gewahr / daß die Reuterey an Feindes seiten sich zuhinterst weit von einander taht / deßwegen er zu Artaxerxes sagte: Gewißlich hat der Feind ein Stükchen mit den übrigen Streitwagen vor. So müssen wir ihm begegnẽ / antwortet er: Ließ die Reuter / welche vor dem Fußvolk her sich außgebreitet hatten / von einander gehen / und foderte die bestelleten Wagehälse mit den langen Spiessen / und mit dem Feur herzu / welche den Wagen / so Gliedsweise zwanzig stark gingen / muhtig entgegen traten. Nun hatte aber der Feind einen Rank erdacht / diesem Unheil vorzubauen / und geblendete Pferde fornen an gespannet / welche der Fuhrman / so fornen auff dem Wagen saß / und mit einem breiten Schilde bedecket wahr / gewaltig zerpeitschete / so bal die mit dem Feur sich naheten / welches an etlichen verfing / daß sie durchbrachen; deßwegen Artaxerxes 500 gute Fußschützen ihnen an die Seite stellete / und gegen sie über 600 / welche den Wagen so viel Pfeile entgegen schicketen / daß von den 100 vördersten und äussersten Wagen keiner wahr / an welchem nich gelähmete oder erschossene Pferde solten gewest seyn / die Vermögenden aber durch ihr rük und quer lauffen eine solche Verwickelung macheten / daß es abscheuhlich zu sehen wahr; dann weil die hintersten und mittelsten fort getrieben wurden / und doch von den vörderen eingeschlossen wahren / verwundeten sie sich selbst an den scharffen Sensen / biß sie endlich in einem Klumpffen stecketen / und weder vor noch hinter sich kunten; doch wahren im anfange 25 von den Persischen Feurträgern teils beschädiget /teils gar umbgebracht / und macheten des Feindes Schützen sich auch herbey / daß von den 500 der unsrigen / so zu den Seiten der Wagen hergestellet wahren / nur 200 zurük kahmen / wiewol auch die Feinde 250 im stiche liessen. Weil dann die Wagen nichts wirken wolten / taht Vologeses befehl / daß so wol Osazes an der linken / als Vonones an der rechten Seiten den Angriff mit Pfeilen tuhn solten / also / daß wann sich der Feind ihnen würde eiferig entgegen stellen / sie sich nicht zu weit vertuhn; da sie aber an ihrer stelle halten blieben / sich ihnen nähern solten /so daß sie sich dabey nach mögligkeit schützeten. Diese brachen loß und gingen getrost hinan / weil wegen der zimlich weiten abwesenheit des Fußheers sie vor ihrem Geschoß sich nicht fürchten durfften; als sie nun sich den unsern nahe gnug seyn merketen /drücketen sie hefftig loß / daß die Pfeile in grosser menge herzuflogen. Aber Herkules und Ladista hatten die Anzahl der durchnäheten Pferdedecken diese Zeit her auff 18000 gemehret / welche vor den Völkern mit breiten Schilden hielten / und von den Pfeilen aufffingen was nicht überhin ging. Die aber hinter diesen hielten / wirketen mit ihrem Geschoß ungleich besser / weil die Feinde mit dergleichen beschützung sich nicht verwahret hatten. Noch hielten sie in diesem unauffhörlichen Schieffen eine halbe Stunde an /biß sie endlich sahen / daß der Verlust gar zu groß wahr / und deßwegen den Abzug nahmen / nachdem an Seiten Osazes 4600 von seinem neuen Zusaz erschossen / und 5400 eben derselben hart verwundet /auch 12000 Pferde / teils Tod / teils hart beschädigt wahren. Vonones verlohr 3560 seiner neuen Völker; 7040 wurden davon zum Gefechte undüchtig gemacht / und über 8000 Pferde gefellet; dahingegen Herkules nur 530 verlohr / und 1100 verwundet wurden / mehrenteils Meden und Susianer. Bey Ladisla stürzeten etwa 1300 / und 980 wurden sehr schadhaft / mehrenteils Hirkaner und Arische. Aber die breiten Schilde stecketen so voller Pfeile / daß die Reuter sie schwere halben [100] kaum halten kunten. Osazes ließ an seiner Seiten 10000 Neugerüstete und 8000 alte Reuter unter Mithridates ungestüm gnug loßgehen; neben ihnen her stürmeten die Skythen ingesamt auch auff Herkules an / unter ihrem GroßObristwachtmeister Sargapises / der an des erschlagenen Argunthis stelle gesetzet wahr / dann Karthasis kunte wegen seiner Wunden keinen Harnisch führen. Herkules schikte Bubazes mit 12000 alten und 4000 neugesamleten jenem entgegen; den Skythen muste Wedekind mit 2000 Teutschen / unter welchen 600 Schlachtschwerter wahren /und 15000 alten Reutern begegnen. Vonones ließ seinen Archelaus mit 9000 neuen und 10000 alten Reutern auff Ladisla angehen; denen Neda mit 6000 neuen / 10000 alten und 1500 Böhmen sich wiedersetzete. Neben Archelaus ging Paras Feldwachtmeister loß mit 12000 neuen und 8000 alten Völtern; gegen welchen sich Markus setzete mit 1000 Römern / 9000 neuen / und 6000 alten Reutern. Anfangs gab es an allen Seiten fast gleichmässige Blutstürzung; Mithridates wahr ein verwägener Ritter / der seiner Leute wenig schonete / wann er den Feinden schaden kunte / deßwegen er auff Bubazes sehr hefftig anging / welcher dagegẽ behutsam fuhr / und zu erst sich begnügen ließ / daß er die seinen vom hinterweichen abhielt; hernach mahnete er sein Häuflein / daß umb ihn hielt / und 800 stark wahr / mit wenigen auff / frisch durch zubrechen / welchen die andern blindlings folgeten; dann die gestrige / den 8000 außgerissenen angedräuete straffe / warnete sie / daß vor dem Feinde sterben ehrlicher währe / als durch Büttels Hand auffgeknüpffet werden. Und eben dieser Vorsaz verzweifachete ihre Kraft / daß sie mit ganzer Wuht anfielen /und den Feind endlich hinter sich trieben. Weil aber Bubazes mit seiner Leibschaar gar zu eifrig nachsetzete / ward er nach zimlicher Verwundung gefangen /und Vologeses zugeführet / der ihn alsbald verbinden ließ. Seine übrige Völker erfuhren solches etwas späte / hoffeten ihn noch wieder loß zu machen / und setzeten in den Feind mit solcher Krafft / daß sie nicht mehr bestehen kunten / und Mithridates von einem tapfferen Medischen Obristen / nahmens Agabazus vom Pferde geschlagen und hart verwundet nach Herkules gebracht ward / der ihn Artaxerxes zusendete /und zugleich von Ladisla begehrete / daß er ihm Tyriotes schicken möchte / nachdem es ihm an Heerführern mangelte. So bald derselbe ankam / muste er mit 2000 alten Reutern Bubazes hauffen zum Entsaz gehen / welche nach Mithridates Gefängnis hefftig gedränget wurden; massen die Parthischen als verzweiffelte Leute fochten / ihren Führer zu rächen. Aber Tyriotes ankunfft brach ihr Wüten / und setzete alles wieder in guten Stand. Zwischen Wedekind und Sargapises ging es sehr scharff zu; dann diese wolten ihrer Landsleute Niderlage rächen / und jene ihr Leben nicht wolfeil verkäuffen / daher die Blutstürzung dieses Orts am hefftigsten wahr. Die Teutschen musten anfangs sich schonen / und mit den andern Völkern die Skythen sich abarbeiten lassen / welches den Persen schier zu schwer gefallen währe; aber sie wurden zu rechter Zeit entsetzet / da Skyles ein sehr verwägener überaus armstarker Obrister unter den Skythen sich an Wedekind machte / ihm das Pferd unter dem Leibe erschlug / und ihn selbst zu fahen /alle bemühung anwendete; aber Wedekind kam zun Beinen und weil seine Teutschen sich der eindringenden Skythen redlich erwehreten / und mit den Schlachtschwertern sie abhielten / machte er sich an seinen Feind / der sich fürchtete / er möchte ihm das Pferd gleichmässig erschlagen / deßwegen er [101] abstieg /und weil er ohndaß lieber zu Fusse stritte / ging er auff diesen zu / als hätte er ihn gar fressen wollen /rieff auch mit erschreklicher Stimme / dieses solte sein lezter Tag seyn. Aber weil Wedekind die Sprache nicht verstund / hielt er die Antwort vor unnöhtig /und empfing ihn dagegen mit seinem Schwerte dergestalt / daß dieser schon merkete / er hätte seines gleichen antroffen. Gleichwol hatte Skyles den Vortel /daß er ein länger Schwert führete / auch des Schildes sich besser zugebrauchen wuste. Sie zudröscheten sich der massen / daß weder Schild noch Waffen gegenhalten kunten; aber in diesem versahe es der Skythe / daß er bald im anfange sich zu sehr abmattete; dann als Wedekind seine gelindere Streiche fühlete /drang er mit aller Gewalt zu ihm ein / unterlieff ihm den Streich / uñ hieb ihm den Wirbel am rechten Ellebogen hinweg / daß er das Schwert fallen ließ / aber zugleich seinen Feind mit dem Schilde wieder die Brust warff / daß er strauchelte; weil er auch mit beyden Fäusten gleiche gerade wahr / huhb er das Schwert mit der Linken auff / und setzete von neuen an / welches aber kurzen bestand hatte; dann die Wunde schmerzete ihn überaus sehr; so wahr ihm WedekindsSchild an allen Hiebẽ hinderlich / als der ihm zu nahe trat / daß er sein langes Schwert nicht brauchen kunte; daher er endlich außreissen wolte; aber dieser versezte ihm eins über den schon verwundeten Arm / daß er in Ohmacht niderstürzete; riß ihm hernach den Helm ab / und legte ihm den Kopff zun Füssen; setzete sich auff des erschlagenen Pferd / und mischete sich unter die streitende Schaaren. Hier ging es nun sehr hart über die Skythen; dann ihrer ein guter teil wusten das Gewehr zu Pferde nicht zugebrauchen / und wahr ihnen sehr leid / daß sie nicht zu fusse blieben wahren. Herkules ließ noch 400 Teutsche und 3000 alte Reuter auff sie treffen / folgete mit 100 Schlachtschwertern selbst nach / und drängete Sargapises so hart / daß er ihm die Glieder brach / und alles vor sich niderschlug. Nun hatte jeztgedachter noch 2000 feste Skythen bey sich / die sich ungetrennet zusammen hielten / deßwegen Herkules mit allen anwesenden Teutschen auff sie loßging / traff Sargapises selbst an und nach ritterlichem Kampfe / wozu ihm die Teutschen Raum gnug macheten / zwang er ihn /sich auff Gnade zuergeben / ließ ihn auch alsbald nach dem Lager bringen / woselbst Mithridates verwahret ward. Neda hatte nicht so harten wiederstand /weil Archelaus neue Reuter sehr ungeübet wahren /welche als die Schaffe hingemätschet wurden; und ob gleich ihr Führer allen möglichen fleiß anwendete /seines Feindes einbruch auffzuhalten / wusten doch die seinen nicht / wie sie die Glieder fest schliessen und mit gesamter Hand wieder Schläge außteilen solten / daher er endlich gezwungen ward / dem Indier Pandion seiner Leute unerfahrenheit klagen zu lassen / und daß er ihm etwa 6000 geübete zum Entsaz schickete / damit er die seinen wieder zum Stande brächte. Aber der Indier wendete ein / daß er seine geübete Mannschafft von seinen ungeübeten gar nicht entrahten könte / wo er sich sonst nicht ins gewisse Verderben stürzen wolte; so wolten die Indier sich auch nicht trennen lassen / und muste daher Vonones hierzu 6000 versuchete Parther unter Obristen Apreteus abschicken / welche zimlich späte ankahmen / und doch dem erfahrnen Archelaus Raum machten / sein übriges Heer zusamlen / von denen schon 4000 neue uñ 2500 alte Reuter abgesattelt / auch 5000 schwerlich verwundet wahren / da hingegen Neda nur 2000 verlohren und 1800 verwundete hatte; scheuhete sich deßwegen nicht / auff die ankommende Parther anzugehen / [102] und hielt ihren hefftigsten Anfall redlich ans /in welchem er 32 Böhmen und 840 Morgenländer einbüssete; worauff er ihr meister ward / und sie fast gar umbkreissete. Archelaus hatte sich wieder gesezt und wolte seine Helffer nicht im stiche lassen / denen Neda 500 Böhmen und 6500 Persische entgegen stellete / welche sie auch glüklich auffhielten / biß er mit den Parthen fertig wahr / deren er 4000 erschlug / und 1500 nebest ihren Führer / mehrenteils verwundet /gefangen hinweg führen ließ. Paras der Parther / und Markus liessen in ihrem Gefechte erscheinen / daß sie beydereits willens wahren / an ihrer Seiten geträulich zu dienen; da im ersten ansatze jedweder in die 600 Mann einbüssete; aber hernach ließ sichs augenscheinlich merken / daß die unsern überwogen / und hielten sich Markus neue Völker so wol / daß sie vor allen anderen neuen Schaarẽ den Ruhm davon brachten; dann die Römer würgeten Fuß vor Fuß / denen diese so eiferig nachsetzeten / daß sie den Feind gar auff die Flucht brachten / nachdem derselbe 2800 alte und 6300 neue Reuter eingebüsset hatte / uñ von den übrigen noch 5000 unverwundet wahren / da hingegen Markus überal 3600 verlohren / und 700 verwundete hatte; nachdem er aber seines Glüks sich mißbrauchete / und den weichenden Feinden mit seinen Römern zu hefftig nachdrängete / wendete sich Paras /und ward Markus von einem Obristen und zween Ritmeistern dergestalt überfallen / daß sie ihn vom Pferde rissen / und ihn in der Flucht mit sich davon führeten / nachdem sie 53 Römer erschlagen / und dagegen noch 250 Reuter eingebüsset hatten. Bubazes Völker fechten unter Tyriotes anführung noch ritterlich wieder des gefangenen Mithridates hauffen; welche keinen Führer mehr hatten / und deßwegen fast ohn gegenwehr erschlagen wurden / biß ihrer 5000 außrissen / 4000 gefangen wurden und die übrigen auff der Wahlstat blieben. Doch wahren hieselbst auch 3200 von den unsern erschlagen / und 2300 verwundet. Nicht geringern Sieg hatten Wedekind und Herkules; dann sie höreten nach Sargapises Gefängnis nicht auff / die Skythen hinzurichten / biß ihrer 12000 gestrekt lagen / 6500 sich gefangen gaben / und 6000 sich durch die Flucht erretteten. Da hingegen an unser Seite 21 Teutschen und 6000 Morgenländische drauff gangen wahren / uñ befunden sich 16 Teutsche uñ 2800 Persische hart verwundet. Gleich dazumahl ward Neda mit Archelaus überschusse auch fertig /von denen nur 3000 durch die Flucht erhalten wurden; 1600 nebest ihrem FeldHerrn (welchen drey Bömische Reuter anpacketen) gefangen / die übrigen alle in ihrem Blute lagen. Vologeses sahe daß es den seinen schlechter als des vorigen tages ging / und wuste des guten Rahts nicht vielmehr. Er hatte zwar annoch fast alle seine Parthische Reuter / die noch keinen Schwertschlag getahn / und andere / teils geworbene /teils gesamlete; aber dagegen sahe er / daß des Feindes Reuterey ihnen nunmehr an Mannschafft möchte überlegen seyn (wie sie dann noch 156675 gesunde; hingegen die Parthische nur 138250 stark) zugeschweigen daß sie viel muhtiger und geherzter zu fechten wahren als die Parthischen. Artabanus verfluchte sein Unglük / und begunte am Siege zu zweiffeln; wahr ihm demnach leid / daß er seines Feldmarschalks Vorschlag / die Schlacht auffzuschieben / so liederlich geschätzet hatte / ließ denselben zu sich fodern / und trug ihm anfangs vor / wie er bedacht währe / das Fußvolk treffen zu lassen / damit die übrige Ritterschaft auff den lezten Satz gesparet würde; hernach / daß Bagophanes ihn berichtet / wie der Persische Tropff Bubazes / welcher dem [103] Fräulein Räuber Schuz gehalten / auff seine Hocheit schimpflich geredet / und seine Zimmer-Jungfer Kleofis wieder seinen Willen geheirahtet / gefangen währe; denselben solte er lassen in die Eisen schlagen / dann er müste lebendig geschunden werden. Er aber gab zur Antwort: Er sähe des Himmels ungewogenheit über Parthenland vor Augen / welches einig nur von dem fremden Fräulein herrührete; möchte wünschen / daß Phraortes mit ihr den Hals gebrochen / da er in den Königlichen Saal den ersten Fuß gesetzet; und wolte Gott / sagte er / wir könten die Schlacht mit halber Ehr auffruffen / und der Fremden / ach ach der Fremden loß werden /ich versichere ihre Königl. Hocheit / daß den schon erlittenen Verlust ich vor nichts achten wolte / und solten der Perse und Mede mit ihrem übrigen ganzen anhange uns in kurzen zun Füssen liegen. Ich begebe mich des Fräuleins nicht / fiel ihm Artabanus in die Rede / solten wir gleich unser ganzes all dran strecken. Mein Gott / antwortete er / wie kan doch der König in diesem gefährlichen Stande noch mit solchen Gedanken umbgehen? sihet dann ihre Hocheit noch nicht / daß zwischen uns und dem Verderben so wenig Raum ist / daß wirs mit einem Pferdelauff abmässen können? gewißlich wann ich wissen solte /daß zu diesem Ende der Krieg geführet würde / müste ich vor trübnis in die Erde sinken / daß man so viel tapfferes Menschen Blut vergossen hätte. Aber hievon zu reden wil Zeit und Gefahr nicht leiden / nur die beiden Vorträge ihrer Königl. Hocheit müssen von mir beantwortet werden. Bagophanes der faule Fetwanst hat derselben gerahten / einen unzeitigen Eifer wieder einen Gefengenen (der ohnzweiffel redlicher als er ist) sehen zu lassen. O ihre Königl. Hocheit bedenke sich ja bald eines andern! dann wer weiß / was vor Helden gegen diesen noch heut wol müssen außgetauschet werden? wil demnach mich dieses Gefangenen dergestalt annehmen / als einem redlichen Feldmarschalk gebühret; und wil eure Hocheit einen in die Eisen schlagen / so schlage sie den Rahtgeber hinein; diesem Gefangenen wird gewißlich solche Unbilligkeit nicht angelegt werden / es sey dann / daß ich zu gleicher Straffe verdammet werde. Schließlich / daß das Treffen zu fusse sol gehalten werden / währe wol mein Raht / daß wir diese Völker zu unsers Landes Schuz erhielten / im Fall der Reuterstreit / wie sichs ansehẽ lässet / solte verlohren gehen; dañ also könten und wolten wir dem Feinde mit dieser Mannschaft noch solche händel machen / daß sie ungejagt hinter sich zihen solten; weil ich aber weiß / daß mein Raht vor eine kleinmühtigkeit gescholten werden muß / sol des KönigesBefehl alsbald ins werk gerichtet werden; der Himmel gebe / daß es zum Siege diene / welches aber Farbe kosten wird. Ritte hiemit fort / dañ er wolte sich mit dem Könige weiters nicht zanken / taht auch beyden FeldHerrn von der Reuterey zu wissen /daß sie ihre gesunden Völker / jeder an seinem Ort in ein Heer zusammen zihen / und etliche kleine Hauffen Schaarsweise ins Feld setzen solten / wann etwa der Feind auff sie zudringen würde. Als dieses ins werk gerichtet ward / wustẽ die unsern nicht / was es bedeuten solte. Herkules muhtmassete / es würden die Elefanten ansetzen; aber Ladisla ward gewahr / daß des Feindes Fußvolk herzu nahete / vor welchen 16000 Reuter in die quehre ausgedehnet vorher zogen; taht solches Artaxerxes zu wissen / der nichts mehr als dieses wünschete / uñ den seinen gleicher gestalt die Lose zum auffbruche gab. Inzwischen ließ des Feindes Reuterey sich ansehen / ob wolten sie mit ganzer Macht den Angriff wagen / aber bald zerteileten sich 6000 Mann / welche hier und dar 60 Schaaren / [104] jede von 100 Köpffen / ins Feld setzeten / da ihre Fußvölker sich in eine breite Ordnung begaben /und mit ihren Pfeilen und Bogen Stand fasseten; worauff sie grosse Hoffnung gesetzet hatten. Herkules fürchtete / es würde Ladisla dessen nicht wahr nehmen / und ließ ihn warnen / sich vorzusehen; welcher gleich willens wahr / etliche Reuter auff des Feindes kleine Reuterhauffen angehen zulassen / wodurch er sie würde auff die Fleischbank geopfert haben. Artaxerxes zog mit seinen Landsknechten auch fort /denen er geherzt zuredete / und daß sie alle Krafft ihrer Arme an die Bogen legen solten; worauff es dann an ein so unerhörtes schiessen ging / daß die Pfeile in der Lufft knacketen / und so dicke durch einander flogen / daß sie sich selbst verhinderten und lähmeten. Sie trieben dieses abscheuliche Wesen über eine halbe Stunde / da inzwischen unsere Helden mannichen Versuch tahten / wie sie den Parthischen Reutern beykommen / und ohn sonderlichen Verlust ihnen unterlauffen möchten / damit auch sie nicht wieder zu den Bogen griffen; aber es wolte sich nirgends schicken; dann so offt sie etliche tausend auff sie ansetzen liessen / drücketen jene (die sich auffs neue mit Geschoß versehen halten) eiferig loß / daß diese bald weichen / und allemahl mit Verlust abzihen musten /auch in unterschiedlichen anfällen 800 Mann einbüsseten / und bey die 2000 verwundet wurden. Herkules wolte diesem Unwesen abhelffen hieß 10000 Reuter ihre Pfeile und Bogen wieder ergreiffen / stellete die bedecketen Pferde und breitgechildeten Reuter 3000 stark vor ihnen her / welches ihm Ladisla nachtaht / und gingen unter dieser beschützung freudig auf die Parther loß / doch also / dz ihre Pferde einen langsamen Schrit halten musten. Jene sahen solches / erwarteten ihrer Ankunfft vorsichtig / biß die Persen zu erst ihrer Bogen gebraucheten / worauff sie auch loßschossen / und der Pfeile nicht schoneten; wiewol sie stets hinter sich wichen / und ehe diese sichs versahen / wieder ansetzeten; daher ihre Pfeile besser als der Persen wirketen / nur daß die breiten /wiewol sehr durlöcherten Schilde dannoch eine grosse menge aufffingen / die sonst mächtigen schaden würden getahn haben. So lange das Schiessen bey dem Fußvolk wehrete / gedachte Herkules nicht weiter als an die Reuterey; aber wie er die Parthischen Elefanten hervor brechen sahe / trieb ihn die Furcht / an seine Valisken zugedenken / ob vielleicht dieselbe auch mit dem ihren fortgehen / und sich unter die Feinde mischen würde / nam deßwegen 1000 Schlachtschwerter und 4000 tapffere Morgenländische zu sich / befahl Wedekind und Tyriotes nebest Leches und Klodius die Auffsicht / und ging mit seiner ritterlichen Geselschafft nach dem Fußvolke / gleich da die Parthische Elefanten antraten / in das Persische FußHeer einzubrechen. Er sahe / daß Artabanus mit zehn Elefanten zurük blieben wahr / deßwegen er seinem Gemahl andeuten ließ / daß sie sich mit vier wolbesezten Elefanten nach der Seite hinter Ladisla ReuterHeer begäbe /schickete ihr auch 40 Teutsche Schlachtschwerter uñ 1500 tapffere Morgenländer zur vermehrung ihres Leibschutzes / dann er argwohnete / Artabanus würde einen blinden Fall auff sie wagen / ob er sie ertappen könte; dessen Elefanten Schützen schon ihre Pfeile und Wurffspießlein unter das Persische Volk abgehen liessen / die nicht geringen Schaden tahten / in dem sie bey die 4000 Persen erschossen. Phraortes feirete mit seinen Elefanten eben wenig / ging auff das Parthische Heer / und weil er den Wind zum Vortel hatte / drungen seine Pfeile besser durch / daß sie eine zimliche Menge erschossen / und viel verwundeten. Herkules hatte zu [105] Persepolis etlichemahl einen blinden Elefanten Streit anstellen lassen / umb zu ersinnen /wie man diesen grossen ungeheuten Tihren am füglichsten beykommen möchte. Er wuste dieses an ihnen wol / daß wie grimmig sie währen / so leicht liessen sie sich verschüchtern / insonderheit / wann sie schmerzen empfunden; deßwegen er 2000 verwägene Persen / welche Artaxerxes schon vor fünff Wochen mit dreyfachem Solde darzu bestellet hatte / vor sich foderte / welche starke Spiesse mit sehr scharffen krummen Siecheln in der Hand / und ein kurzes breites Schwert / vornen zugespizt an der Seite führeten; gab ihnen 200 mit Schlachtschwertern zu / und taht ihnen seine Meynung zuwissen / sie solten sich nur hüten / daß ihnen die starken Tihre nicht zu nahe kähmen / und sie mit dem langen Rüssel / welchen sie an stat einer Hand gebraucheten / nicht zu sich rissen /sondern wann sie denselben von sich strecketen / solten ihrer drey oder viere sich zugleich an einen machen / und sie am Rüssel verwunden / auch des Bauchs nicht schonen / da man sie mit starken Stichen und Hieben beschädigen könte. Dieses wahr ein guter Anschlag / aber es bedurffte Mühe und Vorsichtigkeit / ihn ins Werk zurichten. Dann Madates wahr ihm dessen vermuhten / daher er den Elefanten Meistern /welche die Tihre (vorne auff dem Halse sitzend) leiteten und anführeten / befehl erteilet hatte / da etwan ein sonderlicher hauffe Volkes auff sie angehen würde /solten sie ihnen entweichen / und nach der Seiten sich wenden / damit sie in das gesamte Heer einbrechen könten; dessen diese wol eingedenke wahren / auch das vorder Heer / welches Artobarzanes und Gallus führeten / erreicheten / deren sie in 3000 zutraten und erdrücketen / ehe die verordente Schaar bey ihnen anlangete. Gallus geriet in äusserste Lebensgefahr; dann der Tihre eines griff mit dem Rüssel nach ihm / aber Gott taht ihm augenscheinliche Hülffe / daß er mit dem Schwerte fertig ward / und ihm den Rüssel hart verwundete; wodurch es vor schmerzen sich nicht mehr wolte leiten lassen / sondern weich zur Seiten aus / dessen die / so es nidertrat / wol empfunden. Bald hernach kahmen die obgedachten Elefanten Bestreiter an / teileten sich / und mit verzweifeltem Wuht machten sie sich an die Tihre / denen sie doch wenig angewinnen kunten / nur daß die Teutschen mit ihren Schlachtschwertern 15 ertödteten / und 25 hart verwundeten; worüber ihrer 20 das Leben ritterlich einbüsseten. Unter den Verwundeten Elefanten wahr ein Junger / welcher wegen der schmerzlichen empfindnis nicht allein ein lautes Geblärre machte / sondern zugleich seinen Meister über den Kopff herunter warff / und nach dem ihm bekanten Lager umbkehrete. Die alte Elefantin / seine Mutter / die ihn an der Stimme kennete / und ihn davon lauffen sahe / wolte ihn nicht verlassen / sondern gab ihm durch ihr Wiedergeblärre Antwort / und folgete wieder des Meisters Willen hernach. Andere verwundete nahmen eben den Weg vor sich / und wegen des hefftigen Geruffes /welches das Fußvolk / sie zu erschrecken anstellete /wurden die übrigen alle mit einander irre gemacht /daß sie den geradesten Weg vor sich nahmen / und an einem Orte durch ihr eigen Fußvolk setzeten / deren sie über 5000 zu nichte machten; hatten aber doch vor ihrem abwich über die gedachte Teutschen / noch 500 der bestelleten Persen auffgerieben / nachdem ihre auffgeladete Schützen in die 4600 von dem Persischen Heer erschossen / und auff 3800 hart verwundet hatten. Den Persischen Elefanten gieng es nicht viel besser / wiewol sie anfangs grossen Schaden unter Artabanus Heer anrichteten / und nachdem ihre 5000 Schützen von ferne in die [106] 5800 Parther erschossen und 4700 verwundet / näher hinzu gingen / und noch 2500 in den Tod schicketen / glückete es ihnen wol /biß Pakorus ihnen 1500 darzu bestellete Wagehälse entgegen gehen ließ die sich teils unter die Tihre macheten / und ihnen den Bauch öffneten / daß sie niderfielen / und ihre Mörder mit erdrücketen. Die andern wurden mit Geschrey und Wunden hinter sich getrieben / daß sie gleich den Parthischen / ihrem Lager zulieffen / aber zwischen ihren Reutern und Fußvolke ohn einigen Schaden davon zogen / und der Parther welche sie verschüchtert hatten / nicht über 400 das Leben behielten. Nach diesem Elefanten Streite begunten die Fußvölker beyderseits nach ihren Schwertern und Spiessen zu greiffen. Herkules aber begab sich mit 780 Teutschen wieder zu Pferde / und dankete Gott / daß er diese Tihre so gnädig abgelenket hatte / vor denen er sich am meisten fürchtete. Als er bey seiner Reuterey anlangete / fand er Wedekind mit 500 Teutschen uñ 20000 Persen in voller Arbeit; dann so bald die Elefanten ihre Verrichtung getahn / ließ Vologeses so wol Reutern als Fußknechten andeuten /jezt währe Zeit / das Parthische bißher unüberwindliche Schwert hervorzulangen / und damit die geschworne Träue zu beweisen; sie sähen ja allerseits /daß es müste gewonnen oder gestorben seyn; ein furchtsamer / der seine Hände ruhen oder zittern liesse / hätte nichts gewissers / als einen unrühmlichen verfluchten Tod; die aber ohn auffhören auff den Feind zuschlügen / hätten den Sieg / oder ja unsterblichen Ruhm ihres ritterlichen wolverhaltens; solte demnach ein jeder dahin trachten / daß er des Feindes Machtbrechen möchte / alsdann währe an der überwindung nicht zuzweiffeln. Doch gab er den beyden FeldHerrn bey der Reuterey heimlichen Befehl / da über verhoffen das Messer unmahl fallen solte / an jeder Seite 8000 der aller wehrhafftesten vom Treffen abzuhalten / und in Ruhe zulassen / daß sie auff solchen Fall des Königes Schuz und Sicherheit seyn könten. Sieder Herkules Abwesenheit wahr durch das Schiessen nicht sonderliches verrichtet; dann als die Parther der Persischen Pfeile empfunden / von denen ihrer 2000 erschossen / und dagegen der Persen hinter den Schilden nur 520 gefellet wahren / gab man das Schiessen an / weil die Parther nicht wolten / und die Persen wegen Herkules Befehl (wornach sich auch Ladisla richtete) nicht durften. So bald aber jene von Vologeses Befehlempfingen / lies Osazes 18000 gegen Wedekind angehen / denen er / wie oben stehet / begegnete. Sie gingen anfangs beiderseits behutsam / und wolten sich aus ihrem Vortel nicht begeben. Herkules sahe ihnen zu / wie er kam / und weil sie einer dem andern gewachsen wahren / ließ er sie immerhin fechten. An Ladisla Seiten stund es fast im gleichen stande. Die Schützen verrichteten nichts sonderliches /weil die Parther keinen Muht hatten anzubeissen; biß Vonones 17000 Parther unter Andragoras anführung mit entblösseten Schwertern loßbrechen lies / denen Fabius mit 18000 entgegen traff / und sich weidlich mit ihm umbtrieb. Surinas gab sich an Parthischer Seite mit seinen Fußknechten auch loß / und begegnete ihm Artobarzanes uñ Gallus / deren Völker / weil sie schon zimlichen Abbruch gelitten / mit 3000 Mann von Artaxerxes gestärket wahren. Die Doppelsöldner mit ihren langen Spiessen gingen voran / aber die mit den Schwertern kunten ihnen nicht lange zusehen / sondern traten an beyden Seiten aus / und griffen so grimmig an / daß von den ersten Gliedern niemand lebendig blieb; und ob gleich Artobarzanes uñ Gallus alle Macht anwendeten / so drang doch Surinas durch / [107] dañ die von Artabanus ihnen getahne Zusage des dreyfachen Soldes hatte sie kühn und muhtig gemacht / daß sie keine Gefahr scheuheten / und immer vor sich hin matzeten. Gallus samlete 1000 Mann umb sich / mit denen er Surinas entgegen trat / weil er den grösten Schaden taht / machte ihn auch durch seine Ankunfft stutzen / daß er weiter nit durch drang; aber als diese beyde einander auffstiessen / und einen harten Straus hielten / zohe Gallus den kürzern / und ward nach empfangenen fünff Wunden gefangen hin weggeschleppet. Artobarzanes gedachte ihn zuentsetzen / fiel auch so gri ig an / daß Surinas mit seiner Schaar hinter sich weichen muste / dem aber seiner Obristen einer mit 3000 Mann zu hülffe kam / mit dem er auffs neue anfiel / daß die Persen hinter sich gingen / und in grosser Menge nedergeschlagen wurden; auch Artobarzanes selbst ging zu grunde im absonderlichen Streite gegen Surinas / mit dem er ohndas in tödlicher Feindschaft lebete / welches daher entstund. Ein vornehmer Medischer Herr / nahmens Tigranes / hatte gar ein schönes Fräulein / nahmens Atossa / mit welcher Surinas sich ehelich hinter der ElternWillen versprochen hatte / der Hoffnung / nachgehends deren Einwilligung leicht zuerhalten; als er aber umb sie werben ließ / bekam er abschlägige Antwort / unter dieser Einwendung / sie währe einem andern schon zugesagt. Wie dann GroßFürst Phraortes umb sie bey den Eltern angehalten / daß seines Bruders Sohn Artobarzanes sie ehelichen möchte / welches also bald bewilliget / und dem GroßFürsten mit grossem Dank nach seinem gnädigen gefallen zuschaffen / übergeben ward. Ein ander Parthischer Herr / nahmens Ariarates hatte kurz vor diesem nach ihr gefreiet / und einen Korb erhalten / dessen er von Surinas etlichemahl durch schimpfliche reden gestochen wahr; daher er ihm dieses Glük mißgönnete; und als er in geheim erfuhr / daß Surinas willens wahr / mit 600 Reutern auffzubrechen / und das Fräulein mit ihrer guten bewilligung heimlich zuentführen / machete er solches ihren Eltern durch einen dritten vertraulichen zu wissen; sie hätten sich fleissig vorzusehen /daß ihnen Frl. Atossa nicht in kurzen durch gewaltsamkeit geraubet würde. Nun hatten die Eltern an ihr gemerket / daß sie verliebet wahr; dann ihre Leibdienerin (deren sie nicht gut heissen wolte / daß sie mit ihres Herrn Vaters Leibdiener Leichtfertigkeit trieb) machte ihnen aus Rachgier kund / daß sie offters geheime Brieffe schriebe / welche / wo sie nicht irrete /an Herrn Surinas hielten; deßwegen sie die gute Tochter alsbald vornahmen / ihr heimliches Lädichen öffneten / und darin von Surinas zwölff Schreiben funden / aus derem lezten sie den gemachten Anschlag richtig erfuhren / dem sie sonsten nicht hätten vorkommen mögen. Das Fräulein meinete nicht anders /dann ihr Vater wolte sie erwürgen / so grimmig stellete er sich; daher sie aus furcht des todes sich erklärete / seinem Willen folge zu leisten / der sie stündlich nach Ekbatana bringen ließ / nachdem sie ihm durch einen äid versichert hatte / daß von Surinas sie annoch unberühret währe. Er hatte aber noch ein schönes Fräulein bey sich / nahmens Anutis / seiner Stieffschwester Tochter / die von schlechten mitteln wahr; dieselbe stellete er nach gemachtem Schlusse an den Raubeplaz / putzete sie treflich aus / und unterrichtete sie / wessen sie sich verhalten solte. Surinas fand sich dahin / der Hoffnung / seine geliebte Frl. Atossen anzutreffen / da Frl. Anutis ihn also anredete: Wolgebohrner Herr / meine herzgeliebte hochvertrauete Wase Frl. Atossa / meldet euer Liebe ihren Gruß /und lässet ihn durch mich schmerzlich wissen / daß ein boßhaftiger Verrähter [108] euer beyder heimliche Liebe ihren Eltern kund gemacht / darauff sie unter der Bedräuung des todes denen gehorchen / und sich nach Ekbatana führen lassen müssen / umb Herrn Artobarzanes / dem sie vorm halben Jahre schon von ihren Eltern versprochen ist / beygelegt zu werden / welches dann vor sechs Tagen schon vollnzogen worden. Vor ihrem Abscheide foderte sie mich allein vor sich / und sagte: Hertzgeliebte Schwester; unsere nahe Verwandschafft und innigliche Vertrauligkeit bewäget mich / die meines Hertzen Geheimniß zu offenbahren / was gestalt ich mit Herrn Surinas mich versprochen / aber wegen meiner Eltern und unsers GroßFürsten Gegenstand es nicht halten kan; damit er aber wisse /woran er sey / so melde ihm nur dieses wenige: Atossa bleibt Surinas Schwester / weil sie nicht kan sein Gemahl seyn; hätte sie aber eine Schwester oder Anverwandtin / wolte sie ihm dieselbe gerne zufreyen /nur daß sie ihm erwiese / wie hoch sie auff ihn hält; Warne ihn aber zum fleissigsten / daß er Ekbatana meide / wo er leben wolle / und sich hüte / an mich zuschreiben / da er mich sonst nicht in den Tod stürzen wil; ich wolle schon Gelegenheit suchen ihn dereins zusprechen. Dieses / sagte Anutis / hat meine Wase Frl. Atossa mir befohlen / und zwar zum Wahrzeichen alle diese zusammen gebundene Brieffe mir zugestellet / dem Herrn solche / zur bekräftigung der Warheit einzulieffern / weil zu schreiben sie keine Gelegenheit haben können. Dieser Zeitung wahr Surinas so leidig / daß er meynete / in die Erde zu sinken /und schwur bey allen Göttern / nicht zu ruhen / biß er Artobarzanes entleibet hätte / ob er gleich wieder sterben solte; nam die Brieffe zu sich / und wolte von Anutis hinweg scheiden / welche zu ihm sagete: Wie mein Herr / zürnet er auff meine Schwester Frl. Atossen / die doch durch äussersten Gewalt gezwungen /ihre Verheissung nicht halten kan? Davor behüten mich die Götter / antwortete er: Ey so wird er mir ja eine Antwort geben / sagte sie / welche ich hinterbringen kan; ich sehe daß mein Herr sehr betrübt ist; aber hiedurch tuht er seiner geträuen Freundin keinen gefallen / die mit keinen andern Gedanken umbgehet /als ihn durch ein ander Fräulein zubefriedigen / nachdem die Götter es mit ihr nicht versehen haben. Dieser wuste vor Herzleid nicht / was er ihr solte zuentbieten / nur daß er ihr Knecht und Diener bliebe / als lange er lebete; Nam hiemit kurzen Abschied / uñ wolte davon reiten; sie hingegen stellete sich gegen ihn überaus höflich / mit dem erbieten / alles wol zu werben / und baht ihn / weil sie ihrem Vetter vorgetragen / ob wolte sie nach ihrer Fr. Mutter Schwester zihen / und erst Morgen wieder kommen / möchte er ihr seine ledige Gutsche leihen / daß sie nach dem nähesten Flecken fahren könte / weil sie so zeitig nicht zu Hause kommen dürffte. Und als er hierzu nicht allein willig wahr / sondern sie nöhtigte / mit ihm zuzihen / weil er ohndas daselbst sein Ablager halten würde / ließ sie sich gerne bereden / wuste ihm auch dergestalt freundlich und mit Liebäugeln zubegegnen / daß er eine sonderliche Gunst ihr zulegte / und sich erboht / sie wegen der Vertrauligkeit / welche sie mit seiner Liebsten hätte / Zeit seines Lebens zu lieben. Auff dem Wege / da er bey ihr in der Gutsche alleine saß / beklagte sie ihrer Wasen Unglük mit wolgestalten Trähnen / und unterlies dessen nichts / dadurch ein Mannes Herz zur Liebe kan gezogen werden. Sie kehreten in einem offenen Flecken ein / da sie gute Herberge hatten / und sinnete der gute Surinas den Worten fleissig nach / wie Atossa ihm gerne ihrer Verwanten eine zufreien wolte daher er gedachte / sie würde zu dem Ende ihm diese geschikt haben; daß also die gute Gewogenheit [109] sich in eine brünstige Liebe verwandelte / und er sie endlich umb die Ehe anredete / weil er hoffete / sagte er / seiner gewesenen Braut Willen dadurch zuerfüllen. Sie hingegen stellete sich dessen sehr fremde / und weil sie merkete daß er gefangen wahr / wolte sie zwar keine abschlägige Antwort erteilen / aber doch ihres Dinges gewiß seyn / ließ sich auch ganz schamhaftig vernehmen / sie dürffte wegen solcher angehörten Rede kein Auge vor ihm auffschlagen / und ob sie gleich das Herz ergreiffen wolte / ihm zu antworten / währe sie doch ihrer selbst nicht mächtig / massen ihr Herr Vetter sie an Kindes stat angenommen / und versprochen / sie außzusteuren / wann sie nach seinem Willen heyrahten würde; solte sie nun ohn dessen Vorwissen sich einlassen / welcher vielleicht schon etwas anders mit ihr Vorhaben möchte / würde sie ihn erzürnen / und (inbetrachtung / wie er mit seiner leiblichen Tochter geberdet) von ihm gar verstossen seyn. Je mehr aber sich diese wegerte / je mehr er sich verliebet befand /erboht sich endlich bey seinen ritterlichen Ehren / sie ohn allen Brautschatz zu heyrahten; Ließ zween Ritter / im Flecken wohnend / zu sich bitten / und in derer Gegenwart versprach er sich mit ihr. Worauf sie sich willig ergab / uñ diese Nacht sein Ehgemahl ward. Des folgenden Morgens machte sie sich wieder auff nach ihrem Vetter / unter dem schein / ihren Schmuk und Kleider nachzuhohlen / und sich gegen ihn des ergangenen nichts merken zulassen da sie ihm doch alles offenbahrete / und auffs schneleste mit ihm nach Ekbatana fuhr / welches nur anderhalb Meilen davon abgelegen wahr. Sie machte sich alsbald zu ihrer Wasen / die in grosser Liebesquahl gegen Surinas lebete / und zu Artobarzanes gar keinen Willen trug; derselben brachte sie vor; Herr Surinas hätte sie vom Schlosse in stiller geheim fodern lassen / und nachdem er sich über Atossen Träulosigkeit mit lachendem Munde beschweret / sie mit Gewalt hinweg geführet / ehelich Beilager mit ihr gehalten / uñ ihr dieses Haaren Armband (welches sie ihm heimlich vom Arme gestohlen hatte) mit diesen Worten zugestellet: Ich habe der Atossen Haar getragen / aber forthin nicht länger / wollet ihr demnach dieses als meiner vergessenen wieder zustellen / und daß ich ihr zuentbieten lasse / wir wollen beyderseits der gemachte Kundschafft vergessen / als ob sie niemahls gewesen währe. Atossa empfing hierüber solchen Eifer / daß sie das Armband ins Feur warff / und den guten Surinas dergestalt schmähete / als ob er der geringste Stalbube gewesen währe; legte auch alle getragene Hulde ab / und wendete sie ihrem Artobarzanes zu / insonderheit / als Anutis hinzu setzete / wie hoch er ihre Schönheit über jener erhoben hätte. Also blieb diese durch solchen Betrug und Verleumdung in ruhiger und ungestöreter Ehe mit ihrem Surinas / deren sie doch wegen des Todes Neid kurze Zeit zugeniessen hatte; wiewol die Liebe gegen Atossen in Surinas Herzen sich nicht allerdinge wolte dämpfen lassen /und der Eifer gegen Artobarzanes ganz unversöhnlich wahr / welchen er vor dißmahl mit seinem Blute dämpfete / auch / da er ihm den lezten Stoß anbrachte / zu ihm sagete: Diesen schenke ich dir wegen meiner Atossen / deren Gunst du unwirdiger mir gestohlen /und andertlhalb Jahr als ein Räuber und Ehebrecher genossen hast; wütete auch nach seiner Niderlage immerfort / biß ihm Prinsla mit 6000 frischen Völkern entgegen ging / uñ den Abgematteten Luft machte /auch zeitig auff Surinas traff / welchen er nach hartem Kampffe überwand und gefangen nam; samlete hernach die Völker / und durch sein unnachlässiges Gefechte brachte er den Feind auff die Flucht / nachdem derselben 9600 verwundet / [110] 8800 erschlagen wahren; dagegen aber 6400 Persische auff der Wahlstatlagẽ /und 5800 beschädigte sich funden. Orodes entsetzete den verwundeten Parthischen überschuß mit seiner ganzen Macht und fiel als eine Fluht auff Prinsla an /welches Pharnabazus ersehend / ihm schleunig zu hülffe trat / aber doch zu späte kam; dann als Prinsla die seinen von so grosser Menge übermannet sahe /gedachte er sein Leben teur gnug zuverkäuffen / und taht mit seinen 6000 Knechten solche Gegenwehr /daß Orodes sich darüber entsetzete; dann ungeachtet seiner Wunden / deren er neune empfangen hatte /schlug uñ stach er von sich / daß ihm niemand nahen durffte / biß seine jeztgedachte Leute fast alle erschlagen wahren / welche doch 9000 mit sich in den Tod nahmen / und 4000 hart verwundeten / da er endlich vor Mattigkeit niderfiel / und von Orodes nach Vologeses geschicket ward / der ihn stündlich verbinden ließ. Pharnabazus nahm ihm gänzlich vor / Prinsla Unfal zurächen / aber er empfand so heftigen Wiederstand / daß er nicht einbrechen kunte / daher an beyden Seiten das Schwert fast eine gleiche Anzahl fraß.
Bey der Reuterey ging es nicht weniger scharff daher. Dann ungeachtet der grossen Niderlage / welche das Parthische Volk anfangs litte / hielten sie doch nunmehr hart gegen / als Vologeses die 11000 übrigen Elefanten Schützen (dann 1000 wahren im Gefechte drauff gangen) zu Pferde brachte / welche alle versuchte Reuter wahren / und sie mit dem annoch übrigen 5500 gesunden Skythen zusammen setzete / welche zur stärkung wieder Ladisla fortgeschicket / und hingegen Pandion mit seinen Indiern von dannen ab gegen Herkules gefodert ward. Der Parthen / welche wieder Wedekind fochten / wurden ja so viel als der Persen erschlagen / dieser aber mehr verwundet; daher Herkules noch 300 Schlachtschwerter und 700 andere Teutschen den seinen zu hülffe gehen ließ / deren Ankunft die Parther alsbald stutzen machete /weil sie sich treflich abgearbeitet hatten / welches Osazes merkend / den Pandion mit diesen Worten auffmahnete. Es wird schier Zeit seyn / unsere Leute zuentsetzen / welche sich wieder die menge der Feinde ritterlich gehalten haben / und ist nicht rahtsam /daß man sie länger schwitzen lasse; dann nachdem sie sich erhohlet / können sie von neuen wieder angehen; wolle demnach er sich gefallen lassen seiner Gewohnheit nach frisch anzusetzen / ich wil / so bald es Zeit seyn wird / ihn ohn hülffe nicht lassen. Dieser erklärete sich sein bestes zu tuhn / brach gemehlig loß / und stellete sich in der Parther Plaz / denen er geboht abzuzihen / und sie dessen wol zufrieden wahren / dann 5000 wahren von ihnen nidergemacht / und 4000 verwundet. Dagegen halte Wedekind 4800 Morgenländische und 20 Teutsche verlohren / und wahren 6000 Persische und 60 Teutsche gequetschet. Als Pandion zum Treffen kam / setzete er geherzt an / und gab den unsern so viel zuschaffen / daß Herkules noch 5000 Persische und 500 Teutsche Wedekind zu hülffe schicken muste / die durch ihre ankunfft der anderen Herzwieder erfrischeten. Fabius fand an seiner Seiten mehr Wiederstand als er meynete; massen Andragoras Vonones UnterfeldHerr sich tapffer hielt / und sein äusserstes Vermögen dran setzete / der Römer Gewalt zuhintertreiben / die ihm den grösten Schaden zufügeten; und als dieses nach Willen sich nicht schicken wolte / machte er sich an die Persischen Völker / und schlug deren 5000 nider / da er kaum 3000 dagegen verlohr / wiewol die Römer über 2000 an ihrem Orte niderhieben / und 2000 hart beschädigten / aber auch 300 einbüsseten / und ihrer über [111] 250 verwundet wurden. Noch wolte kein Teil gewonnen geben / sondern trieben sich auff dem weiten Felde unerschrocken hin und wieder / biß endlich die beyden Heerführer auffeinander traffen / aber mehr von den Beystehern ihres Gegeners als von ihren Schwertern getroffen wurden /biß der Parther Häupt Tod zur Erden stürtzete / und Fabius hart verwundet / von den seinen aus dem Gedränge geführet und verbunden ward. Ladisla lieff hierüber vol Zorn / und schickete 2000 Böhmen nebest 8000 Persischen den seinen zu hülffe / denen die ElefantenSchützen und Skythen entgegen gingen / und sich mit ihnen rechtschaffen zerhacketen. Orodes bemühete sich noch immerhin / wie er Pharnabazus abtreiben möchte; weil aber die seinen sich schon hefftig abgearbeitet hatten / wurden sie hart gedränget / daher er mit 6000 zur Seiten einbrach / und daselbst nicht geringen Schaden taht / biß ihm Pharnabazus auffsties / von welchem er auff den Tod verwundet ward / daß ihn seine Leute mit genauer Noht retteten / und nach Pakorus trugen / der ihn hefftig liebete / und ihm versprach / seine Wunden an dem Tähter zurächten. Nach Orodes abscheide ging es hart über seine Völker; dann seine geübeten wahren schon der mehrerteil erschlagen und die übrigen verwundet / daß nur seine ungeübeten / welche noch etwa in 13000 gesunder Mannschaft bestund / Wiederstand halten musten; die aber so schwerer Streiche nicht gewohnet wahren /und sich daher schon nach der Flucht umbsahen. Pakorus ließ ihnen unter Partamastris 10000 zu hülffe gehen / welche den Abbruch ersetzeten / und den Persen mehr als zu viel zuschaffen gaben. An seiner Seite trug Herkules grosse Vorsorge wegen des Fußvolkes /massen ihm Pakorus Vorsichtigkeit und erfahrne Kraft nicht allein sehr gerühmet wahr / sondern er hatte ihn bey Artabanus etlichemahl gesehen / und aus allen seinen Geberden und Reden eine sonderliche Großmühtigkeit gespüret; so wuste er über das / daß weder Teutsche / noch Böhmen noch Römer bey Artaxerxes hielten / sie auch dem Feinde an Mannschaft nicht gleicheten; deßwegen er ihm sehr angelegen seyn ließ / das Treffen an seiner Seite so weit zubringen / daß er mit einem Entsaz dem Fußvolk zu hülffe gehen möchte. Er merkete / daß der Indier Gefechte nicht groß auff sich hatte / ohn da Pandion sich finden ließ; deßwegen nam er 50 Teutschen zu sich / ging damit den seinen zu hülffe / und setzete mit an. Der Indier kennete ihn bald / hoffete / es solte ihm besser wieder ihn als wieder Ladisla gelingen / und fiel mit 300 Mann auff ihn zu; aber die Teutschen empfingen sie dergestalt / daß einer nach dem andern stürzete /und Herkules Gelegenheit bekam / seinen Wiederstreiter nach gefallen zu haben / zu welchem er sagete: Herr Pandion / ich hätte gemeynet / ihr hättet gestern schon euren sachen gnug getahn. Diesen verdroß der Schimpff / und foderte ihn zum freien Kampffe daß niemand daran möchte hinderlich seyn; welches ihm nicht gewegert ward / da Herkules mit etwas Eifer auff ihn drängete / und ihm eines in die Rippen gab /daß er schwankete. Zwar es legte dieser hinwiederumb alle mögligkeit an / mochte aber wenig schaffen /welches ihn fast rasend machte / daß er seiner eigenen Beschützung wenig acht hatte / und sich dergestalt entblössete / daß ihn Herkules wol hätte können durchstechen / wolte aber seines Lebens schonen /und zu hä erte ihm den Helm dergestat / daß ihm vor den Augen funkeln ward / und wenig fehlete / er währe gar vom Pferde gestürzet. Herkules sahe seyn unvermögen und sagte: Mein / ihr sehet / daß euch das Glük wieder mich keinen Beystand leisten wil /deßwegen ergebet euch / [112] dann ich möchte euch ungerne hinrichten. Er aber hielt solche Reden vor gar zu schimpflich / und gab zur Antwort: Man müste vor streiten als siegen; Pandion könte solcher gestalt nicht alle Tage der Gefängnis gewärtig seyn. Welcher Troz Herkules verdroß / daß er zu ihm sagte: Weil ers dann nicht besser haben wolte / müste ers nehmen / wie es fallen würde; griff ihn mit allem Ernst an / und schlug ihn in kurzer Zeit zu bodem / da ihm sein Blänke vollends das Genicke abtrat / welches ihm aber sehr leid wahr / und ihm das Leben gerne erhaltẽ hätte. Seine Völker liessen auf diesen Unfall ihre Zagheit alsbald merkẽ / daher Herkules seine verwundeten und abgematteten gemehlig abzihen ließ / und ordnete geruhete an ihre stelle. Osazes wolte nicht / dz diese aufs Haupt erleget würden / uñ sendete ihnẽ 12000 streitbare Parther zu / mit deren zutuhn sie wieder anfallen / und ihres Führers Tod rächen soltẽ. Die ElefantenSchützen hielten sich gegen Ladisla Völker sehr wol / dañ Madates ihr Führer wolte die empfangene Ruhten-Streiche rächen / so daß er sich gegen Artabanus erklärete / nicht anders als ein Sieger vor seine Augen zu treten. Er hatte sich mit sehr guter Mannschafft / 4000 stark verwahret / mit denen traf er auf die Böhmen / daß ihrer 150 stürzeten / und 300 hart verwundet wurden. Neda wahr hieselbst übel auff die seinen zusprechẽ / daß sie den Parthern nicht bessern Widerstand tahten / da sie es doch an keiner Mögligkeit erwinden liessen / nur daß Madates und der seinen Raserey gar zu hefftig wahr; so tahten die Persen nicht / wie sie billich gesolt hätten / sondern wichen bald hie / bald da / und entblösseten der Böhmen Seiten zu unterschiedlichen mahlen / daß er endlich gezwungen ward / bey Ladisla umb Hülffe anzuhalten /gleich da Fabius überbliebene ihre Feinde ganz zurük geschlagen hatten / deren nur 4000 gesunde und 1000 verwundete davon kahmen; aber auch noch 2800 an unser seite über vorgedachte erlegt / und 1600 verwundet wurden. Als Ladisla diesen Sieg vernam /hieß er die ermüdeten Römer uñ Persischen ruhen /nam 1000 Böhmen und 3000 Persische zu sich / und ging Neda zuhelffen / der von neun Parthern umringet wahr / die weidlich auff ihn zuschlugen / massen Madates befohlen hatte / niemand gefangen zunehmen /sondern alles niderzumachen; nun tahten gleichwol seine Leute allen möglichen fleiß / zu ihm durchzubrechen / aber Madates stund ihnen zu hart entgegen /biß Ladisla hinzu drang / vor dessen Ankunft die Feinde Raum gaben / und Neda verliessen / der sich seines Lebens schon getröstet hatte / und durch Niderlegung der Feinde einen rühmlichen Tod suchete; aber so bald er Lufft vernam / legte er die Verzweiffelung hinter sich / und ließ sich aus dem Gedränge führen /weil er hart verwundet wahr. Madates wahr nicht willens vor Ladisla Einbruch zuweichen / traff auch bald auff ihn / und wie er sahe / daß er (den er gleichwol nicht kennete) den seinen so grossen Schaden zufügete / setzete er ihm heftig zu / fand aber gar zu weite Schuch vor seine Füsse; dann nach anderthalb viertelstündigem Gefechte wahr der gröste Teil seines Bluts vergossen. Die seinen rieffen hin und wieder nach Madates / daher Ladisla erst vernam / mit wem ers zu tuhn hatte / und sagte zu ihm: Wie ist ihm nun / Madates? wollen wir uns abereins vor die Ruten führen? Dieser erkennete seine Stimme / und wie schwach er wahr / samlete er doch das übrige seines Vermögens /uñ antwortete nichts / ohn daß er ihn vor einen Ritterschänder ausschalt; welches ihm so sehr zu herzen ging / daß er ihn straks angesichts niderhieb. Herkules sahe / daß die seinen den Feinden gnug gewachsen wahren / gab Leches Vollmacht / nach Befindung die Völcker unter [113] Siegfried und Herman loßgehẽ zulassen / dafern Osazes einbrechen / oder den seinen Entsaz zuschicken würde. Er aber nam 150 SchlachtSchwerter nebest 300 andern Teutschen uñ 3500 Persischen zu sich / damit ging er zum andern mahle hin nach dem Fußvolke. Pharnabazus tummelte sich mit seinen Feinden rechtschaffen / bekam auch die 4600 ElefantenSchützen (dann 400 wahren davon umkommen) zur Erfrischung / die in kurzer Eile nicht geringen Schaden tahten. Pakorus sahe die seinen weichen /und ging ihnen mit 9000 zu Hülffe / dessen Ankunfft eine gewaltige Verenderung verursachete; dann weil er den Kern seiner Völker umb sich hatte / brach er der Persen Ordnung / und hieb vor sich nider / was er antraff. Artaxerxes merkete bald / daß er und kein ander diese Niderlage wirkete / und schickete Pharnabazus noch 6000 geruhete Völker zu / die mit den ElefantenSchützen sich vereinigten / und dem Feinde zur Seite einbrachen / daher er gezwungen ward / sich gegen diese zukehren / daß Pharnabazus Lufft bekam / seine Völker aufs neue zuordnen / welche er vermahnete / sie solten des Feindes Schwert / nicht seine Augen in acht nehmen / alsdann würde sich das Spiel bald wenden; Aber Pakorus matzete an seinem Orte dergestalt / daß die unsern begunten den Fuß zurück zusetzen / deswegen ihnen Pharnabazus an diesem nohtleidenden Orte mit 5000 zu Hülffe gieng / und ihnen zurief / ob sie einschlaffen wolten / daß sie die Fäuste so sinken liessen; trat alsbald neben sie ein /hieb den ersten und andern Parther nieder / und machte hiemit den seinigen einen frischen Muht / daß das Spiel wiederumb in gleicher Wage hing / aber auff die Weichseite kunte er die Parther nicht bringen / dann Pakorus stund fest wie eine Maur / und sagte zu den seinen: Sehet ihr nicht / daß der Sieg fast in unsern Händen ist / und wollet ihn nicht helffen ergreiffen? schlug auch mit solchem Eifer und kräfftigen Streichen umb sich / daß ihm keiner nahen durffte. Da hätte man sollen ein Elend und Jammer sehen; wann jemand fiel / sahe sich niemand nach ihm umb / sondern ward von den nachfolgenden gar ertreten / und schien nicht anders / als hätten sie alle einer dem andern den Tod geschworen. Pharnabazus wolte diesem Unheil abhelffen / oder sein Leben dran setzen; nam 800 feste Knechte zu sich / und brach mit aller Gewalt hindurch / daß er ein ziemliches Loch in des Feindes Ordnung machete / und folgeten ihm 6000 mit allem Eifer nach / wodurch die Parther zuweichen gezwungen wurden. Pakorus wahr nicht an diesem Orte / sahe doch bald / wie es den seinen ging / und samlete 1500 Mann umb sich / damit hielt er diesen Einbruch auff / daß der Persen Fuß nicht weiter ging /meynete auch nit anders / als Herkules oder Ladisla föchte an diesem Orte / deswegen er nach kurzer Ruhe sich an Pharnabazus machete / und einen absonderlichen Kampff mit ihm anfing / der sich auch redlich wehrete / wiewol ihm jener umb ein grosses an Krafft und Geschikligkeit überlegen wahr; stund demnach nicht lange an / dz an unterschiedlichen Orten seines Leibes das Blut von ihm ran / da er doch seinem Bestreiter noch keine Wunde beygebracht hatte; endlich hohlete er einen starken Hieb aus / ihm eines über die Schulder zuversetzen / geriet aber auff den Schild /und brach ihm das Schwert vor der Faust ab / worauff er eine starke Wunde in die rechte Seite bekam / daß er ohmächtig ward; Pakorus ließ ihn auffheben / und nach Vologeses bringen / der ihm von der Spilseiten her nahe verwand wahr / und ihn fleissig verbinden ließ. Er wahr biß daher die Seele seiner Völker und der Parther schrecken gewesen / so daß nach seiner Gefängnis den Persen der Muht gar entfiel / daß sie begunten hinter [114] sich zuweichen / welches Vologeses mit sonderlichen Freuden ansahe / und schon so viel spürete / daß da er ja das Feld räumen müste / der überwinder das seine auch empfinden solte. Es lief einer hin nach Artaxerxes / und berichtete beydes ihres FeldHerrn Gefängniß / und der Völker schlechten Zustand / dessen er nicht wenig erschrak / und sich fertig machete / ihn wo möglich zu rächen; Aber Herkules kam gleich darzu / wolte durchaus nicht göñen / daß er selbst treffen und fechten solten / sondern nam noch 5000 des besten Volcks zu sich / uñ über dieselben Valisken 3500 Persische und 40 Teutsche SchlachtSchwerter / welche er mit seinen herzugeführeten in eine feste Ordnung setzete / ging mit diesem auserlesenen Herr 12490 Mann stark (die alle geruhet und gespeiset hatten) dem herzudringenden Feinde frisch entgegen / nachdem er die Sporn und das BeinHarnisch abgelegt hatte / und sein Gemahl ihm ihr andächtiges Gebeht nachschickete. Pakorus schlug die Persen wie Schafe nider / daß wo Herkules nicht gleich währe ankommen / sie einer schändlichen Flucht sich nicht hätten entbrechen können / dann ihre Ordnung wahr dermassen zurissen / daß die Ersetzung unmöglich schien / auch Pakorus meynete / diesen Sieg solte ihm kein FußHeer aus den Händen reissen. Als Herkules bey den Persen anlangete / fragete er sie / ob man auf solche weise den Feind abtreiben könte; sie solten sich geschwinde samlen / und hinter ihn angehen; fassete den Schild und das Schwert / und trat vor seinen SchlachtSchwertern her / die ihn wider seinen Willen zwischen sich nahmen. Pakorus sahe diesen daher stürmen / uñ erkennete an den grossen Schlachtschwertern / daß Herkules verhanden wahr; vermahnete demnach die seinen / nur noch diesen Stand herzhafftig auszuhalten / alsdann würde der vollkommene Sieg ihnen unbenommen bleiben. Die Teutschen fingen schon an mit den ungeheuren Schwertern drein zumatzen / und machten in kurzer Zeit solchen Raum / daß niemand herzu nahen durffte / deswegen Pakorus noch 14000 geruhete herzu hohlen ließ / umb durch die Menge das schier erstrittene zu erhalten / stellete die tapffersten mit ihren Schilden den Teutschen entgegen / und unterrichtete sie / welcher gestalt man sich gegen sie verhalten müste /nehmlich / nur dahin trachten / daß man mit dem Schilde einen Hieb ausnehme / und zugleich mit einem langen Stosse unter die Achsel / einzutreten geschwinde wäre / dann könten sie wol gedämpffet werden; Und zwar ward hiedurch ihr Einbruch in etwas auffgehalten; aber die andere Teutschen traten an ihre stelle / und mit der Hirkaner Hülffe brachen sie von neuen ein / daß eine grosse Menge der Feinde erschlagen ward. Herkules gieng als ein erzürneter Löue drauff / dann Pharnabazus unfall taht ihm wehe /zweifelte auch nicht / dafern nur Pakorus erlegt währe / solten die übrigen den Rückeweg wol finden; hörete auch nicht auff zusuchen / biß er ihn antraff / und in seiner Gegenwart einen starken Parther / der einen Teutschen verwundete / mit einem Hiebe zu grunde richtete / dessen er sich doch nicht entsetzete / sondern trat zu ihm mit guter Freudigkeit / und sagte: Ritterlicher Held / wo ich nicht irre / seyd ihr eben der / welchen ich suche. Und ihr / antwortete er / von dem ich mich gerne finden lasse. Hierauff gebohten sie ihren Völkern beyderseits / daß kein Mensch ihren Kampff stören solte; gingen mit behuhtsamer Vorsichtigkeit und hefftigen Schlägen auff einander / aber nach wenig Streichen bekam Pakorus einen starken Hieb über den Kopff / daß es döhnete / meynete doch baar zubezahlen / und verhieb sich wegen Herkules geradem ausweichen / daß er durch den Nachhieb eine Beinwunde bekam / [115] daher er das zierliche Fechten angab / und sich seiner grossen stärke gebrauchete /damit er Herkules überlegen wahr; der sich aber mit seiner Geschikligkeit entgegen stellete / und ein langwieriges Treffen mit ihm hielt / dann er wahr der beste Kämpffer zu fuß unter allen Parthern. Sie wurden beyderseits an unterschiedenen Orten ihres Leibes verwundet / uñ taht Pakorus nicht so wehe / als daß er sehen muste / wie jämmerlich die seinen von den Teutschen zugerichtet wurden; dann als die Schlachtschwerter des Feindes Anschlag inne wurden / führeten sie keine Ober- sondern Unter- und Seitenhiebe /denen jene nicht zu begegnen wusten. Herkules verwunderte sich über seines Feindes Krafft / weil ihm am Nachdruk der Schläge nichts abging / und nichts desto weniger sich wol vorsahe; so wahr ihm aber doch der Verzug dieses Streits nicht zuwider / weil es den seinen so treflich glückete; aber Pakorus dauchte die Zeit zu lange / und wagete einen Fall / daß ihm Herkules ausweichen muste / der gleichwol seines Vortels acht hatte / und ihm die rechte Hand mit seines Schwerts Spitze zimlich verwundete / daß er das Schwert nach Willen nicht gebrauchen kunte; gab ihm auch alsbald darauff einen Stoß durch den rechten Arm / und schlug ihn über den Kopff / daß ihm die Ohren davon gelleten. Als er nu wegen der Hand- und Armwunde das Schwert nicht mehr gebrauchen kunte / auch die Krafft wegen des hefftigen blutens ihm entgieng wolte Herkules weiter auff ihn nicht schlagen /sondern sagte zu ihm: Ritter / ich habe diesen Kampff nicht aus Feindschafft / sondern aus Pflicht mit euch gehalten / und demnach ich euch durch Glückesfall zimlich verwundet sehe / wil ich unsern Streit auffruffen / nicht zweiffelnd / er werde sich gefallen lassen /mit mir nach unserm Lager zu kehren damit unsere Wunden verbunden werden; an meiner seiten habt ihr euch nichts als alle Freundschafft und Auffrichtigkeit zuversehen. Pakorus kunte sich dieser Höfligkeit nicht gnug verwundern / und antwortete: Treflicher Ritter / ich gönne euch viel lieber die Volstreckung eures Sieges / und daß ihr das wenige übrige meines Bluts vollends hinweg nehmet / nachdem die Götter euch solches gönnen. Das müste mich ewig gereuen /sagte Herkules / daß ein so teurer Held von meiner Hand sterben solte; fassete ihn bey dem Arme / und sagte: Kommet mein Freund / wir wollen unsern Wunden raht schaffen / welche wir uns umb anderer Leute Feindschafft geschlagen haben. Ja ich folge willig / antwortete er wann ich keines andern als des unüberwindlichen Helden GroßFürst Herkules Gefangener bin / sonst werde ich lebendig diesen Ort nicht verlassen; wie ich mir dann die Hoffnung mache /eben dieser sey mein Uberwinder. Mein Freund mache ihm keine widrige Gedanken / sagte Herkules; dann so wenig ich mich vor seinen Uberwinder halte / so wenig sol er mein oder einiges andern Menschen Gefangener seyn / nur wolle er seine Verbindung nicht verseumen / und nach deren Empfahung zihen wohin er selbst wil. Nun ihr Götter / fing dieser darauff an; bestätiget den Parthischen Stuel / und setzet dieses Helden seinen zu allernähest; fasseten sich hiemit einander bey den Händen / und gingen aus dem Gedränge hinweg / da alsbald zwey Pferde hergebracht wurden / auff welchen sie mit einander nach den nähesten Zelten ritten / da ihre Wunden auffs fleissigste verbunden wurdẽ; uñ nahm darauf Herkules diesen Abscheid võ ihm: Fürst Pakorus / ich werde noch einẽ Rit gegen Fürst Osazes wagen / glücket mir derselbe /alsdann hoffe ich / sol unsere Arbeit vor dißmahl geschehen seyn; machte sich damit nach seinen Leuten /und fand einen solchen erschreklichen [116] Zustand / daß ihm die Haar zu berge stunden. Dann nach seinem Abscheide hatten die 12000 Parther nach äusserstem Vermögen Widerstand geleistet / aber endlich den kürzern zihen müssen; daher Osazes mit seiner übrigen Mannschafft loßgebrochen wahr. Er wolte zwar nach Vologeses Anordnung / acht tausend der besten zurücke lassen / und dagegen von denen so schon gefochten hatten / ihre stelle erfüllen; aber diese wegerten sich dessen / einwendend / sie hätten ihren Stand redlich gehalten / warumb sie dann zweymahl ansetzen / und diese nur zusehen solten? hätte man sie gerne Tod / solte man sie unabgefodert gelassen haben; wann aber die Noht an den Mann treten würde / wolten sie biß zum lezten zu / bereit seyn. Also muste er ingesamt seine Völker anführen / da ihm Leches seinen ganzen hauffen entgegen gehen ließ / nur daß er 100 Teutschen und 500 Persen bey sich behielt. Siegfried und Herman trieben das Werk sehr eiferig / teileten die Völker mit einander und führeten sie an in zwo Geschwader / denen Wedekind mit seiner Macht zu hülffe ging / und sie den heftigen Anfall der Parther ritterlich bestunden. Es wahr dieser Saz der allerernstlichste / deßgleichen bey der ganzen Reuterey nicht vorgangen wahr / so daß das Würgen am eifrigsten anhielt / wie Herkules darzu kam. Bey Ladisla wolte sich der Sieg am ersten eräugen; dann als Madates hingerichtet wahr / entfiel seinen Leuten der Muht / daß sie in weniger Zeit zu rücke wichen /und sich auff Vonones zohen / welcher deßwegen gezwungen ward Ladisla Einbruch zu hindern / und ihm seine übrige Mañschaft entgegen zustellen / denen sich Ladisla mit seiner ganzen Macht erzeigete. Vologeses wolte nunmehr an seiner schierkünfftigen gänzlichen Niderlage nicht mehr zweiffeln / dann sein Fußvolk sahe er außweichen / machte ihm deßwegen leicht die Rechnung / Pakorus müste Tod oder gefangen seyn / und begab sich hin zu dem Könige / der kaum mit 6000 Fußschützen umbgeben wahr / daß wann Ladisla solches gewust / hätte er ihn leicht anpacken können. Als Artabanus seinen Feldmarschalk kommen sahe / rieff er ihm mit betrübter Stimme zu; wir fürchten sehr / unsere Völker werden dißmahl dem Feind wenig angewinnẽ. Was angewinnen? sagte Vologeses / hätte man nur einen ehrlichen und sicheren Abzug; mit dem Fußvolk ists geschehen / wie es auch umb den guten Pakorus stehen mag; die Reuterey schwanket auch schon; aber was hilffts / daß ich viel klage? da man mit dem Kopffe hindurch wil /kans nicht anders gehen. Mein heilsamer Raht ist dißmahl verlachet worden / und hat wenig gefehlet / etliche freche Buben / die ihren Lohn schon bekommen /hätten mir gar die Narrenschellen angehenkt; nun wird mans zu spät beklagen / daß man alle vernünftige Ursachen / die man zum besten angeführet / außgezischet und beschimpfet hat. O hätte man den Feind etliche wenig Wochen auffgehalten / ihre Muhtigkeit und Kraft solte wie Wasser zerronnen seyn. Ja hätte man noch heut nach meinem Raht eine Enge ergriffen / wolten wir in wenig Tagen Meister gespielet haben. Aber geschehene Dinge sind nicht zu wiederbringen. Eure Königl. Hocheit wolle sich zu Pferde setzen; ich wil / da mich das Unglük nicht gar zu sehr dränget /noch heut sehen lassen / wie leicht ich mich ihres anlaufs hätte wollen entbrechen / wann mirs nur frey gestanden währe. Eure Hocheit aber nehme an diesem Tage und heutigem schweren Verlust zur Lehre / wie schädlich es sey / wañ man die vergeblichen Begierden sich blenden lässet / uñ den unverständigẽ Schmeichlern lieber / als geträuen Rähten die Ohren leihet. Einem andern würde diese scharffe Rede [117] nicht ungestraffet außgangen seyn / aber Vologeses ansehen wahr zu groß / daß der König es verschmerzen muste. So vergingen ihm auch zum teil die liebes Gedanken /wegen der instehenden Gefahr / legte seinen Königlichen Schmuk abe / setzete sich auff ein schnellauffendes Pferd / und hielt neben Vologeses / biß er sahe daß die Fußvölker sich zurük zohen / denen er die 6000 Schützen zu hülffe schickete. Dann als Pakorus gefangen wahr / brach Artaxerxer mit seinem Heer auff / und volstreckete den Sieg zu fusse; weil er aber zu eiferig ging / und die Parther / deren noch eine gute Anzahl / zu umbringen meinete / erweckete er hiedurch bey ihnen eine Verzweiffelung / daß sie unmenschlich umb sich schlugen / biß sie der Gefahr entrissen / sich mit zimlichen Vortel zurük zihen kuntẽ / da die jeztgedachten Schützen ihnen guten Vorschub tahten / und mit ihren Pfeilen die unsern dergestalt abwiesen / daß auch Artaxerxes selbst zween Schüsse empfing uñ wegen der Verwundung des rechten Fusses / in welchen ihm hinten an die Verse ein Pfeil fiel / sich muste hinweg tragen lassen. Ladisla nam ihres Fußvolks Wolergehen zeitiger wahr als Herkules / und weil Vonones dem Könige 4000 schicken muste / gedachte unser Held bald / Artabanus würde dem Hasenpanier folgen wollen / befahl dem Römer Autronius das Heer / und ging mit 3000 Böhmen und 2000 Römern nach den zehn Elefanten /in Meynung den König zuerhaschen / umbgab diese Tihre / und rieff ihren Meistern zu / dafern sie nicht umbkehren und nach dem Persischen Lager sich begeben würden / solten sie stündlich erschossen werden. Diese wusten daß der König schon herunter wahr / so hatten sie keine Kriegsleute bey sich / deßwegen liessen sie sich durch Furcht und Dräuen schrecken / und leisteten Gehorsam. Das Frauenzimmer aber welches auff dreyen Elefanten saß / führete so ein jämmerliches Geschrey dz Ladisla sie schier aus erbarmung hätte abzihen lassen; weil er sich aber fürchtete / sie möchten in der geilen Persen Hände gerahten und zu schanden gemacht werden / rieff er ihnen zu / sie solten sich zu frieden geben / und dem Glük danken /daß sie ihn zu ihrem Ehren-schützer bekommen; worauff sie sich etlicher massen stillen liessen. Herkules sahe nicht / auff was Weise er seine Völker von der unordentlichen Schlacht abzihen / und sie fein wieder setzen könte; samlete vor erst 4000 Mann umb sich /und fing ein absonderliches Treffen wieder den Feind von der Seiten her an; als nun die seinen diesen wolgesezten hauffen sahen / machten sie sich in grosser Menge dahin / biß endlich sein ganzes Heer sein wieder in Ordnung gebracht ward / auch Osazes an seinem Orte ein gleichmässiges zu tuhn suchte / eben da Vologeses ihm zuentboht / er solte dem Könige 6000 handfeste Parther senden / und alsbest er möchte / die Völker retten / weil das Fußvolk schon geschlagen /und Vonones auff der Weichseite währe; dessen dieser nicht wenig erschrak / und die begehrete Mannschaft hingehen ließ / führete auch nach dem die Schlacht so behutsam / daß die unsern ihm wenig angewinnen kunten. Es ward ihm aber die Zeitung gebracht / daß die zehn Elefanten / auff deren einem seine allerliebste Panthea wahr / die er kaum vor sechs Wochen wieder geheirahtet hatte / nach der Feinde Lager geführet würden / deßwegen er ihm vornam / sie zu erlösen oder zu sterben; ging also mit 5000 guter Mannschaft hin zu ihrem Entsatze. Ladisla sahe ihn kommen / hies 100 Römer mit den Tihren fortzihẽ / er aber setzete sich diesem entgegen / welcher doch nicht ehe zu schlagen meinete / biß die Elefanten in seiner Gewalt währen; aber Ladisla setzete ihm dergestalt zu / daß er sich nohtwendig [118] wehren muste / traff auch selbst auff ihn / und merkete an seinem treflichen Gefechte / daß er ein sonderlicher grosser Herr seyn müste / daher er mit guter behutsamkeit auff ihn ging / und ihm doch sehr wenig abgewinnen kunte; ja ungeachtet dieses herben Streits / zog er sich gleichwol stets nach den Elefanten hin / weil er seinen Leitstern drauff hatte / daß Ladisla / damit er ihn zum Stande brächte / zu ihm sagte: Ritter stellet das Weichen ein / oder ich werde mich an eurem Pferde vergreiffen. Woldann / antwortete Osazes / weil es anders nicht seyn kan / muß ich euch zu willen werden; fiel damit so wütig auff ihn zu / daß er mühe hatte sich zu beschützen; biß ihm noch ein Unterhieb geriet / damit er ihm eine starke Wunde in den linken Arm gab / weil er den Schild von sich geworffen hatte / da er nach den Elefanten eilete. Also kunte Osazes sein Pferd nicht mehr mit der Linken leiten / welches Ladisla eine schnelle überwindung gab / da er ihm die rechte Hand darzu beschädigte / und den Daumen halb hinweg hieb. Noch dannoch wolte dieser sich nicht ergeben / sondern stellete einen seiner Obristen an seine stelle / in meynung also zu entgehen. Aber Ladisla wahr ihm zu steiff auff der Haube / reiß ihm den Helm ab / und als er sahe wer es wahr / dann er ihn zu Charas gesehen hatte / sagte er zu ihm: Fürst Osazes / könnet ihr Ladisla Freundschaft annehmen /so trauet seiner Versicherung / und reitet mit / daß man euren Wunden raht schaffe. Dieser antwortete ihm: Ja Großmächtiger König / wann mein lebendiger Schaz auff dem Elefanten dieser Versicherung mit geniessen sol / wil ich die angebohtene Königl. Gnade gerne annehmen / und mich solchem ruhmwirdigen Helden ergeben. Worauff er von neuen alle Zusage bekam. Seine Leute aber / als der FeldHerr verlohren ging / zogen die Feldhosen an / und kahmen ohn sonderlichen Verlust davon. So bald Vologeses seinen König (der vor angst sich kaum auff dem Pferd halten kunte) in Sicherheit gebracht hatte / samlete er die annoch übrigen Reuter und Fußvölker umb sich / ließ ihnen Pfeile gnug außteilen / stellete sie durch einander / und ging damit gegen Herkules / ließ die Trometer zum Abzuge blasen / und daß alle sich bey ihm finden solten; daher er in kurzer Zeit ein starkes ansehnliches Heer umb sich hatte / mit welchem er den Sieg hätte zweifelhaftig gnug machen können / wañ sie nicht zu heftig währen abgemattet gewesen; nam aber den sichersten Weg vor sich / ging algemach zurücke / und schikte sich in die Zeit; doch sendete er den unsern die Pfeile in solcher Menge zu / daß sie ihn weiters nicht verfolgen durften / und er also diese Völker / welche sich von den Flüchtigen alle Augenblik mehreten / sicher ins Lager brachte / welches er die vorige Nacht (ungeachtet des Königs Verspottung mit weiten Graben und hohen Brustwehren hatte umbzihen lassen; besetzete solches auch mit Schützen /und schaffete / daß die Verwundete verbunden / und die Matten gelabet wurden. Musten also die unsern /weil sie mit Geschoß auff der Eile nicht versehen wahren / ihnen den Abzug gönnen / und sich noch vorsehen / daß sie unbeschädiget davon kahmen; da sie ohn einige Plunderung nach ihrem Lager kehreten / auch Herkules / Ladisla / Artaxerxes und Phraortes auff dem Wege zusammen stiessen und sich ihres wolergehens höchlich freueten / ob sie gleich alle viere etwas verwundet wahren. Valiska sahe von ihrem Elefanten sie daher kommen / und empfand dessen unsägliche Freude in ihrem Herzen / daß sie nicht unterlassen kunte / herunter zusteigen / und auff ihrem Reitpferde ihnen entgegen zuzihen. An allen Orten hatte der lezte Saz viel Blut gekostet. Artaxerxes / [119] Herkules und Pharnabazus hatten von Pakorus eigenem Heere 14000 erschlagen / und 12000 verwundet / deren bald hernach 9000 sturben / weil sie nicht so schleunig kunten verbunden werden / und etliche Verleumder daher ursach nahmen / die Persischen zu beschuldigen / als hätten sie mit vergiftetem Gewehr gefochten. Partamasiris war schon mit 5000 gefangen worden / wie auch von Surinas Völkern 4000 / von dessen Verwundeten 7100 den Tod empfingen. Von Orodes Hauffen wurden 3000 gefangen; der Verwundeten kahmen 4000 um / und blieb der überschuß gar geringe / nachdem von dem ganzen Fußheer nur 31350 gesunder und 14200 beschädigter davon kahmen / ingesamt 45550 Mann. 12000 wahren gefangen / und 82450 erschlagen. Es hatte aber unser Fußvolk auch grossen Abbruch gelitten; dann über die zuvorgedachte wurden noch 9000 erschossen / und Pakorus mit seinem Hauffen hatte in die 24000 Mann erschlagen / und 10675 verwundet / daß an Persischer Seite sich 58225 todte / 20275 verwundete / und 41500 gesunde funden. An seinem Reuterheer missete Herkules über vorgedachte noch 11619; wahren ihm also 27000 abgeschlagen; Unter den übrigen wahren 23000 beschädigte / und 40000 gesunde; und fand man unter den todten 81 Teutschen / und 76 unter den verwundeten. Ladisla hatte überall 26850 beschädigte / aber 16150 wahren drauff gangen / und der gesunden überschuß bestund in 47000 Köpffen; da unter den erschlagenen 182 Böhmen / und 353 Römer; unter den verwundeten aber 300 Böhmen /und 350 Römer wahren. Des Feindes Reuterey hatte ein mehres eingebüsset; Von Osazes Flügel wahren 59000 erschlagen / 7000 hart verwundet / und 16500 in Gefängnis gerahten. Unter den Todten wahren 12000 Skythen und gleich so viel Indier; Unter den verwundeten 3000 Indier / und unter den gefangenẽ 6500 Skythen / also daß von diesem Flügel / welcher mit zutuhn der Indier anfangs 125500 Mann hatte /nach der Schlacht nur 43500 gesunde / wiewol allerdinge abgemattete Reuter übrig wahren. Vonones / als ihm an stat der Indier die ElefantenSchützen und überbliebene Skythen zugeschikt wahren / hatte ein Heer von 102000 Reutern / aber die wahren ihm dergestalt gestenzet / dz nur 30500 gesunde davon bey ihm stunden; massen deren 5000 gefangen / 8000 hart verletzet / und die übrigen 58500 erschlagen wurden /dz von aller Skytischen Manschafft nur 3000 bey dem Heer übrig wahren / welches überall noch in 105350 gesunden und 29200 verwundeten bestund. Hingegen wahr das Persische Heer noch 128500 gesunde Köpffe stark / und unter ihren 70125 beschädigten funden sich 30000 / welche nach empfangener Verbind- und Labung noch düchtig wahren das Gewehr zu führẽ. Von den Parthischen Feldherren wahren gefangen /Fürst Pakorus / Fürst Osazes / Surinas / Mithridates /Archelaus / Sargapises der Skythe / Partamasiris / und Apreteus. Skyles der Skythe Pandion der Indier und Andragoras der Parther wahren erschlagen. Von unsern KriegsObristen wahren gefangen / Fürst Pharnabazus / Prinsla / Markus / Bubazes und Gallus. Unter den verwundeten Gefangenen wahren Mithridates und Osazes die schwächesten / aber kein Mensch frölicher / als GroßFürstin Valiska; sie herzete ihren Gemahl und Bruder vor Freuden / als sie vernam / daß ihre Wunden so geringe waren / wolte ihnen auch alsbald die Harnische helffen abziehen; aber Herkules hatte was anders im Sinne / und sagte zu den anwesenden Fürsten: Vologeses hat jezt sehen lassen / wie gescheid er ist / die Völker durch vorsichtige und halb-furchtsame Abführung zuretten; aber [120] ich hoffe ihm die Karte dergestalt zuverstecken / daß er inwendig 24 Stunden ungejagt davon lauffen / oder Morgen mit allen den seinen sich belagert finden sol; befahl auch daß die gesunde Mannschaft sich alsbald laben muste / deren Häuptleute er also anredete: GOtt Lob ihr redliche Persen / Meden / und andere Bundgenossen; das Parthische Joch ist nun schier gebrochen; der grosse Wüterich Artabanus hat euch müssen den Rücken zukehren / und mag vielleicht wol schon mit flüchtigen Gedanken umbgehen. Lieber gönnet ihm die Ehre nicht / daß er sich berühmen solte / wir hätten sein Lager nicht angeschriehen. Zeiget euren Kriegsleuten an / daß wer gesund ist / und ein unverzagtes Herz hat / solle sich geschwinde mit Speise und Trank laben /und mir folgen; die Plünderung sol ohndas vor Morgen früh nicht geschehen. Wer weis was vor Glük der milde Gott uns zuweiset / daß uns dieser Rit nicht gereue? ich versichere euch / daß der Feind der Kühnheit nicht ist / uns ein blosses Schwert zuzeigen / und ihr deßwegen vor neue Wunden euch nicht zubefürchten habt. Er hatte nunmehr bey hohen und niedrigen ein solches Ansehen erlanget / daß sie ihn nicht anders als einen irdischen Gott schätzeten / deßwegen die Häuptleute willig wahren / und die Völker begierig / ihm zu folgen / in solcher Freudigkeit / daß sie mit jauchzen erschienen / und über die 20000 beschädigte mit fort ritten / so daß nur 6000 gesunde die Gefangenen / deren 33500 wahren / bewacheten / und 10000 zimlich verwundete das Lager besetzeten; dagegen stelleten sich 140500 Mann zum Zuge / und wahren 2000 Reuter außgeschikt die verschüchterten Pferde zusammen zutreiben. Valiska betrübete sich dieses vornehmens sehr / daß sie willens wahr / ihn davon abzumahnen / einwendend / man solte einem fliehenden Feinde eine güldene Brücke machen; aber Herkules sagte mit einem leichten Lachen: Wie mein Schaz / seid ihr in so kurzer Zeit so verzagt worden? geliebt es euch / so leget eure Waffen an / uñ reitet mit / weil keine Gefahr zu fürchten ist. Sie nicht faul /machte sich fertig / und setzte sich auff ihren Blänken / welchen ihr Fürst Menapis aus Hirkanien vor wenig Tagen geschikt hatte. 2500 Teutsche und Böhmen /nebest 5500 Persen und Meden wurden geordnet / ihr auff allen Fall Schuz zu halten / und wolte Ladisla durchaus nicht zurücke bleiben / sondern weil seinen geringen Wunden schon raht geschaffet wahr / ging er mit Herkules fort. Der Feind hatte seine Schildwachten zimlich weit außgesetzet / welche nach empfangenen Befehl geschwinde außrissen / und im Lager ein grosses Schrecken verursacheten / vorgebend / es währe der Feind wol mit 150000 Mann verhanden und im vollen anzuge / das Lager zu stürmen; denen Vologeses anfangs keinen Glauben zustellen wolte /aber nachdem er die unsern sahe / die in weit außgebreiteten Flügeln fort zogen / und 800 Teutsche Schlachtschwerter voran gingen / besetzete er die Posten mit kranken und gesunden durcheinander / dann er verlies sich auff seine tieffe Graben und hohe Brustwehren / hinter denen er vor Reuter anfal gnug gesichert wahr. Herkules wuste vorhin wol / daß er durch Sturm nichts schaffen kunte / wahr auch dieser Ursachen halber nicht außgezogen / sondern hatte bey den Gefangenen sich genaue erkündiget / was vor eine beschaffenheit es mit des Feindes Lager hatte / und daß die Elefanten sampt den Speisewagẽ im absonderlichen Lager gehalten wurden; dahin ließ er Ladisla mit 20000 Mann gehen / er aber besetzete das Häuptlager rings umbher / daß sie nicht außfallen kunten / wie sie dann ohn das darzu keinen Willen hatten; und ob gleich Vologeses 20000 aufbieten lies / einen [121] ritterlichen Versuch zu tuhn / wolte doch Artabanus es nicht göñen / sondern sagte: Lasset die hungerigen Teutschen Wölffe nur machen / wir hoffen /sie werden sich endlich durch ihren eigenen Grim noch selber fressen. Valiska sendete einen Trometer nach des Feindes Lager / und ließ Bagophanes anmelden / wo er seiner Gemahl Fr. Parasitis etwas zu entbieten hätte (dann sie wahr mit unter dem gefangenen Frauenzimmer) wolte sie es gerne werben / gäbe ihm auch hiemit frey sicher geleit / zu ihr heraus zukommen. Als Artabanus hörete / daß sie mit unter den Völkern wahr / merkete er leicht / daß Herkules ihm solches nur zum Schimpff und auffzuge anstellete /und ward durch Liebe uñ Eifer dergestalt eingenommen / daß er begehren durfte / man solte ihm seine Rustung bringen / er wolte hinaus / und mit dem Räuber Herkules einen absonderlichen Kampff halten /der gewissen Hoffnung / ihm obzusiegen. Aber seine Obristen hätten des lieber gelachet; und kunte Vologeses nicht umbhin / ihn zuerinnern / er möchte doch in sich gehen / und bedenken / daß weder Karthasis noch Pakorus vor Herkules Schwert hätten bestehen können / und daß wol eben zu dem Ende Artaxerxes ihn bewäget hätte / sein Gemahl herzuführen / daß seine Königl. Hocheit dadurch ins Nez gelocket würde; zwar er könte wol leiden / daß Bagophanes hinaus ritte / aber dem außzuge seines Königes wolte er sich wiedersetzen / und lieber sterben als einwilligen. Nun nun Bagophanes sagte Artabanus / so reite hinaus / nachdem unsere Fürsten und KriegsObristen unser Vorhaben dißmahl nicht vor rahtsam halten; sagte ihm etwas heimliches ins Ohr / und ließ ihn fort zihen. Herkules sahe ihn kommen / und ritte von seinem Gemahl hinweg / weil dieser vielleicht sich scheuhen möchte / in seiner Gegenwart mit ihr zu reden. Die GroßFürstin hatte zwar ihren Reitharnisch angelegt / auch einen köstlichen Degen an der Seiten /und den Köcher vol Pfeile / aber den Helm hatte sie abgetahn / und einen schwarzen Huet mit einer weissen Feder auffgesetzet / darunter sie ihr schönes Haar bey den Ohren herunter hangen ließ. So bald Bagophanes sich ihr nahete / rieff sie ihm zu: Wie stehets mein Freund? habt ihr auch Wunden mit aus der Schlacht zubeweisen? Durchleuchtigstes Fräulein /antwortet er / ich erfreue mich ihrer Gn. wolergehens /und habe derselben meines allergnädigsten GroßKöniges Gruß anzumelden / dessen Hocheit sie freundlich ersuchen lässet / auff guten Glauben in sein Lager zureiten. Ach nein / sagte sie mit einem Gelächter /vor dißmahl werde seiner Hocheit ich nit gehorsamen können / weil von meinem allerliebsten Gemahl ich dessen kein erläubnis habe; bedanke mich aber des überbrachten Grusses / und werdet mich wol entschuldigen / auch daneben euren König versichern /daß der gefangenen Herren ich mich träulichst annehmen wolle; wie ich dann hoffe / daß man mit den unsern auch also verfahren werde; soltet ihr aber Herrn Bubazes wegen seiner Kleofis wollen zusetzen /würde euer Gemahl uñ andere / dessen schwer zu empfinden haben. Es ist mir sonst lieb daß mein gnädigster König aus diesem harten Ungewitter noch unbeschädigt entrunnen ist. Aber verlanget euch nicht /mein Freund / euer schönes Gemahl bald wieder zusehen? an welcher sich wol junge Herrn vergaffen dürften / und ist sie ohndas meines Herrn Bruders gefangene / welcher vielleicht ohn empfangenen Kuß sie nicht loß geben möchte. Dieser meynete / es währe ihr lauter ernst / und baht sehr / ihrer Ehren geträue Schützerin zu seyn. Dessen sie lachete / und ihm versprach / er solte sie noch vor Morgen früh wieder haben; wovor er sich untertähnig [122] bedankete / und ihr ungescheuhet zuverstehen gab / wie der König an ihrer Liebe so sehr hinge / daß er sich eines ärgern befürchtete / wann er seinen Vorsaz nicht erlangen würde. Welches sie aber mit einem ernstlichen Gesichte also beantwortete: Bey Leib und Leben saget mir davon nicht / Bagophanes; was wolte oder könte er seinen Vorsaz an mir erlangen? wisset ihr oder er dan nicht / daß ich mich verehlichet habe? ich werde ja nicht von meinem allerliebsten Ehegemahl GroßFürst Herkules hinweg lauffen / und eurem Könige als eine Ehebrecherin auffwarten; hätte euch auch nimmermehr so unverständig angesehen / daß ihr einem redlichen Weibesbilde ein solches anmuhten würdet; und warumb scheltet ihr mich vor ein Fräulein? wisset ihr doch wol daß der Nahme mir nicht zustehet. Saget demnach eurem Könige / daß er die Augen seines verstandes auffthue / und beydes sein thorächtiges Vornehmen mich zuerstreiten / und sein bevorstehendes Unglük betrachte. Er sihet ja wie hefftig ihm heutiges Tages sein Stuel gerücket ist / und dürffte ihm / ehe ers meinet noch wol näher getreten werden. Währe demnach mein geträuer Raht / er liesse sich etwas gnädiger und gutwilliger gegen die Fürsten heraus /als bißher geschehen; alsdann wolte ich als eine geträue Unterhändlerin ihm in der Taht beweisen / wie gut ichs mit seiner Hocheit meyne. Zwischen diesem Gespräch hatte Artabanus hinter der Brustwehr durch ein klares Durchsicht ihr Angesicht und Gebärden eigentlich besehen / und dauchte ihn / sie währe ihm in so volkommener Schönheit noch nie vorkommen; kunte daher durch Liebe gereizet / nicht unterlassen /in sich selber zusagen. O du unverständiger blöder Artabanus / kuntestu dieses unvergleichlichẽ gutes nicht geniessen / da du es in deinem Besiz hattest? und liessest durch ihr leichtes Dräuen dich davon abschrecken! Nun ihr Götter / liefert sie noch einmahl wieder in meine Gewalt / oder schicket es / daß der Erzräuber diese Länder so geschwinde nicht verlasse /damit ich Gelegenheit habe / mich ihrer zubemächtigen. Inzwischen hielt Valiska ihr Gespräch mit Bagophanes / und vermahnete ihn gar ernstlich / seinen König von den närrischen gedanken abzuzihen; da gleich Ladisla sich mit seiner Beute sehen ließ. Er hatte vor erst die Elefanten Meister gezwungen / ihre Tihre alle miteinander heraus zuführen / die er mit 4000 Reutern nach dem Persischen Lager begleiten ließ; hiebey wahren 10000 Kameltiehre / 20000 MaulEsel und 16000 Wagen / die alle mit fort musten / nachdem die Pferde schon davor gespannet wahren /weil Vologeses wieder Artabanus Willen befohlen hatte / sie nach dem befestigten Lager in sicherheit zu bringen / und sie also zum vollen und schleunigen auffbruche fertig stunden. Als die Parther diese Beute sahen hinweg führen / währe ihr König schier unsinnig worden; Vologeses aber geriet in Eifer / und sagte: Ich halte es vor ein unfehlbahres Zeichen unsers unterganges / daß eure Königl. Hocheit mir in allen guten anschlägen so gar zuwieder ist; hätte man nach meinem befehl die Wagen und Tihre alsbald hereingebracht / solten sie uns wol blieben seyn / und fürchte ich nur / daß zugleich Freunde und Feinde alles meinem unverstande und unvorsichtigkeit zulegen werden. Artabanus taht als hörete ers nicht / und fing an zu ruffen: Pfui uns an / wir sind nicht eines faulen Apffels wert; ist es so weit mit uns kommen /daß wir solchen Schimpff und Schaden mit geduldigen Augen ansehen müssen? hinaus / und hauet Kamehl und Pferde nider / so bleibet uns ja noch wol /was wir geladen haben. Vologeses seufzete über dieser Tohrheit / wolte nicht antworten / [123] und achtete selbst vor nöhtig / daß man zum wenigsten nur zum scheine sich ins Gewehr stellete / daher befahl er den gesunden Reutern auffzusitzen; aber es ging alles so schläfferig zu / daß er leicht merkete sie würden wenig verrichten; weil auch Herkules mit auffbrach und sich hinter die Wagen setzete / ließ kein Parther sich ausserhalb Lagers finden. Bagophanes machte sich wieder hin zu seinem Könige / brachte ihm der GroßFürstin freundlichen Gruß an / und daß des Königes Gesundheit ihr sehr lieb währe; gab vor / sie hätte durch Geberden gnug zuerkennen gegeben daß sie im Herzen ihm sehr hold währe / aber wegen der anwesenden Auffmerker sich nichts dürffen vernehmen lassen / ohn daß sie ihm (welches er aus furcht tichtete) vertraulich angezeiget / daß eine sehr grosse Macht nicht ferne währe / dem Königlichen Lager zuzusetzen; dann er hätte den schleunigen Auffbruch /umb der Gefahr zuentgehen / gerne befodert. Phraortes hatte Artaxerxes im beywesen der gefangenen Parthischen Herren angemeldet / daß nicht allein alle Parthische Elefanten eingebracht währen / sondern GroßFürst Herkules mit einer ungläublichen Menge Kamehle / MaulEsel und Wagen angetrieben kähme. Dessen er sich hoch freuete / und zur antwort gab; er könte anders nicht gläuben / als daß Herkules von irgend einem Gott müste gezeuget seyn; zweiffelte auch nicht / da ers nicht umb seines Gemahls willen unterlassen würde er gewißlich einen Versuch auff des Feindes Lager gethan haben. Nun hatten Pakorus und Osazes eben dieses gefürchtet; aber da sie höreten /daß es ihm umb diese Beute wahr zutuhn gewesen /gaben sie sich in etwas zu frieden / ungeachtet sie wol sahen / daß dem Parthischen KriegsHeer hiedurch alle Mittel benommen wahren sich im Felde länger auffzuhalten. Die ersten Elefanten so Ladisla im Felde mit dem Frauenzimmer ertappet / wurden annoch steiff bewahret / und hatte sich deren niemand angeno en /daher das betrübte Frauenzimmer in schweren sorgen wahr / wie mans endlich mit ihnen anschlagen würde; aber so bald Ladisla wieder kam / machte er sich herzu / uñ baht / sie möchten die vornehmsten unter ihnen melden; welches sie willig tahten / und gaben sich Vologeses / Pakorus / Osazes / Vonones und Archelaus Gemahlen alsbald an. So bald Valiska ihre weiblichen Kleider wieder angelegt hatte / ging sie zu ihnen hin / und ward von ihnen (deren anzahl sich auff 52 Fürsten- und HerrenStandes erstreckete) sehr demühtig geehret; sie fand drey Jungfern ihres gewesenen Zimmers dabey / welche sie freundlich umbfing und küssete; und weil es sich schon begunte auff den Abend zu neigen / nöhtigte sie alle mit einander in die Zelte / mit versprechung / daß ihren ehren nicht die allergeringste beschimpfung solte angelegt werden; worauff sie ein gutes Herz fasseten / und sich zu ihrem Dienst und Gehorsam erbohten. Sie wahr aber bey den gefangenen Fürsten noch nicht gewesen /auch wuste das gefangene Frauenzimmer nicht / daß ihrer Ehegemahlen etliche so nahe währen. Als sie nun in das GroßFürstl. Persische Gezelt trat / und die Gefangenen daselbst antraff / grüssete sie dieselben gar freundlich / erzeigete ihr mitleiden wegen der empfangenen Wunden / und fing hernach an: Durchleuchtige Fürsten / Herr Pakorus und Osazas / auch H. Archelaus; hie führe ich ihnen ihre allerliebste Gemahlen zu / die noch von keinem Menschen als bloß von mir sind angesprochen und gesehen worden / zweiffele nicht / sie werden eure Liebden in ihrer Traurigkeit etwas trostes mitteilen. Pakorus antwortete ihr: Unvergleichliche GroßFürstin / der Himmel ist mein Zeuge / daß ich so wenig [124] wegen meiner Wunden als Gefängnis traurig bin / sondern mir vielmehr vor ein Glük rechne / daß hiedurch (weil auff andere weise es nicht geschehen können) ich die Gelegenheit funden / des treflichen Helden / ihres geliebten wirdigen Gemahls Kundschafft zuerlangen. Und eben dieses beklaget mein Gemahl / sagte sie / daß mit euer Liebe er keinen höflichern anfang der Freundschaft hat machen können. Die guten Frauen machten sich zu ihren Gemahlen / und bezeugeten ihr herzleid mit Trähnen / dessen sie mit Worten sich nit durfften merken lassen. Herkules hatte sich mit Artaxerxes schon beredet / wie mans mit den Gefangenen halten wolte; trat hin zu Pakorus / der in einer Sänffte lag / und sagte zu ihm: Eure Liebe werden mir vezeihen / daß ich die Ursach seiner Schwachheit seyn müssen / und sich versichern / daß so lange ich lebe / seyn und bleiben wil / ausser dieser jetzigen Fehde / Fürst Pakorus Diener und geträuer brüderlicher Freund / uñ daß dieses versprechens euer Liebe ich ein geringes Denkzeichen hinterlassen möge / bitte ich dienstlich / diesen schlechten Ring von mir anzunehmen / und zum Gedächtnis unser gemachten Freundschafft zu tragen /auch nebest seinem lieben Gemahl alle Stunde und Augenblik zuzihen / wohin ihm gelieben kan und mag / nachdem seine Liebe stets frey / und keines Menschen gefangener ist; solte mir aber das Glük so günstig erscheinen / meinen Herrn und geliebten Freund dereins auff andere Gestalt in meine Geselschafft zu bekommen / werde ich denselben so schleunig nicht von mir hinweg weichen lassen. Wañ nun eure Liebe bey dem Herrn Feldmarschalk dieses zubefodern unbeschweret seyn wolte / dz mein geliebter Bruder Fürst Pharnabazus / und meine übrigen Leute alsbald loßgegeben werden möchten / sollen dagegen Fürst Osazes / und die andere Herren ohn argelist abgefolget werden. Pakorus / nach dem er den Ring mit begierigen Händen angenommen hatte / antwortete ihm: Durchl. GroßFürst / unvergleichlicher Held / als Wunderspiegel aller Tugend; ich bedanke mich der hohen Ehren ganz dienstlich / daß eure Dorchl. mir ein so wertes Gedächtnis hinterlassen wollen / welches mit noch mehr Wunden / als ich schon empfangen / zuerkäuffen / mich nicht wegern wolte. Wegen meiner und meines Gemahls Freyheit bin ich ebenmässig dank zusagẽ schuldig / werde nicht unterlassen / daß mir anbefohlne fleissig ins Werk zu richten /mit angehängter Bitte / eure Durchl. wolle mich hinfüro unter die Zahl ihrer Diener setzen / wil mich auch bemühen / dereins ein Gemüht sehen zulassen / welches guttaht auffs minste erkennen kan. Artaxerxes ließ alsbald zwo trefliche Gutschen herbringẽ / auff deren eine Vologeses und Pakorus Gemahlen / auff die andere Vonones und Bagophanes ihre gesetzet wurden / und Freyheit bekahmen mit fortzuzihen. In des Königes Lager aber wahr gar ein elender und verwirreter Zustand; erselbst hermete sich über alle masse / daß ihm dieser Zug so gar mißlungen / und alle Hoffnung der so hoch begehrten Heiraht abgeschnitten wahr / verboht auch / daß niemand ohn allein Bagophanes zu ihm in sein Zelt kähme / der ihm von dem Fräulein (wie er sie stets nennete) ihren Geberden und Antwort etwas vorschwatzen solte. Aber Vologeses achtete des Verbots wenig / nahm Vonones und Karthasis zu sich / ging hin zu ihm / und ließ sich anmelden; da er zur Antwort bekam; Königl. Hocheit währe jetzo unmüssig. Unmüssig? sagte er; trat mit seiner Geselschaft ungefodert hinein / und fing also an: Weß zeihen sich eure Königl. Hocheit / oder was gedenken sie / daß sie in diesem gefährlichem Stande niemand lieber / als einen unnützen [125] Schmeichler umb sich leiden mögen? meinen sie etwa / sie sitzen auff ihrem unüberwindlichem Schlosse? wir haben ja den durchdringenden Bliz / Herkules / kaum abzihen sehen / und ist wunder / daß er ohn Sturm gewichen ist; eure Hocheit werden gewißlich einen andern Sinn ergreiffen / sonst gebe ich sie reine gar auff. So betrachten nun dieselbe / daß der Feind nicht allein unsere Völker geschlagen / sondern unsern Vorraht an Speise und anderen nohtwendigen sachen hinweg genommen hat / daß wo wir noch 24 Stunden harren /uns der Hunger den Weg zeigen wird / wo er uns sonst nur offen bleibet; und wir stellen uns nicht an ders an / als ob wir in aller Sicherheit / oder doch in aller Hülle und Fülle sässen? Ob eure Königl. Hochheit zu essen haben / darumb bekümmert sich der Landsknecht nicht / wann er nicht mit niessen darff. Wolle demnach eure Königl. Hocheit das algemeine Wesen und ihre eigene Wolfahrt zu Herzen zihen /und durch unnöhtige / oder wol gar unmögliche betrachtungen sich nit selber ins Verderben stürzen. Ist also anfangs nöhtig zubedenken / wie wir unsere FeldHerrn aus FeindesHand loßwirken / und wie wirs mit unsern Gefangenen halten wollen; hernach / obs besser sey / stündlich auffzubrechen / oder liegen zubleiben; wovon eure Königl. Hocheit ihre Meynung allergnädigst anzeigen wolle. Bagophanes hätte sich gerne verantwortet / fing auch schon an sein Wort zureden; Aber Vologeses hies ihn das Maul halten / und seines Amts warten / welches im Felde ja so unnöhtig währe / als wenig er des Kriegs verständig. Artabanus taht / als hörete er diesen Zank nicht / sondern seuffzete / und gab zur Antwort: Es ist zubetauren /daß unsere Parther / die bißher weder dem Glük noch der Macht nachgeben wollen / sich so schändlich haben lassen aus dem Felde schlagen / und zwar von den ohmächtigen Persen und Meden. Man muß mit dem glückes lauffe zu frieden seyn / antwortete Vologeses; die Fremden die Fremden haben uns allen schaden getahn / sonst wolten wir die übrigen mit der helffte unsers Volks gefressen haben. Vonones und Karthasis stimmeten hiemit überein; welches doch Artabanus nicht hören wolte / sondern sagte: Es währe eine Schande / daß die elende Handvol Fremde neben ihren beyden unbärtigen Fürstlein von so grossen FeldHerrn nit könten gezähmet werden / da doch die viel grössere Macht des Römischen Käysers von einem geringen Heer offt abgehalten und geschwächet währe; fing darauff an / Herkules als einen Räuber außzuschelten / der ihm die Krohn seines Herzen geraubet und entführet hätte / ohn welche er nicht leben könte / noch zu leben begehrete. Hier gedachte Vologeses / es währe jezt Zeit / es zubeantworten und fing also an: Allergnädigster König; eure Hocheit wolle diese Liebe ja aus dem Sinne schlagen / und bedenken / dz diese GroßFürstin niemahls willen gehabt / sie zu lieben / da sie noch im ledigen Stande wahr; wie viel weniger / nun sie einem andern ehelich beygelegt ist /und zwar einem / ihrer Schönheit gleichmässigem Fürsten / auff welches die jungen Fräulein pflegen am meisten zu sehen; und wann ich eigentlich wissen solte / welcher gottlose Schelm eure Königl. Hocheit zu diesen unbilligen Gedanken reizet / wolte ich ihm den Kopff in stücken zerhauen. Ich versichere eure Hocheit bey meinem äid und Glauben / werden sie in diesem Unwesen also fortfahren / wird inwendig Monat frist sich kein redlicher Parther des Königlichen Stuels annehmen; dann wer wolte sein Leben darzu hergeben / einem andern sein Weib zuentfremden? ich meine / unser Krieg währe / die Abtrünnigẽ zum Gehorsam zu bringen / dessen doch eure Königl. Hocheit [126] mit keinem Worte gedenket; und jene unbilligkeit ist eben die Ursach / wann ichs ja sagen sol /daß unsere Schwerter nicht durchdringen / unsere Pfeile nicht treffen / und unsere Fäuste nicht siegen können. Eure Hocheit gibt vor / Herkules habe ihr das Fräulein geraubet. Er hingegen beteuret nebest ihr zugleich / sie seyn vor drey Jahren schon ehelich versprochen. Wer sol hie Scheidesmann seyn? eure Königl. Hocheit hat keinen OberHerrn; Herkules erwartet auch keinen andern als Gott und das Schwert /welches ihm in dieser Sache noch nicht abgefallen ist. Ey so begeben sich doch dann eure Königl. Hocheit eines dinges / daß kein Mensch möglich machen kan /und kein Gott wil / uñ gedenke / daß die Welt auff einen Menschen nicht stehet. Was wolte man tuhn /wann der Tod diese GroßFürstin hinwegrisse? könte man mit ihm darüber streiten? lasset uns diese vor Tod rechnen / weil ihre Neigungen nie keinmahl / ohn zu ihrem verderben gelebet haben; dann sollen die Abtrünnigen sich nicht lange des heutiges Sieges zuerfreuen haben. Aber was meinet dann nun eure Hocheit / wie mans mit den Gefangenen halten solle? Artabanus durffte ihm in dieser Sache nicht wieder sprechen / und gab vor / er wolte es ein halbviertelstündichen in bedenken nehmen; womit Vologeses zufrieden wahr. Als Pakorus seinen Abzug nahm /und Herkules ihm das Geleite zu Pferde biß auff halben Weg gab / wolte er seines Königes Wolfahrt nicht hindan setzen / dann er befürchtete sich diese Nacht eines ärgern und fing weitläuftig an / wie glükselig er seinen König halten wolte / wann derselbe mit ihm möchte vergliechen seyn / und da er nur wissen könte / was vor abtrag er vor die erwiesene unbilligkeit foderte / wolte er neben Vologeses und anderen sich bemühen / daß er vergnüget würde. Herkules merkete wol wohin er zielete / und gab zur Antwort: Er führete das Schwert wieder Artabanus eben nicht zur Rache / sondern daß er ihm nur sehen liesse / wie wenig er nach seinem dräuen fragete / und sich nicht scheuhete / wans Gott also versehen hätte / sein Leben dran zusetzen; der allmächtige Gott währe sein Zeuge / daß er recht zu seinem Gemahl gehabt / ehe sie in diese Landschaft durch MenschenRäuber geführet währe / hätte auch dem Könige anfangs dz gebührliche Lösegeld vor sie gebohten / wovon er durchaus nicht hören wollen / deßwegen er sich der List gebrauchen müssen / weil sein Arm zu Charas nicht wirken können. Zwar er bedankete sich des guten erbietens / aber es würde bey Artabanus in diesem falle weder Träue noch Glaube seyn / angesehen er jezt diese Stunde durch Bagophanes seinem Gemahl anzeigen lassen / wie er seinen Zweg der Liebe zuerreichen / noch immerhin bemühet währe / welches ja nicht als durch seinen Tod geschehen könte / und doch nach seinem Tode nicht geschehen würde; hätte also gnug Ursach / ihm nach vermögen wieder mit dem Schwerte auffzuwarten / als seinem abgesagten Todfeinde; welches alles Pakorus mit grosser betaurung anhörete. Vologeses stellete sich auff die bestimmete Zeit wieder ein / des Königes Erklärung zuvernehmen / welcher sich mit zimlichem Eiffer hören ließ / er könte einwilligen / daß die fremde Gefangene gegen andere ausgewechselt würden / aber den verwägenen Bubazes und den meinäidigen Pharnabazus wolte er durchaus zur abscheulichen Straffe behalten /daß man ihm nicht mehr vorzuwerffen hätte / er gedächte der Abtrünnigen nicht / deren dieser der gröste währe / indem er ohn Königliche verleih- oder belehnung ein vornehmes Fürstentuhm ansprengen und in besiz nehmen dürffen. Dieser Antwort wahr ihm Vologeses nicht vermuhten / und ersetzete [127] es solcher gestalt: Es fehlet wenig / daß wir gar des Feindes Gnade leben müssen / und wollen ihn durch dräuung noch ferner reizen? Aber dieses ungemeldet; sol Fürst Pakorus / sol Fürst Osazes / die beyden ReichsSeulen nicht gelöset werden? wolan / man haue Pharnabazus den Schedel herunter / und schlage zugleich Pakorus das Häupt abe; man tödte Bubazes / und ermorde zugleich Osazes; aber auffs wenigste / daß mein Kopff dabey gelegt werde / dann ich muß doch endlich eben den Lohn zugewarten haben; und bleibet eure Königl. Hocheit auff dieser beharlichen Meynung / so begehre ich hiemit untertähnigst meinen Abscheid und Erlassung / auff das nicht hernähst jemand sage; Vologeses habe also gerahten / und der gefangenen Fürsten Tod befodert / damit er allein möchte gewaltig werden. Ehe dann der König dieses beantwortete / ward ihm angemeldet / Pakorus währe in einer Sänfte mit etlichen Frauenzimmer angelanget / daher ihm Vologeses entgegen ging / seiner Gemahl Wiederkunft sich von Herzen erfreuete / über Pakorus verwundung seyn mitleiden erzeigete / und ihm hernach klagete / mit was Gedanken der König umbginge / Pharnabazus und Bubazes abzustraffen; dessen er nicht wenig erschrak / und sich erklärete viel lieber zusterben / als dieses einzuwilligen; ließ sich auch auff einem Stuel ins Königs Zelt tragen / und fing also an: Allergnädigster König / vor euer HocheitWolfahrt habe ich heut den grösten teil meines Bluts vergossen / welches das unüberwindliche Schwert des auffrichtigen GroßFürsten der Teutschen aus meinem Leibe gezapfet / welcher mich hernach mit grösserem ernste beim Leben erhaltẽ / als vorhin verwundet hat; gestaltsam er mich selbst auffs Pferd gehoben / nach den Zelten geführet / und meine Wunden ehe als seine verbinden lassen / worzu er die Binden selbst von ander risse; jezt hat er mich samt Fürst Vologeses / Fürst Vonones und Herrn Bagophanes Gemahlen auff freien Fuß gestellet / mit dem außdrüklichen bedinge / daß ich Fürst Pharnabazus uñ Herrn Bubazes ihm wieder unbeschimpfet abfolgen liesse / welches bey euer Hocheit ich leicht zuerhalten gedenke / in betrachtung / daß nicht allein Fürstliche Zusage gehalten / sondern auch den übrigen gefangenen FeldHerrn gute verpflegung hiedurch muß erhalten werden. So mögen die meinäidigen Auffrührer dißmahl hinlauffen / antwortete Artabanus / weil wir unserer Bedienten Wolfahrt mehr als jener Verbrechen beobachten müssen; stellete ihnen hierauff Freyheit zu / mit den Gefangenen nach gutdünken zuschalten. Worauff sie beyde alsbald mit einander sich nach Vonones Zelt verfügeten / und die Gefangenen dahin auff Gutschen hohlen liessen / der dreyen (als Prinsla / Markus und Gallus) Stand von Pharnabazus erfragend; welcher ihrer tapfferen redligkeit gute Zeugnis gab / und daß Gallus GroßFürst Herkules geheimster Diener währe. Vologeses stellete ihnen allen gänzliche Freyheit zu / wegen erlassung seiner Gemahl neben Vonones sich bedankend / mit dem Wunsch / Gelegenheit zuhaben / daß sie Herkules in absonderlicher Freundschaft ein solches erwiedern könten. Die drey Fürstinnen aber lieferten Pharnabazus zwölff trefliche Kleinot und so viel Ringe /der GroßFürstin zum Geschenke ein / und bahten ihn / daß das übrige Frauenzimmer vor unehr weiter geschützet werden möchte. Diese erbohten sich / alles wol zu werben / und macheten sich in guter Begleitung fort.
Es wahr aber im Medischen Frauenzimmer grosse Traurigkeit wegen Artobarzanes Tode / über welchen seine schöne Atossa sich nicht wolte trösten lassen /insonderheit / da [128] sie hörete / daß Surinas der Tähter währe / hielt auch bey der GroßFürstin Saptina und Fürstin Barsene an / ihr bitten zu helffen / daß der Mörder (wie sie ihn nennete) wieder hingerichtet würde; die ihr aber hart zuredeten; sie müste sich zufrieden geben / das Unglük hätte sich im offenen Treffen zugetragen; so währe ihr Gemahl im Kampffe vor das Vaterland ritterlich gestorben / und Surinas hätte sich ja billich des feindlichen angriffs erwehren müssen; viel besser tähte sie / daß sie mit ihnen hinginge /das gefangene Frauenzimmer zubesuchen / damit sie nicht vor unhöflich gehalten würde; Madates und Andragoras Gemahlen hätten eben diesen Unfal erlebet /und währen überdaß noch in Feindes Händen; ja sie alle miteinander hätten diese Gefahr stehen müssen /und währe bloß dem Glük zuzuschreiben / daß ihre Gemahlen das Leben davon gebracht. Hiedurch ward sie in etwas getröstet / und ließ sich auffsprechen mit hinzugehen nach dem Zelte / woselbst die Parthischen Frauen sich bey den Gefangenen auffhielten. Atossa meldete den Ort mit fleiß / wo Surinas saß / wolte ihn auch weder grüssen noch ansehen / da hingegen er die ehmahligen Flammen in seinem Herzen viel hefftiger als die Wunden am Leibe empfand / und sahen seine Augen auff nichts / als dieser ihre Schönheit; dann sein Gemahl Anutis wahr ihm vor 16 Wochen in der Geburtsweh mit Tode abgangen / weil sie einen sehr schweren Fall getahn / daß die Frucht bey ihr umbkommen / und sie des dritten Tages hernach auch fort muste. Valiska hatte ihr absonderliches Gespräch mit der schönen Pantheen / und ihrem Gemahl Fürst Osazes / erzählete ihnen ihr Unglük / und was gestalt sie von dreien Parthischen Räubern aus Italien hinweg geführet währe; baht auch / sie möchten an ihrem Orte dem Könige die unbefugte Liebe aus dem Sinne reden / deren Bagophanes noch heut meldung tuhn / und sie in das Lager einfodern dürffen. Pharnabazus ließ seine ankunft durch einen Trometer von ferne melden / daher ihm eine zimliche Schaar entgegen geschikt ward / mit denen er ankam / und von den unsern frölich empfangen ward. Er lieferte der GroßFürstin in gegenwart des gefangenen Frauenzimmers die übergeschikten Kleinot und Ringe / und rühmete / daß Vologeses ihrer Wunden sich geträulich angeno en hätte. Gallus insonderheit meldete Herkules den Gruß von Pakorus an / der ihn warnen ließ / sich nicht allen zuvertrauen / die aus Parthen sich gegen ihn freundlich stelletẽ; Weltbetrieger sucheten verdienst / und Boßheit liesse sich durch Geld erkäuffen. Woraus er dann sein ehrliebendes Gemüht satsam spürete. Unsere Helden hatten sich schon verglichen / wessen sie mit den Gefangenen auff der unsern freistellung sich verhalten wolten / und redete anfangs Valiska das Frauenzimmer also an: Durchleuchtige Fürstin Panthea /und allerseits geliebte anwesende Frauen / Jungfrauen und Freundinnen; Es ist meines hochgeliebten Herrn Bruders Königes Ladisla meynung nicht gewesen / sie als Gefangene abzulangen / sondern weil seine Liebe merkete / daß es über und übergehen würde / hat er eures Schutzes sich annehmen wollen / damit sie nicht in etlicher frevelmühtigen Hände fallen und einigen Schimpff oder Schande einnehmen möchten / welches in der Taht zuerweisen / er euch allen und jeden ungemässene Freiheit zustellet / zu reisen wohin sie gelüstet / worzu ihnen Elefanten / welche wieder eingeschicket werden müssen / sollen gegeben werden. Ich erfreue mich / daß ich in ihre Kundschafft gerahten bin / und bitte sie alle miteinander / dahin arbeiten zuhelffen / daß euer König sich verheirahte /und auff mich nicht weiter gedenke / [129] weil alle seine Anschläge / mich zuerlangen / vergebens und umbsonst sind; nur dieses hänge ich hinan / daß allen von Artabanus Frauenzimmer ich Freyheit gebe / hinweg zuzihen / oder bey mir zuverbleiben / welche ich nach standes gebühr unterhalten / und sie den ihren / wo sie es begehren / wieder zustellen wil. Fürstin Panthea bedankete sich in ihrer aller Nahmen / und gab diese Antwort: Durchleuchtigste GroßFürstin; wir haben bißher den Ruhm ihrer unvergleichlichen wunder-Schöne hin und wieder gehöret / davon unsere Augen tausendfach mehr / als vorhin die Ohren eingenommen; aber ihre hohe Tugend und Freundligkeit ist uns vor diesem nicht recht vorgetragen / welche zu preisen / wir die Zeit unsers Lebens wollen eingedenke seyn. Wir bedanken uns der recht Königl. Vorsorge / welche der Großmächtige König / ihrer Durchl. Herr Bruder vor uns und unsere Ehr getragen / welches zuerkeñen wir schuldig sind / und wird das anwesende Parthische Frauenzimmer die angebohtene Gnade nit verabseumen; ich aber vor mein Häupt bitte dienstlich / mir zuverstatten / daß meinem Gemahl ich in seiner Schwacheit Geselschafft und aufwartung leisten möge. Herkules trat auch auff / und hielt folgende Rede an die gefangene Herren: Durchleuchtiger Fürst und wolgebohrne Herren und Freunde; demnach der Großmächtige Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Artaxerxes / wieder ihrer keinen absonderliche Feindschaft träget / auch keinen beleidigungs / sondern Schuzkrieg führet / sich vor unbillicher Gewalt des Parther Königes Artabanus zu handhaben; als ist seine Durchl. nicht gesonnen / ihnen einigen mißfallen zuerzeigen; wie er sie dann nicht als Gefangene /sondern als Freunde angenommen hat / wovor er sie auch Zeit seines Lebens / da sie es nur zulassen können / halten und ehren wil. Vor dißmahl stellet er ihnen frey / zu bleiben oder hin zuzihen / wie es ihnen am liebsten sein wird; erkläret sich daneben / den Parthischen Reichs-Fürsten allen möglichen guten willen zuerzeigen / uñ ihre Landschafften keines weges durch überzüge zubeleidigen / da sie nur einen Schuzbrieff von ihm begehren / welcher ihnen weder an ihren Rechten noch Freyheiten keines weges schädlich seyn sol. Mein Bruder / König Ladisla / und ich vor meine wenigkeit / stellen uns im gleichen allen auffrichtigen Parthischen Fürsten und Herren zu Dienste und Freundschaft / als welche wir viel zu redlich halten / daß sie ihres Königes Vorhaben / mir mein herzgeliebtes Gemahl zu rauben / billichen solten. Osazes gab hier auff zur Antwort: Durchleuchtigster GroßFürst / unüberwindlicher Held; wir bedanken uns samt und sonders vor die uns zugestellete Freyheit und angebohtene gnädige und günstige Freundschaft / möchten wünschen / daß mein geliebter brüderlicher Freund / GroßFürst Artaxerxes mit meinem allergnädigsten Könige möchte verglichen /und dieser höchstschädliche innerliche Zwiespalt (welcher den äusserlichen Feinden Tühr und Tohr zu unserm Verderben auffsperren wird) auffgehoben seyn / worbey ich dz meine nach mögligkeit gerne leisten wil. Sonsten wird wol unser keiner rahten noch gutheissen / daß eurer Durchl. ihr herzgeliebtes Gemahl solte abgespenstiget werden; müste mir auch von grund meiner Seele leid seyn / daß zu dem Ende ich und andere redliche Parther ein Schwert solten entblösset haben / vielmehr werde ich nebest andern dahin sehen / daß eure Durchl. deßwegen unangefochten bleibe. Herkules bedankete sich des erbietens /baht neben Ladisla / Fürst Vologeses / Pakorus / Vonones und Karthasis zu grüssen; und nam Valiska drey köstliche Ringe und Kleinot / stellete sie Fürstin Panthea zu / mit [130] bitte / dieselben den dreyen weggeschiedenen Fürstinnen nebest anmeldung ihres Schwesterlichen Grusses einzuhändigen / und daß sie dabey ihrer Freundschaft allemahl eingedenke seyn wolten; gab ihr hernach ein gleichmässiges / umbfing sie mit einem freundlichen Kusse / und ließ sie mit ihrem Gemahl und dem Frauenzimmer hinzihen /deren aber 25 des Königlichen Zimmers bey ihr blieben / so annoch mehrenteils unberühret wahren / und nicht wieder nach Artabanus begehreten. Mithridates wahr so schwach / daß die Aerzte vor gut ansahen /daß er bliebe / damit die gefährliche Rückenwunde sich nicht loßgäbe / welches ihm den Tod verursachen würde / deßwegen blieb seine verlobete Braut / Frl. Tarinea / Surinas Schwester bey ihm / und nahm Surinas daher Gelegenheit und Ursach bey ihm zuverharren / wie er dann gar schwach wahr / wegen vieles vergossenen Blutes; er ging aber eigentlich mit den Gedanken umb / seine alte Liebe auffs neue fortzusetzen. Die Gefangene wahren im Parthischen Lager sehr wilkommen / und meldeten an / Herkules und Ladisla hätten befohlen / daß alle Völker sich frühzeitig zur Ruhe begeben solten / welches ausser zweiffel nicht umbsonst geschähe; währe demnach ihr Raht / daß man diese Nacht davon ginge / biß man den engen Durchzug hinter sich gelegt und besezt hätte / damit nicht Morgen früh das Lager mit Persischen Bauren und Soldaten belagert / zur algemeinen übergabe aus mangel der Speise / gezwungen würde. Vologeses taht ihnen zu wissen / er hätte an die nähst gelegenen örter umb Volk und Speise geschicket / fürchtete aber / daß wegen erlittener Niderlage sie nicht so gar eilig seyn würden / sich einzustellen. Es kam ihnen zu gute / daß sechs Parthische Reuter sich von den Persen heimlich loßgemacht halten / und im Lager ankahmen / deren einen Vologeses zu sich foderte / und ihm einsteckete / wessen er sich gegen den König verhalten solte; ging wieder von ihm und ließ den Reuter in des Königs Zelt gehen / der also anfing: Allergnädigster König; nachdem mir das Glük meine Bande zu reissen helffen / und ich aus meiner Hüter Gespräch vernommen / daß Artaxerxes alle nahe angrenzende Persen mit Sturmzeug und Gewehr zuerscheinen /gleich nach der Schlacht auffgefodert / daneben im ganzen Heer / welches sich fast an die 200000 Mann erstrecket / außruffen lassen / daß ein jeder eine Stunde vor Tage gefasset seyn solte; als hat meine Schuldigkeit erfodert / ihrer Königl. Hocheit solches untertähnigst zuberichten / insonderheit / wann des Feindes Vorgeben / daß die unsern keine Mahlzeit Brod mehr hätten wahr seyn solte. Artabanus entsetzete sich hierüber ungleich mehr / als wann Vologeses ihm solches angezeigt hätte / welchen er alsbald fodern ließ / und mit ihm verabscheidete / dz man die annoch übrigen Wagen und ledigen Pferde mit den besten Sachen beladen / und den Auffbruch nach verlauff einer Stunde vornehmen solte; welches im Lager mit sanffter Stimme außgeruffen ward; damit aber die unsern solches nit merketen / ließ er außwendig des Lagers viel Feuer machen / und eine zimliche Menge zu Rosse dabey halten; welches Herkules bald erfuhr / und mit den andern in die Gedanken geriet / es würde ein Parthischer Entsaz verhanden seyn / dem solches Feur zum Zeichen ihres richtigen Weges dienen solte. So bald die gefangene FeldHerrn von Herkules abscheid genommen hatten / ging er mit den übrigen Christen in ein absonderliches Zelt / woselbst sie eine herzliche Danksagung zu Gott hieltẽ / uñ aus dem 15 Cap. des andern Buchs Mose diese Wort von dem Christlichen Lehrer / den sie von Ekbatana gefodert hatten / außlegen liessen.
[131] HErr deine rechte Hand tuht groß Wunder. HErr deine rechte Hand hat die Feinde zuschlagen / und mit deiner grossen Herrligkeit hastu deine Widerwertigen gestürzet; Dann da du deinen Grim ausliessest / verzehrete er sie wie Stoppeln.
Sie sungen auch ihre gewöhnliche Danklieder / und unter denen / welches Valiska nach geschehener ihrer Erlösung des vorigen Abends gemacht hatte / als Bagophanes Völker geschlagen wurden / und lautet also:
1O Grosser Gott / du Schuz der kleinẽ Schaar /
Du Trost in Angst / du Retter aus Gefahr!
Wie hastu mich so gnädig ausgeführet?
Den Feind gedämpfft / die Wiederwertigkeit
Gebrochen / daß die ganze Lebenszeit
Ich deine Hülff' und süsses Heil gespüret.
2Kein Mensch kan dein Erbarmen recht verstehn /
Den Gnaden Strohm siht man hoch übergehn /
Kein Ufer mag ihn fassen noch einschliessen;
Dein Vaterherz blizt in der Liebesbrunst /
Die helle Flamm ist gar ohn Rauch und Dunst /
Viel mehr noch als wir meynen oder wissen.
3Ihr Frommen hört / ich wil aus tieffster Brust /
Als viel mir in der Schwacheit ist bewust /
Die Gottes-Gunst / mir angelegt / erzählen.
Ich war ohn Gott / ohn Trost / verwägen / blind /
Unglaubens voll / der Hellen Erb' und Kind;
So gar wil ich mein schlimmes nicht verhehlen.
4Ich fiel in Noht / in Angst / in Räubers-Hand /
Das Unglük selbst wahr über mich entbrant /
Must über Land und Meer mich schleppen lassen;
Der Wüterich stund meiner Ehre nach /
Da duldet' ich viel Leid und ungemach /
Und fing schon an mein Leben selbst zu hassen.
5Aus dieser Angst reiß mich ein Augenblik;
Jezt bin ich frey und spüre lauter Glük /
So gar muß mir in allem Tuhn gelingen;
Gott hat mir sein Erkäntnis beygebracht;
Jezt bin ich Licht / vor wahr ich finstre Nacht /
Solt' ich dann nicht dich / O mein Gott / besingẽ?
6Nun hilff mein Hort / und führe glüklich aus
Dein Gnaden Werk / geleite mich nach Haus /
Laß mich nicht mehr in gleiche Noht gerahten;
Laß meinen Mund zu deinem Preiß und Ruhm
Stets offen seyn / und daß mein Christentuhm
Sich üben mög' in Zucht und LiebesTahten.
Vor des Tages Anbruch ward Phraortes und Klodius mit 8000 wolberittenen ausgeschikt / des Feindes Vorhaben zu erkündigen / und wo möglich / etliche Gefangene einzubringen. Unterdessen machte sich Herkules mit dem Heer gefasset / das Lager zustürmen / und wo möglich / Artabanus zufahen / dessen Artaxerxes sich hoch freuete / und nur dieses beklagete / daß er wegen seiner Fußwunde nicht mit anlauffen könte; Aber ihnen ward dieser Anschlag bald benommen / massen Phraortes einen geschwinden Reuter zurük sendete / mit Bericht / er hätte nur etliche grosse Zelten vol hart verwundete im Lager funden / welche berichteten / Artabanus hätte bey spätem Abend den algemeinen Auffbruch ankündigẽ lassen / welcher sich wegen Verhinderung über die angesezte Stunde verweilet / biß von etlichen Schildwachten die Zeitung gebracht worden / der Feind kähme nicht allein von fornen her / sondern auch von beyden Seiten mit einer ungläublichen Menge Völker und allerhand Sturmzeuge. Worauff man alles hätte liegen lassen /die Pferde von den beladenen Wagen abgestrikt / und damit fortgejaget; und fünde man in etlichen Zelten die Speisen und Silbergeschir auff den Tischen / und die Messer im Brod stecken / woraus ihre Eile und Schrecken zuerkennen. Phraortes erhielte das Lager ungeplündert / und begehrete zu wissen / wessen er sich weiter zu bezeigen. Herkules sagte hierauff: Er hoffete / daß sichs also verhalten würde / angesehen der grossen Furcht / welche Gott auff die Feinde fallen lassen; jedoch / damit nichts verwarloset würde /solte Phraortes 3000 Reuter überall zustreuet ausrennen lassen / umb zuforschen / ob etwa der Feind sich an einem Orte verborgen hielte [132] aus Hoffnung / die unsern unter der algemeinen Plünderung zu überfallen. Aber nach Verlauff zwo Stunden kam einhellige Zeitung / es währe ganz sicher / und der Feind in solcher Angst und Eile davon gelauffen / daß er schon über sechs Meilen würde fortgangen seyn. Als dieses bey dem Heer ausgeruffen ward / entstund eine solche Freude bey jederman / daß sie alle ihrer Wunden vergassen / die Pferde an den Füssen seileten / und überall rieffen / man müste nun die Plünderung länger nicht auffschieben; welche ihnen dann gerne gegönnet ward / doch also / daß sie schwören musten / alle gefundene Baarschafften und Geschmeide geträulich herbey zubringen / welches unter gesunde und ungesunde solte gebührlich verteilet werden. Hierauff gingen die Völker loß / und zwar anfangs die Reuter /welche von der ersten Tages-Schlacht übrig wahren /hinter sich nach der ersten Wahlstat / da sie mit Entwapnung der Erschlagenen etliche Stunden zubrachten / deren viel sehr köstliche Kleider anhatten / die aber durch die grosse Menge Bluts fast verderbet wahren / welches an etlichen Orten / ungeachtet des ergangenen Regens / einer guten quehr Hand hoch über der Erden stund. Da ward Freund und Feind gleich gehalten; nur daß die erschlagene Teutschen /Böhmen und Römer nebest anderen vornehmen Befehlichshabern / in ihrem Harnische / und ungeplündert / ausgesucht und hingelegt wurden. Auf den Elefanten / welche Ladisla bey dem Frauenzimmer ertappete / funden sich 30 Toñen Goldes an Baarschafft /welche in Artaxerxes Zelt nidergelegt wurden. Auff den Kamelen wahren lauter Pfeile und Gewehr; auff den Wagen und MaulEseln mehrenteils Speisen und Kleider / dabey etliche tausend Fuder Wein. Im Parthischen Lager aber war ein unsägliches Gut verhanden / von Zelten / Kleidern / Speisen / Waffen /Tischgeschir / Pferdeschmuk und Elefanten Zierraht /auch 120 Tonnen Goldes an gemünzetem Golde und Kleinoten / welches alles nach dem Persischen Lager geführet ward. Die Waffen von der Wahlstat wurden gleicher weise Artaxerxes geliefert. Aus der ersten TagesSchlacht hattẽ sie 120000 Pferde von erschlagenen Feinden und Freunden; aus der andern aber 156000 Pferde / alle mit guten Satteln und Zeuge wol versehen / und ob deren gleich 35000 verwundet wahren /wurden sie doch fast alle geheilet. Nachdem die Beute von der ersten Wahlstat zusammen gelegt wahr /machte das ganze Heer sich nach der anderen / und trugen alles geträulich zusammen / da sie von Feinden und Freunden an Baarschafft in die 80. Tonnen Goldes; und an Ringen / Ketten / Armbändern und anderen Kleinoten in die 40 Tonnen Goldes funden. Da machte nun Artaxerxes solche Teilung / daß die Teutschen / Römer und Böhmen den vierden Teil aller dieser Beute empfingen / auch aus den gemeinen Reitpferden 69000 vor sich auszusuchen die Wahl hatten / deren keines mit seinem Zubehör unter 100 Kronẽ geschätzet ward / und durch die Bank hin 70 Tonnen Goldes und drüber wert wahren. Wedekind und seine beyde Gesellen hatten ihre absonderliche acht Gefangene (die von den unsern nicht sonderlich geehret wurden) kurz nach Pakorus Abzug frey gegeben / weil dieser 60000 Kronen vor sie aussagete / und bekahmen diese drey Teutschen von der gemeinen Beute vorab 36000 Kronen und 36 köstliche Pferde / worzu Artaxerxes ihnen wegen ihres wolverhaltens noch 60000 Kronenschenkete. Leches / Neda / Klodius und Markus wolten nicht teil haben an der gemeinen Beute / ohn daß ein jeder eine Kette / ein par Armbänder / einen Ring / und eine Hand voll Kronen davon zum Gedächtniß nam / wiewol sie [133] die ihnen angebohtenen 200 Pferde nicht ausschlugen / sondern gleich unter sich teileten. Prinsla aber und Gallus / wie auch der Römer Autronius bekahmen jeder 30 Handpferde / 20 Ringe / vier par Armbänder / zwo güldene Ketten / uñ 50000 Kronen an Baarschaft. Die Beute aus dem Parthischen Lager an Geld / Kleinoten / Elefanten /Kamelen / MaulEseln / Wagen und Wagenpferden /Wein / Speisen / Korn / Kleidern / Zelten und Waffen von der Wahlstat / und die auff den Kamelen geladen wahren / trug über 400 Tonnen Schatz aus / und machte Artaxerxes die Teilung / daß Herkules und Ladisla die eine; Er / Phraortes / Fabius und Pharnabazus die andere Halbscheid haben solten / weil aber unsere Helden davon nichts hören wolten / nam ers alles mit einem Lachen zu sich / und sagte: Ich merke wol / daß Euren Liebden ichs in Verwahrung biß auff ihren glüklichen Abzug nehmen sol. Nach gehaltener Plünderung trat Phraortes unter dem ganzen Heer auff / und hielt eine treffliche Lobrede unsern Helden zu ehren / denen er den Sieg ausdrüklich zulegte / und nicht scheuhete zu bekennen / die Götter hätten sie zu ihrer Wolfahrt hergesand / sonst währe ihnen unmöglich gewesen / die grosse Gewalt der Feinde zu dämpffen. Wedekinds rühmliche Taht und anderer Wolverhalten ward auch nicht vergessen. Endlich rühmete er des ganzen Heers Tapfferkeit / und preisete dieselben glükselig / welche vor das Vaterland ihr Leben willig auffgeopffert hatten. Den erschlagenen Teutschen / Böhmen und Römern hielt man eine sonderliche Leichbegängniß / und wurden sie in ihrem Harnisch auff der Wahlstat begraben. Den vier Römischen / dreyen Böhmischen und zween Teutschen erschlagenen Ritmeistern aber richteten sie statliche Gedächtniß-Steine auff. Vor ihrem Abzuge hielten sie Kriegsraht / wie mans anschlagen solte; aber ungeachtet etliche davor hielten / man müste etliche Tagereisen in Feindes Land streiffen / und mit Feuer und SchwertRache üben / so ward doch Herkules Meynung vor best gehaltẽ / der aus wichtigẽ Gründen anzeigete / man würde in der nähe weder Menschẽ noch Vieh antreffen / uñ wäre Artaxerxes nichts damit gedienet / daß man das Land verwüstete / über welches er in kurzem selbst gedächte ein Herr zuseyn / und es fast schon erstritten hätte; macheten sich deswegen zum Auffbruch fertig / und gingen des vierden Tages nach gehaltener Schlacht wieder nach Persepolis.
Der verliebete Surinas empfand unter den Zelten wenig trostes / dann er betrachtete vor erst / daß er Fr. Atossen Ehegemahl selbst erschlagen / und ihre Wunde noch sehr frisch währe; aber das ärgeste / daß seyn voriges Gemahl ihn so unwerd und verhasset bey ihr gemacht hatte / wahr ihm noch verborgen. Frl. Tarinea seine Schwester / ein überaus verschlagenes Taußes / merkete / daß er mehr leiden im Gemüht als an der Leibes-Wunde befand. Er wahr zwar ihres Bräutigams Mithridates guter Freund / aber solche nahe vertrauligkeit hatte er nicht mit ihm / daß er seinetwegen unter Feindes Hand gefangen bleiben solte /da er ihm ja nichts helffen kunte; schloß deßwegen /ihn müste gewißlich eine andere Ursach auffhalten /welches heraus zulocken / sie ihn also anredete: Herzgeliebeter Bruder / warumb bistu nicht mit der Geselschaft nach dem Könige gereiset / da dirs frey gestellet ward? Ich sehe zwar / daß du an deinen Wunden hart darnider liegest / aber behüten dich die Götter /daß du nicht eine grössere gemühtes Krankheit habest / als diese ist. Zwar daß mit deinem Herzen es nicht recht beschaffen sey / habe ich dir eigentlich abgemerket / [134] daß ich daran im geringsten nicht zweiffele / es drücke dich ein heftiges Anliegen; dann was würde die starken Seufzer sonst aus deiner Seele hervor zihen? Nur allein verbirge dich nicht vor mir / und biß versichert / daß ich alle mögligkeit anwenden werde / dir zu dienen / und deinen Wunsch ins Werk zu richten / wann nur deine Augen sich nicht an dem vergaffet haben was allerdinge unmöglich ist / und der grosse Artabanus selbst nicht erstreiten kan / wie ich dann solcher Tohrheit mich bey dir nicht vermuhten wil. Geliebte Schwester / antwortete er / ich gestehe dir gerne / daß mich ein hefftiges Anliegen drücket / und ich ungleich zuschlagener bin im Gemüt als am Leibe; aber deine Gedanken lege nur von dir / daß du meinest mir könne geholffen werden; wiewol du sehr irrest / daß ich gegen eine mich solte verliebet befinden / die in der Ehe lebet. Irre ich in dem / sagte sie /so wil ich dir noch wol hülffe zusagen / wie schwer dichs gleich dünken mag / wañ du mir nur deines Herzen Last ungescheuhet offenbahrest. Auch meine Herzen Schwester / wiederantwortete er / weistu meine alte Liebe noch wol / damit du mich pflegtest auffzuzihen / ich hätte nach der Jungfer gefreiet / und die Auffwärterin bekommen? Fehlet dir sonst nichts als dieses / sagte sie / so stelle es in meine Hand; ist sie dir dann nicht Jungfer bescheret gewesen / sol sie Wittib dir nicht entstehen. O wann du mich so hoch beseligen köntest / sagte er / wüste ichs nimmermehr zuvergelten; aber bedenkestu nicht / daß ich Artobarzanes erschlagen / und der morgende Tag zum Auffbruche bestimmet ist? Was dann mehr? sagte sie / der stärkeste ist der beste; so jaget dich auch kein Mensch von Mithridates hinweg / der sich in einer Sänfte in die näheste Persische Grenzestat / oder wol gar biß gen Persepolis mit tragen lassen sol; tuht ers aber nicht / so laß ihn zihen / ich wil bey dir bleiben / biß ich dich vergnüget habe. Sie ging darauff hin nach dem Frauenzimmer / weil sie mit Fürstin Barsene gute Kundschafft gemacht hatte / und suchte Gelegenheit /mit Fr. Atossen allein zureden / die in ihrer Traurigkeit noch immer fort fuhr. Als ihr nun das Glük alles nach Wunsch fügete / grüssete sie dieselbe von ihrem Bräutigam Mithridates / der ihr befohlen hätte / sie in ihrem schweren Ungluk zutrösten; Hernach beklagete sie ihren Bruder Surinas / daß derselbe weder Speise geniessen / noch seine Wunden verbinden lassen wolte / so hefftig grämete er sich / daß er ihren Liebsten ganz unwissend erlegt hätte / vor welchen er doch wegen der nahen Schwägerschafft zusterben /sich nicht hätte wegern wollen; aber am unerträglichsten währe es ihm / daß er vernehmen müste / wie sie über ihres Gemahls Tod sich so gar nit wolte trösten lassen; Dieses / dieses / sagte sie / wird ihm die Seele verzehren / dz er Euer Liebe Traurigkeit ursach seyn sol / die er von erster Kundschaft her noch stets uñ ungeendert geliebet / und vor seines HertzenSchönste gehalten hat. Atossa hörete ihrẽ Reden zu biß an diese Worte / über welche sie ungeduldig ward / und also antwortete: Ich hätte es zwar endlich der guten Geduld befohlen / Frl. Tarinea / daß eures Bruders Schwert mich dessen beraubet hat / der mich / so lange er mich gekennet / von herzen hat geliebet und gemeynet; aber daß euer Bruder mich noch darzu auffzeuhet / als hätte er mich stets und unverrükt geehret /und vor seines Herzens Freundin / ja schönste gehalten / solches schneidet mir das Herz durch / und gibt eures Bruders boßhafftige und schnöde Falscheit gnug an den Tag. Tarinea erseuffzete der Reden / welche sie aus dem innersten ihrer Seele sahe hervor brechen / wuste nicht / worauff sie gerichtet wahren / und was Surinas ihr möchte leides zugefüget [135] haben; gab doch darauff diese Antwort: Die Götter währen ihre Zeugen / daß sie auf solche Meynung nicht ausgangen / Ihre Liebe auffzuziehen / so wenig als ihr Bruder selbst /der vielleicht unschuldig bey ihr könte angegossen seyn / darumb er doch nicht das geringste wüste; wolte auch nicht unterlassen / ihm solches vorzutragen / nicht zweifelnd / er würde seine Unschuld wol darzulegen haben. Er mag sie darlegen / wem er wil /sagte sie / ich habe seiner Falscheit Zeugniß gnug; zwar so viel gestehe ich / daß ich mein Versprechen ihm nicht gehalten / aber auch nicht gekunt habe /sondern durch äussersten Zwang von ihm gerissen bin; solte er aber mir deswegen so grossen Schimpff bewiesen haben? O ihr Götter / straffet den leichtfertigen Verächter / und lasset so unbillichen Hochmuht nicht frey durchlauffen. Hiemit wolte sie hinweg gehen / aber Frl. Tarinea baht / sie nur noch eins unbeschweret zu hören. Ja / sagte sie / so lange es euch gefället / leiste ich euch gerne Geselschafft / wann ihr mir nur von eurem stolzen Bruder nicht saget. Was Eure Liebe mir gebeut / antwortete sie / wil ich gerne gehorsamen / aber ich bitte nur allein / mir zumelden /wodurch mein Bruder / das neulichste Unglük ausgeschlossen / verdienet / daß er vor einen boßhafften falschen Verächter gescholten wird. Geliebte Freundin /sagte sie / diese Erzählung würde mir viel zu schmerzlich / und euch vielleicht selbst verdrießlich seyn; Er kans Euer Liebe selbst wol sagen / was er bey meiner seel. Wasen mir zuentbohten und wieder eingeschicket / ja nit gönnen wollen / daß dieselbe mich ein einziges mahl nach ihrer Heyraht besuchen dürffen. Ach ihr Götter / gab jene zur Antwort / erbarmet euch dieses Mißverstandes / und meines armen unschuldigẽ Bruders! Atossa fiel ihr in die Rede: ja lasset uns nu die äusserste Beschimpfung / und verächtlichsten Hohn einen Mißverstand täuffen. Nein Frl. Tarinea / so einfältig bin ich dannoch nicht / daß ich geschehene Dinge mir zu Wasser machen lasse. Aber wir stehen gar zu lange hier allein / und wird das beste seyn / dz wir der Geselschafft nähern. Das Fräulein nam von ihr Abscheid / mit flehlicher Bitte /ihren Bruder des starken Verdachts zuerlassen / und sich zuversichern / daß er dieser Auflage sich wol und redlich würde entbrechen können / dafern sie nur seine Entschuldigung anzuhören wolte unbeschweret seyn. O ja / sagte sie / vielleicht ist er umb meiner Liebe willen krank. Ja bey dem reinesten Himmel /fiel ihr das Fräulein in die Rede / ist er nirgend kränker umb / als umb euer Liebe. Behüte Gott / sagte Atossa / wie könt ihr so falsch schweren; hat er mir doch alle Kund- und Freundschafft vor der Faust ganz verwägen auffgekündiget / und dieses ist doch noch nicht der gröste Schimpff. Ließ sie damit hingehen /und machte sich zur Fürstin Barsene / welche sie fragete / was jene mit ihr so ernstlich geredet hätte. Sie wolte aber nicht rund aus bekennen / sondern gab vor / Herr Mithridates liesse sie trösten / und zugleich den Tähter entschuldigẽ / daß er ihren Liebsten ganz unwissend erschlagen hätte. Nun wartete Surinas mit schmerzen auff seiner Schwester Wiederkunft / bekam aber schlechten Trost von ihr / da sie ihn fragete / was er ehemahls Fr. Atossen zuwider gehandelt; sie währe sehr ungehalten auff ihn / umb einer Sache und Beleidigung / die ihr ungleich weher tähte / als ihres Gemahls Ertödtung / gäbe auch vor / er hätte ihr vorlängst alle Freundschafft auffgekündiget / und nicht eins gönnen wollen / daß sein Gemahl Anutis sie eins besuchen dürffen / bey welcher er ihr / weiß nicht was / zuentbohten / und wieder eingeschicket hätte. Ihr Götter / gab er zur Antwort; ihr wisset meine Unschuld / und merke ich wol / meines Lebens werde nicht viel mehr [136] übrig seyn. Sie hingegen tröstete ihn /er solte ein gut Herz fassen; währe er ihm nichts ungebührliches bewust / könte noch wol alles gut werden; nach ihrer Meynung aber müste sein verstorbenes Gemahl ihn heftig bey ihr angetragen haben / ohn zweiffel / ihn bey ihr verhasset zu machen / welches zuerfahren / sehr nöhtig seyn würde daß er sich so viel stärkete und ihr ein kleines Brieflein schriebe / in welchem er bähte / ihm die Ursach ihres Zorns anzumelden / uñ des unverdienten Argwohns ihn günstig zuerlassen / sie hoffete ihr den Brieff wol bey zubringen. Surinas wahr hierzu willig und fertig / und setzete folgendes auff.
Hochgebohrne Frau; die willigkeit ihrem Befehl zugehorsamen / hat bißher meiner Feder nicht gönnen wollen / ihrer Liebe einigen Buchstaben zuzuschreiben / unter der Hoffnung / sie würde ihrer günstigen Zusage nach /Gelegenheit machen / ihre Wase nunmehr Seel. zubesuchen / weil meine Reise zu ihr nach Ekbatana von ihrer Liebe mir so hart und ernstlich verbohten worden; daß sie aber solches bißdaher nicht geleistet / habe ich dem mißgünstigen Glük zugeschrieben / und mich dannoch allemahl ihrer Schwesterlichen Hulde / welche sie mir / bey zurüksendung der Schreiben durch ihre Wase mein gewesenes Gemahl höchsterfreulich zuentbohten / getröstet. Ach der unglükseligen Stunde / die mein Schwert wieder den gewendet hat / welcher eurer Liebe angenehm wahr / und ich umb der Ursach willen ihn nicht hassen kunte / ungeachtet er mich meines allerwerdesten Schatzes beraubet hat. Dieser einige Niderschlag ist es /wodurch an eure Liebe ich mich versündiget. Im übrigen rühmet sich mein Gewissen / das es allemahl und unverrücket dahin getrachtet / euer Liebe zugehorsamen /so daß auff ihren Befehl ich mich selbst überwunden /und ihre Wase Seel. welche sie mir zugeschikt / geheirahtet habe. Bitte demnach dienstlich / mich des Argwohns einiger Träulosigkeit hochgünstig zuentnehmen / oder auffs minste mir anzuzeigen / was die Ursach sey / welche diesen schlimmen Verdacht in ihrer auffrichtigen Seele zeugen können. Bin ich schuldig / so lassen die Götter allen ihren Zorn über mich aus / und machen mich vor der erbaren Welt zuschanden; oder auch / da ich nicht von Anfang unser Kundschafft biß auff diese Stunde stets gewesen und blieben bin / auch noch bin und bleibe / und biß an mein leztes vielleicht schier künftiges Ende seyn und bleiben werde; meiner höchst geehrten Freundin Fr. Atossen geträuester / auffrichtigster und bereitwilligster Knecht Surinas.
Frl. Tarinea nam das Schreiben zu sich / und nach verlauff zwo Stunden ging sie wieder hin nach dem Frauenzimmer / entschuldigte sich ihres vielen überlauffens / und fragete / ob der Auffbruch auff bestimmete Zeit noch vor sich gehen würde; und als sie dessen berichtet ward / klagete sie / daß ihr Liebster so gar schwach währe / und alle Aerzte vor unmöglich hielten / daß er das bewägen solte können erdulden; weil dann der Weg nach Parthen ohn zweiffel sehr unsicher seyn dürfte / währe sie willens bey dem GroßFürsten untertähnigst anzuhalten / daß ihrem Liebsten möchte vergönnet seyn / bey dem Heer zu bleiben /und etwa in einer Persischen Stad sich heilen zu lassen; bähte sehr / die GroßFürstin Fr. Saptina möchte ihr diese erläubnis gnädig zuwege bringen helffen. Diese sagte ihr solches willig zu / wolte auch nicht zweiffeln ihr Oheim GFürst Artaxerxes würde sich hierin keines weges beschweret befinden. Nachgehends wendete sich Frl. Tarinea hin zu Fr. Atossen /und fragete / ob ihr nicht belieben könte / ein wenig in die Abend-kühle Lufft zugehen / und die lange Zeit zuverkürzen; welches sie ihr nicht abschlagen wolte /weil sie ihr vorgenommen hatte / dem Surinas seinen begangenen Frevel rechtschaffen unter die Nase reiben zulassen / ehe sie von hinnen schiede. Jene wuste nicht wol / wie sie ihrer Werbung den Anfang geben solte / klagete ihres Bruders Schwacheit / und daß sein einiger Wunsch [137] währe / er möchte von Artobarzanes erschlagen seyn / weil er leider den Tag erleben müssen / daß man ihn unerhörter sache vor träuloß und hochmuhtig verdammete / uñ zwar in dem Gerichte / da er allen möglichen und untertähnigen Gehorsam erzeiget / und Sonnen klar dargeleget hätte. Mein Fräulein kan ihres frechen Bruders sache gar artig schmücken / antwortete Atossa / daß wann ich so guten Beweißtuhm und Wahrzeichen nicht hätte /dürffte sie sich unterstehen / die schwarzen Raben in schneweisse Schwanen zuverwandeln. Hochwerte Fr. Schwägerin / sagte sie; wil sie meinen Worten nicht trauen / welche doch redlich und auffrichtig sind / so lasse sie sich doch gefallen / dieses meines Bruders Schreiben zulesen / darinnen sie ohn zweiffel seine Unschuld ersehen wird. Je / antwortete sie / wie wolte der unbescheidene Surinas darzu kommen / an eine zuschreiben / deren er alle Kundschaft auffgekündiget / und sie bißher nicht anders als seine vergessene geheissen / gerade als ob ich ihm jemahls Boten geschicket? oder meinet er etwa / nach seines Gemahls absterben / mich zum andernmahle aufs Eiß zu leiten? O nein Frl. Tarinea / O nein! als er dasselbe zubehalten nicht wirdigte / was er mit vielfältiger Bitte von mir erlanget hatte / werde ich viel weniger seine Schreiben wirdigen / in die Hand zu nehmen. Und wer wolte mir rahten / dessen Brieffe zu lesen / der mich noch mit auffrückung meiner geringẽ Schönheit beschimpffet; ja der mit seinem unbarmherzigen Schwerte mich achzehnjährige in den leidigen Witwenstand gesetzet hat? O du barmherziger Himmel /fing Tarinea mit auffgehobenen Händen an / wie hastu in einen so schönen fräulichen Leib / so grosse und heßliche unbarmherzigkeit eingiessen können? ist wol einiger Richter so grausam / der eines armen Sünders-Bitte und Fleheschrifft mit Füssen hinweg stossen solte? uñ meine hochwerte Fr. Schwegerin tuht solches bey dem / der nur umb blossen unerweißlichen Verdachts willen sich muß vor schuldig außschreihen lassen? Sie tuhe / bitte ich / dem ganzen weiblichen Geschlecht so grossen Schimpff nicht an / daß man schier heut oder Morgen sagen solte; Frau Atossa ist ein Vorbild und Spiegel der weiblichen Unbarmherzigkeit / welche einen unschuldigen hat sterben lassen /uñ seinen wahrhafftẽ entschuldigungs Brief nicht eins ansehen wollen. Dieses brachte sie mit solcher bewägligkeit vor / daß Atossa sich endlich bereden ließ / das Schreiben anzunehmen; und als sie es biß an diese Worte /Ach der unglükseligen Stunde / gelesen hatte / sagte sie: wie ist eurem Bruder / mein Fräulein? ich gedenke / das Gehirn werde ihm verrücket seyn; dann was er hie schreibet / ist alles mit einander ein lauteres gericht. Habe ich ihm verbohten / mir zu schreiben? habe ich ihm oder meiner Seel. Fr. Wase die Reise nach Ekbatana untersaget? habe ich ihm schwesterliche Liebe lassen anmelden? ja / nennet er denn unversöhnlichen Haß also / wil ichs mir gläuben. Aber was vor Schreiben mag ich ihm doch immer mehr durch meine Wase gesendet haben? dieselben zeige er mir; die bringe er hervor / so wil ich gläuben daß ich lebendig Tod / und sehend blind bin. Jene kehrete sich hieran gar nicht / sondern baht / den Brieff biß zum Ende durchzulesen; welches sie taht /und das übrige also beantwortete: Ich wil ihm vordißmahl sein Blutgieriges Schwert nicht affrücken; nur dieses möchte ich von Herzen gerne wissen / wie ein Mensch so verwägen seyn / und sich einer öffenklichen Lügen so gar nit schämen kan; habe ich ihm meine Wase zugeschicket? habe ich ihm befohlen / sie zu heirahten? da ich doch mein Pferd schon hatte satteln lassen / von Ekbatana heimlich außzureissen /[138] und ihm zu folgen / wann nicht meine Wase gleich zu mir kommen währe / und mir angedeutet / was gestalt er sie mit listigen Worten von meines Seel. Vaters Schlosse gelocket / mit Gewalt zu seinem Willen genöhtiget / und mir zu trotze sie geheirahtet hätte. Ist daß nicht träulosigkeit genug? weis er noch die Ursach nicht meines billichen Zorns? und habe noch wol eine wichtigere als eben dieses. Und wie solte ich ihm hievor nicht alles übels gönnen? wünschet er ihm doch aller Götter Zorn und übergehung der Schande an den Halß / wozu er vielleicht nicht meynet reiffe gnug zu seyn / biß er etwa mich zum andernmahle möchte betrogen haben. Hier ließ nun Tarinea ihre Trähnen häuffig schiessen / uñ gab mit Seufzen und Weinen zur Antwort: Nun nun mein herzlieber Bruder / ich beklage nicht so sehr deinen Tod / der bald folgen wird / als daß du in deiner reinen Unschuld als ein tausendschuldiger sterben must. Aber Fr. Atossa /ihr unbarmherzige / ihr grausame; belüstiget euch nur nicht zu hoch über sein Verderben; ich hoffe den Tag noch zuerleben / daß ihr eure Grausamkeit / hätte schier gesagt / Boßheit noch beweinen werdet; dann wie kan ichs anders nennen / weil ihr seine beteurungen vor ertichtete Lügen / und seine wahre lautere Beichte / damit er vor der Götter Stuel zutreten sich erbeut / vor eine gehirns Verrückung schelten und verlachen dürffet. Und was vor Ursachen habt ihr doch / ihm so viel unwarheiten anzutichten? als habe er eure Wase vom Schlosse gelocket / und / weiß nicht / was vor Gewaltsamkeit angelegt. Da ich doch wol weiß / daß mein Bruder eurer Wasen keinen Bohten geschicket / sondern als er nach gemachtem Schlusse euer Liebe Gegenwart vermuhten wahr / hat die verstorbene Anutis sich eingestellet / und ihm dieses vorgetragen. Frl. Atossa ihre Wase / währe durch Elterlichen Zwang vor sechs Tagen schon / mit Hn. Artobarzanes beygelegt / wolte hinfuro Surinas Schwester seyn und leben / mit der Bedingung / daß er weder ihr schriebe / noch zu Ekbatana sich sehen liesse; sie wolte schon Gelegenheit finden / ihn zubesuchen; inzwischen wünschete sie / daß sie eine Schwester oder Anverwantin hätte / welche sie ihm zufreien könte. Dieses alles hat sie mit dem Wahrzeichen bekräfftiget / daß sie meinem Bruder ein Bündlein von zwölff Brieffen / die er ehmahls eurer Liebe zugeschrieben / eingehändiget mit Bitte sie zu sich zunehmen / weil sie dieselben nit länger vor andern zuverbergen wüste; und dafern dieses anders ist / Fr. Atossa / so wolle der Himmel mir alles das Unglük von dieser Stunde an auffbürden / welches mein Bruder / auff dem Fall seines verbrechens ihm selbst in diesem Schreiben wünschet. Aber was hilfft mir diese beteurung? vielleicht werde ich auch hören müssen /das Gehirn sey mir verrükt / und ich schäme mich keiner Lügen. Atossa stund als eine Gedankenvöllige /und wuste nicht / was sie antworten solte. Surinas ehemahlige Schreiben hatte sie nach ihres Vaters Tode von ihrer Mutter etlichemahl gefodert / aber keine Nachricht davon erlangen mögen. Anutis Verschlagenheit und List wahr ihr nicht unbekand / und je mehr sie sinnete / je zweiffelhaftiger sie ward; endlich sagete sie: Geliebtes Fräulein; wo sich nach eurer erzählung verhält / ist man mit eurem Bruder und mir sehr träuloß umbgangen; wiewol meine Eltern dessen zubeschuldigen mir nit gebühren wil; kan aber euer Bruder mir die jeztgemeldete Schreiben aufflegen /werde ich mich weiter zuerklären / und gegen eure Liebe mich sehr zuentschuldigen haben. Diese Schreiben? sagte Tarinea; ich wil mich ihr zur Leibeigenen geben / wann er sie nicht alle in verwahrung hält / als einen köstlichen Schaz / [139] weil sie ihn seiner Liebe stets erinnert haben; und hat er sich fast täglich mit den Zeichen erlustiget / welche eure Liebe auff dieselben mit ihrer schönen Hand gemahlet hat; und wolte Gott / eure Liebe könte zu meines Bruders erhaltung nur so viel Gunst sehen lassen / seine mündliche endschuldigung anzuhören / damit die Falscheit zwischen ihnen getrieben / recht möchte an Tageslicht kommen. Wann mirs keinen Verdacht gäbe / antwortete sie /daß ich den Todschläger meines Gemahls besuchete /möchte ich mich aus diesem zweiffel gerne gerissen sehen. Tarinea wahr listig / und gab den Anschlag /als ob sie Mithridates / der ihr etwas verwand / in seiner Schwacheit trösten wolte; und weil die vergrabene alte Liebesflammen in ihr sich schon gewaltig entzündeten / ließ sie sich darzu vermögen. Mithridates lag absonderlich hinter einer Abscherung / und Surinas erwartete mit verlangen / was sein Schreiben wirken möchte. Als nun die so hoch begehrete in das Zelt trat / überging ihn eine kleine Röhte / so viel sein weniges Blut erwecken kunte / richtete sich im Bette auff / und hieß sie also wilkommen seyn: Höchstwerte Freundin / komt sie zu mir / mich wegen begangenen unwissentlichen Niederschlages abzustraffen / wil ich ihr das Schwert selbst zustellen / und als ein williges Opffer euer schönheit sterben; ist aber die ehmahlige Gunst in ihrem liebreichen Herzen nicht gar verbliechen / dann wolle sie ihrem Knechte durch ihre Gewogenheit den Balsam mitteilen / der ihn bald wieder auff die Füsse setzen wird. Tarinea fiel ihm in die Rede: Mein Bruder / du wirst zuvor deiner herzgeliebten Meisterin deine Unschuld darlegen müssen / ehe du einige Gunst von ihr zu hoffen hast; wollest demnach bey deinen ritterlichen ehren / und als wahr du gedenkest dereins vor den Göttern angenehm zuerscheinen / alles umbständlich erzählen / wie es mit deiner vorigen Heyraht ergangen; sintemahl ich merke / daß ein grosser Betrug dahinten stecket. Ja / sagte er / dessen trage ich keinen scheuh; erzählete alles / kurz und lang / und daß seine wilfährigkeit gegen Atossen zuerzeigen / er seine Anutis alsbald geheirahtet hätte. Atossa fragte ihn / ob er dann die von Anutis wiederempfangene Schreiben noch auffzeigen könte. Ja sagte er / sie sind noch in guter verwahrung / und er innere sich nur meine Freundin / daß sie auff das erste ein par Würffel gemahlet / mit der lieben Unterschrift: Der Wurff ist gewaget. Auff das ander / die Glüks-Göttin auff ihrem Glüksrade / und diese Worte dabey.Biß mir ja beständig O Göttin! Auff das dritte / einen Löuen / mit diesem warhaftigen Spruche;Die Liebe erfodert auch einen Muht. Und fortan biß auff den lezten und zwölfften / auff welches sie ein Schiff auff dem Meer mit fünff Schiffshaken fest geleget / gemahlet hat. Zwar es hat mein Gemahl / weis nicht warumb / mir offters angelegen / ihr diese Schreiben wieder abfolgen zulassen; welches sie aber bey mir nicht erhalten mögen. Was hinterbrachte euch aber euer Gemahl / fragte sie / da sie von Ekbatana des andern Tages nach eurem Beylager wieder zu euch kam? Er antwortete: Anutis ist ja meines wissens weder dazumahl noch jemahls hernach zu Ekbatana gewesen /sondern wie herzlich ich allemahl bey ihr angehalten /mit mir dahin zureisen / habe ichs doch nie können erhalten / weil mir Lebensgefahr drauff stünde / nachdem Artobarzanes unser ehmahligen Liebe inne worden / und nicht allein mir mit Gifft dräuete / sondern auch seinem Gemahl es offt verweißlich gnug vorhielte. O du falsche Anutis / fing Atossa an / habe ich umb dich verdienet / daß du so verrähterisch und lügenhaftig mit mir umbgehen soltest? erzählete damit /was gestalt sie zu ihr [140] nach Ekbatana kommen / von wegen Surinas ihr alle Freundschaft auffgekündiget /und was sonst dabey vorgefallen wahr; auch das Haaren-Armband ihr wieder eingeliefert hätte / als welches Surinas länger weder sehen noch tragen möchte; daher ich dañ / sagte sie / aus grossem Zorn nicht allein dasselbe ins Feur geworffen / sondern auch viel schmähe- und scheltworte auff euch außgestossen. Hierob entsetzete er sich hefftig / insonderheit / da er hörete / daß sie umb Anutis darstellung an ihre stat gar keine wissenschaft trug. Das allerliebste Armband / sagte er / ist wahr / das ichs die erste Nacht meines Beylagers verlohren / aber wo es blieben / nie habe erfahren können / wiewol ich im Wirtshause dem Finder 500 Kronen außlobete. Doch danke ich den Göttern / daß ich diese Falscheit nicht vor meines Gemahls absterben erfahrẽ / sie hätte sonst ohn alle barmherzigkeit von meinen Händen sterbẽ müssen /wie lieb ich sie auch umb euret willen gehabt habe. Tarinea ließ diese beyden allein reden / und ging nach ihres liebsten Bette / welchen sie in der Ruhe liegen meynete / da er doch schon verschieden wahr / dessen sie zimlich späte gewahr ward / da sie ihm sanfte an die Hand grieff / deßwegen sie mit einem Geschrey über ihn her in Ohmacht fiel. Atossa erschrak dessen /lieff hinzu / und fand sie in dem kläglichen stande; nam das Krafftwasser / daß vor dem Bette stund / und rieb sie damit / biß sie wieder zu sich selbst kam. Da ging es nun an ein winseln und klagen; wiewol Atossa sie mit ihrem Beyspiel wol zu trösten wuste / versprach ihr auch alle schwesterliche Liebe und Träue /nebest anzeigung / daß die Aerzte sich außdrüklich hätten vernehmen lassen / im falle er ja das Leben behalten solte / würde er biß an sein Ende ein gebrechlicher undüchtiger Mensch seyn / wodurch sie sich in etwas begriff. Ihr Bruder wahr wegen dieses falles auch betrübt / aber Atossen gegenwart wolte ihm eine sonderliche Traurigkeit nicht gönnen / welche er nöhtigte / vor sein Bette niderzusitzen / führete ihr seine beständige Liebe zu Gemühte / und baht sehr fleissig / ihn in die vorige stelle wieder anzunehmen; worzu ihr Herz allerdinge geneigt und willig wahr / ihm auch diese antwort gab: Herr Surinas / ihr und ich sind beyde durch meines Vaters getrieb / als viel ich merke und meiner Wasen volstreckung betrogen und von ander gerissen worden. Nun gibt mir aber der Himmel Zeugnis / daß / wie wichtige Ursachen ich gleich zuhaben vermeinet / euch zu hassen / hat doch mein Herz den rechten Ernst dabey nicht legen können. Was wollen wir aber tuhn? das geschehene ist vorbey / und kan durchaus nicht geendert werden. Mein Vater und euer Gemahl sind in der Ruhe / denen wir verzeihen müssen. Mein Gemahl hat ohn zweiffel aus des Himmels Versehung von euch den Tod annehmen sollen / weil er euch eure versprochene Braut genommen. Vor die abermahlige angebohtene Liebe bedanke ich mich von herzen / welches zu gebührlicher Zeit eurem gefallen nach zubeantworten ich mich schuldig erkenne / und unser voriges Band noch vor gültig halten muß; hermet euch nur weiters nicht / daß ihr bald gesund werdet / uñ besuchet mich auff meiner Mutter Schlosse / dahin ich in wenig Tagen zu reisen entschlossen bin. Ja ists möglich / so bildet euch ein /als ob ihr ohn geschehenẽ eingriff noch mein erster Bräutigam währet; ich wil mich gleich also vor eure erste halten; welches sie mit einem lieblichen Lachen uñ schamrohter Farbe beschloß. Surinas umfing sie ganz lieblich / beklagete nichts / als daß seine Wunden ihm an vielerley glükseligkeit hinderlich währen /und steckete ihr einen köstlichen Ring an den Finger. Sie gab ihm wieder einen zur bestätigung / beantwortete [141] seine Klage mit einem süssen gelächter / und daß er inwendig Jahrsfrist nicht zufreie Gedanken fassen müste; gönnete ihm doch die ehmaligen Küsse / und weil sie der Arzney wol erfahren wahr / besahe sie seine Wunden / und befand / daß sie fleissiger auffsicht wol benöhtiget wahren / nahm hernach abscheid von ihm / und ging hin dem Frauenzimmer Mithridates Tod und Frl. Tarineen Leid anzumelden / welche hingingen sie zu trösten / dann sie hatte sich von ihrem Bruder ab in ein Nebenzelt gemacht. GroßFürstin Saptina nöhtigte sie mit ihnen zugehen / und die Abend Speise einzunehmen / welches sie gerne bewilligte / in Hoffnung / mit Atossen richtigen Abscheid zu machen / wie auch geschahe / daß nehmlich Surinas / so bald seine Wunden heile / sie besuchen / und von Artaxerxes einen freien Geleitsbrieff / nach belieben zureisen / bitten solte / weil er sich des Kriegs abtuhn / uñ seine Medischen Lehngüter bezihen wolte; dañ sein Vater wahr ein gebohrner Medischer Landsasse / und hatte sich in Parthen verheirahtet /auch daselbst seine durch Erbschaft seines Gemahls angefallene herliche Güter beherschet. Es lies aber Tarinea bey der Mahlzeit eine flehliche Bitte an das gesamte hohe Frauenzimmer ergehen / sie möchten Fr. Atossen helffen bewägen / daß sie ihren Zorn und Unwillen gegen ihren Bruder allerdinge möchte fallen lassen / nachdem der Unfall sich ganz unwissend zugetragen hätte; da dann alle Anwesende / insonderheit GroßFürstin Saptina ihr so viel und hefftig zuredeten / daß / wie ungeneigt sie anfangs sich zu stellen wuste / sich doch endlich erklärete / in diesem Stücke sehen zulassen / wie gehorsam sie der GroßFürstin währe. Welche ihr solches wolgefallen ließ / und auff Tarineen weiteres anhalten / daß sie doch ihren Bruder folgenden Morgens vor dem Auffbruche besuchen möchte / damit er seine Abbitte und Entschuldigung bey ihr ablegen könte / befahl die GroßFürstin / zum Zeichen völligen Gehorsams auch dieses zuleisten; worauff sie zur Antwort gab; sie wolte diese Nacht es in bedenken nehmen / ob sie ein solches über ihr Herz bringen könte. Des Morgens stellete Tarinea sich gar früh bey ihr ein / und ward mit diesen Worten von ihr gewilkommet; Herzgeliebte Frl. Schwester; ihr seid eine überal volkommene Täuscherin / der gleichen in der Welt kaum zu finden; dañ anfangs habt ihr mich ganz umbgewendet; und hernach dem ganzen Frauenzimmer ein artiges Näsichen angedrehet / welches aber ausser zweiffel mir schier heut oder Morgen zum sonderlichen Behelff dienen kan / und versichert euch / daß die ganze Zeit meines Lebens ihr an mir eine ganz ergebene Schwester haben sollet / weil ohn eure hohe Klugheit die ganze übrige Zeit meiner bevorstehenden Jahre / ich ein unglükseliges Mensch blieben währe. Meine herzgeliebte Fr. Schwester / antwortete sie / die Freude / welche wegen ihrer Gewogenheit ich in meinem Herzẽ empfinde / machet mich des verlustes meines Bräutigams (der mir ohndas fast auffgedrungen ist) schier gar vergessen / und ist mein einiger Wunsch / daß wir die Zeit unsers Lebens mögen bey einander wohnen; Aber herzen Frau Schwester hat sie diese Nacht ihr Herz angesprochen / der GroßFürstin Willen zuerfüllẽ. Diese lachete des auffzuges /fassete sie bey der Hand / und sagte: Ja kompt meine Freundin / ich muß der GroßFürstin gehorsamen /oder ich verliere ihre Hulde gar. Da wahr sie nun ihrem Liebsten sehr wilkommen / mit dem sichs begunte zimlich zubessern / hatten ihr freundliches Gespräch in die zwo Stunden mit einander / und trug Fr. Atossa dem Fräulein ihren nahen Anverwanten Herr Arbazes zur Heyraht auff / der ein reicher vornehmer[142] Herr wahr / und ward diese Heyraht nach verlauff eines halben Jahrs fortgestellet. Unser sieghaftes Heer / nach dem alle Beute auff Elefanten / Wagen / und andere Last Tihre geladen wahren / gingen frölich und wolgemuht fort nach Persepolis / nachdem die Fürsten H. Surinas besuchet / und Artaxerxes ihm auff sein begehren einen sicheren Schein willig erteilet hatte /daneben ihm 50 Reuter zugegeben die ihn mit seiner Schwester und Mithridates Leiche / wohin es ihm geliebete / geleiten solten.
Diese zwischen eingefallene LiebesHändel / deren kein Mensch wahrnam / hat uns / Artabanus Flucht zubeschreiben / verhindert. Demselben wahr neben allen seinen Völkern nicht anders zu muhte als hätte er zur Stunde sollen nidergehauen werden / da die falsche Zeitung kam / der Feind währe schon verhanden / das Lager zustürmen. Er fiel auff seinen Läuffer /und hatte kaum 3000 Reuter / die ihn folgeten / weil ihre Pferde seinem nicht gleich rennen kunten. Das Frauenzimmer fiel eine über die andere auff Gutschen / und hatten nicht Raum gnug aus dem Lager zukommen / daß Vologeses daher die Graben an vielen Orten muste ausfüllen lassen / umb ihnen einen breiten Weg zumachen. Die verwundeten empfingen durch die Furcht und eingenommene Speise Krafft genug mit zureiten / und die schwächesten legten sich auff Wagen. Als der König voraus gehauen wahr /ordnete Vologeses das Fußvolck und die Reuter alles zu Pferde / weil sie ohn seinen Befehl schon alle Pferde von den Lastwagen hinweg genommen hatten. Ehe die unsern dieser Flucht inne wurden / wahr Artabanus schon acht Meilen / das Heer drey / die flüchtigẽ Weiber fünff Meilen fort gesprungen / und als sie einen engen Durchzug antraffen / stellete Vologeses daselbst die Schlachtordnung auff allen fall / und ließ seinen Völkern aus einer unweit gelegenen Stadt Brod und Wasser bringen / da unterdessen alles unnütze Gesinde vor hindurch muste. Aus den Flecken und Dörffern geschahe grosse Zufuhre / und musten etliche Bauren mit frischen Pferden zurük reiten / wegen des Feindes Folge Zeitung einzubringen und als diese nichts als gute Sicherheit vernamen / schämete sich Vologeses und andere KriegsFürsten dieser schändlichen Flucht über alle masse / setzeten doch den Weg mit dem Heer fort nach Charas / daherumb die Völker verlegt / und die Kranken in die Stadt gebracht wurden. Karthasis ward von dem Könige wol gehalten /und mit trefflichen Geschenken begabet / und stellete er ihm vier Tonnen Goldes zu / seinem Könige Skolothus zur Verehrung / und sechs Tonnen / Völcker davor zuwerben. Nach Indien ward gleich so viel zu Anreizgeldern übergemacht / und in der Römer Gebiet acht Tonnen Goldes. Doch kunte Artabanus seine wütige Liebt gegen GroßFürstin Valisken nicht ablegen / und hoffete noch immerzu / ihrer Schönheit zugeniessen. Sein meistes sinnen aber wahr / wie er unsere Helden aus dem Wege räumen möchte / dann wolte er ihr bey ihrem Abzuge nach Teutschland zu Wasser und Lande auffwarten lassen / ob er sie erhaschen uñ in seine Gewalt bringen möchte. Artaxerxes hatte alsbald nach erhaltenem Siege an alle Bundsverwanten geschrieben / und ihnen den Verlauff durch schnelle reitende Bohten zuwissen getahn / was gestalt unsere Helden den Sieg erstritten / ohn deren Gegenwart die Feinde würden Oberhand behalten haben / daher man ihnen billich ein dankbahres Gemüht erzeigen müste. Er vor sein Haupt wolte 30 Tonnen Goldes zuschiessen; Phraortes und Pharnabazus würden das ihre auch willig tuhn; so hoffete man des Feindes Lager zuerobern / welche [143] Beute hernach zuschichten währe nach gebühr; Inzwischen solte ein jeder Bundsgenosse seine Grentzfestungen mit guter Mannschafft besetzen / und sich öffentlich Feind erklären / damit nicht einer nach dem andern verderbet würde; machte hiebey einen ungefehren Uberschlag der Erschlagenen beyderseits / und versicherte sie /daß die Parthische Macht dergestalt gebrochen währe / daß sie das Haupt nicht wieder auffrichten solte.
Das Glük ließ sich dannoch merken / als wolte es Artabanus nicht allerdinge verlassen / dann seine Bürger zu Charas und in andern Städten brachten eine freywillige Steur von 120 Tonnen Goldes auff / dabey die Ritterschafft ein gleiches legte / und erbohten sich allerseits / auff des Feindes Einbruch Mann bey Mann zufechten. Das angenehmste wahr ihm / daß des andern Tages nach seiner Ankunfft / ein grosser Indianicher Kämpffer / nahmens Gamaxus / von Bauren erzeuget / zu Charas ankam / der fast Riesen Gestalt und von unmenschlicher Krafft wahr / von Art und Geberden grob / hochmühtig / ruhmrähtig und überaus verwägen / daher er sich bald bekant machte / daß noch desselben ersten Tages Bagophanes von ihm reden hörete / und es dem Könige zuwissen taht; welcher ohndz schon mit bösen Ränken umging / unsere Helden entweder durch Gifft oder Schwert aus dem Mittel zuräumen. Intaphernes und Tiribazus / weil sie auff diese weidlich schmäheten / wahren bey ihm wol daran / daß er sie in ihrer Schwachheit besuchete /und ihnen vertraulich entdeckete / er hätte vier Hirkanische ädelknaben mit grossen Verheissungen schon darzu vermocht / daß sie in der Frembden Dienste sich begeben / und ihnen einen starken Gift beybringen wolten; dann er währe äusserst gesinnet / ihnen den Abzug nicht zugönnen / damit sie nicht bey dem Römischen Kayser sich dereins berühmeten / wie sie den grossen König getummelt / seine versprochene Braut aus seinem wolverwahrten Schlosse entführet /sein mächtiges Heer erleget / und ihn selbst aus dem Felde gejaget hätten. Dieses Feuer wuste Bagophanes weidlich zuschüren / taht des grossen Indiers abermahl Erwähnung / und mit ziemlichen Scheingründen bestätigte er / daß man diese von den Göttern selbst angebohtene Gelegenheit nicht verabseumen oder verachten müste; wodurch er den König bewägete / daß er ihn alsbald abfertigte / das Ungeheur auff Intaphernes Gemach zu hohlen; welches er dann willig verrichtete / ihm des Königs Gnade anmeldete / und daß seine Hocheit willens währe / ihn in Dienste zunehmen / und vor seinen Kämpfer zubestellen / auch mit ansehnlichem Solde zuversehen. Dieser ließ sich dessen keine Sau dünken / daß der König seinen ansehnlichen Hoffmeister an ihn schickete; fing an seine eigene Tahten zurühmen / und sagte: Er dienete umbs Geld / und wer ihm am meisten gäbe / währe ihm der liebste Herr / vor dessen Wolfahrt er seinen Säbel auff Feindes Waffen wetzen / und auff der Widerwertigen Knochen stumpff hauen wolte. Als Bagophanes diesen Tölpel vor den König brachte / fing er ohn alle Höfligkeit an also zureden: Grosser König; gegenwärtiger Herr hat mich berichtet / daß Ihre Hocheit mich begehren zusprechen / und in Dienste anzunehmen; so erbiete ich mich nun / Euer Hocheit zum besten / diesen wichtigen Säbel (welchen er über die Helffte blössete) zugebrauchen / dem noch keiner entgangen ist /auff welchen ich ihn gezükt habe. In den Indischen Landschafften / disseit uñ jenseit des GangesFlusses /habe ich von dem funffzehnden Jahre meines Alters an / mich nunmehr achtzehn Jahr in kämpffen und streiten gebraucht / und manchen Skythen und andere Feinde erleget / daß ich [144] offt biß an die Enkel in ihrem Blute gangen bin. Ich habe 598 Kämpffer in absonderliche Streiten ertödtet / und deren bißweilen fünff oder sechs zugleich auff einen Bissen genommen. Der mich kennet / hütet sich wol vor meinen Streichen /die zu grunde richten / was sie treffen; und wann Eure Hocheit mir den Sold vergnüget / sollen ihre Feinde wie Asche von dem Winde verstäuben. Artabanus besahe ihn von unten an biß oben aus / und verwunderte sich seiner Grösse und starcken Gliedmassen; dann in ganz Parthen wahr niemand / der ihm mit dem Häupte die Unterschulder berühren mögen; sonst wahr er dabey nicht ungeschikt oder tölpisch von Leibe /wuste sich auch des Vortels im Streit wol zu gebrauchen. Er wolte aber dem Könige einen Beweißtuhm seiner Stärke sehen lassen / legte seine flache Hand auff den Tisch / und hieß Bagophanes mit beyden Füssen drauff tretẽ / welchen er mit steiffem Arme in die Höhe huhb; foderte hernach zwey neugeschmiedete Huefeisen / die er von den anwesenden besehen ließ / daß sie sehr fest wahren / und beugete sie zugleich auff einmahl mit freyen Händen gerade / als währen sie von Horn oder Wachs gewesen. Er kunte einen Ochsen mit einem Hiebe im Leibe mitten von ander hauen; auch mit der Faust ihn mit einem Schlage vor den Kopff / zur Erden stürzen machen. Der König hielt eben diesen vor den rechten Mann / der seinen Feinden solte gewachsen seyn / und versprach ihm ein ganzes Jahr hindurch / monatlich 10000. Kronen /auch acht Pferde uñ sechs Leibschützen zuhalten; dagegen solte er zween Jünglinge bestreiten / und sie ihm entweder tod oder lebendig liefern / die seine abgesagte Feinde währen / und ihm mannichen Schimpff erwiesen hätten. Ihre Leibeskrafft währe nicht besonders / aber in übung der Waffen vortrefflich / daß er nach ihrer überwindung sich wol rühmen dürffte / er hätte den trefflichsten Helden der Welt angesieget; solte sie aber ja nicht beyde zugleich / sondern einẽ nach dem andern vornehmen / und über seinen Sold vor jedes geliefertes Haupt 50000. Kronen; da er sie aber lebendig fahen und überschicken könte / vierdoppelt so viel haben. Gamaxus gab zur Antwort: Ihm genügete an dem versprechen und vermachtem Solde / weil auch dem Könige mit den lebendigen Gefangenen mehr als mit den todten gedienet währe /denen er sonst ohn einigen Schwertschlag das Genick brechen wolte / solten sie ihm erster Zeit eingehändiget werden; nam von Artabanus bäurischen Abscheid / und begehrete / daß man ihm alsbald des folgenden Tages an die Grenzen geleitete / damit er das Geld ehist verdienen und den König befriedigen könte. Als der König von den Verwundeten hinweg gangen wahr / besuchte Vologeses seinen Oheim Tiribazus / der ihm nicht allein den bestelleten Kämpffer / sondern auch des Königes Vorhaben wegen der Vergifftung offenbahrete; über welches lezte er sich hefftig entsetzete / und an solcher Boßheit ein abscheu trug / unterließ auch nicht / seinem Oheim Pakorus es zuvermelden / der ihn höchst ermahnete / darüber zuarbeiten /daß eine so unverantwortliche Taht abgewendet würde; Wie er aber vernam / daß der König es mit ihm nicht berahtschlaget hatte / sagte er: Der schändliche Fuchsstreicher Bagophanes stärcket ihn in solchem Unwesen / und wird der Bube nit auffhören ihn zureizen / biß ihm der Hals gebrochen ist. Sie beklageten beyde den elenden Zustand des Reichs / und daß eine grosse Enderung sich merken liesse / welche den Persen erheben / und Artabanus unterdrücken dürffte; bezeigeten sich auch überaus betrübt / dann ihr Herz wahr ihnen über dieser Boßheit fast erstorben; endlich nam Vologeses auff sich [145] den König zubesuchen / ob sich vielleicht dessen etwas würde vernehmen lassen. Aber er gedachte seiner Hirkaner mit keinem Worte /nur den grossen Gamaxus rühmete er / und daß er ein Fürstentuhm drumb geben wolte / daß ihm dieser unerschrockene Held vor der Schlacht zugezogen währe / als welcher nicht allein die Persischen Weichlinge solte gedämpffet / sondern auch die Teutschen Wagehälse als die Mücken nidergeschlagen haben; jedoch wolte er noch zufrieden seyn / wann er ihm nur die beyden Buben Herkules und Ladisla lebendig einbrächte / an denen er sich dergestalt zu rächen vorhabens währe / daß andere sich an ihnen spiegeln solten. Vologeses gab zur Antwort: Was durch einen öffentlichẽ Kampff geschähe / wolte er mit rühmen; meynete auch / es wären noch wol Ritter zufinden / so den beyden gewachsen währen; hielte doch davor / sie würden sich schwerlich lebendig greiffen lassen / sondern viel lieber von Feindes Hand sterben; Daß aber Ihre Königl. Hocheit ihnen so abscheuhliche Straffen dräuete da sie doch freye Könige und GroßFürsten währen / die in ihren Ländern grosse Gewalt hätten /schriebe er seinem Zorne zu / nach dessen Linderung seine Hocheit sich wol eines andern bedenken würde; welche Erinnerung er aber mit grossem Unwillen aufnam / uñ ihn fragete / ob er Persiche oder Teutsche Jahrsbestallung hätte / daß er so fleissig vor seine Feinde strebete; denen wir / sagte er / das Herz wollen aus dem Leibe reissen / und den Hunden zufressen vorwerffen lassen / und Trozgebohten / der uns ein solches wehren sol / da er sonst nicht in gleiche Straffe fallen wil. Ihre Königl. Hocheit machen alles nach belieben / sagte er; jedoch wann ich wissen solte / daß dieselbe den allergeringsten Verdacht auff mich geworffen hätte / ob solte ich mit den Reichsfeinden einige Verständniß haben / und durch das verfluchte Geld / dessen ich zeit meines Lebens eben so wenig als des schlimmen Kohts geachtet / mich bestechen und zur Verrähterey bewägen lassen / müste mir leid seyn / daß ich je gebohren währe; bitte demnach / zum untertähnigsten / Ihre Königl. Hocheit wolle mich alsbald meines Ampts allergnädigst erlassen / und mir den Ort benennen / woselbst ich mein übriges Lebẽ in aller Einsamkeit / als in einem Gefängniß zubringen solle / wil ich solches vor eine gnugsame Vergeltung aller meiner bißher geleisteten träuen Dienste halten. Wir haben euch in keinem Verdacht / antwortete er /könnet auch eures Ampts durchaus nicht erlassen werden; nur vor unsere Erzfeinde allemahl so frey zu reden können und wollen wir von niemande gewätig seyn. Fragete hernach / wie es mit den Werbungen beschaffen währe / daß man solche alsbald fortsetzete /und befahl / daß die Grenze Städte wol versehen / und der tapffere Gamaxus mit 40000 Reutern dahin begleitet würde; welches zubefodern Vologeses versprach / und doch nicht unangezeiget ließ / wo nicht ein vorsichtiger FeldHerr darüber gesetzet würde /dürffte das ganze Heer verlohren gehen; dann der Feind würde keines weges unterlassen / ihnẽ mit ganzer Macht auff den Leib zufallen; welches er zu dem Ende anzeigete / daß ihm schier heut oder morgen nichts ungleiches zugemässen würde. Worauff der König nur sagte: Er wüste schon / daß die Unglüks Weissagungen zum Ende gelauffen währen. Das verleihen uns die gütigen Götter / und daß ich doch auch einmahl zum Lügener werden möge / wornach mich bißher immer verlanget hat / antwortete Vologeses; ging hin / und zeigete Pakorus alles an / der grossen Verdruß dran hatte / daß der König keinen heilsamen Raht mehr annehmen / und überdas die wichtigsten Reichsgeschäffte mit seinen höchsten Bedienten nicht mehr bereden [146] wolte; hielt es vor ein Zeichen grossen Verblendung / und so bald er allein wahr / setzete er folgenden Brieff auff:
Ein auffrichtiger Freund / welcher vor diesem den Durchleuchtigsten GroßFürsten aus Teutschland / Hn Herkules gewarnet / sich denen nicht zuvertrauen / die aus Parthen sich gegen ihn freundlich stellen / kan vor dißmahl nicht umhin / vertraulichst anzudeuten / daß man sich vor Gifftmischer hüte die redlichen Helden den Tod in die Handschuch und Kleider / oder an Messer und DegenGefäß anschmieren werden. So lässet sich auch ein wildes Ungeheur finden / die beyden fremden Fürsten zum Kampff auszufodern / unter was Schein / kan man nicht erforschen. Der Schreiber dieses Brieffes scheuhet sich seinen Nahmen zunennen / und mit gewöhnlicher Hand die Buchstaben zu zihen; sendet aber dem Durchl. GroßFürsten zur Wieder geltung einen Ring / welcher am Finger getragen / allen gegenwertigen Gifft durch seine wasserbleiche Verenderung anzeiget / und verbleibet er Zeit seines Lebens dessen Durchl. ergebener geträuer Diener /
Der Auffrichtige.
Hiebey wahr ein ander Brief zum ümschlage / von ihm an Pharnabazus geschriebẽ / nebest den 60000 Kronen / welche die drey Teutschen wegen Intaphernes und seiner Gesellen zuheben hatten; vermachete die Gelder in 120 Beutel / und stellete sie so viel Reutern zu / welche Tag und Nacht reiten / und sie biß nach Persepolis an Fürst Pharnabazus überbringen musten; doch wolte er den Brief an Herkules niemand vertrauen / sondern versteckete ihn in einen schönen Sattel / welchen er auff seiner Handpferde eines legete / und einem Reuter befahl / es Fürst Pharnabazus zuzustellen / mit dem ers verspielet hätte. So bald diese in der Persichen HauptStadt anlangeten / ward das Pferd mit dem Neben-Schreiben alsobald Pharnabazus eingehändiget / welcher diese Worte drinnen fand:
Meiner Bürgschafft / mein Herr und Freund / währe ich gerne loß / deßwegen die wolgewonnenen Gelder in 120 Beuteln versiegelt übergeschikt werden / und ein Pferd / welches Euer Liebe zugestellet werden sol; der Sattel aber ist vor GroßFürst Herkules / denselben durchzublättern / und das gefundene in höchster geheim zuhal ten. Uns alle in den Schuz des Himmels befehlend / verbleibend sein williger
F.P.
Pharnabazus seumete sich nicht / nahm den Sattel mit sich nach Herkules / und gab ihn Libussen und Brelen auffzuschneiden / welche den Brieff samt eingelegten Ring bald funden / und verwunderten sich unsere Helden über dieses Fürsten Redligkeit / massen das geschriebene Merkzeichen den Uhrschreiber bald kund machete. Zween Tage hernach meldeten sich vier Hirkanische ädelknaben an / ihres alters von 18 Jahren / und erbohten sich / seiner Durchl. GroßFürst Herkules als Leibdiener auffzuwarten; sie währen bißher drey Jahr in Königl. Parthischen diensten gewesen / und von ihren Eltern schrifftlich vermahnet / ingeheim davon zureiten / damit sie nicht als Feinde des Vaterlandes dermahleins möchten gestraffet werden; denen sie billich gehorsamet / und sich hieher begeben hätten / ihrer Durchl. vor andern zu dienen; legten auch ihrer Eltern warhafte Schreiben auff zum Zeugnis. Valisken trug der Sinn nicht viel gutes zu /daher sagte sie auff Teutsch zu Herkules: Vielleicht haben die Gifftmischer sich schon eingestellet / und dürfte der Kämpfer auch nicht lange verweilen. Ey nicht so argwöhnisch / mein Schaz / antwortete er: Diese Jünglinge sind eines adelichen freimühtigen Gesichtes / haben auch ihrer Eltern schrifftliches Zeugnis / daß man von ihnen solche Untaht nicht muhtmassen kan / und wird Artabanus nicht wenig schmerzen / wann er hören muß / daß seine Auffwarter in unsere Dienste treten. Wendete sich hierauff zu ihnen / und ließ sie durch einen Handschlag angeloben / [147] daß sie from und geträu seyn wolten. Noch wolte die GroßFürstin nicht trauen / sondern befahl etlichen Bömischen Knaben / auff dieser Hirkaner tuhn und lassen gute acht zu haben; welche sich aber so scheinbar verhielten / daß Valiska selbst allen argwohn fallen ließ / weis sie nichts ungeheissen anrühreten. Gamaxus eilete nicht minder / sein Vorhaben ins werk zurichten / wuste nicht / wie er vor hochmuht gehen oder reiten wolte / weil ein Parthischer FeldHerr / nahmens Katenes mit 40000 Reutern ihm zur begleitung zugegeben wahr. Nun halte Artabanus gleichwol diesen Völkern ernstlich eingebunden / sich in kein Handgemenge zu wagen / es währe dann / daß Gamaxus nach erhaltenem absonderlichen Kampfe von Feinden solte überfallen werden. Nach der Hirkaner ankunfft / etwa fünff Stunden / ließ sich ein Parthischer Heerhold anmelden / er hätte bey Herkules und Ladisla eine Werbung abzulegen; und als er vorgelassen ward / fing er nach gebehtener verzeihung also an: Des grossen Königes Artabanus bestalter Kämpfer / Herr Gamaxus / der Sieghafte (diesen Nahmen hatte er in Indien erworben) übersendet den Durchleuchtigsten Fürsten Herrn Herkules uñ H. Ladisla diesen Absagsbrieff / welchen ihre Durchll. zu lesen unbeschweret seyn werden. Wer ist dann der bestalte sieghafte Kämpfer / H. Gamaxus? fragete Herkules / daß ich gleichwol seines tuhns und wesens etwas wissenschafft habe / ehe ich mich weiter einlasse. Der Heerhold rühmete ihn gewaltig; er währe zwar der ankunfft eines Bauren Sohn aus Indien / aber durch seine Tapfferkeit hätte er einen unsterblichen Nahmen überkommen / und mit dem Säbel den höchsten Adel erstritten. Ein Baur? ein Indianischer Baur? sagte Herkules; sol ich mich nun mit Bauren zudröschen? bald packet euch hinweg / mit eurem Bäurischen Absags-Brieffe / und saget eurem Könige / wann er selbst / oder irgend ein ritterlicher Fürst meines Bruders Ladisla oder meiner Haar begehret /sollen sie ihnen ungewegert seyn; aber einen unflätigen Bauren zu kämmen oder zu laussen / halte ich mich viel zu gut. Wisset ihr aber nicht / wer den Bauren die Absags-Brieffe an Könige uñ Fürsten zu stellen mag gelehret haben? ich möchte wünschen / dz ich einen groben Sachsen Bauren bey mir hätte / der solte ihm etliche gute Streiche mit dem Flegel zeigen /daß ihm sehen und hören verginge. Und ihr / Heerhold sollet wissen / dafern hernähst ein ander mir von Bauren Absags-Brieffe anbieten wird / sol er Streiche zu lohn tragen. Dieser muste mit solcher Antwort zu frieden seyn / und mit seinem Brieffe abzihen / da Valiska zu ihm sagte: Mein Freund / hat der Baurknecht auch eine seine starke Baurdirne bey sich / die ihm den Flegel oder die Mistgabel nachträget? Dieser muste des auffzuges selber mit lachen / und gab zur Antwort: Er wüste wol / daß Gamaxus nicht viel wählens machte unter dem Frauenzimmer / dann beydes in Städten und Dörffern währen sie ihm alle gerecht /wann sie nur frey stark währen. Wie er dañ der Unzucht überal ergeben wahr / daß er so wenig der Eheweiber als der unverheirahteten sich enthielt / dessen er bey Bagophanes ein Beweißtuhm ablegete; dann als derselbe ihn des Abends vor seinem abreisen auff des Königs befehl in seinem Hause zugaste bitten /und allerhand sachen mit ihm abreden muste / merkete er an dessen Gemahl Parasitis die buhlerischen Blicke / machte den guten Hoffmeister trunken / und erhielt sein Begehren leicht bey ihr / redeten auch miteinander ab / daß er nach seiner Wiederkunft Ursach zu Bagophanes suchen / ihn erschlagen / und sie wieder heirahten solte; wie sie auch von ihm mit [148] einem Sohn sol befruchtet worden seyn / bey welchem sie in der Geburt gestorben / der Sohn aber zum beschrihenen Mörder worden und auffs Rad geleget ist. Als Gamaxus sein Schreiben wieder bekam / und die Spotreden / welche ihm rund aus vorgetragen wurden / anhören muste / meinete er vor herzensprast zu bersten / biß die Zähne im Kopffe / verwendete die Augen / und stellete sich als ein Unsinniger. Katenes gab den Raht / daß der Heerhold mit abgewechselten Pferden auffs geschwindeste nach dem Könige ritte /umb zuvernehmen / wessen man sich weiters zuverhalten hätte; hingegen meynete Gamaxus mit seinem Frevel durchzubrechen / und noch einen Außfoderer abzuschicken; doch als er Herkules dräuungen vernam / ließ er sich bereden / daß dem Könige es heimgestellet würde. Vologeses und Pakorus (der schon wieder gehen kunte) wahren gleich bey Artabanus / da der Heerhold die Sache vortrug / und zu lacheten sich dessen rechtschaffen. Ihre Königl. Hochheit verzeihe mir gnädigst / sagete Pakorus / daß ich GroßFürst Herkules hierin nicht verdenken kan / sintemahl ich einem Baurenflegel nicht anders begegnen würde; währe demnach mein Raht / man liesse diese Außfoderung anstehen / dann eure Hocheit wird mit diesem Untihr nur Schimpff und Spott einlegen; ich meyne ja / man rede davon / wie der Unflaht hin und wieder die unzüchtigen Hurenwinkel durchlauffe; mag auch wol deren Weiber mißbrauchet haben / denen mans nicht zutrauet; solte aber ein solcher Gewissenloser wol rechtschaffene Tugend und Tapfferkeit an sich haben? Zwar den Bericht nach / sol er groß und schwer genug seyn; aber ich wette / daß GroßFürst Herkules ihm durch seine vorsichtige Ringfertigkeit werde überlegen seyn / und ihn vom Brodte tuhn. Er sey Tugendhafft oder nicht / antwortete der König; wann er nur leistet / was unsere Tugendhafte nicht geleistet haben; ist er dann gleich ein Baur von geburt / solches kan ihn nichts hindern / und wollen wir ihn schon zum Fürsten in OberMeden erklären / daß die Teutschẽ nicht Ursach haben / diesen Kampff abzulehnen. Die Schimpfrede ging ihnen beyden sehr zu Herzen /gaben auch dem Könige zuverstehen / daß ihre Träue und untertähnigkeit gegen ihren König viel grösser währe / als daß sie durch solche Worte sich wolten geschmähet halten / wolten aber nicht desto weniger ihre Königl. Hocheit geträulich warnen / daß sie gegen andere sich dessen mässigen wolte / es möchte sonst deren Herz dadurch von ihrer Hocheit abgewendet werden. Uberdas würde der König es reiflich überlegen / ehe er den Kämpffer zum Fürsten machete / daß nicht die Auffrührer und andere anlaß bekähmen außzuschreihen / der König verschenkete die Fürstentühmer den verlauffenen Indianischẽ Bauren /und die geträue Reichssassen nicht zugleich unwillig würden / daß der grobe Flegel ihen solte vorgezogen werden. Ich vor mein Häupt / sagete er / begehre nichts mehr / als ich schon habe und besitze / aber wie lange hat Oxatres dessen Königl. Zusage gehabt /und ist doch sein nie gedacht worden / als wann er wegen des Vaterlandes hat mühe und arbeit über sich nehmen müssen. Ey so sind wir gleichwol noch König / sagte Artabanus / und werden trauen unsern Worten Kraft geben können / wo wir sonst nicht nur bitsweise und als ein Afterköniglein herschen; deßwegen halte nach diesem ein jeder ein mit dergleichen unerheblichen einwürffen / damit wir nicht gezwungen tuhn und vornehmen müssen / was uns selbst leid seyn würde. Eure Königl. Hocheit fahre nach belieben /sagte Pakorus / aber sie werden erfahren / daß Pakorus ein redliches Herz gegen den Parthischen Stuel träget; [149] solte er aber drüber in Ungnade und Gefahr fallen / so muß ihm endlich gleich gelten / ob sein Blut durch Feindes oder seines Königes Hand vergossen wird; er wird doch nit nachlassen / so lange er lebet / eurer Hocheit bestes zu rahten. Solches sol ihm mit allen gnaden vergolten werden / sagte Artabanus; Aber in diesem Stük / welches dem Reiche nicht schädlich / oder wol ersprießlich seyn kan / wollen wir unsern Willen haben; ließ auch ein Königliches Schreiben unter seiner Hand und Pitschaft auffsetzen /in welchem er Gamaxus vor einen Fürsten in OberMeden erklärete / nebest der Verheissung / daß ihm nach erhaltenem Siege ein Heer von 60000 Mann solte untergeben werden / damit er das Fürstentuhm einnehmen könte. So bald der grobe Dröscher dieses Schreiben empfing / ließ ers vielmahl abschreiben /und hin und wieder anschlagen / legte auch eine Abschrifft bey seinen andermahligen Außfoderungs Brieff / welchen er unsern Helden zuschickete.
In Persepolis stund ihnen ein ander Unglük bevor /welches bloß allein Gottes barmherzigkeit von ihnen abwendete; dann es hatten die vier Hirkaner in erfahrung bracht / daß ihre Herren den Kampff wieder Gamaxus abgeschlagen hatten / auff welchen Fall sie befehlichet wahren / ihr Vorhaben mit erster gelegenheit ins Werk zurichten / wurden auch eines gewissen Tages eins / an welchem sie ihrer Herren Stieffeln oder Handschuch dergestalt inwendig salben wolten /daß nach verfliessung 48 Stunden sie keine mehr anlegen solten. Einer unter ihnen / nahmens Bazaentes /hatte an Herkules Freundligkeit sich so sehr verliebet / daß ihn unmöglich dauchte / diese Mordtaht zu volbringen / währe auch ewig schade / daß ein solcher lieber Herr so jämmerlich umbkommen solte; beschloß deßwegen die lezte Nacht festiglich / es zuoffenbahren / und seinem Herrn das Leben zuretten / was hart verbindliche Verheissung er gleich dem Könige getahn hatte; machte sich zu Tyriotes / und baht ihn / die GroßFürstin zubewägen / daß sie ihn absonderlich / ohn seiner dreyen Gesellen vorwissen zu sich fodern liesse / nachdem ihrer Durchl. er etwas vorzutragen hätte / welches keinen Verzug leiden wolte. Dieser wahr willig ihn anzumelden / und kam bald hernach ein Persischer Knabe / welcher ihn zu der GroßFürstin foderte / gleich da die andern ausgangen wahren / alles nöhtige zu ihrer Flucht fertig zu machen. Als er zu ihr ins Gemach trat / schossen ihm die Trähnen in die Augen / baht untertähnigst / sie möchte die Anwesenden abweichen heissen / setzete sich hernach auff die Knie / und fing mit weinender Stimme also an: Durchleuchtigste GroßFürstin / ich armer Sünder / der ich aus unbedachtsamen Frevel ein abscheuhliches Bubenstük zuverrichten / auff mich genommen / komme / dessen gnädigste verzeihung zu bitten / und das übel abzuwenden / ehe und bevor es von andern volführet werde / die sich dessen nicht bereden können / daß es bößlich gehandelt sey. Alsbald gedachte sie / es würde die Vergifftung antreffen /welche sie schon aus dem Sinne geschlagen hatte /und antwortete ihm gnädig also: Mein Bazaentes / du tuhst sehr wol / daß du das böse bereuest / ehe es vollendet wird / und erzeigest hiedurch dein auffrichtiges Herz / welches von untugend zwar kan angesprenget / aber nicht überwunden werden; daher du dich nicht allein gänzlicher verzeihung / sondern grosser überwichtiger Gnade wol versichern magst / wann du nur redliche anzeige tuhst / damit das böse / ehe es volbracht wird / abgewendet / und gleichwol kein unschuldiger verleumdet werde. So stehe nun auff / und offenbahre mir kühnlich / was du auff dem Herzen hast. Hierauff fing er an zuerzählen / was gestalt [150] Artabanus ihn und seine drey Gesellen mit herben Gifft ausgerüstet hätte / König Ladisla und GroßFürst Herkules damit hinzurichten / wovor jedem eine freye Herrschaft zugesaget und verbriefet / auch aus dem Königl. Frauenzimmer die Wahl der schönsten Jungfrauen versprochen währe / die Bagophanes ihnen schon gezeiget hätte. Nun wolte er aber / nachdem ers recht erwogen / lieber seine ganze Lebenszeit im Elende zubringen / als dieses Bubenstük begehen; meldete hernach / daß sie verabscheidet hätten / da sie der Stiefeln heut nicht könten bemächtiget seyn / die Handschuch heut über der Mahlzeit inwendig zu vergifften / und währe die Salbe der Wirkung / daß wann sie die Haut nur berührete / der Mensch ohn alle Hülffe nach Verlauff 48 Stunden des Todes seyn / und inzwischen unsägliche Schmerzen ausstehen müste. Valiska stellete sich / als hätte sie dessen nie keinen Argwohn gehabt / hieß ihn schweigen / und aller Gnade gewärtig seyn / ging nach ihres Bruders Gemach / woselbst sie auch Herkules und Fabius fand / und redete sie mit nassen Augẽ also an: Meine allerliebste Herzen; billich fallen wir auff die Knie / und danken unserm GOtt und Erlöser vor seine unaussprechliche Barmherzigkeit / daß er mir gleich diese Stunde die teuflische Vergifftung kund werden lassen / welche heut diesen Tag an meinem Bruder und Gemahl hat sollen erfüllet werden / und man sie menschlicher Vernunfft nach nicht hätte meiden noch verhüten können. Sie entsetzeten sich alle / höreten der Erzählung fleissig zu / und rahtschlageten / wie den Sachen ferner zu tuhn währe; wurden endlich eins / die vier Hirkaner neben vier Böhmischen bey der Mahlzeit auffwarten zulassen / und ihnẽ vorsezlich / doch als ohngefehr die Handschuch hinzureichen / daß sie auff scheinbahrer Taht ergriffen / desto besser überzeuget /und hernach absonderlich wegen des Anstiffters befraget werden könten / welches dem Parthischen Wüterich unabwischlichen Schimpff geben würde. Fabius ward von ihnen nach Pharnabazus gesendet / er möchte unbeschweret zur Mahlzeit kommen / weil etwas wichtiges würde zubereden seyn. Sie aber setzeten sich auff die Knie / hielten ihr andächtiges Gebeht zu Gott / und danketen ihm vor diese unaussprechliche Gnade / daß er des einen Herz gelenket / und zur Bekantniß angetrieben hätte / bahten auch ihren Heyland / er wolte sich ihrer ferner annehmen / und sie frisch und gesund in ihr Vaterland führen. Hernach verwieß Valiska ihrem Herkules seine Leichtgläubigkeit / und daß er ihre erste Warnung so gar in den Wind geschlagẽ; man müste nicht alles vor Gold halten / was da schimmert; die Boßheit könte ja so wol / und viel besser unter auffrichtiger äusserlicher Gestalt / als niedergeschlagenen Augen verborgen liegen. Als sie zur Mahlzeit gingen / machten sie Artaxerxes und an dern anwesenden Fürsten den schändlichen Meuchelmord zuwissen / der mit seinem Anstiffter äusserst verfluchet ward. Die Hirkaner stelleten sich hinter ihre Herren zur Auffwartung / an denen man die geringsten Zeichen einer Verenderung nicht merken kunte / und da sie die Handschuch nebest den Schwertern empfingen / trugen sie alles in ein NebenGemach; Weil sie sich nun daselbst allein befunden / und Bazaentes auff die Schildwache stelleten / strichen sie den Gifft unvermerket hinein / da Fabius in Geselschafft seinen Teil auch bekam. Bey wehrender Verrichtung sagte einer zu dem andern: Heut wollen wir unser Glük verdienen / und ein mehres leistẽ / als Fürst Vologeses mit 500000 Mann nicht vermocht hat; Du aber / sagte einer zu Bazaentes / solt dieses Ruhms nur halb geniessen / weil du nicht Hand mit angeleget hast. Dieser gab [151] lachend zur Antwort: Ich hoffe noch den besten Preiß davon zutragen / weil ich ihnen den Gifft zustellen wil. Nach verrichtetem Bubenstük traten sie mit ernstlichem Angesicht vor den Tisch / und gingen mit flüchtigen Gedanken umb / des Vorsatzes / so bald sie sehen würden / daß sie ihre Handschuch würden angezogen haben / zu ihren Pferden zulauffen / welche sie nicht weit vom OstenTohre in ein Hauß gezogen hatten / vorgebend / sie solten mit etlichen Herren auff die Jagt reiten. Unter der Mahlzeit befahl Artaxerxes alle Diener abzutreten / weil man geheime Sachen zu bereden hätte / welches niemand argwöhnisch machte / weil es offt zugeschehen pflag. Weil sie nun nicht wissen kunten / ob die Beschmierung geschehen währe / stund Valiska auff / ging nach ihrem Gemache / und hieß Bazaentes und zween Böhmische Knaben mit ihr gehen / deren jedem sie eine Schachtel zu tragen gab / als wolte man etliche Sachen heraus nehmen / und sagte sie zu dem Hirkaner: Mein Sohn / ist der Anschlag zu werke gerichtet / so sage mir die Warheit. Ja Durchl. GroßFürstin / antwortete er; sie haben den Tod in meiner gnädigstẽ Herren / und Herrn Fabius Handschuch geschmieret. Gab ihr hernach sein Gifftbüchslein / und deutete an /man würde ein gleichmässiges bey ällen dreyen finden; überdas stünden ihre Pferde gesattelt / allernähest beym Tohr in der Herberge zum gülden Löuen. Beweißtums gnug / sagte sie / schweige nur stille /und verrahte dich selber nicht; ging hinter diesen dreyen her / nam ihnen die Schachteln ab vor der SaalTühr / und nachdem sie der Geselschafft bericht getahn hatte / ließ sie durch die drey Hirkaner die Schachteln in Libussen Begleitung wieder nach ihrem Gemache tragen. Bald darauff wurden die Diener sämtlich wieder herein geruffen / uñ taht ihnen Valiska Befehl / so bald man mit den Hirkanern reden würde / solten sie acht auff ihre Hände geben / damit sie weder sich selbst noch andere zu verletzen Gelegenheit hätten; doch hielt man ein / biß die Speisen abgetragen wahren / und Phraortes die drey Hirkaner (den vierden hatte man vorsezlich weggeschikt) vor sich foderte / welche er fragte / ob sie den Bauren Gamaxus bey Artabanus nicht gesehen hätten; auch was sonsten neues nach verlohrner Schlacht vorgangen währe. Der fürnehmste unter ihnen / nahmens Trountes / antwortete: Sie wüsten von keinem Gamaxus zusagen / und hätte der König sich gar freudig gestellet / als ob er die Schlacht gewonnen / zweifelte auch nicht / er würde sich mit sehr grosser Macht bald wieder zu Felde begeben. Du redest sehr gut Parthisch / sagte Phraortes / und solte mich dieses fast bewägen / einem vertraulichen Schreiben Glauben beyzumessen / in welchem ich von Charas aus berichtet werde /Artabanus habe etliche verwägene Buben durch grosse Verheissungen auffgemacht / die sich eines ungläublichen Bubenstüks unterfangen würden; seyd ihr nun dieselben / so bekennet es / weil die GnadenTühr offen stehet / alsdann wird man den gelindesten Weg mit euch gehen; im widrigen dürffte es hernach scharffe Abstraffung geben; ist aber die Unschuld auf eurer Seite / sol euch meine Warnung an euren Ehren hernähst unschädlich seyn. Vorerst aber kömt mir sehr verdächtig vor / daß ihr alle vier es so zugleich soltet eins worden seyn; Vors ander / sehe ich keine wichtige Ursachen / warumb ihr eben euch hieher begeben / dessen ihr ja in eurer Eltern Schreiben keinen Befehl habet / wisset auch keine Beleidigung anzuzeigen / damit euch Artabanus zur Flucht bewäget hätte; und welches das vornehmste ist / redet ihr sein bestes nach Vermögen / da ich das Widerspiel viel besser weiß. Die Jünglinge stelleten sich freidig; sie wären[152] Hirkanisches Adels / und nicht der Meynung / ihrem ehrlichen Geschlechte einigen Schandflek anzuwerffen / bähten untertähnigst / Ihre GroßFürstl. Durchl. wolte sie des ungleichen Verdachts gnädigst entheben / oder zum wenigsten bey ihrem gnädigsten Herrn ihnen Erläubniß erwerben / in ihr Vaterand zuzihen. So wisset ihr euch alles bösen Vornehmens so gar frey und unschuldig? sagte Phraortes. Ja / gnädigster Herr / antworteten sie / wolten auch lieber sterben /als unzimliche Sachen vornehmen. Phraortes lachete ihrer Ernsthafftigkeit / und sagte: O wer sich warnen liesse / ehe er überzeuget würde; dann hernach wird es viel zu lange geharret seyn. Diese drey sahen sich untereinander an / und mißdauchte sie Bazaentes Abwesenheit / wolten sich doch selbst nicht verrahten /sondern bahten / ihr vierder Geselle möchte zur Verantwortung dieser schweren Auflage auch gefodert werden. Aber Phraortes gab zur Antwort: Seyd ihr drey from / so wird der vierde wol mit from seyn; oder ist er schlimmer als ihr / dann haben wir an euch dreyen schon mehr als gnug; wiewol euer Geselle nach befindung eben so wenig als ein ander frey ausgehen sol. Machet euch aber hin / und hohlet die drey par Handschuh her / daß sie euer gerühmeten Unschuld Zeuge seyn. Was vor Handschuch / gnädigster GroßFürst? fragete Trountes / der gewöhnliche Worthalter. Du stellest dich sehr fremde / sagte Phraortes; Ich fodere dieselben / welche ihr ins NebenGemach getragen / und sie daselbst mit einem wolriechenden /Sälbelein bestrichen habt. Der eine wahr willens zubekennen / und umb Gnade zu bitten / weil er hörete /daß die Sache verrahten wahr; aber Trountes fing seiner Verwägenheit nach an: Hat etwa Bazaentes / der dabey nistelte / etwas daran geschmieret / wovon mir gleichwol nichts bewust ist / so straffe man ihn; ich und meine Gesellen wollen gern selbst mit Hand anlegen. Bistu da zurissen / sagte Phraortes / so muß Meister Hämmerlein über dich kommen; und meynestu Bube / diese HochFürstl. Geselschafft werde sich durch deine schlauhe Verstellung hintergehen lassen? Hierauff wurden die anwesende Diener befehlichet /ihnen die Kleider zubesuchen. Worauf der eine / nahmens Orontes / alsbald einẽ Fußfall taht / legte sich auff die Erde / und rief immerzu / Gnade / Gnade! die anderen beyde aber sträubeten sich / zücketen ihr Brodmesser / und traten dem Tische näher / des willens / unsere beyde Helden zuerstechen; aber die anwesende Diener begriffen sie / brachen ihnen die Messer aus den Fäusten / und wurden drey Böhmische darüber verwundet. Die Fürstliche Geselschafft kehrete sich nicht groß dran / und wurden etliche Trabanten hinein geruffen / welche die Buben mit Stricken bunden / und Herkules ihnen nochmahl zu reden erlaubete; Worauff der vorige zu seinem MitSchelme / nahmens Mazezes sagte: Mein redlicher Geselle und lieber Bruder / du sihest und hörest / daß der meinäidige Bazaentes zum Verrähter worden ist / wie ich allemahl gefürchtet / und der furchtsame Orontes das Herz verlohren hat; Laß uns aber geherzt sterben /nachdem wir nicht länger glüklich leben / noch unserm allerliebesten Könige weiter dienen können; wir wollen trauen weder Aufrührer noch Abtrünnige werden / sondern deren Boßheit vielmehr verfluchen. Den Fürsten ging solche Schmach durchs Herz / und befahl Artaxerxes / daß sie drunten im Vorhofe am ganzen Leibe mit Ruhten biß auffs milde Blut gestrichen / hernach in absonderliche Gefängniß gelegt / und auff der Folter stränge solten gezogen werden; da man die Gifftbüchslein bey ihnen fand / und ihre Uhrgicht mit Bazaentes Bekäntniß ganz überein stimmete. [153] Orontes gestund alles gutwillig / und erlangete durch Herkules Vorbitte die Gnade / daß er auff vier Jahr in einen Thurm gefangen gelegt ward / seine Sünde aldabey geringer Speise zubüssen / und nachgehends milderer Gnade gewärtig zuseyn. Ihre gesamte Bekäntniß ging dahin / daß ob zwar der König selbst sie zu solcher Taht vermocht / hätte doch Bagophanes und sein Weib durch Reiz- und Verheissung sie immer hefftiger getrieben / biß sie ihre Träue mit hohen Beteurungen angelobet / und sich behäglich erkläret hätten. Artaxerxes sprach den beyden boßhafften die Urtel / der Gifft solte ihnen angeschmieret / und sie hernach /weil sie noch lebeten / auffs Feuer gesetzet / und zu Aschen verbreñet werden; welches des folgenden Tages den Anfang nam; da sie alle drey auff eine Stellung geführet / und ihnen die Uhrgicht vorgelesen ward / welche sie beständig bejaheten; worauff Orontes öffentlich um Gnade bitten / und vor die schon erlangete danken muste / ward auch darnach hingebracht / seine bereitete Herberge zubewohnen. Den andern beyden wurden Hände uñ Füsse mit ihrem Gifft gesalbet / welcher sie diesen und folgenden Tag erbämlich peinigte. Bazaentes ward hernach vor die gesamte Fürsten geführet / und von Valisken also angeredet: Mein Sohn / du solt dich erinnern der Verheissung / so ich dir wegen deiner Anzeige getahn habe /und demnach an meinen Gemahl eine Vergeltung untertähnig begehren / welche dir geleistet werden sol. Dieser fiel auff die Knie / fing an bitterlich zuweinen /und baht durch alle Götter / ihm vorerst seine vorgenommene Missetaht gnädigst zuverzeihen; hernach vor Artabanus ihn Verfolgung zuschützen; und endlich / daß GFürst Herkules ihn entweder Zeit seines Lebens in Dienst behalten / oder in abgelegenen unbekanten Landschafften Lebensmittel verschaffen wolte / damit er nicht wieder vor seines Vaters Augen kähme / als welcher ihn wegen der vorgenommenen Ubeltaht ungezweifelt selbst erwürgen würde / weil er Fürst Menapis geheimter Raht / und dem Parthischen Wüterich biß auff den Tod gehässig währe; Dafern er nun diese dreyfache hohe Gnade erlangen könte /schätzete er sich glükselig gnug / und wolte Zeit seines Lebens es in untertähnigstem Gehorsam erkennen. Die Fürsten hiessen ihn einen Abtrit nehmen / rühmeten hernach seine rechtschaffene Erkäntniß / und nam ihn Herkules an vor seinen HofJunker / hielt ihm auch einen Leibknaben und zween reisige Knechte sampt vier Reitpferden und so viel Gutschpferden / und vermachte ihm monatliche Bestallung 1000 Kronen; so schossen der Medische / Persische und Susianische Fürst 80000 Kronen zusa en / und Gallus brachte ihm bey den KriegsObristen auch so viel zuwege /welches alles er wider seinen Willen zu sich nehmen muste; Weil dann Libussa gemerket hatte / daß er der GroßFürstin Valiska neu angenommene ädle KammerJungfer / die schöne Laudize geneñet / gerne sahe / welche ein Jungfräulein von 15 Jahren wahr / befoderte sie es / daß sie ihm zur Ehe versprochen ward. Sechs Stunden vor der verurteileten Verbrennung kam abermahl ein Heerhold von Gamaxus an / welcher vor des Gerichts Volstreckung / dem er selbst beywohnen muste / nicht gehöret ward; da er dann anhörete / was gestalt nach wiedergehohlter Uhrgicht Artabanus der Parthische Wüterich vor einen unredlichen Gifftmischer dreymahl ausgeruffen ward; nach welcher Verrichtung man ihn vortreten ließ / da er dieses anbrachte: Der Durchleuchtige Fürst in OberMeden /Herr Gamaxus der Sieghaffte / hat an die Durchl. Fürsten / Herrn Herkules und Herrn Ladisla mich abgefertiget / und ihnen dieses Schreiben einzureichen /[154] mir gnädig anbefohlen. Wie nun zum Henker / sagte Ladisla / ist der Baur so schleunig zum Fürsten / und zwar zum Fürsten in Meden worden? O ihr ädlen Meden / ist euch von dem Gifftmischer Artabanus so schwere Straffe zugemässen / daß ein fremder Baur über euch herrschen sol / so wird euch hart genug gefluchet seyn; aber saget mir doch / Heerhold / wie komt ihr darzu / daß ihr diesen Bauren vor einen Fürsten in Meden scheltet? sehet ihr den wahrhafften GroßFürsten in Meden nicht hie gegenwärtig sitzen /und seinen Erben nicht weit davon? Ich habe dieses nicht zurechtfertigen / antwortete er / nachdem mein allergnädigster König ihm den Nahmen aufgetragen hat / und mir anbefohlen ist / ihn also zuneñen. Phraortes sagte mit einem Gelächter: Artabanus der Giftmischer verschenket mein GroßFürstentuhm / und weiß nicht / wie lange er seinen Stuel besitzen sol; währe ich aber mit ihm allein im freyen Felde / müste er mir deswegen Rechenschaft geben. Weil nun dieser hierauff nicht antworten wolte / nam Herkules das Schreiben / hieß den Abgesanten abtreten / und verlase diesen Inhalt öffentlich:
Gamaxus der Sieghaffte / erhobener und bestetigter Fürst in OberMeden / der bißher 18 Jahr lang seinen Säbel gebraucht und denselben nunmehr unüberwindlich gemacht / nachdem er ihn niemahls / als nach erhaltener überwindung in die Scheide gestecket; hat die schimpfliche Antwort des rasenden Teutschen Fräulein Diebes abwesend vernommen / die er gegenwärtig von seiner zwanzigen nicht ohn ihrer Zermalmung würde angehöret haben. Damit er nun solchen Frevel gebührlich abstraffe /und die verwägene Lästerzunge hemme / fodert er denselben nebest seinem Gesellen Ladisla / der nicht umb ein Haar besser als er selbst ist; auch Artaxerxes den abtrünnigen Persen / und Phraortes den vermeynten Medischen Fürsten ritterlich aus / daß sie alle vier zugleich auff dem Platze / welchen mein Abgesanter benennen wird / erscheinen / die ich allesamt in einem Kampffe bestehen /und sie mit vier Streichen mitten von einander spalten wil. Solte ihnen aber vor meinem durchdringenden Säbel grauen / daß sie mir zuentlauffen meyneten / wil ich nicht allein sie vor verzagete Buben durch alle Morgenländer ausruffen und öffentlich anschlagen / sondern sie zuverfolgen nicht ruhen / biß ich sie ertappen / und mein Herz durch billiche Rache befriedigen werde / wann gleich biß in den unachtsamen Winkel Teutschlandes ich ihnen nachreiten müste / massen der Weg dahin / so wol den herzhafften als verzagten offen stehet. Solches dräuet /uñ wird unfehlbar vollenden FürstGamaxus der Sieghafte.
Dieser ist ohn zweiffel noch einer von den Himmel-Stürmern / sagte Herkules nach verlesung / und hätte ich nie gemeinet / daß in einem Menschen ein so unbesonnener Frevel stecken könte; sehe aber / daß er sein Maß erfüllet / und der Almächtige Gott diesen übermuht länger nicht dulden wil; wollen demnach meine Herren mir volmacht geben / ihm eine Antwort zuerteilen / die ich mit der hülffe meines GOttes zubehäupten willens bin / hoffe auch nicht / daß mich Gott deßwegen aus so mannicher Gefahr errettet habe / daß ich von diesem Bauren solte erschlagen werden. Als ihm nun dessen vollige Gewalt eingeräumet ward /nachdem man dem Abgesanten auff Herkules begehren die Straffe gelindert hatte / war derselbe hinein geruffen / zu welchem Herkules sagete: Heerhold / des ungeschlieffenen Bauren Gamaxus Feder ist gewaltig grob geschnitten / und sihet man wol / daß ihm der Flegel oder die Mistgabel besser als an Fürsten zu schreiben / anstehe. Wann diese HochFürstliche Geselschaft meine Vorbitte nicht hätte wollen gelten lassen / hätten sie Ursach gnug / euch an den Galgen zu henken / daß andere eures gleichen abscheuh bekähmen / sich vor solche Brieffeträger bestellen zu lassen. Aber der bäurische Garsthammel ist unsers Zorns nicht wirdig / welches euch zur Lebensfristung dienen muß / jedoch / dafern ihr [155] euch gleich alsbald ohnwegerlich durch einen äid verbinden werdet / daß ihr auff der Rükreise nichts durchaus / als Wasser und grob Bauren-Brod / welches man euch zustellen wird / geniessen / und so bald ihr vor dem Stadtohr ankomt /da der Baur sich auffhält / ihr euch auff einen Esel rüklings setzen / gleich also biß zu diesem Bauren reiten / und ihm diese Mistgabel und DröscheFlegel im nahmen unser aller zustellen / auch diese Antwort ihm sagen wollet: Ob der Bauren Unstaht zwar billiger durch Henkers / als eines Fürsten Schwert solte abgestraffet werden / wil ich doch am fünfften Tage von diesem an zu rechnen / auff bestimmetem Platze erscheinen / und versuchen / ob ich seine ungespitzete Bauren Feder mit meinem Schwerte nicht beschneiden / und ihm die ruhmrätige Ochsenzunge spannen könne. Werdet ihr aber euch dessen zu verbinden nicht willig seyn / so stehet der Büttelknecht haussen vor dem Schlosse / welcher euch an den Galgen knüpften sol. Dieser entsetzete sich vor der Straffe /wahr willig den äid zu leisten / und alles geträulich zu verrichten; nur allein baht er / ob die Antwort ihm nicht schriftlich könte gegebẽ werden. Aber Herkules gab ihm zum abscheide dieses: Bald packe dich / und bilde dir nicht ein / daß einiger Fürst mit einem bengelichten Baurwocken werde Schreiben wechseln. Also muste dieser abzihen / und auff der Reise sich kü erlich gnug behelffen / da ihm ein lahm geschossener Parthischer Gefangener zugegeben ward / welcher ihm den Flegel tragen / er aber selbst die Mistgabel zu sich nehmen muste.
Frau Atossa hatte nunmehr sich zur Reise nach Meden fertig gemacht / und mit Arbazes die Eheteidung mit Frl. Tarinea geschlossen / wolte auch des folgenden morgens in Geselschaft etlicher Medischen Herrn fortzihen; aber durch neue Wiederwertigkeit ward sie noch vier Tage auffgehalten; dann Herr Pharnazes / des Assyrischen Fürsten Armamethres Bruder Sohn / der von grossen mitteln / und in letzter Schlacht sich wolgehalten hatte / auch nach seines Vettern tode der näheste Erbe dieses Fürstentuhms wahr / verliebete sich hefftig in sie / uñ als er sahe /daß sie hinwegwolte / brach die Begierde seine Furcht / daß er sich an GroßFürstin Saptina machete / ihr seine Liebe zuwissen taht / und fleissig anhielt / ihm diese Heyraht zu werben; es stünde ihm auff der eile zwar nicht / wann nur nach abgelegter trauer ihm kein ander vorkommen möchte. Weil diese ihm nun gute vertröstung gab / und allen ihren fleiß versprach /zweiffelte er am guten verfolg weiter nicht / stellete ihr auch ein köstliches Kleinot zu / es Fr. Atossen seinetwegen einzureichen. Die GroßFürstin wolte diese Gelegenheit nicht verabseumen / setzete nach gehaltenem Abendmahle sich zu ihr / und meldete an / es fielen wichtige Ursachen ein / daß man ihr abreisen noch nicht einwilligen könte; sie solte den Unfal ihres Seel. Gemahls bey seit setzen / die Götter wolten ihren Willen haben / und könte geschehen / daß sie nach dieser trübsaal ein höher Glük als vorhin zugewarten hätte. Fr. Atossa fürchtete sich alsbald / sie ginge mit neuen Heyrahtsgedanken umb / wovor sie den Tod zuwählen bedacht wahr / und antwortete: Der Himmel hätte den grösten teil ihrer Fröligkeit hinweg genommen / und währe billich / daß sie den Tod ihres Seel. Gemahls betraurete / welcher ja von dem Tähter selbst betrautet würde; bähte demnach untertähnig /sie nicht auffzuhalten / weil ihr nach ihrer betrübten Fr. Mutter höchlich verlangete / und dieser frölichen Geselschaft mit ihrer wehmühtigen gegenwart nicht gedienet währe. Euer Mutter / sagte die GroßFürstin /gehets noch wol / [156] und wann gleich dieselbe nicht währe / so wil ich bey euch ohndas Mutterstelle vertreten / weil ich schon weis / daß ich eine gehorsame Tochter an euch habe / gehe auch schon damit umb /wie ich euch zu höherem Glücke verhelffen möge / als eure leibliche Mutter nicht tuhn kan; wollet demnach auff mein begehren euch förder nicht wegern / bey mir zuverharren / weil es einig nur zu euer wolfahrt angesehen ist; und was dünket euch? hättet ihr mir nit zu danken / wann ichs fügete / daß ihr dereins auff einem Fürsten Stuel sässet. Dieser Ehre schätze ich mich allerdinge unwirdig / antwortete sie / und weil es nicht anders als durch heiraht geschehen würde / gebühret mir nicht darauff zu antworten / nachdem ich meinen lieben Ehegatten / des GroßFürsten so nahen Anverwanten erst vor weniger Zeit verlohren habe; bedanke mich nicht destoweniger gegen eure Durchl. untertähnig / der gänzlichen zuversicht gelebend / sie werde meine Antwort vielmehr gut heissen als tadeln /und vissen die Götter / daß ich zu solcher Hocheit weder Sinn noch willen trage / wann ichs gleich erlangen könte. Fr. Saptina wolte nicht ablassen / und durfte gleichwol ehrenhalben so stark nicht in sie dringen / doch als diese in steter wegerung blieb / und sie ihr gleichwol das Kleinot gerne beygebracht hätte / sagte sie endlich: Geliebte Tochter / ihr sollet mit mir nicht als mit einer fremden umbgehen; euer redliches Gemüht ist mir gnug bekant / und daß ihr meinen Oheim Seel. auffrichtig geliebet; weil ihr aber noch sehr jung seid / und unmöglich / eure übrigen Tage einsam zuzubringen / muß man trauen des Glückes anbieten nicht außschlagen; ich gehe damit nicht umb / daß ich eure gebührliche trauerzeit stören oder kürzen wolte / nur allein / daß nach verflossenen Wochen ihr wieder mit einem wirdigen Gemahl möget versehen seyn; derwegen lasset euch rahten / und gebet eine andere Erklärung von euch / wie ich mich dessen zu euch versehe; da ist Pharnazes nähester Erbe des Fürstentuhms Assyrien / welcher euch sein Herz zugewendet / und umb eheliche Heyraht ansuchet / dem kein Fürst in diesen Morgenländern sein Fräulein versagen würde. Sehet da / beweißtuhms gnug / daß er euch in ehren meinet / weil er keine falsche Kuplerin / sondern mich / eure nahe Anverwantin gebrauchet / und mir dieses Kleinot eingehändiget hat / euch zum Zeichen inbrünstiger gewogenheit zu liefern; nicht dz er gleich diese Stunde mit dem Beylager gedenket fortzufahren / sondern nur versichert seyn mag / daß nach abgelegter trauer ihr die seine seyn wollet. Fr. Atossa wuste vor angst nicht zubleiben; sie durfte die GroßFürstin nicht erzürnen / und wolte doch vielweniger das Kleinot nehmen; endlich fassete sie einen Muht und antwortete: Durchleuchtigste GroßFürstin; hat Pharnazes auff Artobarzanes Tod gehoffet / als dann sol er nun und nimmermehr an meine Seite kommen; treibet ihn aber sonst eine ehrliebende Gewogenheit / so weiß ich ihm dessen fleissigen dank; aber daß ich mich ihm versprechen /oder einiges Geschenke jetziger Zeit schon von ihm annehmen solte / bin ich keines weges gesinnet / in betrachtung er hernach selbst mirs vor eine grosse Leichtfertigkeit außdeuten würde. Haben die Götter es versehen / wird es wol geschehen müssen / wiewol ich wieder zu heirahten nicht willens bin. Valiska verstörete dieses Gespräch durch ihre ankunft / welches Atossen sehr lieb wahr / aber des folgenden morgens /da Herkules mit seiner grossen Geselschaft nach den Parthischen Grenzen auffbrach / kunte ihr die Reise nicht zugelassen werden / wiewol es ihr Glük wahr /daß Pharnazes mit fort muste; und ob gleich die GroßFürstin sich sehr bemühete / sie biß auff [157] dessen Wiederkunft auffzuhalten / muste sie doch endlich nachgebẽ / daß sie nach ihrer Mutter saht / und gleichwol weder durch gelinde noch harte Reden es dahin bringen kunte / daß sie ihr das Jawort hinterlassen / oder das Kleinot angeno en hätte. Surinas wahr nunmehr an seinen Wunden genesen / wuste auch den Weg den sie zihen würde / und wartete ihr mit 30 Reutern auff den Dienst; es dauchte ihn ihr verweilen einige Gefahr auff sich haben / weil die Abrede anders lieff / und als sie mit ihrer begleitung 200 Pferde stark in den Medischen Grenzen anlangete / schikte sie ihre Völker biß auff 12 Mann alle wieder zurücke; traff des andern Tages hernach ihren Liebsten in einer Abendherberge unvermutlich an / dessen sie halb erschrocken halb frölich wahr. Sie erzähleten einer dem andern ihre begebnis / und auff sein unablässiges anhalten / verehelichte sie sich mit ihm völlig / doch in grosser stille und geheim / da er sie unter dem Schein ihrer nahen verwantnis biß an ihrer MutterSchloß begleitete / und sich in der nähe bey ihrer nahen verarmeten Anverwantin auffhielt / welche wegen der statlichen verehrungen / die ihr von beyden teilen zukahmen / ihnen zu dienste wahr / daß sie fast täglich beyeinander wahren.
Dem auffgeblasenen Gamaxus ward in der Parthischen Grenzestad angemeldet / was gestalt sein Abgesanter vorm Tohr sein Pferd umb einen unflätigen Esel verwechselt hätte / und auff demselben rüklings daher ritte / so daß er auff einer Schulder eine Mistgabel / auff der anderen einen Dröscheflegel hielte; welches er hiemit beantwortete; er würde etwa seine Sinne gefressen haben. Derselbe aber wolte seinem getahnen äide nachko en / deßwegen ließ er ihm anzeigen / er könte Kraft geschwornen starken äides /darzu er durch bedräuung des Todes gezwungen währe / nicht anders / als entweder sterben / oder auff solche weise erscheinen. Dieser unverständiger kunte es noch nicht außrechnẽ / was vor eine bedeutung solches mit sich führete / und gab zur Antwort; so wird FürstGamaxus hinaus treten / umb zuvernehmẽ / was dieses vor ein Auffzug sey. Sein Abgesanter / nahmens Sisenes / ritte zu ihm hinan / und redete also: Gnädiger Fürst / ich bin einmahl euer Gn. Heerhold gewesen / aber nach diesem nimmermehr wieder; euer Gn. Brieff muß harte schmähungen in sich gehabt haben / daher mir zum Bohtenlohn der Galgen schon bereitet wahr / wovon GroßFürst Herkules mich loßgebehten / mit dieser bedingung / daß ich auff der ganzen Rükreise mit Wasser und groben Bauren-Brod vor liebnehmen / und die antwort / wie sie mir gegeben ist vortragen zuwollen / äidlich angeloben muste; wil nun eure Gn. dieselbe anhören / wil ich sie vorbringen. Gamaxus begunte die Bäurischen Werkzeuge und deren deutung zuerkennen / lief auch so vol Zorn / daß er schiene von Siñen kommen seyn / und da Sisenes nicht reißaus genommen / würde er ihn erschlagen haben. Katenes aber trat zu ihm / und sagte: Ein Fürst müste sich über Feindes Schimpff uñ Spot nicht zu hefftig eifern / sondern es großmühtig verlachen /und es an dem rechtschuldigen zu rächen / Gelegenheit suchen. Weil er dann diesen Herrn ohndas gerne hörete / ließ er Sisenes vor sich kommen / und befahl ihm alles / klein und groß zu sagen; welcher seines äides sich erinnernd / klaren Wein einschenkete. Da hätte man nun auffs neue ein gräuliches Wüten sehen mögen; er verkehrete die Augen im Kopffe / und brüllete / daß alle Anwesende sich davor entsetzeten; endlich schwuhr er bey allen höllischen Göttern / so bald er nur den Lästerer ansichtig / wolte er ihn mit seinen Helffern in kleine Stücke zerhauen / [158] und ihr Fleisch samt dem Ingeweide den Hunden und Raben vorwerffen / dann es währe ihm unmöglich / des Königes Willen nach / sie lebendig anzunehmen / weil ihm nit anders zu Sinne währe / als ob der Schimpff ihm das Herz abstossen wolte. Nun wuste Artaxerxes wol /daß der Feind die Grenzestädte nicht allein mit gnugsamer Mannschaffe versehen / sondern auch mit obgedachter Reuterey verwahret hatte / deßwegen er die außerlesensten Meden und Persen 30000 stark zu sich nam / denen Herkules Ladisla und Fabius alle Teutschen / Böhmen und Römer zu gaben / und zogen mit diesem wolbewehrten Heer fort / des gänzlichen vorhabens / den Feind zur Schlacht außzulocken. GroßFürstin Valiska wolte nicht dahinden bleiben / und hielt mit ihrem Gemahl und Bruder täglich dreymahl Behtstunde / daß Gott diesen trotzigen Riesen dämpffen / und seine Almacht an ihm beweisen wolte. An dem späten Abend nach des Heerholds Wiederkunft langeten sie nahe bey der Stad an / woselbst Gamaxus mit grossem verlangen wartete / lägerten sich ins freie Feld unter ihre Zelten gar enge / ruheten wol aus / und liessen durch einen auffgefangenen Parthischen Einwohner den Feind ihre ankunft wissen / und fragen /ob ein redlicher FeldHerr bey dem Heer währe / der Kriegs- und Fürsten gebrauch wüste und hielte / wolte man durch einen Gesanten handeln / so bald man etliche Geisel von ihnen hätte / weil man vernähme daß der Baur sich in solche Handlungen gar nicht zuschicken wüste. Katenes ließ solches an Gamaxus gelangen / und unterrichtete ihn / wessen er sich zuverhalten hätte; welcher sich endlich weisen ließ / uñ drey vornehme Parthische Obristen vor Geisel einsendete. Darauf ward Tyriotes zum Heerhold erwählet / welcher / da er zu Gamaxus gebracht ward / ihn also anredete: Die Großmächtigsten Fürsten und Herren /GroßFürst Artaxerxes in Persen; GroßFürst Phraortes / einiger wahrer GroßFürst über Meden / König Ladisla aus Böhmen / und GroßFürst Herkules aus Teutschland; alle uhraltes Königliches geblüts / und keine Bauren (hier fing Gamaxus schon an / sich selbst zuzerren und inwendig zu brummen / daran aber Tyriotes sich nicht kehrete / sondern fortfuhr) haben sich der unbescheidenen außfoderung des Indiers Gamaxus / welcher des ersten Bohten außsage nach / aus einem Baurenhütlein sol entsprossen seyn /nicht gnug verwundern können / daß ein solcher unwerter ihm in den Sinn nehmen darff / ob wolten sie ihr hochfürstliches Blut ihm darstellen / da sie etliche tausend hochädle Ritter haben / deren jeder dem Gamaxus nicht allein am adel / sondern auch herzhaffter Kühnheit und ritterlicher Erfahrung es weit bevor tuht / und ihm die Stange wol halten sol / auch der geringste unter ihnen bereit ist / den Kampff wieder ihn anzutreten. So hat auch König Artabanus / und alle seine tapffere redliche FeldHerrn es ja erfahren / daß GroßFürst Herkules und König Ladisla ritterliche KriegsHelden sind / und viel zu gut / sich mit einem Bauren herum zu dröschen. Jedoch daß der Indier sich nicht rühme / man habe sich vor seinem dräuen und Mördersäbel gefürchtet / ist der Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Herkules bewogen / seine Hocheit an die seite zulegen / und dem GamaxusStreits sat zugeben / so bald ihm zuerscheinen nur belieben wird /doch daß er mit Ritter-gebräuchlichem Gewehr uñ Harnisch sich stelle / oder aber seiner Durchl. erleubet und unnachteilig sey / sich nach seinem Willen zuwapnen / und solches Gewehr zubrauchen / wie es ihm gefällig; und hierauff begehre ich Antwort und erklärung. Gamaxus kunte sich nicht länger überwinden / uñ fing [159] mit greßlicher Stimme an; Warumb gibstu mir meine Fürstliche benahmung nicht / du unbescheidener Bohte? Darumb / antwortete er / weil du kein Fürst / ja nicht eins ein Ritter bist; und schilt mich ein unbescheidener. Du bist ein verwägener Bohte / sagte jener / und möchtest mich leicht auff andere wege finden. Wans redlich geschihet / sagte er /bin ich vor dich und deines gleichen unerschrocken; aber die Verwägenheit / deren du mich zeihest /schlägt dir gar über dem Kopffe zu; sonsten stehe ich hier / nit als ein Bohte / der den Bauren umbs Geld läufft / sondern als ein Gesanter eines grossen Herrn. Katanes / der ihm allernähest saß / raunete ihm ins Ohr / es währe keines Fürsten Brauch / sich über eines Gesanten rede zu eifern / sondern was zur sache dienete / zubeantworten / und das übrige verächtlich vorbey gehen zulassen; insonderheit möchte er sich ja nicht an diesem vergreiffen / damit es nicht an ihren Geiseln härtiglich gerochen würde. Aber Gamaxus gab über laut zur Antwort: Was? solte ich mich von einem liederlichen Bohten beschimpffen lassen? doch / sagte er / sich über macht erhohlend / ich wil dich der Freyheit eines Gesanten geniessen lassen / sonst wolte ich dich mit diesem Säbel (welchen er fast zur helffte außzog) von oben an biß unten aus / in einem Streiche vonander hauen. Groß und schwer genug sehe ich dich davor an / sagte Tyriotes; aber es würde wol ein schönes Fürstenstük seyn / wann du Hand an einen Gesanten legtest; warte aber / biß wir draussen mit einander sind / und dräue alsdann weiter; jezt gib mir bescheid / oder laß keinen bescheid auch einen seyn; dañ meinem gnädigsten GroßFürsten ists ungelegen / auff dich vergeblich zu warten. Was? rieff Gamaxus / woltestu Bube einen Fürsten rechtfertigen. Du Baurenflegel kanst keinen redlichen Ritter schelten / dañ ein Bube stirbestu wol / antwortete Tyriotes. Da sprang nun das grosse Ungeheur auff und wolte über ihn herwischen mit seinem schon entblösseten Säbel; aber die Anwesende stelleten sich darzwischen; so trat auch Tyriotes zur Tühr hinaus / setzete sich auff sein Pferd / und ritte eilends davon / weil er sich vor gewalt befahrete; Aber Katenes schickete ihm schleunig etliche nach / ließ sich auffs freundlichste bey ihm entschuldigen / und daß an seinen Geiseln es nicht gerochen würde / weil er gar keinen Gefallen an solchem Unwesen trüge. Gamaxus wuste vor eifer nicht zubleiben / foderte endlich seiner Diener einen /und befahl ihm / was er Herkules vortragen solte. Die unsern sahen Tyriotes daher rennen / und vor Zorn brennen / gedachten wol / es würden Baurenstreiche vorgangen seyn / und als sie seine Erzählung angehöret / rühmeten sie seine Herzhaftigkeit / und versprach ihm Phraortes davor ein Landgut in Meden. Er beschrieb ihnẽ des ungeheurs grösse und stärke / und zeigete seinem Herrn Ladisla an / daß der ehmahlige Hages gegen diesen gar nicht zu rechnen währe. Der abgeschikte Knecht folgete bald hernach / wahr mit so hohen Leuten nie umbgangen / und erschrak vor ihrem herlichen ansehen; fragete auch anfangs / ob er seines Herrn / FürstGamaxus befehl anzeigen dürffte; und als ihm solches erleubet wahr / fing er an: Mein gnädiger Herr / Fürst Gamaxus hieß mich dieses sagen; Der junge BettelFürst Herkules / währe nicht werd / allein vor seinem Großmächtigsten Säbel zuerscheinen / sondern solte selb sechse ko en / doch daß der frevelmuhtige Schelm der abgesante mit unter dieser Zahl währe / alsdann wolte er sie alle in stücken zerhauen; es kähme ihm aber närrisch vor / daß man ihm wolte vorschreiben / was vor Gewehr und Harnisch er solte mit bringen; die Außgefoderten möchten ja wol jeder sechs [160] Harnische / übereinander anlegen /und in jede Hand zehn Schwerter und zehn Schilde nehmen / und solte ihnen doch nichts helffen / wann gleich auch ein Gott an ihrer seiten mir föchte; seine eigene Kraft währe sein Gott / die solte ihnen bald fühlen lassen / was seine Arme vermöchten. Herkules gab ihm zur Antwort; guter Geselle / reite wieder hin /uñ bringe deinem Herrn zur Antwort: GroßFürst Herkules / den er vor einen Bettel-Fürsten schilt / habe seines wissens noch keinen Pfennig vor seiner Baurhütte gesucht; er merke aber wol / daß dem Bauren Gamax die Haut jucke / die wolle er ihm / nicht selb sechse / sondern unter dem SchuzGottes / den er lästerlich schmähet / einzig und allein dergestalt krauen / daß ers hefftiger nicht begehren sol; und möge er mit seinen Waffen ankommen / wie es ihm beliebet / ich wil auch nach meinem Willen erscheinen / uñ ihm arbeit schaffen. Ach mein schöner Herr / sagte dieser mit nassen Augen / wie wollet ihr doch diesem starken Riesen Wiederstand leisten? sein Säbel ist so schwer / daß ich dran zu heben habe / und sein Harnisch ist so dicke / daß nichts hindurch dringen kan; tuht mir demnach von herzen leid / daß ihr unter seine Hände gerahten sollet. Du bist bescheidener als dein Herr / sagte Herkules / aber fürchte dich nicht meinetwegen / sondern nachdem ich Gamaxus werde bestritten haben / soltu bey mir alles guten gewärtig seyn; gab ihm auch eine Handvol Kronen zum Trinkgelde. Die Götter seyn euer beystand / sagte dieser; Zog hin und vermeldete alles dürre hin / was ihm befohlen wahr / wodurch der Unhold noch mehr in eifer geriet; legte seinen Harnisch an / setzete sich auff seinen sehr grossen schwarzen Hengst / und ging fort unter der Begleitung 6000 Reuter / denen er vorschwatzete /wie er mit seinen Feinden geberden wolte. Sein Pferd hatte gnug an ihm zutragen / so schwer wahr er mit Waffen behänget / hatte den Harnisch / seinen Fürstenstand zuzeigen / ganz vergülden lassen; auf dem Helm führete er einen Feurspeienden Drachen / an dessen Brust diese hochmühtige Worte stunden:Was ich berühre / daß verzehre ich. Sein Schild wahr wie ein kleiner Tisch mit stählen reiffen überlegt / nur daß in der mitte eine eiserne Plate wahr / auff welchem ein gemahlter Löue einen Hasen zureiß / mit dieser umbschrifft:Also zureisset Fürst Gamaxus seine Feinde. Den Schild / weil er lieber links fochte / führete er am rechten Arme / hatte in der Linken ein Speer / nicht viel über die gewöhnliche Länge / aber so dicke / daß ein zimlicher Mann es mit beyden Händen kaum umbfangen mochte / dessen Eisen etliche Pfund wog. Die unsern verwunderten sich des überaus grossen Ungeheuers / und wahr Herkules wol der rechte David gegen diesen Goliath. Ladisla sagte zu ihm; HerzenBruder / unser HErr JEsus wird diesen gräulichen fellen / sonst kan eines Menschen Kraft wieder ihn nicht bestehen. Auff dessen hülffe verlasse ich mich auch /antwortete er / und werde mich hüten / daß mich weder sein Speer noch Säbel berühre. Doch sendete er ihm seinen Gallus entgegẽ / und ließ ihm sagen; wann er streiten wolte / dann solte er die grossen Bäume im Walde stehen lassen / und mit gebräuchlichem Speer rennen / oder er würde ihn nicht anders als ein unvernünftiges Tihr angreiffen; dem er zur Antwort gab; Grauet dem unnützen Jungen schon / und sihet mich nur von ferne / wie wird ihm dann die Haut schauren /wann ich ihn treffen werde / daß er wie Spreu verstieben muß? Dieses mein ringfertiges Speer / welches er vor einen Baum ansihet / sol ihm das Herz in seinem zarten Leibe zubrechen / und mit diesem Säbel wil ich ihn so klein hacken / daß tausend Hunde / und tausend Raben [161] ein bißlein bekommen sollen. O antwortete Gallus / du pochest auff deine viehische Kraft /aber der dir begegnen wird / hat denselben zum Vorfechter und Schützer / der dich und deines gleichen zubendigen weiß. So laß ihn dann mit seinem Schützer und Vorfechter anko en / sagte Gamaxus / ich wil ihnen beyden nach verdienst lohnen. Du verstehest mich nicht / antwortete er; Meines Herrn Beystand hat seinen Siz dort oben / den wirstu wol ungetrotzet lassen. Was trotzestu dann mit ihm / sagte jener / wann er dort oben sitzet? massen er alsdan weder mich treffen / noch jenen schützen wird. Wolan / sagte Gallus / deine Zeit ist kommen / und dein Frevel läuft zum Ende. Kehrete wieder umb / erzählete Herkules die Gotteslästerung / und sagte: Eure Gn. werden in diesem Kampffe Gottes augenscheinliche Hülffe empfinden bin auch des herlichen Sieges so gewiß / als währe er schon erstritten; aber der Unhold wil sein Gewehr durchaus nicht endern. So viel lieber ist mirs / antwortete er. Valiska lag mit Libussen und Brelen auff den Knien unter dem freien Himmel / und behtete die GroßFürstin also zu ihrem Heylande:
Almächtiger Gottes Sohn / du HErr der Heerscharen; wende dein Antliz nach dem Schemel deiner Füsse / von dem Königs Stuel / auff welchem du zu der Rechten deines Vaters sitzest / und lege diesen Feind nider der deine Hülffe lästerlicher weise schänden und schmähen darff. Er ist nur ein Stäublein vor deinen Augen / wie hoch er sich erhebet und sträubet. Brich seine Macht / überhäuffe ihn mit Furcht und Schrecken / und laß auch den Ungläubigen sehen HErr / daß du wahrer Gott bist / und ein Helffer aller die dir vertrauen.
Herkules hörete ihr Gebeht / welches sie in teutscher Sprache verrichtete / und sagte zu ihr: Fürchtet euch nicht / mein Schatz / ich empfinde meines Heylandes Beystand in meinem Herzen / und mehr als nie vor diesem; der zur Rechten seines Vaters erhabene JEsus wird seine Herligkeit ungezweifelt sehen lassen / und diesen Lästerer zum Schemel seiner Füsse legen. Hierauff nam er den Bogen und nur zween Pfeile zu sich / und muste ihm Gallus das Speer und den Schild nachführen. Gamaxus sahe ihn freidig auff seinẽ Blänken daher rennen / und trabete ihm mit eingelegtem Speer entgegen; aber Herkules / da er ihn überall so fest gewapnet sahe / legte den Pfeil auff /und durchborete seines Feindes Hengste die Kähle /daß er alsbald anfing zuschwanken / und er ihm ohn Gefahr näher reiten kunte / da er mit dem andern Pfeile auff Gamaxus linkes Auge zielete / und ein wenig zu hoch traff / daß er zwar das Auge ihm nicht verletzete / aber doch gerade über dem Auge ihm ein ziemliches Loch bohrete; Inzwischen nun Gamaxus den Pfeil heraus zihen wolte / muste er nohtwendig das Speer von sich werffen / welche Gelegenheit Herkules nit verabseumen wolte / sondern nam sein Speer / setzete mit allen Kräfften auff ihn an / uñ traff ihn recht an die linke Schulder / daß er mit samt dem Pferde übern hauffen fiel / und jederman meynete / das Ungeheur hätte den Hals zubrochen; daher die unsern ein grosses FreudenGeschrey erschallen liessen; wiewol er von dem Falle keinen sonderlichen Schaden genommen / sich auch bald unter dem Pferde hervor machete. Aber Herkules wahr ihm geschwinde auff der Hauben / und so offt er sich auffzurichten bemühete /rante er ihn danider / und ließ seinen Blänken weidlich über ihn her tanzen / welcher ihm Arme und Beine dermassen zerschlug / daß er vor Schmerzen ein überlautes Geschrey ausließ / und allen Göttern hefftig fluchete. Die Zuseher verwunderten sich des Pferdes / welches solch Wunder trieb / ob währe es witzig gewesen; dann es fassete ihn beym Helme /und zog ihm denselben [162] vom Kopffe / daß er ihm ganz bloß wahr. Als Herkules diesen Vortel sahe / sprang er vom Pferde / in Meynung / ihn lebendig zufahen /weil er seiner Hände nicht würde gebrauchen können. Aber Gamaxus hatte sich schon auff die Knie gesetzet / da er zu ihm trat / und ob er gleich den Säbel noch nicht geblösset / beschützete er doch das Häupt mit dem Schilde / daß er ihn nicht beschädigen kunte; wie zerknirschet er auch wahr / kam er doch endlich auff die Füsse / achtete Herkules Hiebe nicht / welche den harten Stahl nicht durch dringen mochten / griff auch mit der linken nach ihm / die mit einem eisern Handschuch verwahret wahr / in Meynung ihn zufahen; aber er entweich ihm / und traff ihm die Faust / daß es ihn sehr schmerzete / und ein wenig wund ward /daher er den Schild von sich werffen muste / damit er die rechte gebrauchen könte / mit welcher er auch endlich seines blossen Säbels mächtig ward. Valiska sahe dieses / fiel nider auf die Knie / und fing ihr Gebeht wieder an. Da meynete nun Gamaxus / er hätte schon gewonnen / und sagte mit grausamer Stimme: O du Schand Bube / wie wird Fürst Gamaxus sich gnug an dir rächen können? möchtestu nun zehn Hälse haben / ich wolte sie dir alle brechen; führete auch einen solchen Hieb auff ihn / welchen kein Stahl hätte abhalten mögen; aber Herkules sprang ihm behende aus dem Schlage / daß dieser in dem grimmigen Eifer sich verhieb / und den Säbel etliche Spannen tief in die Erde schlug / dessen sich Herkules zu nütze machete / und ihm eine starke Wunde über das HinterHaupt gab / daß der rohte Saft ihm an beyden Ohren herunter lief. Der Riese gewan seinen Säbel wieder / und trat auff ihn zu / in Meynung / durch einen Quehrschlag ihn in der mitte vonander zuhauen; aber der Blänke rante herzu / und schlug ihn wider den Arm / daß ihm der Säbel aus der Faust fiel / und er den Arm nicht mehr brauchen kunte / sprang ihm hernach mit den vörder Füssen von hinten zu auf beyde Schultern / und zerbiß ihm das Haupt / daß ihm das Blut beyde Augen füllete; noch stärkete er sich /daß er sich gegen das Pferd wendete / mit demselben zuringen begunte / und wenig fehlete / er hätte es gar nider geworffen / ungeachtet er nur den linken Arm recht zugebrauchen hatte. Diese Zeit über wolte Herkules ihn nicht verwunden / sondern erlustigte sich an dieser augenscheinlichen Hülffe Gottes / nam ihm auch gänzlich vor / wo möglich / ihn lebendig zufahen; legte deswegen sein Schwert nider / fassete den grossen schweren Säbel in beyde Hände / und gleich da sein Pferd Abtrit nehmen wolte / schlug er ihn so kräfftig wider den Beinharnisch / daß ihm der linke Beinknoche davon zubrach / und er mit einem schweren Fall zur Erden stürzete. Er aber trieb sein Pferd ab / nam sein eigen Schwert wieder zur Hand / uñ trat zu ihm mit diesen Worten: Wie dünket dich nun Gamaxus / sol ich dir noch selb sechse kommen? Ich meyne / du werdest schier umb Gnade bitten / wo sonst Vernunfft bey dir ist. O du Bettel Bube / antwortete dieser; solte ich bey dir umb Gnade anhalten? Du hast mich nicht redlicher weise angegriffen / sondern mit deinem Pferde mich bezäubert; richtete sich mit dem Worte auf / und mit dem linken Ellebogen warff er ihn wol vier Schritte von der Seiten / daß er auf die Erde zuliegen kam; doch machete er sich bald wieder auff / schämete sich des versehens nicht wenig / und schnitte den Zügel von dem todten Pferde ab / mit welchem er ihn meynete anzufesseln; sendete auch Gallus hin / etliche Teutsche zuhohlen / die ihn gefangen hinweg tragen solten / dann er wolte ihn gerne lebendig behalten. Gamaxus merkete dieses wol / hatte noch keine tödliche Wunde bekommen / und wahr ihm das [163] Herz / der linke Arm und das rechte Bein noch vermögen gnug / hätte auch nach dem übrigen nicht gefraget / wann er nur hätte stehen können; Er wolte aber viel lieber sterben / als gefangen seyn /deswegen fing er an unsere Helden schändlich zuschmähen / daß ja Herkules ihn erschlagen solte; welcher aber alles nicht achtete / sondern gleich gegen ihn über trat / uñ zu ihm sagete: Gebrauche dich nur rechtschaffen deiner schandsüchtigen Zunge / du ungeschliffener Baur / ich werde schon Mittel finden /sie dir zahm zumachen / und währestu witzig / würdestu vielmehr in die flehe fallen. Ladisla rante mit fünf Teutschen selber herzu / welches die feindliche Reuter ersehend / 25 Mann gegen sie angehen liessen / dann sie wahren willens / Gamaxus zuretten. Fabius begegnete ihnen mit 300. Reutern / und bekahmen die Feinde auch 500 zum Entsaz / daher sich das Spielfein anzettelte. Pharnabazus und Leches ermahneten die Meden und Persen / unverzagt zu seyn. Neda und Prinsla machten sich fertig mit den Teutschen und Böhmen / und bereiteten sich ingesamt zum instehenden Treffen. So bald die fünf Teutschen bey Gamaxus ankahmen / und ihres GroßFürsten befehl hatten / traten sie zu ihm hin / und fasseten ihn bey dem linken Arm uñ rechten Schenkel / hatten doch Mühe gnug /daß sie ihn zwungen / dann er stieß den einen mit dem Fusse wider das Bein / daß er sich selbst muste hinweg schleppen lassen; endlich bunden sie ihm beyde Arme und beyde Beine zusammen / da muste er sich geben / dann wann er das starke loßreissen wolte /schmerzete ihn das beschädigte zu hefftig. Sie nahmen ihm den Harnisch abe / auch den doppelten Panzer / bunden ihm den Kopff auf sein Sattelküssen /und schleppeten ihn auf der Erden nach ihren Zelten /da Tyriotes ihn mit 50 Meden bewachete / und aufs fleissigste verbinden ließ / welches er doch nicht gestatten wolte / sondern bisse von sich wie ein gefangener Wolff; aber Tyriotes gab ihm mit dem blechen Handschuch so mannichen Backenstreich / daß er endlich gebendiget ward. Herkules lag auf seinen Knien / und dankete Gott vor die herliche überwindung / setzete sich auf sein Pferd / uñ ritte mit Ladisla hin nach Valisken / die ihn als einen neugebohrnen empfing / und zu ihm sagete: Dieser Kampf sol mit Gott der lezte in diesen Morgenländern seyn; welches er selber mit wünschete. Fabius hielt sich im Treffen sehr wol mit seinen Römern / und weil die Feinde sich immer stärketen / riet Herkules / man solte mit der halben Macht auf sie gehen / daß man sie in Unordnung und auf die Flucht brächte; nam auch die Teutschen / Böhmen und Römer / und stürmete mit ihnen dergestalt zu ihnen ein / daß sie alsbald weichen musten; dann ob sich ihre Manschaft zwar biß auf 12000 gestärket hatte / wahren doch die übrigen 28000 ihnen zu ferne / daß sie so schleunig nicht herzu kunten / daher sie nach kurzem Gefechte in die Flucht getrieben wurden / daß sie ihrer Stad zuflohen / woselbst sie vermeyneten sicher zuseyn. Aber Herkules und Ladisla wahren ihnen zu geschwinde auf dem Rücken / und kahmen zugleich mit ihnen in die Stad / besetzten das Tohr mit 500 Böhmen / daß ihre Völker einen freyen Einzug hatten / und nahmen alle Gassen ein; Und ob gleich Katenes sich auf dem Markte gesamlet hatte / und gute Gegenwehre taht /wahr er doch übermannet / und schlug ihn Herkules vom Pferde / ließ ihn hinweg führen / und nam alle Völker in der Stad gefangen / weil sie das Gewehr hinweg wurffen / und umb Lebensfristung bahten. Artaxerxes besetzete die Stad mit seinen Völkern / und hielt mit unsern Helden KriegsRaht / wie mans weiter halten wolte; da Herkules den Vorschlag taht / man solte die eroberten Parthischen [164] Reuter Fähnlein nehmen / und mit 10000 guten Völkern nach der andern nähstgelegenen Grenze-Stad als ein Parthisches Heer zihen / alsdann würde man sie leicht überrumpeln können; mit der übrigen Macht wolte er auff das annoch übrige Reuter Heer gehen / unter der Hoffnung /sie bald zur ergebung zubringen. Welches sie alle vor gut hielten / und wurden Pharnabazus und Fabius die Fähnlein zugestellet / damit sie alsbald fortgingen /sich nahe bey der Stad niderliessen / daß man von den Mauren ihre Fahnen kennen kunte / und alsbald eine kleine Schar von 12 Reutern hinein schicketen / als wolten sie ihre Pferde beschlagen lassen. So bald diese auff der Brücken hielten / folgeten ihnen 30 zu fusse nach / unter ihren Reitröcken wol geharnischt /die man zwar ehe man sie einliesse / rechtfertigen /und zuvor bey dem Obristen des Städleins / welches überaus feste / und mit 4500 guten Kriegsknechten besetzet wahr / anmelden wolte / aber diese drengeten sich hinein daß sie des Tohrs sich bemächtigten /zogen von Leder / und fingen den Streit unerschrocken an / wurden auch anfangs hart gedrenget / daß ihrer neun erschlagen wurden / aber eine Saar von 60 Mann entsetzete sie zu fusse ritterlich / denen noch 500 zu fusse folgeten / welche die Parthische Wache niderschlugen / und das Tohr besetzeten / daß 3000 zu fusse in guter Ordnung hinein zogen / welche doch in der Stad nichts tähtliches anfangen / sondern nur auff Parthisch ruffen musten / man solte alsbald den Obristen der Besatzung nebest seinen vornehmsten Befehlichshabern unbewehret herzu führen / auff welche Königl. Hocheit wegen beschuldigter verrähterey mit dem Feinde / zu sprechen hätte. So bald dieses vor den Obristen kam / der mit seinen vornehmsten auff dem Markte sich zum Streite fertig machte / hies er seine Leute dz Gewehr niderlegen / ging mit den Häuptleuten nach unfern Völkern / die in der Stad in guter Ordnung hielten / und redete Bubazes der die unsern führete / also an: Mein Herr / ob bey Königlicher Hocheit / ich und meine Häuptleute mögen verunglimpffet seyn / kan ich nicht wissen / getröste mich aber meiner herlichen Unschuld / und stelle mich ohn alle Furcht zu meines lieben Königes erkäntnis / und nach befindung / zur Straffe. Bubazes ließ sie alsbald gefangen hinaus führen nach dem Lager / und hielten noch 2000 Reuter ihren Einzug in die Stad zu Pferde / die sich durch alle Gassen verteileten / und außrieffen / es solten alle Inwohner sich in ihren Häusern stille halten / die Königl. Parthischen Kriegsknechte aber ohn Gewehr sich samlen / alsdann solte ihnen Lebensfristung zuteile werden. Weil nun dieselben weder ein Häupt / noch andre anführung hatten / ergaben sie sich / und wurden gefangen angenommen / hingegen die Stad mit 2000 Persen besetzet / über welche Bubazes Obrister blieb biß auff weitere Anordnung. Inzwischen gingen Herkules und Ladisla mit der ganzen übrigen Macht auff das Parthische Heer loß / welches sich zwar zur Gegenwehr stellete /uñ anfangs tapffer gnug fochte / aber es hatte keinen langen bestand / weil sie nach verlauff einer halben Stunde von den unsern umbgeben wurden / daß / weil ihnen die Gegenwehr benommen wahr / sie sich auff angebohtene Lebensfristung ergaben / da sie von ihren Pferden steigen / und das Gewehr samt ihren Harnischen von sich legen musten. Die unsern erfreueten sich dessen sehr / weil sie kaum 600 Mann in dieser Schlacht eingebüsset hatten / liessen die Gefangenen mit 8000 Reutern bewahren / und gingen nach Pharnabazus / der ihnen zeitig auffsties / und den glüklichen Verlauff anzeigete. Sie rücketen ingesamt fort nach der dritten [165] Grenzestad / welche die grösseste / aber die schwächeste / doch mit 6000 guter Mañschaft besetzet wahr. So bald sie davor anlangeten / funden sie die Parther in voller bereitschaft /dann ein Bürger aus der ersten Stad / wahr hinüber gelauffen / und hatte ihnen Katenes Gefängnis kund gemacht. Artaxerxes ließ den Ort alsbald aufffodern /mit der Bedräuung / dafern er stürmend übergehen würde / solte keines Menschen drinnen verschonet werden; aber er bekam zur Antwort: Sein König hätte ihm und seinen Völkern die Stad anvertrauet / dieselbe niemand / als der Königlichen Schein brächte zulieffern / würde demnach der Persische GroßFürst es ihm als einem redlichen Kriegsmanne nicht verdenken / daß er seines Königes Befehl / welchen er äidlich beschworen / geträulich nachzusetzen / entschlossen währe. Herkules sagte hierauff zu der Fürstlichen Versamlung; so werden wir gleichwol den Versuch tuhn müssen / ob wir mit so grosser Mannschaft nicht können diese geringen Ort behäupten; hies 16000 Persen und Meden / nebest 2000 Teutschen / auch so viel Böhmen und Römer absteigen / und mit zusammen geschlossenenen Schilden über dem Häupte der Stad nähern / denen es so wol geriet / daß sie an zwey Tohren die Brücken einbekahmen / ehe sie von den Feinden kunten abgeworffen werden; bald legten sie Feur an diese zwey Tohre / und viel dürres Reisich darauff / daß in kurzer Zeit dieselben verbranten. Zwar die Feinde tahten ein hefftiges Schiessen von der Maur / aber weil die unsern geharnischt wahren /kunten sie ihnen keinen Schaden tuhn. So bald die Tohre nidergefallen wahren / trug man Wasser und Erde zu / das Feur zu löschen / welches alles wol von statten ging. Die Feinde stelleten sich inwendig der Stad gegen die geöffneten Tohre mit ihren Pfeilen /aber die unsern drungen hinter ihren Schilden frisch hinein / liessen die Pfeile umb sich her sausen /wovon auch ihrer etliche beschädigt wurden / und setzeten doch dessen ungeachtet fort / biß sie den Feind mit ihren Schwertern erreichen kunten / da die Teutschẽ 40 stark voran gingen / und gar zeitig einen zimlichen Plaz in der Stad gewonnen / so daß in kurzer Zeit über 2000 Mann driñen wahren / und ganze Gassen einnahmen. Die Feinde mit ihrem Obristen / nahmens Astrazes / wahren mehrenteils auff der Maur /daß sie den unsern in der Stad keinen Wiederstand leisten kunten / als deren Zahl in einer Stunde über 8000 Mann bestund / welche gutenteils sich nach der Maur zogen / und die Abtritte davon besetzeten. Herkules nahete sich mit der Reuterey auch / und brachte solchen schrecken in den Feind / daß sie umb Gnade und Lebensfristung bahten; worauff sie alle mit einander gefangen genommen wurden / nachdem ihrer 800 / der unsern 200 erschlagen wahren. Herkules foderte den Obristen der Feinde vor sich / und sagte zu ihm: Mein Kerl / wer hat dich so frech gemacht / daß du einen so liederlichen Ort wieder ein solches grosses Heer zubeschirmen wollen / dich verlauten lassen darfst. Dieser gab unerschrocken zur Antwort: Durchl. GroßFürst / ein Knecht ist schuldig in viel einer liederlicheren Sache vor seinen Herrn zusterben; weil ich nun mein Leben nicht allein meinem Könige verkauft hatte / sondern es dem Vaterlande überdas schuldig wahr / habe ich an meiner Seite nicht zu frech handeln können. Du hast recht geredet / sagte Herkules / und weil du so redliches Herzens bist /magstu nach verlauff dreier Tage frey zihen wohin dichs gelüstet. Vor welche Gnade er dan untertähnig dankete. Es musten aber diese drey Städte dem Persischen GroßFürsten den äid der Träue und untertähnigkeit ablegen / und alle eingeflöhete Güter bey Lebensstraffe [166] angeben / sich auch mit drey Tonnen Schaz von der Plunderung loßkäuffen / da dann ein grosses Gut zusammen geliefert / und unter das Heer außgeteilet ward. Die unsern hatten überal etwa 1500 Mann eingebüsset / und dagegen über die 13000 erschlagen; der gefangenen Reuter wahren an die 32000; des Fußvolks aus den dreyen Grenzestädten über 11000; und kahmen nur 140 Reuter mit Gamaxus leztem Heerhold davon / welche auffs schnelleste nach Charas zugingen. Katenes ward wegen seiner Höfligkeit / dem Tyriotes erzeiget / sehr wol gehalten / daß er zihen möchte wohin er wolte; weil er aber das Spiel so liederlich versehen hatte / grauete ihn vor Artabanus /ließ seine Baarschaften / die sehr groß wahren / heimlich von Charas hinweg hohlen / und setzete sich in Mesopotamien / da er eine kleine Herrschaft kaufte /und in guter Ruhe sein Leben zubrachte; jedoch zuvor an Vologeses / der ihm sehr gewogen wahr / seine entschuldigung schrieb / daß alles durch die Reuter /welche Gamaxus erledigen wollen / versehen / und durch ihre Flucht die Feinde in die Stad gebracht währen / woselbst ihn Herkules überwunden und gefangen angenommen hätte. Zween Tage ruheten unsere Völker hieselbst aus / und ward Tyriotes zu Gamaxus Auffseher bestellet / der ihn auff befehl also verbinden ließ / daß ihm zuvor beyde Arme musten entzweigebrochen / und nachgehend krum und kahm (wie auch dz linke Bein) geheilet werden. Er suchte zwar alle Mittel / sich selbst umbs Leben zubringen /aber die Macht wahr ihm benommen / daß er endlich geduldig seyn muste / wie hefftig er auch von den Stalbuben genarret ward / die ihn nicht anders als den BaurFlegel und Dröscher-Fürsten hiessen. Als sie nun auffbrechen wolten nach Persepolis / gingen alle Fürsten zuvor hin den elenden Gamaxus zusehen / dessen sie ihn bißdaher nicht gewirdiget hatten. Wie sie zu ihm hinein traten / stunden sie ein wenig stille / umb zuvernehmen / ob er auch umb Gnade anhalten wolte; weil er aber sie weder anredete noch ansahe / fing Herkules also an: Kanstu baurischer Tölpel noch nicht erkennen / daß deine viehische Stärke / darauff du bißher getrotzet / dir zu nichts / als zum Unglük gedienet hat? sihe also gehets allen Gotteslästerern /die sich auff sich selbst verlassen / uñ die Almacht /welche alles meistert / verachten; daß du nun gleichwol deine gebührliche Straffe wissest / so habe ich dich dem Durchleuchtigsten Medischen GroßFürsten Herrn Phraortes zum Leibeigenen geschenket / biß dich Artabanus loßmachen / und als einen Fürsten in OberMeden einsetzen wird; weil ich mich aber berichten lassen / daß / demnach dirs wieder mich gefehlet / er dein nicht achte / so mache dir keine andere rechnung / als daß du Zeit deines Lebens ein Kröppel und lahmer seyn / und als ein gebohrner Baur / Steine / Holz und Wasser trage solt; von welcher Urtel dich nichts als der Tod erlösen wird; drumb schicke dich in die Zeit / und lerne dich demühtigen / damit du der täglichen Peitsche enthoben bleibest. Gamaxus hatte ihn noch nicht ungewaffnet gesehen / wunderte sich /daß er so viel Herzens gehabt / ihm zubegegnen / und hörete seine Reden mit grossem Herzensprast an. Er kunte noch zur Zeit weder Arm noch Bein regen (dann das Rechte wahr ihm auch zubrochen;) aber das Maul wahr ihm noch gesund / und fing er an / alle anwesende Fürsten so heftig außzuschelten / daß wenig fehlete / Artaxerxes hätte sich an ihm vergriffen / welches er nur einig suchete. Aber Phraortes redete ihm mit lachen ein; was wolte mein Bruder sich über meinen Erben des OberMedischen Reichs eifern? sagte er; ich wil versuchen / ob ich ihm die Indianische [167] Bauren-Grobheit nicht austreiben kan. Ließ ihn darauff ganz entkleiden / und auf den Bauch gestrekt legen / hernach vier Büttelknechte mit Ruhten kommen / die ihm anfangs die grossen Lenden / hernach den Rücken /und endlich die Beine biß an die Knie ganz wund streichen musten; kehreten ihn hernach umb / auf den Rücken / und frageten / ob er from seyn wolte; Weil er nun keine Antwort gab / fingen sie von neuen an /ihm den Bauch zugeisseln / daß er endlich durch Schmerzen überwunden / umb Gnade anhielt / und Phraortes zu ihm sagete: Wuste ichs nicht / man könte die kleinen Kinderchen mit der ZuchtRuhte from machen? Trotz und laß noch ein Schmähewort aus deinem Maule gehen / dann wil ich dir noch viel eine schärffere Zucht beyzubringen wissen; Die Elefanten sind auch groß und schwer / aber man kan sie doch zähmen; warumb solte man dann einen bübischen Bauren nicht sittiger machen? Fünff gefangene Parther musten dieses ansehen / denen Herkules die Freyheit schenkete / und sie nach Charas reiten hieß /Fürst Pakorus dienstlich zugrüssen / und alles was sie gesehen hätten / zuerzählen. Diese eileten so geschwinde / daß sie wenig Stunden nach der flüchtigen Reuter Ankunfft daselbst anlangeten / machten sich hin nach Pakorus / den Befehl abzulegen / welcher gleich dazumahl Vologeses / Osazes und Vonones bey sich hatte / und in deren Gegenwart von Sisenes /Gamaxus gewesenen Heerhold berichtet ward / wie er hätte zween ädle Hirkanische Jünglinge zu Persepolis lebendig verbrennen sehen / und ihre beständige Uhrgicht angehöret / daß der König sie abgefertiget / die beyden fremden Fürsten mit Gift hinzurichten / deren Handschuch sie auch schon vergifftet / aber von ihrer Gesellen einem verrahten / und auf frischer Taht ergriffen währen. Hernach meldete er den Verlauff des Kampfs zwischen Herkules und Gamaxus / und daß ihr ganzes Heer / teils geschlagen / teils gefangen /auch die drey Grenze-Städte fast ohn Verlust eingenommen / und mit Persischen Völkern besetzet währen. Sie erschraken dieser Zeitung über alle masse /und wahr ihnen zumuhte / als währe die Hauptstat selbst eingenommen / berahtschlageten auch / wie man dem Unwesen abhelffen / und des Königs Sinn /wo nit mit guten / doch mit scharffen Worten auf einen bessern Weg bringen möchte. Auf dem Wege nach dem Schlosse begegneten ihnen obgedachte fünf Parther / und berichteten eigentlich / wie viel ihrer geblieben und gefangen währen / und wie Gamaxus gebendiget würde; welches lezte ihnen sehr wol gefiel; dann es hatte der Großsprecher auf die Parthischen FeldHerren / nicht allein gegen Bagophanes / sondern den König selbst heftig loßgezogen; es währe Schande / daß man mit so grossem Volke das Feld verspielet / und die Feldherren aus Furcht des Todes teils davon gelauffen / teils sich des Feindes Gnade ergeben hätten; welches Pakorus und Osazes dergestalt empfunden / daß sie sich verschworen / im fall Gamaxus würde wieder kommen / sie ihn niderschlagen lassen wolten. Als sie vor den König gelassen zuwerden begehreten / der eben mit Bagophanes von seinem Gamaxus sprachete / wie er nunmehr den Kampfschier angehen würde / durfte er ihnẽ den Zutrit nicht wegern; doch muste Bagophanes als geheimer Raht (worzu er ihn vor fünf Tagen erkläret hatte) bey ihm bleiben. Die Fürsten hatten Pakorus das Wort aufgetragen / weil er nicht allein wol bered / sondern von dem Könige mehr als einiger ander gefürchtet ward /und fing er nach gebührlicher Begrüssung also an: Großmächtigster König / allergnädigster Herr; Demnach uns sehr traurige Zeitungen von Persenwerz zukommen sind / welche nicht allein [168] die Parthische Macht / sondern auch Ehr und guten Leumut schwächen / so haben wir gegenwärtige / als Ihrer Königl. Hocheit geträue Untertahnen und Reichsfassen nicht umhin gekunt / derselben solches redlicher und aufrichtiger Meynung vorzutragen / mit untertähnigster Bitte / alles was von uns vorgebracht wird / mit gnädigstem Willen anzuhören. Ihre Königl. Hocheit hat neulicher Zeit ohn / ja wider unsern Raht / denen sie doch die KriegsLast aufgebürdet / ein herliches Volk /unter Katenes befehl / an die Persischen Grenzen abgeschikt / einen unbekanten Landstreicher und gebohrnen Baurflegel dahin zubegleiten / vielleicht daß derselbe Schindhund / welchen ich nicht wirdige zunennen / wieder gut machen solte / was die verzagete Parthische FeldHerren (wie der Unflaht sie gescholten) verderbet haben; dero behuef er auch zum Fürsten in OberMeden sol gemacht worden seyn. Aber wie reiflich es bedacht ist / so wol ist es auch gelungen; Dann Ihre Hocheit wolle sich nicht entsetzen /daß ich ihr die leidige Zeitung bringen muß / was gestalt nicht allein von 40000 Mañ nur 140 sich durch die Flucht gerettet / sondern die herlichstẽ drey Grenze Städte in Feindes Hände gerahten / gebrandschatzet / und mit Persischen Völkern besetzet sind. Ein solches Unglük / sagte der König / wollen wir nimmermehr hoffen. Ja wolte Gott / antwortete Pakorus /daß dieses das schlimmeste währe. Man hat zu Persepolis ein offentliches Gerichte gehäget / und etliche Hirkanische ädelknaben lebendig verbrant / wobey man ausgeruffen: König Artabanus zu Charas sey der Gifftmischer selbst / der gehe mit solchen unredlichen Stücken umb / welche man an einem jeden Menschen verflucht. Den Göttern sey es geklaget / daß man solche schmerzliche Zeitungen vernehmen muß! Ich vor mein Häupt möchte wünschen / daß GroßFürst Herkules mir im neulichen Treffen den Schedel herunter geschlagen hätte / so dürffte ich mich mit solchen verweißlichen Dingen nicht mehr betrüben. O du elender Parthischer Stuel / ist es schon umb dich so bewand /dz man zu deiner Beschützung Gifftträger aussenden muß / dann so ist uns nichts bessers / als daß wir den Persen und Meden die Hälse nur hinstrecken. Lieber wes zeihen sich Eure Königl. Hocheit / daß sie zu solchen unverantwortlichen Dingen sich verleiten lassen? Hat Arsazes auf solche weise den ReichsStuel erworben und befestiget; haben dessen ruhmwirdigste Nachfolger die Arsazier / GiftSchmierer ansgeschikt? Eure Hocheit wolle allergnädigst erwägen / wie es muß geklungen haben / als der Büttel öffentlich ausgeruffen hat: Artabanus zu Charas ist ein Gifftmischer / und hat vier Diener ausgesand / König Ladisla und GroßFürst Herkules durch diesen Meuchelmord hinzurichten. O des Jammers / dz man solches hören muß! Aber so gehets allemahl / wann man geträuen ReichsRähten nicht folgen wil / sondern nur denen die Ohren leihet / die uns nach dem Maul reden / und durch ihre Schmeichelworte uns umb Ehr und guten Nahmen bringen. Eure Königl. Hocheit erinnern sich unserer aller viere bißher gegebenen Rahts / man solte die fremden Fürsten mit ihrem Gemahl und Schwester zihen lassen / und sie nicht weiter zu unserm Schaden reizen; aber was hats geholffen? Wir sehen ja / daß sie die Götter auf ihrer Seite haben / wo sie nicht selbst Götter sind / oder doch Götterkinder. Sie wahren ja anfangs nicht gesinnet / unß des unsern zuberauben / sondern das ihre gebührlich zulösen; das solte man ihnen gegönnet / oder da mans zu ehelicher Liebe begehret / besser bewahret haben; dann wie könte ich mich doch bereden / einem Landsmann zu meinem Gefangenen freyen Zutritt zugönnẽ / [169] und allen andern den Eingang zu versperren? Man sihet ja / daß die Götter selbst es also gefüget haben / wie es ergangen ist; könten wirs nur noch erkennen / so stünde uns leicht zu helffen; wo nicht / gehet der Parthische Stuel inwendig Jahrsfrist / das der Himmel ja abwende / ganz verlohren; dann was kan Menschen Gewalt wider der Götter Doñerschlag? Was hilfft alles unser tichten und überlegen / wann der Himmel uns seinen Beyfall entzeuhet? Eure Königl. Hocheit frage nur den Bauren Gamaxus aus Indien / GroßFürst Phraortes in Meden leibeigenen Knecht; verwundert sich Eure Hocheit meiner Rede? Ich versichere dieselbe / daß GroßFürst Herkules unüberwindlicher Arm ihn im absonderlichen Kampffe Mann an Mann angegriffen / und den frechen Großpraler dergestalt gezähmet / daß er ihm mit seinem eigenen schweren Säbel das eine Bein gar entzwey geschlagen / lebendig gefangen genommen / und ihn obgedachten Medischen GroßFürsten vor leibeigen geschenket hat / welcher ihn lahm und krüppel an Armen und Beinen heilen /und täglich als einen kleinen Knaben mit Ruhten züchtigen lässet / darff ihn auch niemand anders als den kleinen Gamaxus und das zarte WiegenKalb nennen. Ist es aber Euer Königl. Hocheit nicht zuvor gesagt / daß sie mit ihm Schimpf einlegen würden? noch muste er zum Fürsten in OberMeden erkläret seyn; und wolte sich freylich geziemen / daß ihre Hocheit diesen ihren Fürsten mit einer Heersmacht errettete. Aber verflucht sey der Parthische Ritter / der seinetwegen ein Pferd zäumet / oder einen Sporn umgürtet. Dem BaurOchsen ist recht geschehen / ja ihm ist recht geschehen; nur ist mir von grund meines Herzen leid /daß Eure Königl. Hocheit mit muß eingewickelt seyn. Ich rede frey / allergnädigster König / und hätte wolvielmehr zureden / wann ich nicht seines betrübten Herzens schonete; breche demnach hieselbst ab / und melde nur die Ursach / alles bißher erlittenen Jammers / nehmlich / daß Eure Königl. Hocheit sich nicht wil bereden lassen / die vergebliche Liebe zu einer verheyrahteten aus dem Sinne zuschlagen / welche zuerlangen unmöglich ist. Es hat der grosse König so manniche schöne Jungfrau in seinem Zimmer / mit denen er sich zur gnüge erlustigen möchte; deren gebrauche sich Ihre Hocheit / und suche eines andern Eheweib wider ihren Willen nicht; dann ich weiß /daß kein Parthischer Fürst oder Herr umb dieser Sache willen ein Pferd beschreiten wird. Bagophanes merkete / daß er mit unterschiedlichen Stichen getroffen wahr / und hatte Intaphernes ihm schon gemeldet daß Pakorus ungehalten auff ihn währe; wolte deswegen diese Gelegenheit / sich zuverantwortẽ / in acht nehmen / und fing an / seine Entschuldigung zutuhn. Aber Pakorus fragete ihn / was er bey Berahtschlagung der Reichs- und Kriegshändel zuschaffen hätte /oder sein Gewäsche mit einzumengen; Er solte zusehen / daß wann der BaurFlegel etwa ausrisse / er ihm von seinem Weibe bliebe / die vor diesem des unzüchtigen Handels gewohnet / an diesem starken Bauren den rechten Hahnen oder vielmehr Ochsen bekommen hätte; wie sein Gesinde solches gnug ausbreitete / daß vor deren Augen er sie mißbrauchet hätte; wüste er dañ guten Raht / könte er ihn alhie anwenden. Dieser gab der guten Worte wieder nicht viel / daß er den Fürsten endlich an seinem ehrlichen Nahmen griff /und ihm vorlegte / er suchte ein Herr über den König selbst zuseyn / und wer wüste / warumb er die Reichsfeinde allemal so hoch erhöbe. Aber Pakorus wolte sich nicht lange mit ihm zanken / sondern sagte zum Könige: Hält Eure Königl. Hocheit mich in dem Verdacht / dessen dieser Verleumder [170] mich zeihet / so nehme dieselbe dieses Schwert / und haue mich stündlich nider. Wir wissen von euch nichts böses / antwortete er / sondern haben euch allemahl einen Beschützer unser Königl. Hocheit erkennet; nur eure milde Zunge mag vielleicht unsern geheimen Raht zum Verdacht leiten. So wil ich nach diesem mich aller Rede gerne enthalten / sagte Pakorus / nur wolle Eure Königl. Hocheit mir allergnädigst erläuben / daß ich gegen diesen schändlichen Verleumder und Ehrendieb meinen Fürstl. Nahmen retten möge; fassete darauf das Schwert / und zerspillete ihm damit das Häupt biß an beyde Ohren / da er zugleich also redete: Fahre hin / du schändlicher Fuchsschwänzer / der du bißher so mannichen guten Raht verhindert hast; Du und deines gleichen sind das allerbeste Opfer / welches den Parthischen SchutzGöttern kan abgeschlachtet werden. Artabanus hätte sich dessen zu Pakorus nicht versehen / uund da sichs ein ander unterstanden /würde er ohn abscheuhliche straffe nicht davon kommen seyn; aber ihm muste ers nicht allein übersehen /sondern überdas noch gut heissen / wiewol er dem entleibeten das Leben gerne mit 20 und mehr Tonnen Goldes gerettet hätte; Weil ihn dann sein Gewissen drückete / legte er alle Schuld der Vergiftung und des Kampffes auff Bagophanes / erkennete / daß es unklüglich gehandelt währe / wolte sich hernähst besser vorsehen / und begehrete freundlich / daß sie viere als die vornehmsten ReichsSeulen ihnen das Hauptwerk wolten lassen angelegen seyn / damit das verspielete wieder gebracht würde. Mit welcher Erklärung sie dann sehr wol zufrieden wahren / ihn bester massen trösteten / und allen möglichen Fleiß versprachen.
Zu Persepolis stelleten sich alle Fürsten der Verbündniß ein / daß sie unsere Helden vor ihrem Abzuge sprechen / und bessere Kundschafft mit ihnen machen möchten; und hatte Artaxerxes Schreiben bey ihnen so wol gewirket / daß die sechs Fürsten aus Assyrien / Hirkanien / Baktriana / Margiana / Arien und Drangiana 100 Tonnen Goldes an Gold / Perlen /ädlen Steinen / Kleinoten / güldenen und silbern Stücken / Indianischer köstlicher Seide und Tüchern mit sich gebracht hatten. Herr Mazeus / der nach gehaltener Schlacht nach Ekbatana verschicket wahr / kam auch wieder an / nachdem er auf seines GroßFürsten Befehl von den Landständen 30 Tonnen Schaz zusammen getrieben hatte / worzu noch 10 Tonnen aus der Schazkammer geleget wurden. Pharnabazus ließ aus seinem Schaz zu Susa 30 Tonnen Goldes hohlen /und hatte von den Ständen 20 Tonnen darzu gelihen. Artaxerxes legte 30 Tonnen dabey / und die Stadt Susa 10 Tonnen Goldes. So musten die angrenzenden Parthischen Städte und Landschafften / unter Bedräuung der gänzlichen Verwüstung ihm 20 Tonnen auffbringen. Die gesamte Morgenländische KriegsHeere schossen 20 Tonnen zusammen / und bahten Fürst Arbianes / sie unsern Helden ihretwegen untertähnig einzuliefern. Die eroberte Beute aus der Schlacht mit Dorylaus / wahren 10 Tonnen; die Helfte der Beute aus der HäuptSchlacht / wahren 200 Tonnen Goldes /welche Artaxerxes zusammen gelegt und unsern Helden zum bestẽ verwahret hatte / machte alles ingesamt 480 Tonnen Goldes. Als die Fürsten beysammen wahren ward ein sehr grosses Freudenfest / auf welches alle KriegsObristen gebehten wurden / angestellet / welche die grosse Kosten betrachtend / dem Persischen GroßFürsten eine eigenwillige Zusteur auf 10 Tonnen Goldes tahten. GroßFürstin Valiska brachte alles Parthische Frauenzimmer / so bey ihr blieben wahr / nach ihrem Stande zu Ehemännern / deren Hochzeit [171] bey diesem fünfftägigen Fest mit gehalten wad / wobey etliche tausend Menschen gespeiset wurden. Des andern Tages baht Valiska ihren Bruder /Gemahl und Fabius zu sich auf ihr absonderliches Zimmer / und redete sie also an: Meine allerliebste Herzen; wie hefftig Artabanus sich bemühet / uns zubeschädigen / und aus dem Mittel zuräumen / hat er in wenig Tagen überflüssig erwiesen / wird auch zweifels ohn nicht nachlassen / unsern Untergang zu suchen / so lange er unser kan mächtig seyn. Inzwischen sitzen unsere herzliebe Eltern uñ Anverwanten unsertwegen in steter Bekümmerniß / und hundert tausend Sorgen / als welche sich täglich neue Gefahr von uns einbilden / und von herzen niemahls können frölich seyn; die Ursach solches ihres Kummers ist keine andere als wir selbst; dann ob uns der barmherzige Gott gleich in Freyheit gesetzet / wovor wir ihm nimmermehr gnug danken können / so halten wir uns doch selbst von unser Reise auff / und rennen aus einer Gefahr in die andere. Bißher haben wir in unserm Beruff vielleicht gewandelt / vielleicht auch wol mehr Gefahr über uns genommen / als wir bedurfft hätten / und Gottes Gütigkeit hat uns dannoch allemahl augenscheinlich loßgerissen; Lasset uns / bitte ich / der himlischen Gnade nicht mißbrauchen / daß Gott nicht ursach bekomme / über uns zuzürnen; ja lasset uns bedenken / daß wir alle Mühe ausgestanden / damit wir in unser geliebtes Vaterland wieder kommen möchten / woran uns nichts / als unser selbst eigener Wille hinderlich ist. Wolte Gott / ihr möchtet mit mir einig seyn / so wolten wir morgen / oder ja übermorgen umb diese Zeit schon auff der Reise seyn; und ist einige Begierde bey meinem H. Bruder / nach seinem Gemahl / Söhnlein / Mutter und Schwieger Eltern / ja nach seinem Königreiche / welches mit Schmerzen nach ihm aussihet / so wird er mir mein Gemahl erbitten helffen / daß er sich durch gute Wort länger nicht auffhalten lasse. An H. Fabius guten Willen gebühret mir nicht zuzweifeln / und müste mir herzlich leid seyn / wann mein Schatz Herkules allein gegẽ halten würde / welchen ich vorerst nirgends lieber als zu Jerusalem / hernach zu Padua / und dann zu Prage sehen möchte. Mein allerwerdester Schaz / antwortete Herkules / warumb beschuldiget sie mich einer Sache /deren ich gar unschuldig bin? GOtt ist mein Zeuge /daß sint Gamaxus Erlegung ich täglich mit den Gedanken umbgangen bin / aber mich nicht habe loßwirken können; nunmehr aber werde ich meinen Schluß /wann es ihnen sämtlich also gefället / nicht brechen /und von heut an zurechen / über drey Tage (dann das Fest müssen wir Ehrenhalben mit aushalten) die Reise in Gottes Namen antreten / auch auff dem Wege nicht seumen / biß wir Jerusalem erreichet haben / woselbst ich durch Verheissung verbunden / einsprechen muß. Sie wahren dessen ingesamt von Herzen froh / und foderten Leches neben Libussen zu sich / denen sie ihren Schluß zuwissen macheten / und daß sie den übrigen anzeigeten / sich gefasset zuhalten / damit man sich länger nicht auffhalten dürffte. Herkules ließ den Obristen Wedekind ruffen / und gab ihm zuvernehmen / daß seine Reise nunmehr erstes Tages vor sich gehen würde; Weil aber Artaxerxes bey ihm angehalten / daß die Teutschen / Böhmen und Römer bey ihm auf eine gewisse Zeit bleiben möchten / könte man /wie er sähe / ihm solches nicht wegern; zweifelte nicht / sie würden sich dessen nicht entbrechen / sondern diese gute Gelegenheit / Ehre und Ruhm zuerwerben / in acht nehmen; währen aber etliche unter ihnen / zum höchsten / auff 300 Köpffe / Teutsche /Böhmen und Römer / (mit den 300 ädelknaben hätte es seine wege) [172] die nach ihrem Vaterlande verlangen trügen / solten dieselben sich angeben / dañ so viel währen sie willens mit sich zuführen; und wer seine erworbene Gelder mit überschicken wolte / könte sie sein zusammen gepacket / und auff Wagen oder LastTihre geladen / herbey bringen / welches alles den ihren unverrücket solte eingeliefert werden. Wedekind gab zur Antwort; die Völker hätten ihn schon vermocht / ihretwegen untertähnigst anzuhalten / daß sie dieser örter noch etwas verbleiben möchten. Ihre Baarschaften erstrecketen sich sehr hoch / welche sie täglich nach ihrem Vaterlande wünscheten; wolten deßwegen Pferde und Wagen verschaffen / daß sie mit könten fortkommen; so währen auch etliche / die nach ihrem Vaterlande verlangen trügen / deren Nahmen er ehist eingeben wolte. Fabius redete eben dieses mit den Römern ab / wie auch Klodius und Markus / und funden / daß sie Lust hatten / noch länger zu dienen /und ihre Güter mit überzumachen; welches sie ihnen gerne zuliessen. Bey der Mittagsmahlzeit / so bald die Speisen abgetragen wahren / stund GroßFürstin Valiska auff / neigete sich tieff gegen die anwesende Fürsten / und hielt zu ihnen diese Rede: Großmächtige Durchleuchtigste Fürsten / Hochgebohrne Herren und Freunde; was massen mein Herr Bruder und mein Gemahl / in diese / von unserm Vaterlande weit abgelegene Landschaften / nur zu dem Ende sich begeben /daß sie mich geraubete wiederumb in freien Stand setzen möchten / ist unnöhtig / nach der länge vorzutragen / weil euren Liebden es samt und sonders gnug wissend ist. Wann dañ der grundgütige GOtt nach seiner väterlichen barmherzigkeit es also geschicket /daß ich aus der leidigen Gefängnis entrissen bin / und unsere eigene Notturft / insonderheit meines HerrnBruders Königreich durchaus erfodert / daß wir die Reise nach unserm Vaterlande ehist vor uns nehmẽ /und überdas mir unmöglich ist meine herzgeliebte Fr. Mutter in ihrem täglichen Herzleide länger ungetröstet zu lassen; als gelanget an eure Durchll. und Liebden meine sehr inständige Bitte / dieselbe wollen / in erwägung obangezogener wichtigen Ursachen / dem jeztfolgenden ansuchen meines H. Bruders und Gemahls nicht entgegen stehen / sondern mir als einer betrübeten Tochter gnädig und willig zulassen / daß ich meine Herzallerliebste Fr. Mutter ehist wieder umbsahen möge / deren angenehmen gegenwart ich so lange Zeit entbehren müssen. Solches erbiete ich mich Zeit meines Lebens / nach äusserstem vermögẽ zuerkennen / und bedanke mich zugleich untertähnig / daß eure Durchll. und Liebden / meine Erlösung durch allerhand Vorschub befodern / mich in ihren kräftigen Schuz nehmen / und wieder die grosse Macht des gräulichen Wüterichs Artabanus beschirmen wollen; welche hohe erbarmung mir elenden erzeiget / die ganze erbare Welt zurühmen / und der Himmel zuvergelten unvergessen seyn wird. Nach diesem stunden Ladisla und Herkules auff / und fing dieser also an: Großmächtige Unüberwindliche GroßFürsten / auch Durchleuchtige Fürsten / Hochwerte Herren: Mein geliebter Bruder und ich / bedanken uns billich und von Herzen wegen der übermilden Güte und Hülffe / die von ihren Durchll. uns in unsern nöhten so reichlich erwiesen ist / daß wir viel zu geringe seyn werden / es bey den unsern nach gebuhr zu preisen. Nun müssen wir sonder sparung der Warheit gestehen / daß uns schwer fallen wird / solche gewogene Herrn und Freunde zuverlassen / mit denen unser ganzes Leben zuzubringen / auch Lieb und Leid mit ihnen außzustehen wir begehren / und billich wünschen solten / würden auch an unser Vaterland wenig gedenken / wañ nicht [173] die eingepflanzete Neigung / und der Untertahnen erheischende Notturft uns unser Schuldigkeit erinnerten / und uns gleichsam antrieben / bey ihren Liebden sehr dienstfleissig anzuhalten / daß uns hochgünstig möge erläubet seyn / morgendes Tages ohn einige Sperrung Abscheid zu nehmen; solten wir dañ schier heut oder Morgen von ihren Liebden um Teutsche und Bömische Völker ersucht werden / wollen wir ihnen biß auff 150000 Reuter gerne zu dienste seyn / auch / da sie es begehren unsere annoch Anwesende ausser einer geringen Begleitung / willig hinterlassen; zweiffeln nicht / dieselben werden nit weniger in unserm abwesen / als vorhin / sich redlich und geherzt finden lassen. Die Fürstliche Geselschaft hätte nicht gemeine / daß unsere Helden sogar schleunigen Abscheid begehren solten / uñ freuete sich Artaxerxes sehr / daß die Schenkungen alle richtig beysammen wahren; wolte doch vor sich hierauff keine Antwort geben / sondern trat mit seinen Bundsgenossen in ein Nebengemach / unter welcher Zeit Valiska den jungen Medischen Fürsten Arbianes zu sich foderte / und ihn / wessen er sich verhalten solte / unterrichtete. Nach verlauff einer halben Stunde stelleten die Fürsten sich wieder ein / und brachte Phraortes diese Antwort vor: Großmächtige Durchleuchtigste Herrn / König Ladisla / und GFürst Herkules / hochwerte Herrn und Brüderliche Freunde: Wie glükselig diese Landschafften seyn müssen / denen eure Liebden Zeit ihres Lebens mit Raht und Schuz vorstehen werden / kan aus diesem ich und ein jeder unschwer ermässen / was unser Vaterland diese kurze Zeit durch euren treflichen Beystand genossen / so daß auch die kleinen Kinder die lieben Nahmen Herkules und Ladisla allenthalben schon im Munde fuhren / und mit gebrochener Außrede preisen. O wie würden sich hohe und nidrige /strettende und ruhende / Land und Leute freuen /wann sie hören solten / daß die fremden Freunde noch manniche Zeit in Persen leben / uñ nur durch ihres Nahmens laut / der Feinde stolz brechen und in Halenfurcht verwandeln würden / wie schon mehr als einmahl geschehen. Aber leider! Persen ist des Glüks unwirdig; der Himmel hat den Morgenländern diese Ebenbilder der Volkommenheit / diese Kleinoter der Welt nicht zu eigen geben / sondern nur leihen wollen / umb uns sehen zulassen / was vor ein gewünschtes Gut er der Teutschen und Bömischen Welt mitgeteilet / welches wir ihr zwar nicht mißgönnen müssen / und doch / wans möglich währe / gerne mit ihnen gemein haben wolten; weil es aber schwerlich wird geschehen köñen / stehet uns gleichwol als dankwilligen zu / daß wir den bißher empfangenen nutzen erkennen wie dañ unsere Fürstl. Verbündnis solches gerne erkennet /und euren Liebden sich mit Land und Leuten / mit Gut und Blut verpflichtet halten / weil sie ihr Leben vor unsere Wolfahrt gewaget / ihr Blut vor uns und unsere Leute vergessen / und keiner Mühe / Gefahr und arbeit sich verdriessen lassen; ja angebohtene Königreiche außgeschlagen / nur daß sie unsere Herrschaft befestigen / und des Wütrichs Ungerechtigkeit abwenden möchten. Blind ist / der dieses nicht sihet; unachtsam / der es nicht besihet; undankbar / der es unvergolten lässet / so weit nur sein vermögen reichen kan. Also werden wir uns bemühen / uns selbst zu durchsuchen / ob wir der schuldigen Dankbarkeit einiges Zeichen finden und leisten können. Den Ernst ihres vorgenommenen abzuges haben wir nit ohn betrübnis verstanden / aber unsern Ohren dürfen wir nicht trauen / daß hierzu der allernähstfolgende Tag solte berahmet seyn. Nein hochgeliebte Freunde / so werden sie ja ihren verbundenen / die sich der Zahlung schuldig wissen / [174] die Zeit zur Dankbarkeit nicht entreissen. Wann die Noht sie triebe / wolten wir noch heut einwilligen; aber ausser diesen Fall / der Gott Lob sich nicht findet / ist uns der morgende Tag gar zu unerträglich / und hoffen zum wenigsten / bey ihnen zuerhalten / daß sie nur so lange in ruhe und friede ihre angenehme Gegenwart uns gönnen / als sie der Fehde und dem Streit unsertwegen beygewohnet /damit wir nicht angesehen werden / als gebrauchten wir uns der Freunde in der Noht und Gefahr / und jageten sie hernach von uns; welchen Verdacht von uns abzuwenden / sie nach ihrer hohen Vernunft und Gewogenheit selbst werden gefliessen seyn. Herkules gab zur Antwort: Großmächtige Fürsten / Hochwerte Herrn; wann ein leichter Kindischer Pfeil von einem stählenen Armbrust abgeschossen wird / flattert er nur / oder zubricht gar in stücken; gleich also treibet ein unverdientes Lob mehr nider als in die höhe. Wir sind im wenigsten nicht bestand / nur mit Gedanken zuergreiffen / was man uns als tähtlich zulegen wil. O nein! Ladisla und Herkules wissen sich ihres unvermögens wol zuerinnern; aber an euer Liebe Reden finden sie ein lebendiges Beyspiel / wie leicht freundes Gemüht durch gewogenheit verleitet / zu weit gehen kan; welche erinnerung eure Liebe uns nit vor übel halten wolle. Wir haben bey neulicher Schlacht etwa eine Handvol Völker gehabt / die neben eurem wolgerüsteten Heer daß ihre mit zu tuhn / sich befliessen /aber ohn derer und unserer hülffe / die sehr klein / und des gedenkens nit wert ist / hätten der hochlöblichen Verbündnis Heerführer und Kriegsleute eben solches verrichten können was in unser Gegenwart geschehen ist; zweiffeln auch nicht / Gott werde ihnen in kurzen völligen Sieg über ihre Feinde verleihen / dessen treflichen anfang wir mit Augen angesehen / und uns höchst freuen daß wir einen geringen Teil mit hinzugetahn / und vor ihren uns geleisteten Schuz / eine dankbare Seele zuerzeigen / Gelegenheit gehabt; der Durchleuchtigsten GroßFürsten Fürsten und Herrn hohe Gewogenheit gegen uns / ist so reichlich und überflüssig schon erwiesen / daß sie keines Augenbliks mehr bedarff / und daher unsere hochnöhtige Reise keine Stunde auffzuschiebẽ ist / würde uns auch leid seyn / wann ihre Liebden noch ein mehres zuerzeigen sich unternehmen wolten. Wir haben uns bißher dieser Wegerung nicht versehen können / sonsten würden wir zeitiger umb Urlaub angesuchet haben; dann die Zuversicht zu dem Durchl. GroßFürsten /Herrn Phraortes / dessen Liebe uns die Versprechung getahn / daß wir über Gelegenheit keinen Tag solten auffgehalten werden / hat uns beredet es würde ein schleuniger Abzug / uns vor keine Unhöfligkeit oder undankbahres Abstreichen außgedeutet werden; hoffen auch festiglich / ihre Liebden werdẽ nicht allein die beschehene Zusage / sondern auch meines Gemahls angelegte Bitte gelten lassen / uñ unsern Abscheid / den wir fast ungerne nehmen / weiter nicht hemmen; wie wir dann an ihrer Hoch Fürstl. Gewogenheit durchaus nicht zweiffeln dürffen / also erbieten wir uns hinwiederumb / ihren Durchll. und Liebden / nach unserm wenigen vermögen allemahl bereit und auffwärtig zu seyn. Phraortes kunte seines versprechens nicht in Abrede seyn / und gab diese Wiederantwort: Ich erinnere mich billich / was eure Liebe allemahl in Vorbehalt gesetzet / daß sie unverbunden seyn / und zu jederzeit Freiheit hinweg zu scheiden /haben wolten / welches ihnen auch von unser Fürstl. Verbündnis niemahln gewegert werden sol; haben auch ihre grosse Gewogenheit daher verspüret / daß da sie gar zeitig / und ohn einige Wagnis gegen den Feind hätten können ihren Abzug nehmen / [175] sie dannoch der Hauptschlacht zuvor beywohnen / und ihre eigene Sachen biß dahin außsetzen wollen / wozu sie weder durch Pflicht noch Schuld verbunden wahren; in Erkäntnis dessen / erkühnen wir uns durchaus nicht / ihre Liebden länger aufzuhalten / ungeachtet wir nichts liebers sehen möchten / als daß sie gar bey uns bleiben / und der Feinde Landschaft zum eigenen Besiztuhm annehmen wolten. Weil aber die Liebe zu ihrem Vaterlande und angebohrnen Unterthanen (welche wir billich mit unter ihre höchste Tugenden rechnen) sie dessen nicht bereden lassen kan / und die Verschenkung des Fürstentuhms Susiana uns ihre Gemühter gar zu kundbar gemacht hat / wollen wir nicht allein hievon gar keine Meldung tuhn / sondern ihren Liebden auch die versprochene Freiheit abzuziehen /gerne gönnen; jedoch daß sie gleichwol die Zeit so gar kurz nicht bestimmen / und wir zuvor wissen mögen / daß sie reisen wollen / ehe wir ihre Gemächer und Ställe ledig sehen. Ihr Erbieten wegen beharlicher Freundschaft ist uns lieber / als mit Worten außgesprochen werden kan / geleben auch der tröstlichen Zuversicht / sie werden an unser Seite einigen Zweifel nicht tragen / daß wir seyn und bleiben wollen dieselben / welche ihren hochverdienten Ruhm außzubreiten / und ihrer lieben Gedächtnis sich stets zu erinnern / auch allen möglichen Willen zu bezeigen / werden unvergessen seyn. Durchleuchtigste GroßFürsten und Fürsten / gab Herkules zur abermaligen Antwort: Die blosse Schuldigkeit vor empfangene Woltaht / und die Begierde solchen lieben Freunden noch länger beyzuwohnen / hat uns so lange alhie aufgehalten / weil wir die nahe Gelegenheit / ein dankwilliges Herz zu erzeigen / vor der Tühr sahen; hat nun solches ihren Liebden gefallen können / ins uns dadurch alles tausendfach schon ersetzet. Billich solten wir zwar unsere gegenwärtige wirkliche Dienste länger leisten; weil ihnen aber nunmehr damit wenig kan gedienet seyn /und unsere eigene Geschäfte uns die Ohren Tag und Nacht vol schreien / ja auch meinem lieben HerrnBruder / König Ladisla und Herrn Fabius herzgeliebte Gemahlin diese Erinnerung vergeselschaften / dereins an sie zu gedenken / als ist unsere emsige Bitte / uns über heut / morgen und übermorgen nicht aufzuhalten. Ihr hohes Erbieten können wir weder erwiedern noch außschlagen / erkennen es mit dankschüldigem Herzen / und verbleiben zeit unsers Lebens Ihrer Liebden bereitwilligste Knechte. Ladisla redete mit ein; Ihre Liebden möchten insonderheit bedenken /daß er eine so lange zeit her aus seinem Königreich währe / und keinen Anverwanten / als seine Frau Mutter hätte / der dem Reiche vorstünde; so dürften auch seine ungeträue Nachbarn / insonderheit die frechen Pannonier / seines Abwesens sich zu nütze machen / und in einem Monat ihm mehr Schaden zufügen / als in Jahres frist könte wieder gebracht werden; wolte diesem nach / der gänzlichen Zuversicht leben /man würde ihren Abzug weiter außzusetzen / nicht anhalten / und wiederholete schließlich das vorige Erbieten. Hierauf gab nun Artaxerxes zur Antwort; Sie müsten gestehen / daß jedem sein eigenes billich am meisten an gelegen wäre / könten demnach Ihre Liebden wider ihre selbst eigene Wolfahrt nicht aufhalten /wie schwehr ihnen gleich ein so gar schleuniger Abweich fallen würde / damit ihre Liebes- und Freundschaft-Begierde nicht in eine Unbilligkeit verwandelt /mehr strafbar als lobwirdig wäre. Aber eine Bitte hätte die Fürstl. Verbündnis an die Durchl. GroßFürstin Fr. Valiska vor ihrem Abzuge abzulegen / deren Wegerung sie sich nicht versehen wolten / und zu seiner Zeit solte [176] vorgetragen werden. Dieser Erlassung freueten sich die unsern höchlich / und erklärete sich die GroßFürstin / denen / die ihr zubefehlen hätten /würde sie keine Bitte versagen / dafern die Leistung nur in ihrer Gewalt stünde. Jederman meynete / es würde nunmehr alles geendet seyn; aber hie trat Arbianes auf / und wie Valiska ihm eingegeben hatte /fing er zu seinen Eltern also an: Gnädiger Herr Vater und Fr. Mutter; wie höchlich dieselben mir allemahl dieser Fürsten Gemühter zurühmen pflegen / welche auf ihr Fürstliches Erbe nit verbacken sind / sondern in der Jugend / durch lobwirdige übungen / Besichtigung fremder Länder und Sitten / und andere löbliche Tahten / die tugendliche Volkommenheit und Ehre suchen / werden sie sich gnädig erinnern können. Wann nun zeit meines Lebens mir hierzu bessere Gelegenheit nicht werden kan / als das Glük mir jetzo anbeut; so gelanget demnach an dieselbe mein kindlich-untertähniges ersuchen / mir väter- und mütterlich zugönnen / daß mit dem teuren GroßFürsten / Herrn Herkules / ich nach Italien / und so weiter nach Böhmen und Teutschland reisen möge / damit ich die Landschafften und Schlösser sehe / auf welchen diese volkommene Fürsten gezeuget sind; und daß ich dieses bey meinen Eltern desto leichter erhalten könne /bitte den Großmächtigen GroßFürsten / Herrn Artaxerxes / und die sämtliche anwesende Fürsten / meine hochgebietende Herren Oheimbe ich untertähnig / mit ihrer kräfftigen Vorbitte mir behülflich zuseyn / und dieses mein inständiges ansuchen zubefodern. Sein Vater antwortete: Lieber Sohn / du hast an meiner seiten keines Vorbitters vonnöhten / sondern sihe dich nach denen umb / welche bey GroßFürst Herkules dir solches zuwege bringen; Ich vor mein Häupt sehe viel lieber / daß dein Gemüht nach Erfahrung als Wollust; nach reisen als süsser Ruhe stehet. Zwar ich halte es keinem jungen Fürsten vor übel / daß er daheim bleibet / wann er wegen frühzeitigen Abfalls seiner Eltern / die Landesbeherschung anzutreten gezwungen wird /oder sonst wichtige Ursachen hat / in seinem Lande zubleiben; oder die Besichtigung fremder Landschafften ihm schädlicher als zuträglich oder nüzlich sind; oder wann er daheim eben das sehen und erfahren kan / was in andern Reichen hochgehalten wird; oder wann ihn Leibesschwacheit abhält; oder endlich /wann die Gefahr solcher Reise groß / und der Vortel klein oder nicht gültig ist; aber die / so aus blosser Faulheit und Lust dem Fleische sanfte zutuhn / auf ihren Land Schlössern bey stetem fressen und sauffen veralten / so daß sie kaum wissen / ob die ganze Welt zehn Meile breit und lang sey; Diese / sage ich / sind unwirdig / daß sie eines Fürsten Namen führen. Ich kenne einen preißwirdigen Fürsten / welchen ich nicht nennen wil / der in seiner Jugend genöhtiget ward /die Landesbeherschung wider seinen Willen anzunehmen / gleich da er sich geschicket hatte / nach einer schon zimlich fernen Reise / eine viel weitere über Meer und Land zutuhn. Aber seines hochgepriesenen Herr Vaters unvermuhtlicher Todesfall riß ihn zurük /wie hefftig er auch umb Erlassung etlicher Jahre anhielt. O wehe mir / pflag er zusagen / daß ich meine Jugend mit diesem schweren Joche muß lassen überladen; da er doch in diesem JünglingsAlter Wiz und Verstand gnug hatte / nicht allein seine Herschafft /sondern viel eine grössere zuverwalten. Solche Nohtwendigkeit / mein Sohn / bindet dich an Ekbatana nicht / sondern du hast Freyheit / dich zuversuchen /und sagest recht daran / daß du bessere Gelegenheit /etwas zufassen / nimmermehr finden werdest / dafern dir nur diese werden kan. GroßFürstin Saptina merkete schon / daß Valiska mit [177] dahinter steckete / deswegen stund sie auff / und hielt sehr fleissig bey ihr an /sie möchte bey ihrem Gemahl helffen loßwirken / daß seine Liebe ihren herzgeliebten Herr Sohn / zu seiner Geselschafft und ferneren Unterweisung ihm wolte lassen anbefohlen seyn. Aber Herkules antwortete selbst hierauf: Ihm könte liebers nichts wiederfahren /als wann er seinen hochgeliebten Herr Bruder / Fürst Arbianes zum Reise-Gesellen haben / und dessen angenehme gegenwärtige Freundschafft noch länger geniessen solte; weil ihm dann solches angebohten würde / welches er vor ein sonderliches Zeichen der Gewogenheit erkennete / wolte er hiemit Fürstlich versprechen / sich dieses Tugendergebenen Fürsten nicht weniger als eines leiblichen Bruders anzunehmen / und allen Fleiß anzuwenden / daß er gesund und frisch bey den lieben seinigen wieder anlangen möchte; welches von allen anwesenden Morgenländischen Fürsten / mit hohem erbieten angenommen ward.
Nach Endigung dieses Gesprächs / meldete Gallus Herrn Fabius an / es währe eine ansehnliche junge Frau in Trauerkleidern vor dem SchloßThor / die nach seinem Nahmẽ fragete / und ihrem vorgeben nach /aus dem Fürstentuhm Susiana kähme. Er gedachte alsbald / es würde Statira seyn / ging zu ihr / und hieß sie freundlich wilkommen. Die verlauffenen unzimlichen Liebessachen machten sie sehr schamroht / baht auch demühtig umb Vergebung / da ihm ichtwas widriges von ihr begegnet währe; die Götter wüsten / daß sie nicht als durch äussersten Liebes-zwang sich an ihm versündiget hätte / hoffete dessen Vergebung /und wünschete / daß sein hoher Stand ihr hätte mögen wissend seyn; dann wolte sie schon so viel Macht gehabt haben / ihn der billigen Knechtschafft zubenehmen. Er gab zur Antwort: Sie möchte ihr gefallen lassen / alles geschehene zuvergessen; Ihr geträues Herz gegen ihn hätte verdienet / daß er sich ihrer Wolfahrt als seiner eigenen annähme / welches zuleisten er ziemliches Vermögens währe. Aber / sagte er / ist auch der gute Nabarzanes ungehalten / daß meine Seele so unbarmherzig mit ihm verfahren? Ach / sagte sie / ich kan beteuren / daß ers mit keinem Worte geahnet hat / so lange er im Leben gewesen / welches aber nur wenig Stunden nach erfahrner Zeitung wehrete; dann er ritte des folgenden Tages auf die Jagt /da ihn ein hungeriger Löue in stücken zurissen / und er mir von den Jägern so elendig zu Hause gebracht ist / daß ich gleichwol ihm noch eine Standeswirdige Begräbniß ausrichten können; Und ob ich zwar meinem Herrn gestehen muß / daß ich schlechte Liebe zu ihm getragen / so ist mir dannoch der Unfall so sehr zu herzen gangen / daß ichs biß an diesen Tag nicht vergessen mögen. Fabius tröstete sie mit freundlichen Worten / sie solte sich zufrieden stellen / es währen unter den Susianischen Völkern unterschiedliche treffliche Ritter HerrenStandes / deren einen er ihr zufreyen wolte / welches auszuschlagen er nicht rahten könte. Sie zwar wolte sich dessen viel entschuldigen aber er setzete sich zu ihr auff die Gutsche ließ ihm sein Pferd nachführen / und brachte sie in eine vornehme Herberge / mit Versprechung / wo nicht heut /doch gewiß morgen sie zubesuchen; kehrete wieder nach dem Schlosse / und zeigete GroßFürstin Valiska an / daß die Susianische Frey Frau / die in seiner Dienstbarkeit ihm so manniche Guttaht erzeiget / und aus Gobares Händen sein Leben entrissen / Ihrer Durchl. untertähnigst auffzuwarten / ankommen währe. Ey so hätte der H. Bruder sie herauff nöhtigen sollen / antwortete sie; rief alsbald ihrer Hofmeisterin Libussen neben Kleofis / daß sie ihre LeibGutsche anspannen lassen / und die fremde Frau herzu [178] hohlen solten; welches alsbald geschahe / und Statira der hohen Ehre nicht wenig erschrak. Sie ward von dem Fürstl. Frauenzimmer wol empfangen / dann ihre getriebene Buhlerey wahr allen unbewust / kunte sich auch so höflich bezeigen / daß sie aller anwesenden gute Gunst bekam / auch dem Fürstlichen Frauenzimmer allernähest bey ihrer LandesFürstin Barsenen gesetzet ward / deren sonderliche Hulde sie erwarb. Nach geendigtem Abendmahl ward ein zierlicher Tanz gehalten / wiewol mehrentheils von den jungen Eheleuten / da Valiska gelegenheit suchete / mit Statiren zureden / bedankte sich sehr / daß sie ihrem brüderlichen Freunde Herrn Fabius in seinem Elende so grosse Freundschafft und mächtigẽ Schuz erwiesen /und baht Fürstin Barsenen / ihr solches geniessen zulassen. Diese wolte nun alsbald / wie sie sagte / ihren Gehorsam erzeigen / hohlete ihren Gemahl herzu /und sagte: Sie hätte die Ehre eines Befehls von ihrer gebietenden GroßFürstin erhalten / daß bey ihrem Gemahl sie dieser anwesenden ädlen Frauen gute Gunst und Gewogenheit erwerben solte / der nicht weniger als sie selbst Ihrer Durchl. Gehorsam zuleisten / bereit seyn würde. Ja antwortete er / solches erfodert unsere Schuldigkeit / und was diese ädle Frau von euch und mir begehren wird / sol ihr unwegerlich und Fürstlich geleistet werden / dessen gebe ich ihr diesen Ring zum Pfande; zog denselben von seinem Finger /und stekte ihn Statiren an / welches alsbald Barsene ihm nachtaht. Jene aber / die ihr so gar hohe Gnade nit vermuhten wahr / und wol gedachte / daß alles von Fabius herrührete / antwortete sehr demütig: Sie währe so grosser Ehre unwirdig / müste ihren LandesFürsten ja billich zu untertähnigem Gehorsam aufwarten; wüste auch nicht / ob sie die GnadenRinge behalten dürfte; Sie untergäbe sich Ihrer Durchll. beyderseits zueigen / und währe erbötig / alles ihr Vermögen in deren Hände einzuliefern. Fabius trat mit hinzu /rühmete auffs neue ihre vielfältige Guttaht / die er zuvergelten nicht gnug währe; Daher Pharnabazus ihr nicht allein das von Gobares geschenkte LandGut bestätigte / sondern noch ein dabey gelegenes verehrete /nam auch Nabarzanes Söhne erster Ehe vor ädle Leibknaben an / und versahe sie nachgehends mit hohen Ehrenämptern und grossen Landgütern / weil sie ihrem Vater nicht in der Furchtsamkeit nacharteten /sondern tapffere Ritter wurden.
Kein ernstlicher Gespräch ging auff dem Saale vor / als zwischen Artaxerxes und Ladisla; dieselben redeten von allerhand Geschichten Teutschlandes / insonderheit von den schweren Kriegen / welche Herkules Vorfahren mit den Römern geführet / und ihnen so mannichen Sieg abgedrungen hätten; daher Artaxerxes Gelegenheit nam / bey Ladisla anzuhalten / daß er ihm Herkules Lebenslauff weiter erzählen möchte /weil er vor diesem durch des verfluchten ungenanten Ankunfft daran verstöret worden. Er wahr ihm hierin gerne zu willen / und huhb an: Ist mir recht / so habe ich zulezt gemeldet / was gestalt wir beyde aus Schweden von meinen Eltern nach Böhmen abgefodert wurden / woselbst wir sehr wilkommen / und des ganzen Landes Augen auff uns hingerichtet wahren /massen hohe und geringe über unsere Einträchtigkeit /beydes an Willen und Kleidern sich verwunderten /und erzeigeten meine Eltern uns gleiche Liebe und Gewogenheit / daß mein Herkules nicht anders als ein Sohn gehalten ward / insonderheit von meiner Fr. Mutter / die ihn zum oftern küssete / und einsmahls in meiner Gegenwart zu ihm sagete: Herzlieber Sohn Herkules / die Götter wissen / wie inbrünstig ich euch liebe / hoffe auch Gelegenheit zufinden / es [179] der eins in der Taht zuerweisen; aber ihr sollet mir versprechen /daß wann ihr zu den Jahren komt / ihr ohn mein Vorwissen nicht heyrahten wollet. Welches er ihr willig verhieß / und durch dunkele Reden so viel Anzeige gab / ihm würde kein lieber Mensch / als sie / ein angenehmes Gemahl zuführen können; worauff wir dazumahl wenig acht gaben / und der Ausgang mirs wieder zu Gedächtniß ruffet. Wir wahren wenig Wochen zu Prag gewesen / da uns Zeitung kam / die GroßFürstin / meines Herkules Fr. Mutter läge schwer danider an einem hitzigen Fieber / und trüge grosses Verlangen / ihren Sohn zu sehen; deswegen wir uns zur Hinreise fertig macheten / daran wir doch durch eine Begebniß verhindert wurden / die meinem Herkules zu sonderlichen Ehren ausschlug. Ein sehr grosser starker Pañonier / nahmens Bato / kam zu Prag an / meinem H. Vater in seines Königes Mnata. Nahmen eine Schatzung abzufodern / welche man ihm weder geständig noch schuldig war. Das Ungeheur brachte seine Werbung in unser beyden Gegenwart mit groben Troz und bäurischer Unhöfligkeit vor /welches ihm mein H. Vater übersahe / weil dieser Leute plumpe Sitten ihm wol bekant waren; aber mein Herkules beiß darüber die Zähne im Kopfe zusammen / und fragte den Gesanten / ob die Pannonier mit freyen Königen umzugehen nicht besser gelehret währen? Trauen / sagte er / wann ich ein König währe /und man würde mir solchen Troz beweisen / dürffte ich einen Gesanten zuvor etliche Jahr in die Schuele der Erbarkeit abfertigen / ehe ich ihn vor meinen Stuel treten liesse. Solche Rede ging dem Unflaht sehr nahe / er sprang und dräuete / knirrete mit den Zähnen /und hielt sich so unbendig als ein besessener; dessen doch Herkules nur lachete / und ihn sanftmühtig erinnerte / zubedenken / daß er vor einem herschenden Könige stünde. Dagegen fing dieser an: Was hastu spitziger Lecker des unüberwindlichsten Pannonischen Königes Gesanten und bestelleten Feldherrn zu rechtfertigen? Trauen wann ich dich am andern Ort hätte / würde ich dir den zarten Arsch so weidlich abstreichen lassen / daß du in vier Wochen des sitzens nicht froh werden soltest. Ich möchte wünschen / Eure Liebe hätten dazumahl meinen Herkules sehen sollen; das kan ich mit höchster Warheit bezeugen / daß weder vor noch nach der Zeit ich ihn so eiferig gesehen habe; es schien / als hätten sich die Haare auff seinem Häupte auffgerichtet / und sprützete ihm das Blut aus Nase und Lippen; welches er bald abwischte / sich vor meinem H. Vater in die Knie setzete / und in Kindlicher Demuht untertähnigst baht / ihm Freyheit zu gönnen / sich an diesem wilden Ochsen gebührlich zurächnen. Niemand wuste / was vor eine Rache er vor hatte / und gab ihm mein H. Vater zur Antwort: Lieber Sohn Herkules / du weissest / daß ich dich eben so lieb habe als mein eigen Kind; aber du hörest / daß dieser ein Gesanter ist / der nach aller Völker Recht grosse Freyheit hat / und sehe nicht /was vor Rache du gegen ihn anstellen köntest / sonsten wolte ich dir gerne zugefallen seyn. Diese Antwort deutete er vor sich aus / bedankete sich der gnädigsten Erläubniß / und kehrete sich gegen den Pannonier / ihn fragend / ob er so viel Herzens hätte / daß er sich seines Gesanten Rechts auff wenige Zeit verzeihen / und wegen angelegen Schimpfs ihm zu Ritters Recht stehen dürfte. Dieser / wie auch mein H. Vater selbst / meineten nicht anders / er würde etwa einen Bömischen Ritter vermögen / sich gegen ihn gebrauchen zu lassen; und als jener mit einem hönischen Gelächter zur Antwort gab / er solte nur ein Par stellen / wann er an einem nicht gnug hätte; warff ihm Herkules seinen Handschuch mit [180] diesen Worten zu; So nim dieses Pfand auff / du verwägener Hund / daß noch heut du oder ich vor freier Faust erschlagen werden muß. Mein H. Vater erschrak der Außfoderung höchlich / stellete sich zwischen sie / in meynung /den ungleichen Streit auffzuheben / dann wie dürfte ich vor deinem Vater erscheinen / sagte er / wann ich dir solches zuliesse? Er aber gab zur Antwort: Tausendmahl ehrlicher / alsbald gestorben / als diesen Schimpff auff mich ersitzen zulassen / der von allen redlichen Rittern mir könte Zeit meines Lebens vorgeworffen werden; wil auch meinen Eltern nicht unter die Augen kommen / ehe und bevor ich mich an diesem Schänder gerochen habe / und solte ich ihn über tausend Meile verfolgen. Bato verwunderte sich über der Kühnheit eines so jungen Menschen / und mochte ihn vielleicht der vorigen Rede gereuen / erboht sich auch gegen den König / die Tohrheit der Außfoderung dem Buben zuverzeihen; welchen Schimpff aber Herkules nicht verschmerzen wolte / sondern trat hinzu /und schlug ihn ins Gesichte / daß ihm das Maul an der Seite ganz erröhtete / da er zugleich sagete: Soltestu ungeschliffener Schelm einen gebohrnen freien Fürsten vor einen Buben schelten / der schon Waffen getragen hat? Der Pannonier taht / ob wolte er von sinnen kommen / fiel auff Herkules mit seinem Dolche ein / der sein blosses Schwert in der Faust hielt /in welches jener schier rasend gelauffen währe; aber die Trabanten wahren bald darzwischen mit ihrem Gewehr / und redete mein H. Vater dem Pannonier hart zu / er würde von seinem Könige nicht befehlichet seyn / diesen gebohrnen GroßFürsten und nähesten Erben Teutschlandes vor einen Buben außzuschelten /und ihm mit Stäupruhten zu dräuen. Nicht destoweniger wütete er doch i erfort / und vermaß sich mit hoher Verfluchung / diesen unablöschlichen Schimpff zu eifern; rieff auch meinem Herkules zu; du bübischer Tropff / erinnere dich deiner Ausfoderung / und bleibe nicht aussen / ich wil mich dir splitternacket /nur mit meinem Schwerte darstellen / und dir Schild und Harnisch gönnen; lieff die Steige hinunter in den Plaz / zog sich nacket aus / und band ein kleines Schürztuch umb sich. Mein H. Vater wahr über die masse betrübet / redete Herkules hart ein / man müste Königliche Gesanten nicht beschimpfen / ob sie gleich grob und ungeschikt währen / und wolte gerne eine Herrschaft drum geben / daß er noch in Schweden sässe. Was geschehen ist / antwortete er / habe ich zur erhaltung euer Königl. Hocheit getahn / und tähte es noch / wans ungetahn währe; sein König wird ihm nicht befohlen haben / eure Hocheit zubeschimpffen; oder hat ers befohlen / muß an diesem Orte es gebührlich beantwortet werden; was fraget mein H. Vater nach dem Pannonier Könige? und was höret eure Hocheit die schimpfliche Anfoderung der begehreten Schatzung so geduldig an? ist dieselbe willens /es einzugehen / möchte mein Bruder Ladisla lieber eines Bauren Sohn seyn / als dereins ein zinsbahres Königreich erben; wil sie es aber nicht eingehen / so ist ohn zweiffel der Krieg schon so gewiß als angekündiget. Jedoch habe ich hiervon nicht zureden; ich wil und muß meine Ehre wieder diesen Hund handhaben / oder mein Schwert wieder mich selbst brauchen; mein H. Vater bedenke sich kurz / welches unter diesen beyden er am besten zuverantworten habe. Meine Fr. Mutter kam geschwinde mit meiner Frl. Schwester darzu gelauffen / weil das Unwesen ihr kund getahn wahr; sie fiel Herkules umb den Hals / und mit vielem Weinen fragete sie / ob er sie so unselig / und bey seinen Eltern so verhasset machen wolte? aber sein jetziges Gemahl / [181] wie jung und Kindisch sie wahr / sagte hingegen: Herzen Fr. Mutter / die Götter werden meinem Herkules Schuz halten; aber viel besser ists / ehrlich gestorben / als schändlich gelebet; Kehrete sich hernach zu Herkules / und sagete zu ihm: Herzgeliebeter Oheim / rächet den Schimpff / oder ich wil ihn mit meinem Bogen an dem Pannonier rächen. Ja mein Frl. Wase / antwortete er / es sol gerochen / oder gestorben seyn / ehe ich dieses Schwert von mir lege. Ich ging hin / meine Waffen anzulegen / dann meine Meynung wahr / im falle Herkules den kürzern zihen würde / mich an seine Stelle zu setzen. Meine Eltern sahen / dz es durchaus nicht wolte anders seyn / gönneten ihm derwegen seine Freyheit / mit der Bedingung / sie wolten vor seinen Eltern entschuldiget seyn. Ich folgete ihm gewapnet / und ließ seinen Harnisch nachtragen; aber er hatte sich in ein Untergemach versperret / uñ wie ich seinen Nahmen rieff /antwortete er mir / jezt wolte er auffmachen / sprang auch Mutterleibes nacket mit dem Schwerte heraus /hatte sein Hembde entzweigerissen / und ein Stücke davon umb den Unterleib gebunden / dessen ich trauen nicht wenig erschrak / und ihn fragete / ob er unwitzig währe. Nein mein Bruder / sagte er: Aber sihestu nicht / daß der Hund auch entkleidet ist? was hätte ich vor Ehre / wann ich geharnischt einen Nacketen erschlüge? sagte kein Wort mehr / als daß er die Augen gen Himmel kehrete / und diesen kurzen Wunsch hinzu taht: Ihr Götter / straffet Hochmuht und Frevel / der euch nie gefallen hat. Damit sprang er als ein Hirsch in den Plaz. Meine Eltern sahen ihn kommen / dann sie hatten nebest dem Fräulein sich an ein Fenster gelegt / und wie sie ihn so nacket daher lauffen sahen / fiel meine Fr. Mutter in tieffe Ohmacht. Der Pannonier hatte mit schmerzen auff ihn gewartet / in meynung / er würde sich entweder fürchten / oder die Zeit mit bewapnung zubringen; wie er ihn nun mit so zartem Leibe uñ freien Augen daher rennen sahe / merkete ich eine Verenderung an ihm /ging doch eiferig auff ihn loß / und sagte: Komstu zarter Lecker mit entblössetem Leibe / so muß ich dir deine Verwägenheit zuerkennen geben; hieb auch so erschreklich zu ihm ein / als wolte er mitten durch ihn her schlagen; aber Herkules ging sehr behutsam / welche Tugend ich allemahl am meisten an ihm gelobet habe / und welch ihm diesen Hieb artig aus; und als sein Feind ihm nachtrat / und denselben Sreich wiederhohlete / zog er den Leib tieff gekrümmet ein / und schlug ihm mit dem Nachhiebe eine tieffe Wunde in die linke Schulder / wiewol er oberhalb des Nabels von dem Pannonier ein wenig mit der Spitze geritzet ward / daß etliche tröpflein Blut heraus fielen. Jener hub sein Schwert auff / ihm den Kopff zuspalten /aber Herkules wahr mit einem Unterhiebe geschwinde fertig / und traff ihm den rechten Ellebogen / daß er sein Gewehr fallen ließ / welches Herkules mit der Linken gerade auffhub / und zu ihm sagete: Wie nun du wütiger Hund / bin ich noch dein ruhtenmässiger Bube? bald ergib dich meiner Gnade / so wil ich mich bedenken ob ich dir das Leben schenke. Dieses kunte der stolze Narr über sein Herz nicht bringen / sondern winkete seinen anwesenden Leuten / ihm ein Schwert zu reichen; denen ich aber zurieff; dafern einiger sich unterstehen würde / in diesen Kampff sich zu mischen / solten sie alle in stücken zerhauen werden; jedoch wahren dieselben so redlich / daß keiner sich ichtwas unterstund. Herkules vermahnete seinen Feind noch mahls / sich heraus zulassen / ob er Gnade begehrete /aber jener lieff unbewehrt zu ihm ein / und zückete den Fuß / ihn damit nider zustossen; worauff Herkules zween Schritte zurücke trat / [182] und zu ihm sagte: Weil dich dann der hochmuhts Teuffel gar besessen hat / mustu billiche Straffe annehmen; gab ihm darauff mit dem erworbenen Schwerte einen Querhieb in den dicken Wanst / daß ihm das Gedärm umb die Füsse fiel / führete alsbald mit der Rechten einen kräfftigen Streich / und schlug ihm den Schedel bey der Schulder glat hinweg / daß er mit des niderstürzenden Blute über den ganzen Leib begossen ward /da ich meine Frl. Schwester ruffen hörete: Herzen Fr. Mutter / erhebet euch / der Pannonier ist schon erschlagen / sein Gedärm und Häupt liegen auff der Erde. Herkules in meiner und andrer Ritter begleitung trat hin zu der Pannonischen Schaar / welche 30 Mann stark wahr / und den Kampff angesehen hatten /und redete sie also an: Dieser euer stolzer Herr / da er von seinem Könige außgeschicket wahr / in dessen Nahmen bey meinem H. Vetter und Vater dem Bömischen freien Könige etwas zuwerben / hat mich /einen gebohrnen GroßFürsten der Teutschen / mit schmähe Worten angetastet / und da ich solches gebührlich beantwortet / meiner zween im vollen Harnische gegen seinen nacketen Leib außgefodert / dessen ich ihn / wie ihr gesehen / im auffrichtigen Kampff gelohnet habe; so nehmet nun eures schon nicht mehr so stolzen noch verwägenen Herrn Kopf / Rumpf /Gedärm / Kleider / Harnisch und Pferd zu euch / nur sein Schwert behalte ich mir zum Gedächtnis / weil ichs ihm / da er noch lebete / aus der Faust gebracht /und redlich erobert habe. Damit kehrete er mit beyden Schwertern umb nach dem Gemache / seine Kleider anzulegen. Aber meine Eltern und Fräulein Schwester kahmen gleich mit grossen freuden herunter gelauffen / und erschraken nicht wenig / da sie ihn so blutig sahen; doch halff ich ihnen bald aus dem zweifel / und befahl Wasser zubringen / damit wusch meine Fr. Mutter selbst und meine Fräulein Schwester ihm das unsaubere Blut allenthalben ab / dessen er sich zwar hefftig schämete / und sichs doch nicht entbrechen kunte. Die Pannonier wahren sehr betrübt und erkläreten sich / ihrem Könige alles auffrichtig zuhinterbringen / und ist derselbe des unfals so hart erschrocken / daß er von der Zeit an / so viel mir bewust ist /sich nicht unternehmen dürfen / einige Schatzung zu fodern / wiewol ich mich eines gewissen Krieges mit ihm vermuhten bin / welcher nicht wenig Blut kosten dürfte. Auff mein Vorhaben wieder zu ko en / so entstund bey den meinigen ein solches Frolocken / als nur die geringe Schramwunde sich an Herkules zeigete / daß sichs schwerlich erzählen lässet. Mein Herr Vater trat zu ihm / da er noch nacket wahr / ümfieng ihn freundlich / und sagete: Mein teurer Sohn Herkules / gönnen die Götter euch Gesundheit und Leben /werdet ihr die Siege uñ den Ruhm eurer ritterlichen Voreltern / durch die eure verdunckeln / und bey allen Menschen in vergeß bringen; so befinde ich mich auch gehalten / bey euch umb Verzeihung zu bitten /daß diese eure Ehre zu hindern / ich so emsig gewesen bin. Aber verzeihet mir mein HerrBruder / sagte Ladisla zu Artaxerxes / daß in Erzehlung dieses Streits ich mich so lange aufhalte. Mein Herr Bruder / antwortete er; nicht weniger hat mich die Erzehlung dieses Kampfes belüstiget / als der neuliche / welchen ich zwischen diesem teuren Held und dem Bauren Gamaxus mit Augen ansahe / wil ihn auch erstes Tages in diesem grossen Gast-Saal auff sechs grosse Tücher zu stetswärendem Gedächtnis abmahlen lassen / so daß auff dem ersten Tuche des Pannoniers fehlhieb /und Herkules gerader außwich; auff dem andern HerkulesBauch schram hieb / und des Pannoniers linke verwundete Schulder; [183] auff dem dritten des Pannoniers rechte Ellebogen Wunde; auff dem vierdten / dessen zum Stosse aufgehobener linke Fuß / und außgeschüttetes Gedärme; auff dem fünften / die Abschlagung seines Haupts; und auff dem sechsten und letzten /euer liebe Frau Mutter und Frl. Schwester Abwaschung sol gesetzet werden. Aber ich möchte gerne wissen / mit was Siegesgepränge der Groß-Fürst sein Herr Vater diesen seinen tapfern Sohn ümb solcher herrlichen Taht willen empfangen habe. Ach er hat ihn sieder dem / und schon zwey Jahr vorher nicht gesehen / antwortete Ladisla / denn ob wir gleich sechs Tage hernach dahin zu reisen willens wahren / umritten wir doch zuvor mit meinem Herrn Vater die Böhmischen Grenzen Südwertz / die mit 6000. Mann solten besezt werden / und als mein Königreich mit einem grossen Walde ümschlossen ist / ritte ich mit Herkules und fünf Jungen vom Adel in dem Walde auf die Jagt / stiegen ab / und schliechen durch das Gestände den Hasen nach / deren wir auch etliche fingen; wehrete aber nicht lange / da sahen wir 12. Räuber von der Seiten herzuschleichen / und hatten wir nichts als ein leichtes Seitengewehr und Jägerspießlein zur Hand / da hingegen jene mit guter Rüstung versehen wahren. Auf / sagte Herkules zu mir / uñ geschwinde nach unsern Pferden zu; und half das Unglük mir so wol / daß ich gerade auf meines kam /und hinweg rante / nicht anders gedenkend / Herkules jagete hinter mir her / weil ich unterschiedliche reiten hörete; aber da ich einen guten Weg hatte fortgespränget / und mich umsahe / folgeten mir nur vier Leibjunckern / der fünfte und Herkules wahren nicht zu spüren; und blieb ich doch guter Hofnung / er würde sich bald finden / oder einen andern Weg genommen haben. Endlich mißdauchte michs / und schickete an meinen Herrn Vater / daß er mir etwa 50. Reuter senden möchte / weil ich befürchtete / Herkules währe unter Räuber Hände gerahten. Es stund wol anderthalb Stunde an / da kam mein Herr Vater selbst mit 200 Reutern / wahr unmuhtig / daß wir ohn Geselschaft uns so weit vertahn hatten / uñ ritte mit mir nach der unglüklichen Stelle / funden vor erst der unsern Pferde / und bald hernach den Hofjunkern mit 15 Wunden erbärmlich zugerichtet / den wir aufs beste labeten / uñ aus seiner schwachen Erzählung vernahmen / Herkules und er hätten ihre Pferde nicht fangen können / währen von 12 gepanzerten Pannonischen Räubern überfallen / da Herkules sich zur Wehr gestellet / und er nach vermögen ihm Beistand geleistet /auch darüber also zugerichtet währe; Es hätten aber die Räuber Herkules wegen seiner Schönheit nicht wollen verwunden / sondern ihn ermahnet / sich zu ergeben / sonst wolten sie ein abscheuliches Spiel mit ihm halten. Worauf er sich erkläret / dafern ihm Lebens- und Ehren-Sicherheit würde verheissen und gehalten werden / wolte er sich gefangen geben / und vor erlegtem Lösegelde von ihnen nicht abweichen /welches sie ihm zugesagt / uñ ihn zwischen sich hinweg geführet. Er selbst hatte zwar / unangesehen seiner vielen Wunden / mitgehen sollen / aber Herkules hette gebehten / ihn liegen zu lassen / weil ihm das gehen unmöglich währe / er wolte / weil er sein leiblicher Bruder währe / vor ihn mit bezahlen. Welches sie dann angenommen / sich ins Gesträuche nach ihren Pferden begeben / und mit vollem rennen sich davon gemacht. Mein Vater fragete mich / wie lange es wol währe; und als er vernam / daß schon drey Stunden vergangen / seufzete er tief / schikte 192 Reuter in zwölf gleiche Abteilung / auf so vielen unterschiedlichen Wegen fort / dem Huefschlag / wo möglich / [184] zu folgen; er aber kehrete mit mir und den übrigen ümb nach Prag / und wie herzlich gerne ich gleich mit den Nachsuchern gezogen währe / muste ich doch gehorsamen / uñ mit ihm reiten. Was vor Schmerzen ich nun wegen seines Verlusts in meiner Seel empfand /ist unnöhtig zu erzählen / und nahmen dieselben erst recht zu / da die Außreiter nach einander wieder kahmen / und alle nichts gewissers mitbrachten / als daß sie nichts wusten. Der GroßFürst aus Teutschland schickete auch die andere Bohtschafft nach Prag / daß sichs zwar mit seinem Gemahl ziemlich besserte /aber sie nicht weniger ihres lieben Sohns Gegenwart heftig begehrete / weil die Pfaffen aus den Opfern und anderen glaubwirdigen Zeichen andeuteten / Herkules müste dieses und folgende Jahr aus Teutschland nicht gelassen werden / oder er würde in gotlose Geselschafft gerahten / und zu einem neuen Aberglauben verleitet werden / wodurch er aller Teutschen Götter Feindschaft und Straffen über sich ziehen würde. Da wahr nun guter Raht bey meinen Eltern sehr teur; man kunte seinen Verlust nicht verbergen / und durffte ihn doch niemand offenbahren; Ich hingegen empfing gute Hoffnung aus des Schreibens Inhalt / und sagte zu meinen Eltern; sol dann mein Herkules seine Götter beleidigen / wird ers nit tod / sondern lebendig tuhn müssen; deswegen getraue ich mich / ihn bald wieder zufinden / wann mein Herr Vater mir nur Urlaub gibt / ihn zusuchen. Ich wolte mehr reden / aber er fiel mir ins Wort / und sagete: Schweige / und laß dich das nicht vernehmen / wo du sonst mein Sohn seyn wilt; Ists noch nicht gnug / daß ich einen verlohren habe / und solte dich darzu in die Rappuse geben? Zwar ich muste schweigen / aber mein Schluß wahr schon gemacht / darumb ging ich hin zu dem Teutschen Gesanten / und sagte: Er solte Herkules Eltern meinen kindlichen Gruß vermelden / und sie bester massen trösten / ich wolte nicht auffhören zureiten /biß ich ihn wieder gefunden hätte; machte mich hernach zu meiner Fr. Mutter / und führete ihr zu gemühte / was Herkules Eltern wol gedenken würden / daß ich ihn zusuchen mich so gar nicht bemühete / da er doch meinetwegen gefangen währe / und ich ihn zu der Jagt verleitet hätte; gab ihr nachgehends meines Herrn Vaters Hartnäckigkeit zuvernehmen / und baht inständig / es mir nicht zuverargen / daß ich heimlichen Abscheid nehmen würde / nachdemmahl mir eine lautere Unmögligkeit währe / ihn lebendig zuverlassen. Da mein Frl. Schwester / die sider seinen Verlust kein frölich Auge auffgeschlagen / mir zu hülffe kam; es währe billich / daß geträue Brüder einander in der Noht nicht verliessen / und könte ich ja mit so starker Begleitung gehen / daß ich vor Räuber Anfall gesichert währe. Meine Fr. Mutter aber hieß mich schweigen / und wolte / aus ursach / daß ich einiger Sohn / und der Vater zimlich schwach währe / mich von diesem vornehmen abschrecken; doch wie sie merkete / daß alles umsonst wahr / stellete sie mir köstliche Kleinot / und ein ziemlich Stük Geldes zu /bewehrete heimlich 12 Ritter / und vermahnete mich /einen fremden Nahmen anzunehmen / und mich vor einen vom Adel auszugeben / als ob ich ein Teutscher währe. Nähst kindlicher Danksagung / versprach ich /alles fleissig zubeobachten; hinterließ einen Brief an meinen H. Vater / in welchem ich wegen meines heimlichen abreisens mich bester massen entschuldigte / und machte folgenden Morgens / des neunden Tages nach seinem Verlust mit meiner Geselschafft mich zeitig auff / nennete mich Winnibald / und bin sider dem in mein Vaterland nicht wieder kommen. Nun ging meine Reise eben des Weges zu gutem Glük / dahin [185] Herkules geführet wahr / biß ich in den Pannonischen Grenzen anlangete / da ich auff 11 Räuber traff / welche fünff Weibesbilder gefangen hatten / und sie gleich schänden wolten; Ich setzete mit meinen Leuten an sie / und biß auff drey wurden sie nidergehauen / von denen ich allerhand neues fragete / und ob sie mir nicht Nachricht von einem wolgestalten Jünglinge geben könten / der umb die und die Zeit im Böhmer Walde von 12 Pannonischen Räubern gefangen währe. Einer von ihnẽ bezeichnete mir alsbald den Ort / und bekennete / er währe selber in der Geselschafft gewesen / und hätte der schöne Jüngling sich dermassen tapffer bezeiget / daß sie ihn mehr vor einen Gott als Menschen schätzen müssen /daher sie sein nach Mögligkeit geschonet / ihn auch endlich gefangen angenommen / und durch lauter Abwege und Krümme mit sich geführet / des vorhabens /ihn dem Pannonischen Könige zu schenken; Aber vor vier Tagen währe eine Römische Schaar auff sie gestossen / hätten den meisten Teil ihrer Leute nidergemacht / und den Jüngling mit sich geführet; mehr wüste er davon nicht zuberichtẽ. Ich ward dieser Zeitung über die masse froh / vorerst / weil ich hörete /daß er noch im Leben / und vor dem Pannonischen Könige sicher währe; hernach / daß ich Anleitung hatte / an was Ort und Enden ich ihn suchen müste; begehrete demnach von diesem / er solte mich des Weges nach dem Römischen Heerlager führen / und guter Belohnung gewärtig seyn. Hier gab ich mich bey einem Römischen Ritmeister an / mit meinen Leuten frey und ohn Sold unter ihm zudienen / da mir vergönnet seyn könte / allemahl nach getahner Auffkündigung abzuzihen; welches ich bey ihm leicht erhielt; dann wir gaben uns vor Teutsche vom Reinstrohm aus / mit denen die Römer Friede hatten. Meinem Ritmeister schenkete ich einen Ring von ungefehr 300 Kronen / umb nachzuforschen / ob nit eine Römische Schaar / 20 Reuter stark / einen schönen Teutschen Jüngling von ohngefehr 19 Jahren / zwölff Pannonischen Räubern abgenommen; versprach ihm auch 2000 Kronen / da er wieder gefunden / oder ich nur Gewißheit erhalten würde / wo er anzutreffen währe / sintemahl seine Mutter eine wolvermögende Witwe ihn zu dem Ende in Lateinischer und Griechischer Sprache hätte unterrichten lassen / daß er dereins bey den Römern sich in Dienste begeben solte. Dieser wahr ein geitziger Mensch / der in seiner Jugend seine Güter verschwendet hatte / und wieder etwas zuverdienen bemühet wahr; aber er kunte durchaus nichts ausspüren; Ursach / weil er nicht von Römern dieses Heers / sondern von einem zusammen gelauffenen Hauffen wahr gefangen / die ihn / weil er den Feinden abgenommen wahr / vor leibeigen gehalten / und nach Rom an einen vornehmen Herrn / nahmens Zinna / umb 4000 Kronen verkaufft / der ihn nicht so sehr wegen seiner Schönheit und gutten Sitten / als daß er vor einen Bereiter und Schützen sich ausgegeben / und ihm darin guten Beweißtuhm sehen lassen / gekaufft hatte. Anfangs wahr dieser bitter-saure Mensch meinem Herkules sehr hart mit gefahren / und seine Geduld zuprüfen / ihm mannichen Schimpf bewiesen / ihn mit Holtzhacken / Wassertragen uñ grober Hausarbeit schwer überladen / und nachdem er alles willig erduldet / ihm etwas mehr Gnade erzeiget / so daß er ausser der Pferde Abrichtung / und Anweisung seiner Söhne im Schiessen und auff der Laute / keine andere Arbeit verrichten dürffen. Dieser sein Herr Zinna hatte eine schöne Tochter / ihres Alters im 15 Jahre / die bald anfangs meinem Herkules gute Gewogenheit erzeiget / und durch Vorbitte mannichen Unwillen von ihm abgewendet hatte; Nachdem [186] sie aber je mehr und mehr Gunst gegen ihn gesasset / hatte dieselbe sich in eine inbrünstige Liebe verkehret / so gar / daß sie nur immerdar Gelegenheit gesuchet / seiner Gegenwart zugeniessen / woraus er zwar ihr Anliegen leicht gemerket / aber sich aller dinge tumb gestellet / und nach Mögligkeit die Gelegenheit geflohen / mit ihr allein zuseyn / oder weitläufftige Sprache zuhalten; Welches alles sie seiner Blödigkeit / Einfalt und Ehrerbietung zugeschrieben /doch endlich beschlossen / ihm ihre Liebe zuoffenbahren; worzu sich gute Bequemligkeit finden lassen; nehmlich H. Zinna wahr mit seiner jungen Frauen / die er vor drey Jahren geheirahtet / auff sein Landgut gefahren / und hatte auff seiner Tochter Zezilien Bitte Herkules befohlen / sie zeit seines abwesens im Bretspiel zuunterrichtẽ / welches er nicht abschlagen dürffen. Es wahr aber der guten Jungfer umb dieses Bretspiel nicht zutuhn gewesen / sondern da er zu ihr ins Gemach getreten / wahr sie ihm / ungeachtet es in Winter gewesen / in dünner Sommerkleidung uñ reizender Blösse entgegen gangen / ihn auch nicht anders als einen Buhlen empfangen / hatte anfangs aus Scham kein Wort reden können / biß sie sich erhohlet / und also loßgebrochen: Mein geliebter Oedemeier (diesen Nahmen hatte er an sich genommen) haltet mir / bitte ich / nicht vorübel / daß ich euch fragen darff / von was Geblüt und Eltern ihr eigentlich entsprossen seyd / dann ich kan nimmermehr gläuben /daß euer Stand geringer als der meine sey / angesehen der treflichen Schönheit / Sitten und Tugend / die euch beywohnen / und versichert euch / daß ich diese Frage / umb eure Glükseligkeit zubefodern / an euch gelangen lasse. Herkules hatte ihr zur Antwort gegeben: Er bedankete sich unterdienstlich dem hohen Gunst / damit ihre Hochädle Tugend ihm / wiewol unwirdigem stets zugetahn gewesen / und er nimmermehr zuverschulden wüste; In Betrachtung nun solcher Gewogenheit wolte er ihr begehren willig erfüllen / wiewol er ihm sonst gänzlich vorgenommen gehabt / es keinem Menschen dieses Orts zuvertrauen /weil er seiner Eltern Schande niemand gerne offenbahrete; Ich Oedemeier / hatte er gesagt / kan mich nicht erinnern / daß ich jemahls Eltern gehabt massen ein Teutscher Pfaff / da ich 29 Wochen alt gewesen /mich aus Barmherzigkeit angenommen und aufferzogen; meine Ankunfft habe ich lange nicht erfahren können / biß etwa vor neun Jahren / da ich mich mit einem Knaben in der Nachbarschafft zankete / dessen Mutter darzu gelauffen kam / gleich da ich denselben in den Koht niderstieß / und sie aus Zorn mich eines erhenketen Diebes / und ausgestrichener Mutter Sohn schalt / welches ich meinem PflegeVater zwar klagete / aber er mir den geringen Trost gab / ich solte mich daran nicht kehren / das Weib währe eine böse Haut /die keines Menschen schonete / der sie beleidigte; nach welcher Zeit ich mich schämete / nach meinen Eltern zufragen; Nun unterrichtete mich dieser Pfaffe im reiten / schiessen / und andern guten Künsten / biß ich das 17de Jahr erreichete / und darauff unter dem freyen Hi el mich den Teutschen Göttern zur ewigen Müncherey und Jungfrauschafft durch erschrekliche Flüche verloben müssen / über welches Gelübde diese Götter so fest halten / daß wann ein solcher ein Weibesbild berühret / werden sie beyderseits entweder aussätzig oder rasend / wie man dessen unterschiedliche Begebnissen hat. Ich wundere mich der trefflichen Einfälle / sagte Artaxerxes / in welchen dieser Fürst sich so artig zufinden weiß; aber mit was ungenehmen Ohren muß das verliebete Mensch solches angehöret haben. Wegen seiner unehrlichen Eltern / sagte Ladisla / hatte sie sich entfärbet / und daher ohn zweifel die HeyrahtsGedanken [187] danken fallen lassen; daß aber die Liebesbrunst hiedurch nicht gelöschet worden / hat ihre weitere Nachfrage an den Tag gelegt / da sie von ihm zuwissen begehret / ob die Teutschẽ Götter auch wol sähen und straffeten / was zu Rom oder sonst ausser Teutschland geschähe? worauff er geantwortet: Die Götter / denen er gewidmet / währen die Sonne und die Erde und soweit deren Gegenwart reichete /so weit straffeten sie; dessen sie noch vor vier Jahren ein abscheuhliches Beyspiel hätten sehen lassen / da ein solcher Verlobeter aus Verdruß seines Gelübdes /Teutschland verlassen / und zu Schiffe nach Engeland sich begeben hätte / der Meynung / weil dieses eine andere Erde währe / durch das Meer von Teutschland abgeschieden / würde er daselbst ungestraffet bleiben / ob er sich gleich zu Weibesbildern halten würde; aber diese Einbildung hätte ihn sehr betrogen / massen / wie er sich das erste mahl ihr genähert / und nur ihre Brüste berühret / währe seine Hand / und des Weibes Busem von dem allerscheußlichsten Aussaz eingenommen / auch sie alle beyde des Witzes beraubet / dz sie als volle Hunde auf der Gassen nacket umher gelauffen / biß man sieaus geheiß eines Pfaffen hätte verbrennen müssen. Dieser Rede wahr die gute Jungfer hefftig erschrockẽ / hatte ihrẽ Busem verhüllet / und alle unbilliche Gedanken fallen lassen / jedoch höchlich beklaget / dz die Götter ihm seiner fast übermenschlichen Schönheit Anwendung mißgönneten /damit sie ihn vor allen andern ausgezieret und volkommen gemacht hätten. Er aber darauf gesagt: Er wüste nicht / was vor sonderliche Schönheit an ihm währe / aber eben umb dieser Ursach willen / daß auch die Pfaffheit ihn vor schön geschätzet / hätte er dieses Gelübde über sich nehmẽ müssen; dañ es würden nur die schönsten / und zwar aus den geringsten Leuten darzu erwählet / weil die Reichen und Vornehmen sich dessen mit Gewalt entbrochen hättẽ. Worauff sie sich mit ihm zuspielen gesetzet / und auff sein bitliches ansuchen ihm nicht allein seinẽ Stand zuverschweigen / sondern ihm ferner nach wie vor alle Gunst und Freundschafft zu erzeigen / angelobet. Dieses übel wahr kaum vor zween Tagen abgewendet /da hatte sich viel ein ärgers angesponnen / also dz die Liebe / so die junge Tochter verlassen / sich in ihrer StiefMutter Brust gesetzet / weil sie ohngefehr seines schönen Leibes gewahr worden. So viel älter nun diese wahr (eine Frau von 24 Jahren) so viel stärker hatten die Begierden sie gereizet / daß wie des folgenden Tages H. Zinna ausgereiset / sie Herkules vor sich gefodert / und mit allerhand freundlichem Gespräch umher gehauen; endlich ihn umfangen / und solcher gestalt angeredet: Du mein allerliebster Oedemeier / nim wahr der höchsten Gunst / welche ich dir zulege / und geneuß meiner Schönheit nach unser beyder Lust / dann du kanst dich in deinem Herzen rühmen / daß die Hochädle / darff auch wol sagen / schöne Frau Sulpizia / dich in ihrem Herzen höher hält /als den vornehmsten Herrn in ganz Rom. Herkules hat mir beteuret / er habe sich nie in so grosser Angst /als dazumahl befunden; hätte auch nicht gewust / was er antworten sollen / biß er endlich sich begriffen /vor ihr in die Knie gefallen / und diese Antwort gegeben: Gnädige Frau / ich demühtige vor Ihrer Gn. mich billich / als ein gehorsamer untertähniger Knecht /demnach des Glückes Widerwärtigkeit mich zum andern mahl in den leibeigenen Stand gesetzet / dem ich durch sonderliches Glük schon entrissen wahr; habe dannoch Gott hoch zudanken / daß ich eine so gnädige Frau uñ gütigen Herrn angetroffen / bey denen ich wol gelitten und gehalten bin. Nun erzeiget Eure Gn. mir unwirdigẽ eine sonderliche Gunst und Liebe /welche der Römische Käyser selbst [188] nicht ausschlagen würde / da sie ihm nur werden könte / und ich daher mich derselben allerdinge unwirdig erkenne; wiewol deren zugeniessen mein höchster Wunsch ist / wann nicht im siebenden Jahre meines Alters ich durch einen Unglüksfall meine Gesundheit verlohren / und der Manheit beraubet währe. Ich bitte aber lauter um Gottes willen / diesen meinen Mangel keinem Menschen zuoffenbahren / weil ich bißher aller Unbilligkeit frey bliebẽ / auch lieber tausendmahl sterben / als in einige Schande gehehlen wil; zweifele nicht / Ihre Gn. werden mir ihrem gehorsamsten Knechte nicht minder nach wie vor gnädig gewogen bleiben / und sich versichern / daß weder Pein noch einiges ander Mittel / von mir bringen oder erzwingen sol / wessen Eure Gn. sich anjezt gegen mich vernehmen lassen. Das unbarmherzige Unglük sey verflucht / hatte sie geantwortet / das einen so volkommenen schönẽ Leib geschändet / und der Manheit beraubet hat. Du aber hast sehr wol getahn / daß du solches bißher in geheim gehalten / dessen doch mein H. Zinna von dir stark muhtmasset / und wann ers wüste / dich vor ein grosses Geld loßschlagen könte. So behalte nun meine Redẽ in deinem Herzen / ich wil deine Heimligkeit hinwiederumb vertuschen / und dir allen guten Willen erzeigen. Diese Zusage hatte sie auch redlich gehalten / daß er nach der Zeit fast Kindes gleich mit Kleidern und Speisen versehen worden. Doch hatte er stets besorget / sie würde nach der Warheit fleissiger Kundschaft legen / und deßwegen ihm vorgenommen / ein gut stük Geldes (welches er hernach reichlich erstatten wolte) seinem Herrn zuentwenden / und bey erster guten Gelegenheit davon zustreichen. Mich betreffend / kunte ich in anderthalb Jahren nicht das geringste von ihm erfahren / und wahr wol zuverwundern / daß er sein Unglük zuertragen / sich selbst also halßstarrigte / und es weder mir noch seinen Eltern zuwissen taht / wiewol eure Liebe dessen Ursach hernach vernehmen wird. Die blosse Hoffnung / seinen Zustand zuerforschen / hielt mich die ganze Zeit in Römischen Diensten / und schrieb ich zwar etlichemahl an meine Fr. Mutter / aber an was Ort ich mich auffhielte / ließ ich sie nicht wissen / sondern die Gelder muste sie mir auff Aquileja übermachen / von dannen ich sie abhohlen ließ; was vor bekümmernis seine liebe Eltern erlitten / daß sie so lange nichts von ihm in erfahrung bringen kunten / ist leicht zuerachten / weil er ihnen so ein lieber Sohn wahr. Doch wolte die Göttliche Versehung ihn der Welt endlich wieder gönnen damit er das von dem Himmel ihm verlihene köstliche Pfund nicht in die Erde vergraben / noch sein tugendergebenes Herz unter den Ketten der Leibeigenschaft ersticken mögte; dann nach verlauff 16 Monat / nam mein Rittmeister einen Freireuter an /der mich ohngefehr klagen hörete daß ich einen Verwanten verlohren / und zwar durch räuberische entführung / beschrieb ihn auch nach seiner Gestalt und Kleidung / und erboht mich abermahl / 2000 Kronen zugeben / der mir seinetwegen nur etwas nachricht zuerteilen wüste; worauff dieser Reuter / nahmens Minutius alsbald sagete: Er hätte vor fünfviertel Jahren den allerschönsten und herzhafftesten Jungling der Welt / 12 Pannonischẽ Räubern helffen abnehmen welchen sie nach Rom gebracht / und daselbst umb 4000 Kronen verkauft hätten. Ich wuste nicht / was ich vor freuden antworten solte / hörete alsbald / daß es kein ander als mein Herkules seyn müste / fragete alles fleissig nach / uñ ließ die 2000 Kronen herlangen welche von mir anzunehmen ich ihn fast nöhtigen muste. Das schlimmeste wahr / daß er mir den Römischen Käuffer nicht zu nennen wuste / wiewol ich der[189] Hoffnung lebete / seinen ertichteten Nahmen zu Rom wol außzufragen / und daß seiner Schönheit und Tugend halben er wol bekant seyn würde; bald aber fiel mir ein / er würde gewißlich schon Tod seyn / weil er von Rom aus gute Gelegenheit gehabt hätte an mich zu schreiben nach Prag / uñ doch dessen sich nichts fünde; endlich speisete mich die Hofnung / der Himmel würde ihm Schuz halten; ging zu meinem Ritmeister / gab ihm zuvernehmen / wie seine fleissige Nachforschung so viel gewirket / daß ich meines verlohrnen Freundes Zustand erfahren hätte / schenkete ihm die versprochenen 2000 Kronen / und wirkete damit Minutius loß / welchen ich mit meines Herkules ehmahligen ädlen Leibdiener Ekhard (der sich stets bey mir auffhielt / uñ unter der Zahl meiner 12 Reuter wahr) nach Rom schickete / allen möglichen fleiß an zuwenden / daß sie ihn nur außkundschaffen / und mir gewisse Zeitung von ihm bringen könten; welches ihnen des vierden Tages nach ihrer ankunfft daselbst /gelungen wahr. Dann Ekhard hatte ihn des morgens sehr früh vor seiner Herberge sehen hergehen / und in ein grosses ansehnliches Gebäu einkehren / woselbst der Christen Gottesdienst in stiller geheim wahr gehalten worden. Er wahr ihm gefolget / hatte ihn aber unter der Versamlung nicht sehen können / biß die andern alle hinaus gangen / und er fast allein auff den Knien sitzen blieben wahr / auch mit auffgehobenen Händen und fliessenden Augen sein Gebeht so inbrünstig verrichtet / daß das Wasser ihm über die Wangen auff die Erde gefallen / deßwegen er nicht zu ihm gehen dürffen / und vor mitleiden geweinet hatte /weil ihm dergleichen anstellung niemahls zugesichte kommen wahr; endlich wahr ein alter ansehnlicher Lehrer zu ihm getreten / der mit sonderlichem troste ihm zugeredet; er solte in seinem schmerzlichen anliegen sich mit Geduld wapnen / und im Gebeht nicht laß noch zweiffelhaftig werden / sondern mit fester zuversicht sich auff Gottes Hülffe gründen / und versichert seyn / das dessen alwissen des Auge seine Trähnen ansehen / sie zählen / in seinen Sak aufffassen / und in gar kurzer Zeit sie in Lust und Freude verkehren würde. Worauff Herkules sich gegen diesen Alten sehr ehrerbietig erzeiget / und mit frölichem Angesicht und lachenden Augẽ aus dem Hause hinweg gangen war / da Ekhard mit diesen Worten zu ihm getreten: O Durchleuchtigster GroßFürst / wes zeihen eure Durchl. sich an diesem Orte? können die ihres lieben Ladisla so gar vergessen / daß sie demselben ihr Leben und Zustand nicht eins kund machen? Ja können die sich ihrer Eltern und Geschwisteren so gar begeben / als ob sie nicht mehr in der Welt währen? eure Durchl. kan nimmermehr gläuben / was vor Angst Fürst Ladisla sider ihren Verlust erlitten / und von der Zeit her biß auff diese Stunde sich unter einem schlechten Ritmeister in Römischen diensten bey dem Römischen GrenzHeer auffgehalten / nur daß er einige Kundschaft von euer Gn. einzihen möge / zu welchem Ende dann er mich außdrüklich hieher gesand hat. Herkules wahr ihm um den Hals gefallen /und hatte geantwortet: O du mein geträuer Ekhard /wie treffe ich dich alhie zu so glüklicher Stunde an? meinestu aber / daß du mit Fürst Herkules aus Teutschland redest? O nein! sondern mit Oedemeier /einem verkaufften Knecht und Leibeigenen Sklaven /(wie diese Kette es außweiset) welcher mañichen herben Trunk der Knechtischen Bitterkeit eingesoffen /und ihm Gott Lob eine zeitlang so gut worden ist /daß er sein Brod / wiewol als ein Knecht mit abrichtung der Pferde verdienen können. Hierauff hatte Ekhard angefangen überlaut zuweinen und gefraget /warumb er doch an [190] seine Eltern / oder an Fürst Ladisla in so geraumer Zeit nicht geschrieben / daß man ihn aus diesem elenden Stande der dienstbarkeit heraus gerissen hätte / welches ja leicht geschehen können /inbetrachtung / daß beydes sein H. Vater und der Bömische König mit dem Römischen Reiche frieden hätten. Da er ihm zur Antwort gegeben; Ich hätte es gerne / und mit leichter mühe tuhn können / währen nicht zweierley im wege gestanden; als erstlich habe ich gezweifelt ob ich auch noch Eltern / und einen Ladisla hätte; hernach und vors ander ist diese jetzige Knechtschaft meiner Seele viel erträglicher und behäglicher als mein ehemahliger Fürstenstand / gestaltsam ich hiedurch zur seligen Erkäntnis des einigen wahren Gottes kommen bin / und mein ehemahliges unruhiges Gewissen dermassen fest geankert habe /daß die ganze Welt mir so hefftigen Sturm nicht erwecken sol / welchen mit hülffe meines Gottes zuhintertreiben und zu überwinden ich nicht solte bestand seyn. Ekhard hatte diese Rede teils nicht verstanden /teils vor grossen freuden nicht beobachtet / sondern ihn gebehten / mit nach seiner Herberge zu gehen /und nach eingeno enem Frühstücke / heimlich davon zu reiten; welches er ihm vor der Faust abgeschlagen /einwendend / er würde vielleicht nicht allein seinen Eltern / sondern auch seinem Ladisla selbst ein ungenehmer Gast seyn / wann sie erfahren solten / daß er die Teuflischen Abgötter der Teutschen und Böhmen verleugnet / und dagegen den Christlichen Glauben angenommen hätte; er liebete zwar seine Eltern und Ladisla von Herzen / könte aber zu ihnen nicht hinüber reisen / ehe und bevor er versichert währe / daß sie ihn wegen seines neuen Glaubens nicht zuhassen /sondern ihm denselben frey zu lassen sich redlich und auffrichtig erklären würden. Jedoch wahr er mit ihm in die Herberge gangen / woselbst er zwey Schreiben /eines an mich / das ander an seine Eltern auffgesetzet / und mit ihm Abscheid genommen / er wolte seiner ehist wieder gewärtig seyn / und aus Ladisla Antwortschreiben schon sehen / wessen er sich zu verhalten hätte. Auch wahr er des Minutius gewahr worden /den er alsbald gekant / uñ zu ihm gesaget: O der glükseligen Stunde / in welcher ihr mich zu Rom verkauft habet; weil ich dadurch zu der einig wahren Glükseligkeit gerahten bin. Nun hatte Ekhard gerne von ihm wissen wollen / auf was Gasse sein Herr wohnete /und wie dessen Nahme währe; welches er ihm aber abgeschlagen / mit dem versprechẽ / er wolte ihn in diesem Hause schon finden / wann er wieder kommen würde / und könte er alsdann seinen Nahmen mit Röhtelstein an die Haußtühr schreiben. So bald diese beyden wieder bey mir anlangeten / wahr meine erste Frage / ob mein Herkules annoch im Leben währe; worauff mir Ekhard zur Antwort gab: Das äusserliche an ihm lebet ja noch / aber das Gemüht ist gar verschlimmert / daß ich ihn kaum vor Fürst Herkules halten kan; massen es scheinet / als habe die Knechtische Dienstbarkeit seinen Fürsten-muht gefesselt /und ihm ein SklavenHerz eingegossen. Ich ward dieser Rede so unwillig / daß ich mich an dem Zeitungs-bringer schier vergriffen hätte welcher doch auff sein Wort bestund / ich würde es selbst also befinden / wo sonst das Schreiben mit seinen Reden überein stimmete. Die Auffschrifft hatte er auff Ekhards Raht nach meinem willen gemacht / aber da ichs brach / wunderte ich mich nicht wenig des befremdlichen Inhalts. Ich fing an zu lesen / legte es bald hinweg / und nam es bald wieder zu mir / dann ich kunte vor Herzenprast es weder durchbringen noch zureissen. Die Hand wahr mir gnug bekant / aber der Begriff weder nach meinem / noch nach seinem [191] ehmahligen Sinne; uñ weil ichs nachdem wol hundertmahl gelesen / habe ichs von Wort zu Wort behalten / daß ichs mündlich erzählen kan.
Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / etc. wünschet der von Gott erleuchtete Herkules Gottes Barmherzigkeit / zur heilbringenden Erkäntniß des Christlichen Glaubens. Ich ehmahls unseliger ewig-verdammeter Fürst Herkules / jezo angenehmes Kind Gottes / wiewol vor der Welt verachteter leibeigener Knecht Oedemeier / habe /GOtt Lob! GOtt Lob! dereins funden / was mein Herz von Jugend auff zum höchsten gewünschet; die Erkäntniß des einigen wahren Gottes / und das erquikliche See lenliecht / welches meinen blinden Verstand erleuchtet /und mir den schmalen Weg nach dem Himmel gezeiget hat. O Glük! O Seligkeit! O du angenehmes Rom! O du süsse Knechtschafft! die mich zum freyen HimmelsFürsten gemacht / und aus dem Rachen des Teuffels und des hellischen Feuers loßgerissen hat. Verzeihet mir / Durchleuchtigster Fürst / daß ich verstossener Knecht diese meine hohe Vergnügung vor eurem annoch unverständigem Herzen ausschütte. O JEsus / wie erquiklich bistu! O Welt / wie verführisch bistu! O Sünde / wie gräulich bistu! O Verdamniß / wie erschreklich bistu! Das verführische lerne ich Gott Lob meiden; das gräuliche / so ich neben euch vor diesem geliebet / hassen; des erschreklichen bin ich gar loß worden / durch die Erkäntniß des allerkräfftigstsüssen Nahmen JEsus. Die Liebe dieses Nahmens / hat alle Ehrenpracht und Herligkeit der Welt /zu meinen Füssen geworffen; dann ich sehe und empfinde / daß ausser diesem JEsus / solches alles ein Dunst und Rauch / ja eine Rennebahn ist zur hellischen Verdamniß; daher dann mit meinem JEsus ich viel lieber ein leibeigener Knecht / als ohn ihn ein Käyser des ganzen Erdbodems seyn wil. Zwar ich währe annoch herzlich gerne des GroßFürsten aus Teutschland lieber Sohn; des Böhmischen Fürsten vertraueter Bruder / wann sie meinen JEsus leiden / und mich deswegen nicht hassen wolten / daß ich das teuflische Geschmeiß aller Teutschen und anderer falschen Götzen verfluche / und dagegen den einigen Gott / welchen sie nicht kennen / anbehte und ehre; aber können sie mir solches nicht gönnen / so verleugne und hasse ich Vater und Mutter / Bruder und Schwester / auch meinen Ladisla / und begebe mich meines väterlichen Erbes in Ewigkeit / ob gleich meine leibliche Augen ihre Trähnen täglich vergiessen / daß ich sie meiden muß. Dieses einzige zuwissen verlanget mich herzlich / ob Ladisla den jeztbeschriebenen Herkules leiden und lieben / und die alte Vertrauligkeit mit ihm weiter bauen; ja ob er nicht allein einen Christen umb sich leiden / sondern dessen geträuem Raht zur Seligkeit auch folgen könne / damit ich ihn als einen / O weh / O weh! ewig verdamten nicht beweinen müsse. Nichts suchen meine Trähnen so hefftig / als bey Gott zuwirken / daß der teure Fürst Ladisla / der weltliche Tugend / daran er wol tuht / so hoch liebet / auch das himlische Liecht ergreiffen / und den Christlichen Glauben annehmen möge / welches dann wünschet und flehet desselben ehmaliger geträuer Welt-Bruder / anjetzo inbrünstiger Vorbitter zu Gott / Odemeier der Leibeigene.
Nach verlesung muste ich selbst Ekhard fragen / ob er auch der warhaffte Herkules währe / und wann ers währe / ob er dann seinen Verstand und Wiz noch hätte. O ja / antwortete er; freilich ist ers / aber nicht der vorige; so hat auch seine angebohrne Leutseligkeit nich abe / sondern treflich zugenommen / aber seine Reden sind nur von himlischen Dingen / die seinem vorgeben nach er zu Rom gelernet / und dadurch in die allerhöchste Glükseligkeit versetzet sey; wann er hierauff zu reden komt / stehet er / als ob sein Geist verzücket werde; die Augen wissen nicht / wie sie des Herzen Freude gnug wollen zuerkennen geben / und trieffen ihm mit lauter Freuden-Trähnen. Einen fremden Nahmen / JEsus / führet er viel im Munde / und wann er ihn nennet / bewäget sich sein innerstes. Er beuget die Knie / er falzet die Hände / er schläget die Augen auff gen Himmel / und meinete ich in der Warheit nicht anders / als daß ich einen Engel vor mir stehen sähe. Es muß ja eine sonderliche Kraft in diesem Nahmen seyn; dann wañ er ihn nennete / klang er mir in den Ohren so [192] lieblich / und mein Herz bewägete sich in meinem Leibe / daß ich schier willens wahr /ihn zu bitten / daß er mir sagen möchte / was diß vor ein süsser Nahme währe. Aber diese Erzählung wolte bey mir nicht wirken / sondern meinete gänzlich /Herkules müste durch Zauberey auff diesen Weg gebracht seyn; machete mich demnach zu einem gelehrten Römer / meinem guten bekanten / und gab ihm zuverstehen / ich würde berichtet / daß zu Rom ein neuer Glaube seyn / und die sich darzu bekenneten /Christen solten genennet werden / welche einen fremden Nahmen / JEsus / viel im Munde führeten. Aber dieser mahlete mir die Christen (wiewol mit höchster Unwarheit) solcher gestalt ab / daß ich mich davor entsetzete; nehmlich / es währe derselbe JEsus ein verführischer Jude gewesen / hätte durch teuflische Künste (Gott verzeihe mir die lügenhaffte Erzählung) viel Wunderzeichen sehen lassen; noch hätten die verführete so fest an ihm gehalten / daß nach seinem Tode sie sich durch alle Länder ausgebreitet / und vorgeben dürffen / der erhenkete JEsus währe wieder lebendig worden / und gen Himmel gefahren; Ja /sagte er / sie dürffen zu Rom selbst sich finden lassen / da sie frühzeitig eingenestet / und verführen daselbst mañichen Menschen / Adel und Unadel; und ob man gleich viel Mühe anwendet / sie abzuschaffen / ist es doch bißher vergeblich gewesen. Man saget sonsten von diesen Leuten sehr abscheuhliche Dinge / und unerhörete Schande / welche sie in ihren Versamlungen in grosser geheim begehen sollen / daß auch die Götter / die von ihnen nur verspottet und geschändet werden / ihrethalben manniche straffen über Rom und ihre Länder ausgegossen haben / und die Obrigkeit nicht umhin können / das Schwert über sie zuzücken /und als das allerschädlichste Unkraut sie auszurotten. Wie? fragete ich; hat man sie dann nicht dämpffen /und im ersten Grase abhauen können / ehe sie den reiffen UnkrautsSamen überal streueten? Man hat es offt versuchet / gab er zur Antwort / und sie bey hundert und tausenden hingerichtet / daß die Menge fast unzählig ist; aber nichts hats gewirket; dann dieser Gifft ist viel zustränge. Höret mein Herr / ich habe es mit meinen Augen nicht ein / sondern wol hundert mal angesehen / fuhr er fort / daß wann ein Christ zu der allergrausamsten Pein hingeführet wird / er nicht allein freudig als zum Tanze dahin ging / sondern seine Glaubensgenossen / die umb ihn wahren / vermahneten ihn zur Bestendigkeit / er solte den kurzen Tod und Fleisches Leiden nicht fürchten / sondern um des Nahmen JEsus willen alles gerne ausstehen; und wann diese Tröster mit angegriffen wurden / wegerten sie sich dessen nicht / sondern wahren alsbald fertig /sungen und behteten mit / nicht allein erwachsene Mannesbilder / sondern auch Weiber / Jungfrauen /Knaben / Mägdlein / Herr und Knecht durcheinander /erzeigen hie gleichen Muht / und lassen sich immerhin henken / köpfen / brennen / kreuzigen / geisseln /und auff der Folter recken / biß ihnen die Seele ausfähret dann hiedurch / sprechen sie / werde ihnen eine unvergängliche Krone aufgesetzet / daß sie mit ihrem Gott ewig herschen sollen. Verwundert mein Herr sich dessen? ich sage ihm mehr / welches viel tausend mit mir bezeugen müssen; offt wann diese an ihrem Leibe dergestalt zugerichtet werden / daß man abscheuh daran träget / bitten sie GOtt vor die / so ihnen solches antuhn / und werden offt unter den Zusehern etliche durch ihre beständigkeit bewogen / alsbald zu ihnen zutreten. Ists nicht zuverwundern? wann der Richter auf dem Stuel sitzet / die Henkersknechte neben sich hat / und die Urtel über die Christen ausspricht / ko en andere mit hauffen herzugelauffen / uñ meldẽ sich an / sie seyn auch Christen;[193] Dann sie halten die Verleugnung ihres Glaubens vor die allerschreklichste Sünde / die ein Mensch begehen könne. Daher ists offt kommen / daß der Richter hat müssen auffhören die Urtel zuvolstrecken / damit die Landschafften von Leuten und Inwohnern nicht gar öde würden. Was der Käyser und seine Grossen offt vor Mühe hiemit gehabt / stehet nicht auszusagen /aber endlich hat man befunden / daß der Christenhauffe durch Verfolgung nur zunehme; dann auch der Römische Raht selbst hat unter sich / die diesem Glauben zugetahn sind; der jetzige Käyser Alexander gönnet ihnen Ruhe / und hält ihren JEsus mit vor einen Gott; aber weil er andere Neben-Götter hat /wird er nicht vor einẽ Christen gehalten / wiewol seine Mutter Fr. Mammea eine Christin seyn sol. Ich erschrak dieser Erzählung sehr hart / und hielt meiner damahligen Meynung nach / das Christentuhm vor eine lautere Bezauberung / welche des Menschen Wiz und Verstand hinweg nähme / fragete auch / ob man dañ kein einiges Mittel wüste / ihrer etliche von dieser Verführung abzubringen. Ja / sagte er / es begibt sich offt / daß man etliche / die in dem Irtuhm nicht so gar tieff ersoffen / mit harter Bedräuung und angelegter Pein / auch Unterweisung der Gelehrten / wieder zurechte bringet; aber die sind mehrenteils die ganze Zeit ihres Lebens traurig / und gehen / als währen sie erschlagen; komt ein Christ zu ihnen / der ihnen Hoffnung machet / ihr JEsus wolle sie wieder annehmen /da gehet es dann tausendmahl heftiger als vorhin /lauffen ungefodert nach dem Richter / und bekeñen /daß sie durch vorige Verläugnung sich hoch versündiget haben; Zeuhet man sie dann zur Straffe / so gehen sie mit grösserer Freude zum Tode / als eine Jungfer zum Tanze; Jedoch haben wir etliche / die nicht allein vom Christentuhm wieder abgetreten sind / sondern auch beständig bey uns verharret / und den Christen viel Schimpffs angelegt haben. Ich kunte der Erzählung länger nicht zuhören / sondern stellete ein Schreiben an Herkules / in welchem ich ihm hart verwieß / dz er mir den BruderNahmen entzogen hätte; seine Knechtschafft irrete mich nicht / nur trüge ich ein herzliches Mitleiden mit ihm / daß er durch den neuen Aberglauben bezäubert / und seines unvergleichlichen Fürstenmuhts beraubet währe / hoffete /er würde davon abstehen / der Pfafferey sich entschlagen / und aller Ungebührligkeit / die den Christen einhellig nachgesagt würde / müssig gehen / damit er nicht als ein Ubeltähter dürffte hingerichtet werden. Seiner angenehmen Antwort hierauff wolte ich erwarten / in welcher er des weitläufftigẽ Predigens sich enthalten / und mir schreiben möchte / ob er Ritterlichen übungen den Kauf noch nicht gar aufgesagt /dann wolte ich bald bey ihm seyn / ihn der Leibeigenschafft benehmen / und was weiter anzufangen währe / mit ihm abreden. Das Schreiben / so er an seinẽ Herr Vater getahn / ließ ich nach Aquileia bringen / von dannen es nach Teutschland kam / woran ich doch unweißlich handelte; dann so bald der GroßFürst es gelesen / und seines Sohns Christentuhm / auch daß er die Teutschen Götter so heftig schalt / vernommen /hat ers mit seinen Pfaffen und ädlen in Raht gezogen /sich heftig darüber geeifert / und meinen Herkules des Erbes entsetzet / biß dahin er sich eines andern bedenken / und den Göttern vor erwiesenen Schimpff Abtrag machen würde. Solches hat er ihm nach Rom zugeschrieben / welches er auch vor meiner Ankunfft daselbst / empfangen hat. Mein AntwortSchreiben sendete ich ihm bey Ekhard schleunig zu / und stieß mir folgenden Tages ein Glük zur hand / welches zu seiner Befreyung mir hernach wol dienete. Es gab sich ein gewaltiger [194] Pannonier in unserm Lager an / der nach abgelegter Werbung / wozu er ausgeschikt wahr / mit schimpfflichen Worten fragete / ob nicht etwa ein streitbahrer Römer Lust hätte / einen Gang mit ihm zu Roß oder zu Fuß zuwagen / möchte er dessen Manheit gerne empfinden; Bald ließ sich ein Häuptman angeben / welcher den Schwertstreit zufusse mit ihm antrat / aber den kürzern zog / so daß dieser unverletzet blieb; dessen er sich nicht wenig rühmete. Solches verdroß einen Römischen Ritmeister heftig /setzete sich zu Pferde / und foderte ihn aus; hatte aber schlechter Glük als der vorige / massen er mit dem Speer durch den Unterleib gerennet ward / daß er des andern Tages verschied. Unser Feldherr Dio ward dessen sehr betrübet / daß die seinen solchen Schimpf einlegeten / da hingegen des Pannoniers Troz nur zunam / weil er seine Streiche sehr ungeheur führete. Der verwundete wahr mein sonderlicher Freund / welcher / als ich ihm auffhalff / fragete / ob niemand ihn rächen wolte. Dio selbst trat hinzu / und taht Verheissung / der Uberwinder an diesem Pannonier solte einer sonderlichen Römischen Gnade gewärtig seyn; daher ich mich erboht einen Versuch mit ihm zutuhn; wovor er mich nicht düchtig ansahe; welches mir nit wenig zu Häupte stieg / und mich daher erklärete /weil ich nur ein FreyReuter währe / und keine Römische Gelder höbe / dem Pannonier vor mich selbst nachzufolgen / und mein Heil an ihm zuversuchen /dero behuef ich von meinem Ritmeister Erlassung begehrete; worauf mir der Kampf gerne erläubet ward; ging hin zu dem Trotzer / und sagete: Nicht deine Manheit / sondern der blosse Unfall hat deine Gegener erleget / und wann mirs nicht schimpflich währe /einen auszufodern / der schon mit zween gekämpffet /müstestu oder ich der dritte erleget seyn. Ja / antwortete er mir / wann du dich selb ander stellen wilt / wil ich dir zugefallen seyn / weil du in deiner Jugend so viel herzens hast / dich mit einem Manne zuschlagen. Nun höre ich / sagte ich hinwieder / daß in dir weder Tugend noch scham ist / weil du die Ruhmrätigkeit zum Schilde brauchest / darumb mache dir die gewisse Rechnung / daß du mit mir an den Tanz must; hastu dich aber heut abgemattet / so ruhe aus biß morgen früh / länger gebe ich dir keine frist. Dio selbst ließ mir treffliche Waffen / und ein festes Pferd bringen / und sagte zu mir: Teutscher Ritter / dafern euer Nahme Winnibald mit der Taht einstimmen sol / werdet ihr den schönen Sieg bald gewinnen / wozu ich euch Glük wil gewünschet haben. Der Pannonier aber hielt meine Rede vor gar zu trotzig / und fing an / sich bedraulich vernehmen zulassen / wie er mich zurichten wolte; dessen ich wenig achtete / die Waffen anlegete / und ihn mit diesen Worten anredete: Laß nun sehen / ob dein Speer und Säbel so wol stossen und schneiden kan / als dein Maul groß sprechen; Wir begegneten einander zum drittenmahl / ohn einigen Sattelwank / aber im vierden Satze half mir das Glük /daß er stürzete / und sich doch wieder zu Pferde setzete / ehe ich bey ihm anlangete. Da musten nun die Schwerter nicht feyren / und trieben wir uns eine halbe Stunde umb / daß das Blut beyderseits sich sehen ließ / biß endlich ich ihm den Helm lösete / und mit einem Schnitte ihm die Gurgel öffnete / daß er ruhig ward / wiewol ich zwo zimliche Fleischwunden davon brachte. Nach erhaltener überwindung warff Dio mir eine trefliche Kette umb den Hals / und nante mich den Teutschen Sieger / versprach mir das Römische BürgerRecht / und machte mich zum Ritmeister an des tödlich verwundeten Plaz / der seinen Feind noch vor seinem Ende stürzen sahe / und aus Dankbarkeit mir sein Leibpferd / welches überaus wol gewand wahr / vermachete. [195] So bald ich verbunden wahr / nam ich meines Herkules Erlösung in acht / und setzete ein Schreiben auff an Herrn Dio / in welchem ich untertähnig baht / mir mit einer Vorschrifft behülflich zuseyn / daß mein zu Rom verkauffter naher Anverwanter mir gegẽ Erlegung eines gnugsamen Lösegeldes / unwegerlich möchte abgefolget werden / weil er nit im Streite gefangen / sondern durch Räuberhand entführet wäre / gleich da er mit mir auf der Reise gewesen / sich in Römische Dienste zubegeben. Worauff er mir einen offenen Brief an Käyserl. Hocheit zustellete / dieses Inhalts:
Demnach Zeiger dieses / Winnibald / Teutscher ädler Ritter einen verwägenen Pannonier im absonderlichen Kampff ritterlich erleget / und dadurch verdienet hat / daß er nicht allein mit dem Römischen Bürgerrecht / sondern auch andern Käyserlichen Gnaden angesehen werde /und aber zur Erstattung seiner Dienste / nur seines ohn ursach gefangenen und verkaufften Freundes Oedemeiers Erlös- und Befreyung bittet / als wird Käyserl. Hocheit hiemit von mir untergezeichnetem alleruntertähnigst ersuchet / ihm darin allergnädigste Hülffe zuleisten / welche ich wol versichere / daß Zeit meiner Feld Herrschafft ein so grosser Trotzer und verwägener Pannonier sich nicht finden lassen / als der durch dieses ädlen Ritters sieghaffte Faust gebendiget und erschlagen ist; solte aber Käyserl. Hochheit nicht belieben / das Lösegeld aus gemeinem Seckel zuerlegen / erbiete ich mich / es von dem meinen als eine schuldige Dankbarkeit auszuzahlen. Dio.
Als ich an meinen Wunden genesen wahr / stellete Ekhard sich wieder ein / berichtete / wie höchlich Herkules über meiner unverrükten Liebe sich erfreuete / und lieferte mir sein Schreiben / ohngefehr dieses Inhalts: Seine Seele hätte die höchste Erquickung aus meiner beharlichen brüderlichen Gewogenheit eingenommen / weil ihm doch unmöglich währe / seinen Ladisla nicht zulieben. Daß ich seinen heilsamen Christlichen Glauben vor eine Zauberey hielte / legte er nicht meiner Bosheit / sondern Unwissenheit zu /welche sein HErr JEsus mir gnädig verzeihen würde; dz er aber davon abzustehen / von mir angesucht währe / könte er nach meinem Willen nicht beantworten / hätte doch seines Muhts und herzens noch das allergeringste nicht verlohren / sondern währe willens / der Ritterschafft nachzuziehen / so bald ihm nur Antwort von seinem Herr Vater zukähme / und möchte ich die Gedanken ja nicht fassen / als ob ein Christ mit einem UnChristen nicht könte weltliche Vertrauligkeit haben; Ich solte nach belieben nur kommen /dann würde ich spüren / daß er keiner Ungebührligkeit anhinge / deren ich ihn beschuldigte / und würde Ekhard mir eine Herberge / gerade gegen seiner Wohnung über / zeigen / dahinein ich mich legen könte. Ich bildete mir ein / mein Schreiben hätte ihn schon weicher gemacht / daß er vom Christentuhm könte abgebracht werden / insonderheit / weil Ekhard mich berichtete / er hätte ihn etwas milder als vorhin befunden; welches mich hoffen machete / ich würde vor meiner Ankunft zu Rom / ihn gar davon abschrecken können / und schickete ihm ein bedrauliches Schreiben zu / dieses Inhalts: Ich müste leider mit Schmerzen vernehmen / wie er añoch mit der neuen Tohrheit (ach so schrieb ich ja) behafftet / seine vorige Liebe zu seinen Land-Göttern nicht hervor suchen könte /dessen ich mich zu ihm nicht versehen; seines Herrn Vaters Antwort / dafern er demselben seinen Glauben hätte kund getahn / wolte ich ihm wol vorher sagen /nehmlich / er würde ihn als einen Abtrünnigen und Verleugner seiner Götter verfolgen / und vor seiner Bekehrung ihn vor keinen Sohn erkennen nur wenig ich mich zu ihm einiger bestendigen vertrauligkeit versehen könte; wolte demnoch hoffen / er [196] würde angesichts dieses / seinen Sinn endern / die verzauberte Neuerung ganz ablegen / und mir nicht Ursach geben / ihm bey der Römischen darzu verordneten Obrigkeit anzumelden / daß er durch Zwangmittel gehalten würde / dem guten zu folgen / und die verfluchte Geselschafft der Verächter aller alten Götter zu meiden. Ekhard muste hiemit schleunig fort / dem ich des folgenden Tages mit Minutius folgete. Aber O wunder! dieses mein Schreiben war Herkules gleich so angenehm gewesen / als hätte ich ihm die freundlichste Antwort zuentbohten. Nun nun / mein lieber Ekhard /hatte er gesagt / ich habe nicht unterlassen wollen /meiner Eltern und geliebten Bruders Ladisla Seligkeit zu suchen; kan ichs dañ nicht erhalten / O so schicke du es / mein Heyland / nach meinem Tode / daß ich sie nur nicht in der Helle möge verderben sehen. Damit wahren ihm die Trähnen häuffig aus den Augen hervorgeschossen / hatte sich endlich wieder erhohlet / und zur schließlichen Antwort gegeben: Ich sehe aus meines Ladisla Schreiben / daß er gesonnen sey / wegen meines Christentuhms mich bey der Obrigkeit anzuklagen; ja ja / wie es meinem Gott gefället / bin ich zu frieden; und O wie mit freudigem Herzen wil ich zu der Hochzeit des Lammes mich einstellen /und mitten in der Feuersglut nicht unterlassen / vor ihn zu bitten / daß er von Gott möge bekehret werden. Reitet ihr nur hin / mein Ekhard / und saget / daß mein Herzlieber Bruder Ladisla nicht seume / sondern sich bald herzu mache / und daß ich durch meines Gottes Beystand geschikt sey / umb des nahmens JEsus willen / gehenkt / versenkt / erkränkt / geschunden / gebraten / und durch alle Pein hingerichtet zu werden; dann hiedurch wird mir auffgesezt / nicht eine irdische und vergängliche / sondern eine himlische ewige Krone / da ich in der Zahl aller außerwählten / mit höchstem Schmuk angetahn / über Welt /Sünde / Tod und Helle den ewigen Sieges-dank erhalten und davon bringen werde. So kom nur bald mein Bruder Ladisla / daß ich durch dein angeben die geistliche Ritterschaft ehist vollenden möge. Dieses alle hatte er mit solcher freudigkeit vorgebracht / dz Ekhard anders nicht gemeinet / dann es redete ein Engel Gottes mit ihm / hatte ihm auch wegen Herzens bewägung in guter Zeit nicht antworten können / doch endlich zu ihm gesagt: Durchleuchtigster Fürst; wer wolte eure Gn. zu solchem erschreklichen Tode befodern? meinet die / daß Fürst Ladisla zum Wolfe oder Bähren worden sey? Nein / er ist schon auff der Reise / seinen herzlieben Bruder Fürst Herkules zubesuchen / nach welchem in das Verlangen nunmehr anderhalb Jahr fast zu Tode gequälet hat. Kein Mensch ist mir mehr wilko en / als mein Ladisla / hatte er geantwortet / aber reitet ihm entgegen / und meldet ihm an / ich lasse ihn durch unsere ehmalige inbrünstige Liebe bitlich eriñern / er wolle auff seine ankunft alles nach belieben anstellen / aber dafern er durch schimpfliche Reden oder lästerungẽ wieder meinen Gott mich zubeleidigen willens ist / solle er sich meines Angesichts enthalten / damit ich nicht gezwungen werde / ihm tähtlich sehen zulassen / wie viel mehr und höher ich Gottes Ehr als Menschen Liebe achte; dann weder er noch kein ander Mensch bilde sich ja nicht ein / daß ich solches mit geduldigen Ohren anhören werde. Als Ekhard mir dieses alles erzählete / ward ich durch Liebe und erbarmung dergestalt eingenommen / daß mein Herz im Leibe auffwallete / daher ich sagete; der Brieff müsse verflucht seyn / welcher meinem Herkules den Willen zusterben / und mir zu dräuen Ursach gegeben hat. Nam mir auch gänzlich vor / ihm des Glaubens wegen weiters nicht einzureden / und wahr nur darauff [197] bedacht / wie ich von ihm die Freyheit meines Heidentuhms / unser Freundschaft ungetrennet / erhalten möchte; ritte ohn auffhören fort / daß ich des andern Tages nach Ekhards wiederkunft zu Rom anlangete / uñ in die bezeichnete Herberge mich einlegete. Nach einer Stunde sahe ich ihn aus dem Hause gegen über / in adelicher Kleidung reiten / dann er muste ein Pferd tummeln / welches er treflich abgerichtet / und sein Herr meinem FeldHerrn Dio zum Geschenke senden wolte. Ekhard muste sich auf der Gasse zeigen / daher er sich meiner Ankunft alsbald vermuhten wahr / ritte auch kurz darauff das Pferd wieder hinein / und trat in seine HaußTühr mit überaus freidigem gemühte. Ich ging gleich mit meinem Haußwirt unten im Hause umbher / welcher zu mir sagete: Mein Herr / sehet dorten meines Nachbars Leibeigenen / des gleichen in ganz Rom nicht zu finden ist; jederman verwundert sich seiner Schönheit /Geschikligkeit / uñ unvergleichlichẽ Art / uñ haben grosse Herrn umb ihn / mit darbietung ansehnlicher Gelder angehalten / aber Zinna sein Herr / wil ihn durchaus nicht folgen lassen. Ihr saget recht / antwortete ich / daß seines gleichen / Käysers Hocheit außgenommen / in ganz Rom nicht ist / es wird aber Herr Zinna mir ihn schon außfolgen lassen müssen / als der ich ohn zweiffel das näheste Recht zu ihm habe / der dann trauen des Geblüts nicht ist / daß er Zinna oder einigem Menschen vor Leibeigen aufwarten solte /nachdem er mannich tausend freie Leute zu Untertahnen hat. Ich habe den Jüngling / sagte der Wirt / allemahl vor Hochädel angesehen / aber von Zinna wird er übel zu bringen seyn. So getraue ich aber / sagte ich / er werde sich nicht lange wiedersetzen / dann ich habe Käyserl. Hocheit selbst an der Hand; kunte auch mein Herz länger nicht abhalten / sondern lieff zu ihm hinüber; und als er mich kommen sahe / trat er zu seines Herrn Tühr mit trähnenden Augen hinein da wir uns herzlich umbfingen / und vor inniglichster bewägung kein Wort sprechen kunten / biß er endlich sagete; Herzallerliebster Bruder / bistu kommen / deine Dräuung zuerfüllen / so handele nach deinem belieben; nur schilt mir ja meinen Gott nicht in meiner Gegenwart / daß ich nicht Ursach haben möge / dich zu hassen; kanstu dessen dich enthalten / so gönne mir nur drey Tage / mich an dir zuergetzen / dañ soltu erfahren / wie freidig und getrost ich sein werde / umb meines Gottes / umb meines allergütigsten Gottes und seines Sohns JEsus willen zusterben. Ich gab ihm mit gebrochener Rede zur Antwort: Herzlieber Bruder /kränke doch deinen ergebenen mit solcher herzens Angst nicht; mein unbedachtsames Schreiben habe ich äusserst verfluchet / dann wer dich tödten wolte müste mir den Hals zugleich mit brechen / ob ich gleich in deinen neuen Glauben nicht gehehlen kan; hoffe aber / du werdest mir meine alten Götter frey gönnen / alsdañ soltu eben wenig von mir in deinem Gottesdienste gehindert werden / nur daß unsere Herzen mögen verbunden bleiben / wie sie von anfang her gewesen sind / und du sehr wol weist / daß deine Seele meines Lebens einige Ergezligkeit und auffenthalt ist. Hiedurch ward nun mein Herkules dergestalt erfreuet / daß er nicht wuste / wie freundlich er sich gegen mich halten solte / und kunten wir des küssens und umbfahens nicht müde werden. Hierzu kam die HaußJungfer Zezilia / und als sie solches unser unnachlässiges küssen sahe / sagte sie: Mein Oedemeier / was habt ihr da vor einen lieben Freund angetroffen /dessen beginnen mich fast in meiner meynung stärken dörfte / daß ihr nicht ein Mann / sondern Weibesbild währet. Ich trat alsbalb zu ihr hin / uñ nach geleistetem Handkusse antwortete ich; Hochädle Jungfer /[198] daß ich Oedermeier lieber Freund bin / können weder er noch ich in abrede seyn; weil ich dann seinen jetzigen knechtischen Zustand nach langer forschung endlich erfahren / habe in ansehung unser nahen Blutfreundschaft ich nicht umbhin gekunt / mich hieher zu machen / damit er seiner Leibeigenschaft enthoben /in seinen angebohrnen freien und Hochädlen Stand wieder gesezt werde. Sie antwortete mir kein Wort /nur daß sie sagete: O Oedemeier Oedemeier / wie habt ihr mir eine Nase gemacht! muß man gute Freunde so äffen? ging hiemit hin zu ihrem Vater / und brachte vor / es währe ein fremder Ritter ankommen /welcher vorgeben dürfte / Oedemeier währe ein freigebohrner Herr von hohem Adel / den er wieder loß haben wolte kam auch bald wieder mit ihm her / und fing Zinna mit sauren Geberden an zu fragen / wer so kühn währe / seines Leibeigenen halben Einsprache zu tuhn. Derselbe bin ich / gab ich zur Antwort / und hoffe leicht zuerhalten / daß er mir gegen darlegung seiner verschlossenen Gelder meinen geliebten Hochfreigebohrnen / uñ durch Räuber Hände entführeten Oheim folgen lasse. Er hingegen schnarchete immerfort / ich solte mich ja bey zeiten packen; er wüste schon mittel / seine Diener vor dergleichẽ Ansprenger zu schützen; und da sein Oedemeier die guten Tage länger nicht ertragen könte / solten ihm schlimmere gnug folgen. Ich gab hierauf der freundlichen Worte auch nicht viel von mir; Was? sagte ich / bin ich ein Ansprenger? und dürffet meinem Oheim noch dräuen? habt ihr ihn etwa gnädig gehalten / seid ihr solches /in ansehung seiner Tugend und hohen Standes schuldig gewesen; und mache mein Herr mir nur nicht viel pochens; ich frage ihn nur / ob er von mir die außgelegeten Gelder wieder empfangen / oder meinen Oheim lieber durch Römische Käyserl. macht wil loßgesprochen haben? diese Wahl gebe ich ihm aus blosser freigebigkeit / dessen er diesen Brieff / von meinem Gn. FeldHerrn Dio selbst geschrieben und untersiegelt / zum Zeugnis lesen mag; reichete ihm denselben / welchen er mit grosser betrübnis lase / auch alsbald nähern kauff gab / und mir antwortete: Ich erkenne billich des Römischen FeldHerrn Vorschrifft / bin auch nicht der Meynung / mich euch / als einem wolverdienten meines Vaterlandes / zu wiedersetzen; weil ich aber gleich jetzo einen auff der Gasse gesehen /der mir diesen Jüngling vor leibeigen verkauft hat /wil ich schon wissen / mich an ihm zuerhohlen. An diesem / sagte ich / werdet ihr wenig gewinnen / als welcher in Römischen diensten / und mein bestalter Reuter-Fähndrich ist / sehe auch nicht / wie ihr dessen Ursach habt / in dem ich mich schon erbohten die Gelder von dem meinen willig zuerlegen / und daß ihr euch nicht zubeschweren habt / wil ich alles / was er an Kleidern und Zehrung euch gekostest / vierdoppelt bezahlen / damit ihr sehen möget / ihr habt keinen Betler an ihm gehabt / sondern der euch mit allen euren Gütern von dem minstenteil seiner Auffkünfte leicht eigen kauffen solte; werdet ihr euch nun willig finden lassen / könnet ihr die Gelder stündlich empfangen / auff welchen fall ich nicht willens bin / Käyserl. Hocheit einigerley weise zubemühen. Als er dieses hörete / gab er zur Antwort; Ihr seid ungezweiffelt ein redlicher Ritter / und gebet eure Liebe zu eurem Oheim gnugsam an den Tag; wie gerne ich nun gleich meinen Oedemeier behielte / müste mir doch von herzen leid seyn / daß ein so ädles Herz mit leibeigenschaft weiters solte belegt werden / würde mich auch viel anders gegen ihn bezeiget haben / wann seyn Hochädler Stand / an welchem ich gar nicht zweiffele / mir währe bekant gewesen. Zwar was vor einen guten Willen ihm zubezeigen / [199] zeigen / ich etliche Tage vorgehabt / ist unnöhtig / und zu späht zuerzählen; damit aber ich in der Taht sehen lasse / wie gewogen ich ihm bin / so schenke ich ihm nicht allein seine Freyheit ohn entgelt wieder / sondern er sol von mir 8000 Kronen zur verehrung gewärtig seyn; damit ich verhoffe zuersetzen / was ich ehmahls verbrochen habe. Ich bedankete mich des guten Willen / und angebohtenen Geschenks / mit anzeige / daß ich wol wüste / mein Freund / dessen ertichteter Nahme Oedemeier währe / solches nicht annehmen würde. Und weil Ekhard mit 5000 Kronen sich einstellete / ließ ich dieselben Herkules zun füssen setzen / und sagete zu ihm; Mein wirdigster Bruder / schaffe du hiemit deinen Willen. Fr. Sulpizia / Herrn Zinna Gemahl kam auch hinzu gegangen / und verwunderte sich sehr über dieser begebnis / da Herkules diese Rede anfing: Hochgeehrter Herr Zinna / auch tugendreiche Fr. Sulpizia und JungferZezilia; daß diese Zeit über ich den Unfall meiner Knechtschaft geduldig ertragen / ist unter andern auch diese Ursach / daß ihrer sämtlichen gewogenheit ich wol genossen / und fast wie ein leiblich Kind gehalten bin; wovor ich mich dienstlich bedanke / nebest dem erbieten / schier dereins gelegenheit zu suchen / was gestalt solche woltahten vergolten werden. Wann dann der allerhöchste Gott es vor dißmahl also füget / daß ich meine vorige Ritter- und adeliche Freyheit wieder antreten sol / und mein werter Herr Zinna nicht allein darein williget / sondern mir dieselbe ohn entgelt zustellet / so erkenne ich daher seine Gewogenheit umb so viel klärer / unter der Hoffnung / mein Herr werde mir vergünstigen /daß ich dieses gegenwärtige / meinen hochwerten Freundinnen Fr. Sulpizien / und Jungfer Zezilien zum Gedächtnis meiner geleisteteten Dienstbarkeit / und nunmehr angebohtenen Freundschaft einliefern möge. Reichete hiemit einer jeden einen Beutel von 2500 Kronen mit diesen Worten: Ich ihr bereitwilliger Diener / bitte sehr / mir dieses geringe nicht außzuschlagen / auch da deren Willen ich wegen unvermögens allemahl nicht erfüllen können / großgünstig zu übersehen. Sie wegerten sich dessen aber / biß ich mit hinzutrat / und Herrn Zinna freundlich ersuchete / eine Vorbitte bey den lieben seinigen zutuhn / daß sie meinem Freunde die erste Bitte in seiner wieder erlangeten Freyheit nicht abschlagen möchten; worauff ers gerne zuließ / und die Frau also antwortete; Herr Oedemeier; eure höfliche Tugend hat nichts als gewogenheit verdienen können; aber sehr ungütlich hat er bey uns gehandelt / daß er seinen Stand und Wesen so gar ungemeldet gelassen. Es ist geschehen / sagte Herr Zinna / und wünsche ich nur / daß das ergangene allerdinge möge beyderseits können vergessen werden / damit die folgende Freundschaft desto gewisser bestehe. Inzwischen reichete ich der Frauen und Jungfer zwey zimliche Kleinot ein / da Zinna / seinen guten Willen sehen zulassen / der Tochter befahl / ihres verstorbenen ältesten Bruders bestes Kleid Oedemeiern zu hohlen; welches sie ihm mit diesen Worten einreichete: Sehet da Herr Oedemeier / kleidet euch nun eurem Stande in etwas gemäß / und erinnert euch eurer Schuld / mit euch selbst / und zugleich mit mir abtrag zumachen / daß ihr euch selbst geschmähet /und mich gehöhnet / dann ich spüre wol / daß ihr der Verlobete nicht seid. Er aber empfing es mit hoher ehrerbietung / welches wir etwas abgefernet sahen /aber ihre Reden nicht hören kunten; da er ihr geantwortet hatte: Er hätte sich befahret / die Erkäntnis seines Standes möchte ihm schädlich seyn / und weil er ein ertichteter Oedemeier gewesen / hätte er ihm auch seines knechtischen Standes wirdige Eltern [200] richten müssen; sonst währe er gewißlich ein Verlobeter; ging hierauff in eine Kammer / und legete sich daselbst an. Die Frau nahm ihren Abtrit / die Mahlzeit anrichten zulassen; und fragete Zinna nach unsers Kriegsheers Beschaffenheit / biß Herkules wieder kam / uñ nach seiner ehmaligen Fürstlichen Art daher trat; worüber die gute Jungfer sich dermassen in ihn verliebete / daß sie die Flammen nicht bergen kunte /und ihr Vater selbst merkete / daß des Herzen Feur ihr durch die Augen leuchtete; welcher mich sehr baht /ihm Oedemeiers Stand etwas eigentlicher zuberichten / weil er sich allemahl vor einen Unädlen ausgeben; Worauff ich kürzlich antwortete: Er würde seinem treflichen Verstande nach / solches aus hochwichtigen Ursachen getahn haben; sonst möchte er mir gläuben /daß er ein sehr vornehmer Teutscher Herr währe / der in wenig Stunden viel tausend Reuter ins Feld führen könte / die seine angebohrne Untertahnen währen; hätte auch schon eine Feld-Herschafft über 40000 Mann bedienet / wie jung er anzusehen währe. Ich hätte mich des ersten billich vermuhten sollen / sagte er / dann alles sein tuhn und vornehmen / sonderlich zu Pferde / stehet ihm ungleich anders / als einem Bereiter an. Jungfer Zezilia hörete meiner Erzählung fleissig zu / und meynete / den Frisch schon gefangen haben / der grösser als ihr ganzes Meer wahr. Bey der Mahlzeit wurden wir treflich bedienet / insonderheit von dem Frauenzimmer / ohn zweifel ihre Dankbarkeit an den Tag zugeben. Hernach nöhtigte mich Herkules / seine Pferdezucht zubesehen / die er eine zeit her abgerichtet / da ich im Mahrstalle alles dermassen ordentlich fand / daß es nicht zuverbessern wahr; Es stunden 24 Reitpferde allerhand Farben in der Ordnung / welche / wann er ihnen zurief / zuwrinschen /und mit den Füssen zukratzen anfingen / und wahren Zinna vor 34000 Kronen nicht feile / welcher gestund / daß er über 40000 Kronen aus Pferden gelöset / die ihm Oedemeier abgerichtet. Er hatte es aber mit seiner Frauen und Tochter abgeredet / daß sie uns die drey besten mit allem Zubehör schenketen / welche wir auch zu dank annamen. Herkules kunte der guten Zezilien nicht nach ihrem Willen stete Unterredung gönnen / weil ich meinen Anteil auch an ihm haben wolte / und wahr uns nicht wenig verdrießlich / daß man unsertwegen eine grosse Gästerey auf folgenden Tag anstellen wolte / welches abzuwehren / wir vorgaben /morgen sehr früh nach dem Heer zureifen / weil ich nicht länger Urlaub hätte. Bey dem Abendmahle ging das nöhtigen wieder an / und schenkete das Frauenzimmer uns schöne güldene Ringe zum Gedächtniß /welches wir mit gleichmässigem vergolten. Hernach wolte man uns in absonderliche Schlafkammern legen / und kunten wir kaum erhalten / daß man uns bey sammen schlaffen ließ. Ich erfuhr diese Nacht / worinnen meines Herkules sein Christentuhm bestund / da er etliche Stunden auff blosser Erde in seinem Gebeht verharrete / und vor die Erlösung von dem knechtischen Joche seinem Heyland dankete. Früh morgens machete Ekhard unsere Pferde fertig / und ob man uns gleich auff das Frühstük nöhtigte / wolten wir doch nicht einwilligen / sondern ritten weit zur Stadt hinein / und legeten uns bey einem Wirt / Sabihn genand / dz sie von uns nichts erfahren solten. Ekhard muste alsbald nach Teutschland / und Herkules Eltern die Zeitung bringen / daß er wieder frey / und mit mir von Rom schon hinweg währe / den ritterlichen übungen nachzusetzen. Er begehrete an seine Fr. Mutter absonderlich / ihm zuschreiben / wie sein Herr Vater gesinnet / und dz auff den fall seines beharlichen Zorns /sie ihn mit jährlichem rittermässigem Unterhalt versehen [201] möchte. Ich aber zog alsbald wieder nach dem Römischen Lager / und erhielt willige Erlassung / insonderheit / da ich aus freyen stücken angelobete /wider die Römer nicht zudienen; meine Leute aber musten noch ein Jahr lang sich verpflichten / hernach solte ihnen der Abzug frey stehen. Ich schrieb auch nach Prag / man solte mir keine Gelder mehr nach Aquileja übermachen / weil ich meinen Herkules wiedergefunden / und mit ihm der Ritterschafft nachzöge / wolte schon schreiben / da ich etwas würde benöhtiget seyn; dieses taht ich zu dem Ende / daß man mir nicht nachfragen solte / weil ich über eine Tonne Baarschafft und Kleinot bey hatte / und eine zeitlang damit wol auskommen kunte. Ich bekam aber bey Ekhard (dessen Wiederkunfft ich im Lager erwartete) ein Schreiben an Herkules von seiner Fr. Mutter / darin sie ihm seines Herr Vaters beharlichen Zorn wegen seines neuen Glaubens anzeigete / und daß er von ihm erbloß gemacht währe / auf den fall er nicht wiederkehren / und mit den Teutschen Göttern sich aussöhnen würde; jedoch versprach sie ihm alle Notturfft zur Reise nachzusenden; und begab ich mich schleunig, wieder nach Rom zu meinem Herkules /der mein schmerzlich wartete / und lebeten wir wenig Tage in stiller eingezogener Ruhe beyeinander / biß wir nach Heilung unser Wunden / die uns von 16 verwägenen Räubern in Rom geschlagen wurden / endlich Italien zubesichtigen / uns aufmacheten / und nach Padua ritten / woselbst ich durch Abenteur an mein jetziges Gemahl geriet / und meine Frl. Schwester auff der Reise nach meinem Beylager / gefangen ward / welches diese Länder zubesuchen uns hat veranlasset. Aber mein H. Bruder wolle mir verzeihẽ /sagte er zu Artaxerxes / daß seiner Liebe ich mit meiner ungestalten Erzählung so lange verdrießlich gewesen bin. Artaxerxes bedankete sich des erzeigeten Willens der angenehmen Erzählung / und ordnete an /daß ein zierlicher Tanz von dem Persischen Frauenzimmer muste gehalten werden. Des folgenden Tages ward die Fürstliche Gästerey viel köstlicher gehalten /weil es zum Abzuge galt / und fand sich ein vornehmer Susianischer Freyherr / nahmens Phraatazes dabey / der seinem Fürsten 800 Reuter auf eigene Kosten zugeführet hatte; derselbe verliebete sich in Fr. Statiren / und weil Obrister Bubazes sein sonderlicher Freund wahr / machete er sich an dessen Liebste Kleofis / und baht / ihm hierin behülflich zuseyn; die es bald an die GroßFürstin Valiska brachte / und diese an Fabius / welcher nach vermögen bemühet wahr / ihre Ehre zubefodern / uñ ihr träulich riet / dieses Glük nicht auszuschlagen / weil dergleichen Heyrahten nicht alle Tage vorfielen; und ob sie zwar einwendete / daß ihr unmöglich währe / ihr Herz einem andern zuergeben / welches den ädlen Kleon in sich gefasset hätte; redete er ihr doch ernstlich zu / sie möchte sich eines andern bedenken / weil er vermählet währe; Worauff sie dann sich erklärete / sie wolte ihm Gewalt geben / mit ihr nach seinem Willen zuschaffen / doch daß der Freyer umb der Leute willen /biß auf geendete Trauer sich mit der heimlichen Zusage begnügen liesse / insonderheit / weil sie von ihrem Kleon sich schwanger befünde; worzu Fabius nicht sonderlich liebe wahr / und doch begehrete / daß sie ihm die Frucht / wann sie etwas würde erwachsen seyn / zuschicken solte / welches sie nach Verlauff zehn Jahr geträulich leistete / da sie ihm einen wolgeschaffenen Sohn übersendete / welcher nachgehends bey Herkuladisla / Herkules Sohn grosse Träue sehen ließ / und durch einen willigen Tod dessen Leben rettete. Der verliebete Phraatazes ließ sich mit der Zusage befriedigen / und muß ihr hieselbst zum Ruhm nachgesagt werden / daß sie [202] nicht allein sich nachgehends in dieser Ehe ehrlich und wol verhalten / sondern auch auf der GroßFürstin Fr. Klaren Raht / den Christlichen Glauben angenommen / und in demselben gottselig gestorben ist.
Am lezten Tage liessen die Morgenländische Fürsten 200 starke Pakwagen mit gemünzetem Golde /Kleinoten / Perlen / ädlen Steinen und allerhand köstlichen seidenen Tüchern beladen / deren solten Leches sechs; Neda / Prinsla / Klodius und Markus / jedem 4 / ingesamt 16 / geliefert werden; welche alle mit rohtem Tuch überzogen wahren / und die ersten sechse vier Tonnen Schatz; die anderen sechszehn / acht Tonnen Schatz geladen hattẽ; dabey fünff MaulEsel wahren / deren jeder vor 4000 Kronen / güldene und silberne Tücher; und vor 12000 Kronen Kleinot trugen. Die übrigen Wagen wahren viel schöner und ansehnlicher / deren anfangs 24 / einerley Gattung / mit braunem Sammet überzogen / an denen der NahmeVRSVLA mit grüner Seide gesticket wahr / und funden sich gleich so viel MaulEsel dabey; hatten funffzig Tonnen an gemünzetem Golde / drey Tonnen Schaz an gülden und silbern Tüchern / und sieben Tonnen an Kleinoten auff. Diesen folgeten 70 Wagẽ mit rohtem Sa et uñ silbern Schnüren verbremet / an welchẽ der Name SOPHIA mit silbern Fäden gesticket wahr /und darüber ein güldenes Krönichen. Hierauff wahren 160 Tonnen gepregtes Goldes / 10 Tonnen an silbern und güldenen Tüchern / und 20 Tonnen an Kleinoten / jedoch daß 30 Kamehle davon auch ihren Teil zutragen hatten. Endlich folgeten 84 Wagen mit grünem Sammet bekleidet / an welchen der Nahme VALISCA mit einer güldenen Krohn von Goldfäden gesticket /gesehen ward / und dabey 40 Kamehle / welche mit den vorgedachten gleichmässige Ladung hatten / nur daß 30 Tonnen Baarschafft mehr darauff wahren /welche Pharnabazus wegen des Fürstentuhms Susiana hinzu getahn hatte. Jeder Wage wahr mit sechs Pferden bespannet; die ersten 22 mit 132 Rappen; die andern 24 mit 144 Braunen; die dritten 70 mit 420 Apfelgrauen; die leztẽ 84 mit 504 Blänken; da die ersten mit schwarzen Sa eten; die andern mit rohten Sammeten; die dritten mit silbernen; und die lezten mit güldenem Zeuge ausgeputzet wahren; und hatten die Kamehl und MaulEsel gleichen Zeug mit den Wagenpferden / zu welchen sie gehöreten. Vor Gallus wurden keine Wagen bestellet / sondern die Fürsten liessen ihm 212000 Kronen einhändigen / wozu er schon 10 Tonnen an Gold und Kleinoten beyeinander hatte; dann weil er fast mit allen Obristen in brüderlicher Freundschafft stund / und dieselben wusten / wie viel Herkules auf ihn hielt / hatten sie ihm sehr grosse Verehrungen getahn / welches alles er auff 10 Wagen packete. Die beyden Sprachmeister Mardus und Timokles bekahmen jeder eine Tonne Goldes / und solches umb ihrer träuen Dienste willen / da vorhin schon Timokles von Artaxerxes / Phraortes und Pharnabazus statlich beschenket wahr. Nach dem Mittagsmahl hielt Artaxerxes eine trefliche Dankrede an unsere Helden / daß sie ihre FeldHerschafft so wol verwaltet / und ihnen den Sieg erstritten / so daß in unterschiedlichen Schlachten der Feinde über 100000 gefangen / uñ in die 500000 erschlagen währen / welche Schlappe der Parthische Wüterich nicht leicht ersetzen würde / weil ihre versuchte Manschafft mehrenteils drauf gangen. Hernach erzählete er / was gestalt er unserer Helden erste Kundschafft erhalten / da er unbekanter weise mit ihnen zu Ekbatana gestochen / und von ihnen die Freundschafft-Ringe gegen die seinen bekommen. [203] Weiters bedankete er sich wegen Hinterlassung der Teutschen / Böhmischen und Römischen Völker / und hielt zugleich an / daß Arbianes möchte vergönnet seyn / 16000 Teutsche und 4000 Böhmen zuwerben / von denen 6000 die Schlacht Schwerter zu führen düchtig währen / wozu ihm gnugsame WerbungsGelder solten mitgegeben werden. Schließlich erinnerte er die GroßFürstin Valiska ihrer getahnen Zusage / die Fürstl. Geselschafft einer Bitte zugewehren / dessen sie / dafern sonst ihre Liebe einige Gewogenheit zu ihnen trüge / ungewegert seyn wolten / und alle abschlägige Antwort vor einen Widerwillen halten; nehmlich / es währe eine Anzahl beladener Wagen / und auff denselben ein Zeichen dankwilliges Gemühts beygelegt / deren ein Teil Ihrer Liebe selbst; der ander / Königin Sophia; der dritte Fr. Ursulen / Herrn Fabius Gemahl von den sämtlichen Fürsten dargebohten würden / mit Bitte /nicht allein ihren Anteil willig und geneigt anzunehmen / sondern auch das übrige / hochgedachten Frauen unbeschweret einzuhändigen. Herkules gab ihm eine leutselige Antwort / darinnen er das hohe Lob höflich ablehnete / sich im Nahmen ihrer aller vor empfangene Guttaht und Ehre bedankete / und umb fernere Gewogenheit baht / nebest dem versprechen /daß die begehrten Völker gern und willig solten ausgefolget werden. Vor die ihren Gemahlen beigelegete Schenkungen bedankete er sich hoch / und baht / daß es bey einem ziemlichen gelassen werden möchte /damit sie nit über zu grosse angewendete Kosten sich zubeschweren hättẽ; welches Valiska mit einer zierlichen Rede wiederhohlete. Diesen Abend teileten Tyriotes und Bubazes unter Ladisla 300 Aedelknaben vier Tonnen Goldes aus / an Baarschafft / Ringen /und schönem seidenen Gewande zur Kleidung mit silbern Verbreme / welches auff drey Wagen gepacket ward / weil mans wegen der Eile nicht kunte verfertigen lassen; und bekahmen die vier adeliche Frauen /Libussa / Euphrosyne / Brela und Agatha von der Fürstin Barsene / im Nahmen der Fürstlichen Verbündnis / jede 25000 Kronen zu Zehrgeld / und etliche köstliche Kieinot / eins so hoch geschätzet. Frau Statira hätte der GroßFürstin und Herrn Fabius gerne ein wirdiges Gedächtniß gelassen / und baht Kleofis /ihr bey einem Kleinot Händler auff eine Tonne Goldes Glauben zumachen / welche inwendig acht Wochen solte bezahlet werden; davor nam sie zwey Kleinot aus / wickelte jedes absonderlich in ein weisses seidenes Tüchlein / und stellete es obgedachten beyden zu /mit untertähnigster demühtiger Bitte / solches von ihr gnädigst und willig anzunehmen; bedingete daneben /wann durch Wiederstattung es solte vergolten werden / müste sie es vor eine Verschmähung rechnen. Der grosse Gamaxus wahr nunmehr so weit genesen / daß er keines Arztes mehr bedurffte / aber die zubrochenen Glieder / so ihm krum geheilet wurden / damit er hinfüro zu den Waffen undüchtig währe / wahren noch sehr schwach. Sie liessen ihn auff den Saal bringen / umb zuvernehmen / ob er sich in seinen jetzigen Stand schicken könte. Als er gefodert ward / wegerte er sich zuerscheinen / biß man ihm die Ruhten zeigete / die er schon sechs mahl gekostet hatte; da ging er endlich sehr traurig mit. Er wahr als ein Narr gekleidet / ganz bund von allerhand Farben; an der Seite hing ihm ein grosser lederner Säbel / und die Mütze sahe einem Helme gleich / auff welcher ein Hase einen lahmen Löuen peitschete. Er ging Schwacheit halber auff einer Krücke die ihm unter dem Arme fest gemachet wahr. Als er in den Saal trat / und die Fürsten samt dem Frauenzimmer so köstlich gekleidet sahe / erschrak er nicht [204] wenig / und wünschete nichts als den Tod. Die Gesellschafft hatte angelegt / daß niemand sich an ihn kehren wolte / nur etliche Knaben musten ihr Affenwerk mit ihm treiben / welches alles er gehen ließ / als sähe ers nicht. Er sahe i erzu gleiche saur vor sich nider / hatte in einem offenen Winkel sich angelehnet / und ließ anfangs etliche Seuffzer gehen / die über den ganzen Saal gehöret wurden; endlich als die Knaben des Kinderspiels zuviel macheten / und er sich doch weder durffte noch kunte rächen / fing er mit erschreklicher Stimme an zu heulen / und sagete: O du verteufelter Tod / kanst du dann Gamaxus nicht das Herz abstossen / daß er diesem unleidlichen Spot und Hohn entrissen werde? Herkules und Valiska traten ihm näher / sahen ihn an / und hoffeten / er würde umb Gnade bitten; aber er taht / als sähe er sie nicht; biß Valiska zu ihm anfing: Du unbarmherziger gräulicher Bluthund; womit hatte ich dich jemahls beleidiget / daß du meinen Liebsten Gemahl zuerwürgen / und mit seinem unschuldigen Leichnam die Hunde und Vogel speisen woltest? hat man auch dessen einige Begebnis / daß mit Fürstlichen Häuptern also verfahren währe? oder wahrestu so hoch beleidiget / daß du hierzu gnugsame Ursach hattest? Gamaxus blickete sie an / betrachtete ihre volkommene Schonheit / und gab zur Antwort: O König Artabanus / ich halte euch nicht vor übel / daß ihr umb besitzung dieser Schönsten das äusserste waget. Meinestu das? antwortete sie; aber sage mir ja hiervon kein Wort mehr / wiltu sonst nicht gestriechen seyn / und gib mir Antwort auff meine Frage. Ich wahr bißher nicht anders gewohnet / sagte er / als nach meinem Willen zu handeln / hatte auch dergleichen beschimpfung / so mir damahls begegnete / noch nie auff mich ersitzen lassen. O du grobes Vieh / antwortete Herkules / kuntestu dañ deinen Zustand nicht erkennen daß du aus einer Baurhütte hervor gekrochen wahrest / und bißdaher nach Gottes verhängnis durch deine Vihische Stärke nur Gewütet hattest /welche sich ja vor Gott billich hätte fürchten sollen /als du keinen Menschen scheuhetest. Seid ihr dañ Gott? fragete er / so soltet ihr mich mit Donner und Bliz / und nicht mit dem tollen Pferde überfallen haben / des hättet ihr und ich Ehre gehabt. Jederman verwunderte sich der Halstarrigkeit / und sagte Herkules weiter; Nein / ich bin nicht Gott; aber Gott hat mich als sein Werkzeug gebrauchet / daß du gezähmet würdest. Doch sage mir / was woltestu mich wol sehen lassen / wann du meiner so mächtig währest /als ich deiner bin? Ich wolte dich in hundert tausend Stücken zerhauen / brüllete er überlaut; und bistu ein redlicher Rittersmañ / so tuhe mir deßgleichen. Du kanst mich weder schelten noch zornig machen / antwortete Herkules / und weil du so ungelernig bist / uñ durchaus keine Demuht fassen kanst / mustu so lange gestäupet werden / biß dir der Baurenstolz vergehet. Darauff ward er hinunter geführet / und so heftig gestriechen / daß er am ganzen Leibe rohe Fleisch wahr / da er endlich umb Gnade baht / und demühtig zu werden angelobete.
Diesen Abend kam Sysigambis Valisken ehemahlige Parthische Hoffmeisterin mit ihrem Sohn an / fiel vor der GroßFürstin nider / und baht untertähnigst /ihr gnädigsten Schuz bey Artaxerxes zuerwerben /daß sie sicherheit vor Artabanus hätte. Valiska hub sie von der Erden auff / ließ ihr 12000 Kronen zählen / und erhielt bey Pharnabazus / daß er ihr Zeit ihres Lebens in seinem Frauenzimmer unterhaltung gab; ihr Sohn aber nam bey Arbianes Dienste / und reisete mit ihm nach Teutschland. Auch offenbahrete Fr. [205] Saptina ihrem Gemahl Phraortes / was gestalt Valiska mit Arbianes eine Heyraht vor hätte / und wie er durch dz Brustbilde in Liebe gerahten währe / auch ohn zweifel sich selbst darin würde verzehret haben / dafern die GroßFürstin sein anliegen nicht ausgeforschet / welche schon ihre Gesanten nach Teutschland geschicket / die Anwerbung zu tuhn; worüber Phraortes sich höchlich verwunderte / und seinen Sohn glükselig preisete / dafern er in solche trefliche Schwägerschafft gerahten solte; aber ihr habt übel getahn / sagte er /daß ihr mir solches nicht zeitiger angemeldet / damit man ihn mit wirdigen Geschenken versehen mögen /und er seine Macht uñ Herligkeit bey fremden könte sehen lassen / worzu dañ kosten gehören. Ja / antwortete sie meinet dann mein GroßFürst / daß GroßFürstin Valiska ihn werde lassen Mangel leiden? und wañ solches gleich nicht währe / so habe ich ihn mit Perlen / ädlen Steinen und Kleinoten dergestalt bespicket / daß er wol bestehen sol / auch von meinem Bruder zehn Tonnen Goldes gelihen / und auff sechs Wagen beygelegt. Phraortes rühmete ihre Vorsorge / welche sein Sohn nach seinem Tode unvergolten nicht lassen würde. Des folgenden morgens wahren die unsern frühzeitig wache / liessen alle ihre Wagen anspannen / und hinaus vor das Tohr bringen. Herkules und Ladisla hatten 60 Wagen / darauff sie ihre Gelder / Kleider und Sachen führeten / nebest 30 MaulEseln und 12 Kamehlen. Fabius 12 Wagen /neun MaulEsel und vier Kamehle. Arbianes 12 Wagen / 12 MaulEsel und sechs Kamehle. Gallus 12 Wagen 10 MaulEsel / und zwey Kamehle. Leches /Neda und Prinsla ingesamt 18 Wagen / 20 MaulEsel /und sechs Kamehle. Klodius und Markus 12 Wagen 18 MaulEsel und vier Kamehle. Die Teutschen Völker 100 Wagen; die Böhmen gleich so viel / wie auch die Römer / alle mit sechs Pferden bespañen. Hierüber wahren 26 Gutschen welche den unser zustunden / auch jede mit sechs Pferden. Der Reitpferde wahren eine gute Anzahl. Herkules und Ladisla hatten 280. Fabius 34. Arbianes 30. Leches 20. Neda / Prinsla /Klodius / Markus und Gallus / jeder 16. Wahren ingesamt 444 Reitpferde; 2712 Wagen- und Gutschpferde; 34 Kamehle; 99 MaulEsel. Bey jedem Wagen funden sich zween Fuhrleute; bey jedem Kamehl zween Leiter / und bey jedem MaulEsel einer; aber je zwey und zwey Reitpferde wurden von einem Diener gewartet / die eines ritten und das andere an der Hand führeten; alle diese Diener uñ Fuhrleute wahren gefangene Parthische Kriegsleute / zu Leibeigenen gemacht / und ihre anzahl 1293 Mann. Die 203 Pakwagen auff welchen der Morgenländischen Fürsten trefliche Geschenke geladen wahren / hielten haussen vor dem GroßFürstlichen Schlosse / samt den 29 MaulEseln und 70 Kamehlen / denen nach obgedachter art Fuhrleute und Leiter zugegeben wahren /an der Zahl 575 gefangene Parther / welche alle dieses Zeichen
auff der linken Brust führeten. Es wahren die unsern der Meynung / ungessen auffzubrechen / aber sie musten zuvor wieder ihren Willen das Frühstük einnehmen / ungeachtet noch 40 Wagen mit allerhand Speisen / und 16 mit köstlichen Weinen ihnen mit gegeben wurden. Bey der Mahlzeit trat ein Persischer Magus oder Gelehrter vor den Tisch / bedankete sich gegen unsere Helden im Nahmen aller Gelehrten unertähnigst / das durch ihr kräftiges Schwert sie den künsten sicheren Siz erworben / und den endlichen Untergang von ihnen abgewendet; wünschete ihnen Glük und alle wolfahrt zur Reise / uñ reichte ihnen ein Lobgeticht ein / in welchem er rühmete / daß eine neue Zusammenkunfft [206] der dreyen Irresternen oder Planeten / als der Jupiter / Mars / und der Venus ihre Länder der beschirmet / und die Dräuungen des grimmigen blutgierigen Saturn abgewendet hätten / und lautete also:
1GlükseligsLand / dem selbst der Himmel dienet /
Und stösset ihm den reichen Seegen ein!
Was solcher Art nicht freudig ist und grünet /
Muß an sich selbst nicht Hellers-düchtig sein.
O grosser Gott / du alles wunders vol /
Was hastu doch an Persenland erblicket /
Dz es nach wunsch mit deiner Gunst verstricket /
Beseliget und voller Lust seyn sol.
2Es dräuet uns Saturn der Menschen-Würger /
Brand / Raub uñ Mord / verwüstũg / untergang.
Es galt ihm gleich / Fürst ädler / Bauer / Bürger /
Alt / jung / reich / arm; wir fühltẽ schon den zwãg /
Der wie ein Bliz auff uns hernieder schoß;
Der Henker wahr zu würgen schon gefliessen /
Ganz Persen mit Blutströhmen zubegiessen;
So ging Saturn auff ihr' Einwohner loß.
3Sein grosser Stolz wolt' auch den Hi el brechẽ;
Die Venus selbst / die Troz nicht leiden kan /
Hielt er in haft; den Jupiter zu schwächen /
Und Mars darzu / greiff er die Ruhten an.
O stolzer Tropf! darfstu mit Göttern noch
Den schweren Streit vermässentlich aufnehmẽ /
Als woltestu sie bendigen und zähmen?
Ist Narrenwerk / sie sitzen viel zu hoch.
4Ihr Heldẽmuht empfand den Schimpf zu schwer /
Deßwegen sie zusammenkunfft verschrieben.
Bald griffen sie ihn an mit ihrem Heer;
Des ward sein Volk bey tausend auffgerieben.
Er selber lieff / (wie hinkend auch) davon /
Nicht anders als der Schüler vor der Ruhten /
Daß auch sein Volk nicht kunte recht verbluten /
Das wahr Saturn des tollen Wüters Lohn.
5O Persenland / jezt kanstu frölich rühmen /
Daß Venus selbst / daß Mars und Jupiter
Dich sicher macht. So wil dir nun geziemen /
Daß du (es sey jung / alt / Knecht oder Herr)
Den schönen Dank ansti est; sprich nur frey /
Daß Noht und Tod / durch hülffe dieser Götter /
In dem Saturn / der Wüterige Spötter
Gedämpfet ist / von dir genommen sey.
6Ihr Kinder ihr / spielt ihnen stets zu ehren;
Ihr Musen singt / das Echo Wiederschal
Vernehmlich sey / last keine Furcht euch wehren;
Trometer gebt auch euren starken Hal.
Ihr Wälder / wolt ihr dann die lezten seyn?
Risch auf / frisch auf! last euer Laub frey rauschẽ
Die Flüsse stehn vor freuden schon und lauschẽ /
Umb / ihren Klang zu stimmen mit darein.
7Als lange Laub und Graß in Persen grünet /
Die Sonne läufft / der Monde wächst und fält /
Sol unser Dank (der sich jezt hat erkühnet)
Ohn fehlen gehn biß an des Himmels Zelt.
O Venus / Mars. O Jupiter / fahrt fort /
Den gräulichen Saturn zu unterdrücken /
Daß Persen er nicht möge gar ersticken /
Und in das Meer hinwerffen über Bort.
8Eur heller Glanz hat uns bißher beschienen /
Jezt dräuet ihr / O weh! den Untergang.
Ach lasset uns euch ferner noch auffdienen /
Volführet den wol angelegten Fang.
Zu stäubert / was Saturn uns zum verdruß
Anstifftet; bloß eur Nahme kan ihn dämpffen /
So dz sein Schwert nit siegen mag noch kämpfẽ /
Besondern in der Scheide stecken muß.
Nach geendeter kurzen Mahlzeit ging es an den Auffbruch / welches dem Frauenzimmer / sonderlich Frr. Saptinen und Barsenen manniche Trähnen aus den Augen drückete. Herkules hatte 50 Teutschen; Ladisla so viel Böhmen; Fabius 100 Römer / und Arbianes 200 Meden / welche mit ihnen biß in Teutschland solten; über diese musten noch 6000 / gleichenteils Teutsche / Böhmen und Römer / neben 8000 Meden und Persen / sie biß an die Römischen Grenzen begleiten. Als sie aus dem Saal in den innersten Plaz kahmen / stund Artabanus LeibElefante / der in der Schlacht gefangen wahr / in seiner besten Zier /über drey Tonnen Schaz am wert / daselbst fertig /und wahr ein Häußlein auff ihn gesetzet / von treflicher Arbeit / in welchem 12 Menschen sich wol behelffen kunten. Nähest dabey eine Gutsche / außwendig mit schwartzem Sammet überzogen / aber wann man [207] solches hinweg nam / glänzete sie aus- und inwendig von ädlen Steinen; der ganze beschlag wahr klammer Silber / sehr stark vergüldet / und gingen acht artige Schecken einerley Gestalt davor / deren Schwänze und Mähne biß an die Erde herunter hingen; vier Gutscher dabey / wahren in gülden Stük bekleidet / und hatten trefliche Säbel an der Seite / dann sie wahren Parthische gefangene von hohem Adel. Dieses beydes ward Frau Valisken von Artaxerxes absonderlich verehret. Im vörderen grossen Platze wahren neun schöne Gutschen und 400 Handpferde mit allem Zubehör / davon Ladisla / Herkules und Valiska 300; Fabius 30; Leches 20; die übrigen fünffe offtgenante jeder 10 bekahmen; wie auch jeder eine Gutsche mit sechs Pferden / alles nach Unterscheid Standes und Gebühr. Bey den Gutschen wahren 18 Fuhrleute / wie auch 200 bey den Handpferden / alle gefangene Parther. Ausserhalb des Schlosses traffen sie die obgedachten Wagen / Kamehle und MaulEsel an / worüber sie sich höchlich entsetzeten / und ganz ungehalten wahren / so daß sie schwuhren / wann sie solches solten gewust haben / wolten sie heimlich davon gezogen seyn / weil sie sich durch Woltaht gar zu heftig überladen befündẽ; wiewol sie nicht meineten / daß so übergrosse Schätze darauff währen. Hier ging es nun an ein Pauken / Trometen und Freudengeschrey / daß keiner sein eigen Wort vernehmen kunte /biß unsere drey Helden samt Fr. Valisken und Arbianes auff den Elefanten steigen wolten / da Phraortes zu ihnen trat / und einem jeden absonderlich seinen Sohn väterlich anbefahl / bey Fr. Valisken aber zugleich anhielt / ihm ein Fräulein ihres Geblüts / da ers wirdig / zuzuschanzen / ob sie gleich nur Herren Standes währe; dann er wolte es vor seine höchste Glükseligkeit rechnen / wann er mit diesen trefflichen Fürsten in Schwiegerschafft leben solte. Worauff sie zur Antwort gab: Seine Liebe möchte des Sohns wegen unbekümmert seyn / sie hätte das Eisen schon unter dem Hammer / wie sein Gemahl berichten würde / und solten sie am glüklichen Fortgang nicht zweifeln. Die Morgenländische Fürsten hatten auch einen Elefanten bereiten lassen / auff welchen sie mit Saptinen und Barsenen fliegen; dann sie wolten die unsern auff drey Meilen begleiten / und zogen in schöner Ordnung daher / biß sie an die ersten Wagen (so voraus gangen wahren) anlangeten / da sie sich alle vergeselschaffteten / daß sie 629 Pakwagen / 36 Gutschen / 104 Kamehle / 128 MaulEsel / und 2290 Reitpferde bey sich hatten; dann die gesamte Persische Reuterey hatten 400 von den besten erbeuteten Pferden zusammen bracht / und sie gleich wie Artaxerxes die vorigen / ausgeteilet / auch mit Parthischen Leitern versehen. Vor obgedachten Pakwagen und Gutschen gingen 4000 Pferde (dann fünff unter den Gutschen wahren mit achten bespannet / welche 16 Gutscher hatten) / und wahr die gesamte Anzahl der gefangenen Parther 2500 Mann. Doch wurden unter die obgedachten Pakwagen die Speise- und Weinwagen nicht mit gerechnet / weil die unsern solche von den Römischen Grenzen wieder zurücke sendeten. Der grosse Gamaxus / wie wund er von den gestrigen Ruhten an seinem Leibe wahr / muste er doch in seinen bunten Narrenkleidern vor dem Elefanten her reiten / da man ihm an jeden Arm eine grosse HenkersRuhte gebunden hatte / auff daß er sehen solte / was vor Helden er vor BettelFürsten gescholten. Als sie in dieser grossen Herligkeit daher zogen / gingen Fr. Valisken die Augen über / und sagete in Teutscher Sprache:O du Almächtiger Gott / was vor Gnade und Barmherzigkeit hastu mir unwirdigen [208] erzeiget! Ich ward von vier Räubern in diese Länder geführet / und so viel Fürsten müssen mich wieder hinaus begleiten; Ich nahm Geld von einem Räuber auff Borg / daß ich einen Nohtpfennig haben möchte / und nun führe ich des Landes Mark mit mir fort. Nun mein Heyland / du hast uns lassen groß werden / dein Segen hat uns reich gemacht /deine Hand hat uns geschützet / dein Schutz hat uns erhalten / deine Hülffe hat alles allein getahn; unsere Ohmacht gekräfftiget / unsere Gefängniß eröffnet / unsere Bande zurissen / unsere Feinde gedämpffet / und uns mit Gütern überschüttet. O so fahre fort / du kräfftiger Gott /gutes zutuhn denen / die dir vertrauen; gib daß wir in diesem Glücke uns ja nicht überheben / sondern in der Demuht verbleiben / damit wir nicht von deiner Hand gestürzet werden; geleite und führe uns auff unsern Wegen / daß ich und andere ungetauffte Christen / die bey uns sind / das gnadenreiche Bad der Sünden-Abwaschung an dem Orte empfahen mögen / da du wegen unser Sünde dich selbst hast wollen täuffen lassen / und gib uns deinen Heligen Geist / daß wir nach dieser Abwaschung uns ja nicht mit groben Sünden / die wider dich und unser Gewissen streiten / auffs neue besudeln / sondern einen Christlichen Wandel führen mögen / in aller Gottseligkeit und Erbarkeit / Amen; mein Heyland / Amen.
Billich danken wir dem allerhöchsten Gott / sagete darauff Herkules / und ist unmöglich / daß wir dessen unaussprechliche Gnade / Schuz / und Woltaht recht erkennen können / massen es unsern Verstand übertrifft / und unsere Wirdigkeit weit übergehet; doch wird der grundgütige Gott mit uns schwachen Geduld tragen / und wann wir nur den steiffen Vorsaz / ihm zudienen / behalten / und den Sünden täglich absterben / wird er uns seine Gnade nicht entzihen. In solchem Christlichen Gespräch gingen sie fort / biß sie bey einer Stad anlangeten / woselbst sie das Mittagsmahl schon des vorigen Tages hatten bestellen lassen; blieben daselbst drey Stunden beyeinander / namen hernach Abscheid / und zogen die Morgenländische wieder zurük / welche 4000 Reuter aus Herkules begehren mit sich nach Persepolis nahmen. Ladisla ordnete das Heer / daß die Persen den Vorzug haben / die Römer bey den Wagen bleiben / die Teutschen und Böhmen aber von hinten zu und an beyden seiten schliessen musten. Valiska nam ihr Frauenzimmer zu sich auff den Elefanten / und tahten unsere Helden ihr zwar bißweilen Geselschafft / aber die meiste Zeit ritten sie. Fr. Statira reisete mit ihnen fort / biß an die Susianischen Grenzen / woselbst sie Abscheid nam /und sich nach ihren Gütern hinmachete / da sie drey Wochen nach ihrer Heimkunfft eines unehelichen Kindes genaß / welches sie Statikleon nennete / und seinem Vater sehr ähnlich wahr / so daß er seinen begangenen Fehler den seinen nicht verbergen kunte / da er diesen seinen Sohn von Statiren bekam; worüber zwar Fr. Ursul dieses Weibes Unzucht verfluchete /ihn aber rühmete / daß zur Rettung seines Lebens er eingewilliget / weil er ohn das noch ein Ungläubiger gewesen währe. Orsillos erboht sich biß ans Meer mit zureiten / aber Fabius ließ ihm solches nicht zu / sondern erhielt bey Statiren / daß sie ihn zum Verwalter und Auffseher über ihre Landgüter annam. Als sie bey dem Tigerflusse anlangeten / und ihre Manschafft ausser ihrer absonderlichen Begleitung unter Wedekind / Tyriotes und Bubazes wieder zurük senden wolten /erfuhren sie / daß Sysimithres 8000 Mann Fußvolk /nicht weit von dannen / beysammen hätte / und sie nach Parthen führen wolte / wurden derhalben zu raht / diesem noch eine MummenSchanze zubringen / nahmen 5000 Reuter zu sich / und traffen sie des andern Tages im offenen Felde an / gleich da ihnen das Gewehr solte ausgeteilet werden; Sie umgaben dieselben alsbald / daß sie nicht entfliehen kunten / und [209] sich gefangen geben musten / da sie alsbald in Persischen äid genomen / und von 2000 Reutern nach Persepolis begleitet wurden. Sysimithres wahr mit angepacket neben 50 Werbern / welche 20 Tonnen Schaz bey sich führeten / 12000 Reuter damit im Römischen Gebiete zubestellen. Diese nam Herkules alle vor Leibeigene an / und wurden von den Geldern jedem Reuter durch die Bank 115 Kronen gegeben / auch 33000 Kronen unter die Fuhrleute und Pferdeleiter / sie lustig zumachen / ausgeteilet / und Sysimithres 1000 Kronen zum Zehrgelde; die übrige Halbscheid / als 10 Tonnen Goldes nam Valiska zu sich / vor arme Christen / da sie welche antreffen würden. Sie foderte auch Sysimithres vor sich / redete freundlich mit ihm / und erteilete ihm einen Scheinbrief biß nach Parthen; befahl ihm auch / König Artabanus ihretwegen zugrüssen /und dz sie numehr ihren Zug nach Teutschland vorgenommen hätte. Ich bin eurem Könige / sagte sie / allemahl in Ehren gewogen gewesen / aber nachdem er sich unredlicher Stücke unterwunden / und Gifftmischer ausgeschicket hat / habe ich nichts von ihm halten können / und möget euch wol versichern /daß er sich hiedurch bey seinen Feinden verhasseter /als durch keine andere Beleidigung / gemacht hat; jedoch / wil ich noch nicht unterlassen / ihm das beste zurahten / nehmlich / daß er in sich gehe / seine geschwächete Macht erkenne / von der vielfältigen Unkeuscheit abstehe / uñ in gleichem Stande mit andern Morgenländischen Fürsten sich halte / sonst wird er nicht lange mehr König seyn. Könte er nun seine Begierden einzwingen / und umb Heyraht mit dem Baktrianischen Fräulein anhalten / würde er schier heut oder morgen erfahren / wie träulich mein Raht gemeynet sey. Sysimithres bedankete sich untertähnigst /aller erzeigeten Gnade / und hielt inständig an / die Werbung an seinen König / schrifftlich aufzusetzen; welches sie ihr gefallen ließ / doch daß er bey Ritterlichen Ehren versprechen muste / nicht allein dem Könige solches geträulich einzuhändigen / sondern den Inhalt auch den beyden Fürsten / Vologeses und Pakorus wissen zulassen / denen Herkules sehr freundlich schrieb / und ihnen kostbahre DemantKetten zum Gedächtniß seiner Freundschafft übersendete; ließ alle Völker mit Sysimithres zurük nach Persepolis gehen /und behielt nur die obgedachten 400 Teutschen /Böhmen / Römer und Meden / neben den 300 Böhmischen ädelknaben bey sich. Es unterstunden sich zu unterschiedlichen mahlen etliche Parthische Fuhrleute und Pferdeleiter auszureissen / welche aber alle wieder ertappet / erschreklich geprügelt / und an die Bäume aufgeknupffet wurden / an der Zahl 29 / deren Stelle von den gefangenen Parthischen Werbern wieder ersetzet ward. Weil sich aber Herkules wegen seiner geringen Manschaft eines algemeinen Aufstandes von ihnen befahrete / taht er ihnen die Verheissung /daß wann sie sich beständig und träu bezeigeten /wolte er ihnen eine viel grössere Gnade beweisen / als sie ihnen nicht einbilden möchten; würde aber einer oder ander sich gelüsten lassen auszureissen / solte derselbe / da er ertappet würde / lebendig gespiesset /und seine sechs näheste Gefärten / darumb / daß sie seine Flucht nicht gehindert hätten / ohn Gnade aufgeknüpfet werden. Die lezte Dräuung währe gnug gewesen / sie inne zuhalten / aber die angebohtene Gnade machte sie so freudig / daß sie bey geleistetem Fußfalle sich erkläreten / der Gnade abzuwarten / und bey ihm zuleben und zusterben. Sie setzten ihre Reise stränge fort / biß sie über den Eufrat kamen / und Damaskus in Syrien erreicheten / dahin wir sie in guter Sicherheit und aller ehrliebendẽ Ergetzung wollen zihen lassen / uñ uns nach Teutschland [210] wenden / umb nachzufragen / wie es GroßFürstin Valisken ihren Gesanten / Ruprecht und Neklam ergangen.
Dieselben seumeten auf ihrer Reise nicht / segelten auch mit gutem Winde auff Bisanz / jezo Konstantinopel genennet / und gingen von darab den nähesten Weg nach Teutschland zu Pferde / biß sie Magdeburg / GroßFürst Henrichs Schloß erreicheten / welcher auf die Jagt ausgeritten wahr; wurden doch von der GroßFürstin und dem Fräulein wol empfangen / die sich sehr verwunderten / daß diese von Valisken / welche sie eine GroßFürstin der Teutschen nenneten / und von niemand anders mehr / den Gruß überbrachten; frageten deswegen alsbald nach / wie es Herkules und Ladisla ginge / und ob das Fräulein aus ihrem Gefängniß loßgemacht währe. Worauff Neklam alles berichtete / auch in was hohen Ehren die unsern bey den Morgenländischen Fürsten währen / und man der GroßFürstin ein treffliches Geld- und Volkreiches Fürstentuhm erbeigen geschenket / sie aber dasselbe nicht behalten wollen / sondern es einem Persischen Herrn wieder verehret / weil Ihre Durchl. bedacht währe / mit ihrem Gemahl ihr Lebẽ in Teutschland zuschliessen. Der grossen Reichtümer / welche sie zu Padua hätten / und bey sich führeten / währe keine Zahl. Daß er aber seines gnädigsten Königes Ladisla /und GroßFürsten Herkules Gruß nicht mitbrächte /währe die Ursach / daß die GroßFürstin ohn deren Vorbewust / und auf dem Zuge wider den Hauptfeind / sie abgeschicket / uñ ihnen etliche Schreiben überzubringen / gnädigst anbefohlen hätte; reichete auch der GroßFürstin das an sie haltende / gebührlich ein /die es begierig brach / und folgende Worte lase:
Der Durchleuchtigsten / Großmächtigsten Fürstin und Frauen / Fr. Gertrud / GroßFürstin in Teutschland / wünschet deroselbten gehorsamste Tochter Valiska / GOttes Barmherzigkeit und alle Wolfahrt. Höchstgeliebete gnädigste Fr. Mutter; aus erfreulichem Herzen kan derselben anzumelden ich nicht unterlassen / wie daß nach unsers Almächtigen Gottes sonderbahre Wunderschickung / mit dem Durchleuchtigsten Fürsten und unvergleichlichen Helde / Ihrem herzgeliebeten Sohn / meinem herzallerteuresten Schatze Herkules / auff Anfoderung und begehren meines herzlieben Herrn Bruders / Königes Ladisla /ich mich ehelich eingelassen / und wir unser Hochzeitfest auff dem Königlichen Persischen Schlosse mit HochFürstlichem Pracht gehalten. Ob nun zwar solches hohen Glückes ich mich selbst unwirdig schätze / und gerne gestehe / daß weder ich noch einige andere dieses Ehegemahls wert ist / so ehret und liebet er mich dannoch dermassen / daß mir alle Vergeltungs-Mittel benommen werden. Seine herrliche Tahten / denen andere nicht zuvergleichen sind / und meine durch ihn glüklichverrichtete Erlösung / wird Zeiger Neklam / und sein Gefärte Ruprecht (denen wir den Adel-Stand mitgeteilet) ausführlich berichten können. Mir zweifelt nicht / euer mütterliches Herz werde unsere selige Ehe gut heissen / und vor ihre liebe Tochter mich annehmen / als welche zeit meines Lebens kindlich zuehren und lieben ich nicht auffhören wil. Die bewägende Ursach / die Botschafft abgehen zulassen / ist meine herzallerliebste Fräulein Schwester / Frl. Klara / deren Wolfahrt mir nicht weniger als meine selbst eigene anlieget / dessen ich Gott zum Zeugen ruffe. Ach wie hat der treffliche junge Herr Arbianes / gebohrner GroßFürst und einiger Erbe des grossen Medischen Reichs / ein Fürst von etwa 20 Jahren / seines Lebens ein Held; wie hat derselbe in meiner Frl. Schwester Brustbildichen / welches er ohngefehr von meiner Libussen kommen / sich so hefftig verliebet / daß er weder Tag noch Nacht ruhen kan / und deswegen bey mir inbrünstige Ansuchung getahn / ihm diese hochgewünschte Heyraht zuwerben. Ich versichere meine Fr. Mutter / daß er an Tugend / Herzhafft- und Frömmigkeit / keinem einigen Morgenländischen Fürsten im geringsten bevor gibt / und mächtig gnug währe / mit 2 oder 300000 Mann / ihm ein Gemahl einzuhohlen. Ist es nun / daß diese meine erste Bitte bey ihrem mütterlichen [211] Herzen stat finden kan / wil ich mich selbst zu Pfande setzen / daß meiner Frl. Schwester diese Heyraht sehr wolständig seyn wird. Meine Meynung ist eben nicht / daß das Beylager so schleunig erfolgen solte / nur daß der verliebete Fürst / seiner auffrichtigen Liebe festen Fuß setzen möge welcher zu rechter Zeit sich nach GroßFürstlicher Wirdigkeit schon einstellen / und seinen Schatz / den er tausendmahl höher als sich selbst liebet / gebührlich abhohlen wird. Wegen der Aussteur hat meine Fr. Mutter sich nicht zubekümmern /massen mein Gemahl und ich dergestalt von unsern grossen Schätzen sie versehen wollen / daß nie kein Teutsches Fräulein den zehnden Teil je einem Gemahl zugebracht haben sol. So wird auch hochgedachter GroßFürstlicher junge Herr gegen meine Gnn. Eltern und hochgeliebete Frl. Schwester sich also einzustellen und zubezeigen wissen / daß verhoffentlich sie allesamt daran gutes genügen haben werden. Ich erwarte meiner Fr. Mutter gewierige Antwort / und empfehle dieselbe der starken Obhuet Gottes / verbleibend / weil ich lebe / Euer GroßFürstl. Hocheit ganz ergebene gehorsame Tochter und Dienerin
Valiska.
Unter dem lesen lieffen ihr die FreudenTrähnen über die Wangen / und nachdem sie den Inhalt zum Ende gebracht / fing sie an: O du mein gewünschter Sohn! O meine auserkohrne Fr. Tochter! Wann werde ich an euer höchstbegehreten Gegenwart mich ergetzen? Das Fräulein hätte des Schreibens Inhalt gerne gewust / und wie sie ihrer Frau Mutter einige und liebe Tochter wahr / die nicht bald sündigen kunte /baht sie um Vergünstigung den Brief zulesen / welches ihr aber mit einem freundlichen lachen abgeschlagen ward / unter dem einwenden / ihr Herr Vater müste ihn zuvor sehen. Weil dann dessen Ankunfft ihr vermeldet ward / ging sie ihm entgegen / und befahl dem Fräulein / mit den Abgesanten zusprachen; Welche Gelegenheit Neklam nicht verabseumen wolte / und sie also anredete: Durchleuchtigstes Fräulein; die auch Durchleuchtigste GroßFürstin Fr. Valiska lässet Ihrer Gn. Schwesterlichen Gruß und Liebe durch mich Unwirdigen entbieten / hat mir auch ein hochvertrauliches Schreiben zugestellet / Euer Gn. untertähnigst und in gröster Geheim einzureichen /dafern dieselbe / wie sie gänzlich hoffet / es verborgen zuhalten sich versprechen würde. Das Fräulein fragete / vom wem dann der Brief aufgesetzet währe; und als er antwortete / die GroßFürstin selbst hätte ihn geschrieben / auch dabey angedeutet / er hielte eine Heimligkeit in sich / welche ihren Herr Bruder /GroßFürst Herkules anginge; erklärete sie sich; Ihre gebietende Fr. Schwester möchte wol versichert seyn /daß ihrem Herr Bruder Herkules zudienen / sie weder Mühe noch Gefahr scheuhen wolte / daher er ihr den Brief kühnlich möchte anvertrauen / nachdem Ihrer Fr. SchwesterWillen und Befehl zugeleben / sie bereit und schuldig währe; nam auch das Schreiben ohn weiteres bedenken zu sich / und steckete es biß auff bequeme Gelegenheit zulesen / in ihren Busem. Als die GroßFürstin ihren Gemahl auff dem Obergange antraf / und das offene Schreiben in der Hand trug /fragete er sie / was neuer Zeitung seine Fr. Schwester aus Böhmẽ / oder ihr Herr Bruder aus Schweden ihr zugeschrieben hätte? aber sie antwortete: Meinet mein Gemahl / daß ich nirgend anders her Schreiben zugewarten habe? Nein trauen; meine herzallerliebste Fr. Tochter Valiska / meines teuresten Sohns Herkules Gemahl / lässet mich alhie ihre eigene Hand lesen /und durch dieselbe ihr ergebenes Tochterherz. Der GroßFürst verwunderte sich dieser Rede / und fragete; was neues sie dann schriebe. Welches er aber aus dem Briefe selbst lesen muste / da er nach dessen Endigung sagete: Verzeihet mir / ihr LandGötter / daß ich eine lautere Unmögligkeit bey mir befinde / einen solchen [212] Sohn dergestalt zuhassen / wie ihrs durch die Pfaffen von mir fodert; O des grossen Unglüks / daß du der ganzen Welt ein Wunder wegen deiner Tugend und Manheit / und deinem Vaterlande / ja das abscheuhlich zusagen / deinen leiblichen Eltern ein Fluch uñ Gräuel seyn must! die doch ihr Leben vor deine Wolfahrt gerne zusetzeten. Davor behüten ihn die Götter / sagte sie; Er ist mir trauẽ bißher noch in unverrücketer Liebe ein angenehmer Sohn und kein Gräuel gewesen. Und warumb solte ich mein Fleisch und Blut hassen / welches über alle der meinen und seinen Ehre steiget / und von aller Welt vor den vollkommensten und frömmesten gepriesen wird? Meynet mein Gemahl / daß ich den losen Pfaffen allerdinge Glauben gebe? Wer weiß / ob sie ihre schändliche Weissagungen nicht tichten / umb daß sie fürchten /der ehrliebende Herkules werde ihnen den Muhtwillen besalzen / wann er schier heut oder morgen wieder kommen solte; es hat ja noch kein Gott sich bey uns angemeldet / uñ einẽ solchen Fluch aus unserm Sohn gemacht; so findet sich auch kein Mensch / der Zeitung von ihm einbringet / daß er in abscheulichen Sunden leben solte. Ein verdächtiges werk ist es / dz die heillosẽ Pfaffẽ von nichts als der GötterZorn plaudern; mein Sohn mus ja dessen warnehmẽ / wie er sich auch davor nit dz allergeringste fürchtet; uñ wäre mein Raht / man gönnete ihm freien zutrit; haben dann die Götter auff ihn zusprechen / werden sie ja so mächtig seyn / und einem Jünglinge den Muht legen /wann nur wir selbst nicht durch boßhaffte verleitung uns an unserm Sohn versündigen / dessen Lob und Preiß schon in erster Blüte allen Ruhm seiner Vorfahren verächtlich machet; mein geliebter Gemahl wird von den Gesanten hören / wie man ihn in der Fremde ehret / und ihm grössere uñ reichere Fürstentümer anbeut und schenket / als sein ganzes väterliches Erbe /nur daß sie dieses Ebenbilde der Tugend bey sich behalten möchten; und wir grimmigen Wölffe verbannen ihn von uns / ehe wir ihn als beklageten gehöret! mich wundert / wie er noch an seine Eltern und Vaterland / ja an das undankbare Vaterland gedenken und es lieben kan. Solte auch wol meine Furcht nicht vergeblich seyn / daß etwa die Pfaffen und ädlen sich wieder ihn zusa en verschworen / aus furcht / er möchte den ehmahs empfangenẽ Schimpf dereins rächen? Einmahl ist gewiß / daß sie die Köpffe vielfältig zusammen stecken / und ihre gröste bemühung ist / den einfältigen Untertahnen einzubilden / daß sie ja bey ihren alten Göttern bleiben / und keine neue sich auffdringen lassen sollen; welches unser Sohn wol nicht willens ist. Zwar ich habe nicht lust zu Krieg und Unfrieden; aber unterliesse ichs euretwegen nicht / ganz Schweden und Böhmen müsten ihm den Weg in Teutschland öfnẽ / und ihm den GroßFürstlichen Stuel befestigen / welchen er doch vor seines lieben Vaters absterbẽ nicht begehret. Schweiget O schweiget mein geliebtes Gemahl / sagte der GroßFürst / und lasset ja solche Gedanken in eurem Herzen nimmermehr auffsteigen; ich werde nach diesem schon hierauff bedacht seyn / wie mein Herkules ohn Krieg und Auffruhr sein Erbe behalte; vordißmahl müssen wir uns wegen der vorgetragenen Heyraht besinnen / dann ich sehe / daß unsere liebe Tochter Valiska zum hefftigsten darauf dringet. Wir haben Zeit gnug / antwortete sie / eine Erklärung zu fassen / nachdem wir der Gesanten anbringen außführlicher werden vernommen haben. Gingen also miteinander auff das Gemach /woselbst das Fräulein mit Neklam sprachete. Ruprecht sahe ihn hinein treten / küssete ihm die Hand /und meldete Valisken Gruß an / da ihm der GroßFürst fragete: Wie gehets / [213] mein Ruprecht / über Meer zu? gibts auch frische Stösse? Ja etwas gnädigster Herr /antwortete er / aber ungleich frischer Geld; wiewol unsere Völker dem Feinde / der sich über 450000 Mannstark schrieb / nebest andern Morgenländischen entgegen gingen / da aus befehl meiner gnädigsten GroßFürstin ich mit dieser Geselschaft so eilig fort muste / daß mein gnädigster Herr / GroßFürst Herkules dessen nicht eins berichtet ward. Darauff fing er an zuerzählen / wie bey ihrer ankunfft sie Frl. Valisken aus Gobares Händen loßgemacht / den Räuber gefangen / enthäuptet / und sein Fürstentuhm ihr geschenket währe / welches er mit sonderlicher freude hörete. Neklam brachte her nach eben denselben Gruß an / und lieferte dem GroßFürsten auch ein Schreiben / also lautend:
Großmächtiger Herr und Vater; wegen unsers zustandes / beruffe ich mich / teils auff mein an meine Gn. Fr. Mutter getahnes Schreiben / teils auff meiner Abgesanten mündliche Erzählung; hoffe ihrer Hocheit wolergehen zuerfahren / und die angenehme Antwort zuerhalten /daß mein Vortrag wegen der Heyraht zwischen meiner Herzgeliebeten Frl. Schwester / Frl. Klaren / und dem Durchleuchtigsten Medischen Fürsten Arbianes nicht unangenehm seyn werde / wie ich dann von grund meiner Seele nicht anders als darzu rahten kan; nicht allein / daß hochgedachtes Fürsten H. Vater / GroßFürst Phraortes /meines Herkules und meine eigene Wolfahrt nach höchstem vermögen gesucht und befodert / sondern der junge Fürst vor sich selbst wirdig gnug ist / des mächtigsten Königes Fräulein zu heyrahten; der dann meiner Frl. Schwester zur ersten anzeige seines dienstergebenen Herzen etliche Kleinot übersendet / welche Zeiger dieses Neklam einliefern wird. Vor die uns zugeschickete tapffere Völker bedanke ich mich untertähnig / welches auch euer Gn. ergebener Sohn Herkules nicht würde unterlassen haben / wann nicht meiner Abgesanten Reise ohn sein Vorwissen von mir angestellet währe. Schließlich empfele meinen gnädigsten Herr Vater dem geträuen Schuz Gottes zu allem GroßFürstlichen wolergehen / als untertähnigst-gehorsamste Tochter
Valiska.
Fräulein Klara merkete daß nichts ungenehmes in den Brieffen wahr / daher verlangete ihr immer heftiger / solches zu wissen / und erschrak nicht wenig /als Neklam / nachdem der GroßFürst sein Schreiben gelesen / zu ihr trat / und wie ihm befohlen wahr / die 16 köstliche Kleinot in einem zusammen gelegeten seidenen / mit den teuresten grossen Perlen reichlich besticketen Tüchlein / ihr also einreichete: Durchleuchtigstes Fräulein; eure Durchleuchtigkeit lässet der auch Durchleuchtigste GroßFürstliche junge Herr / Herr Arbianes einiger Erbe des Medischen Reichs durch mich unwirdigen freundlichst grüssen / und in ansehung der brüderlichen Vertrauligkeit / welche er mit GroßFürst Herkules hat / übersendet er euer Durchl. diese Kleinot / befihlet sich und sein GroßFürstentuhm deroselben guter Gewogenheit / bittet / das übergeschikte mit geneigetem Herzen und Händen auzunehmen / und sich zuversichern / daß /als lange er lebet / seyn und bleiben wolle euer Durchl. dienstergebener gehorsamster Knecht Arbianes; schlug hierauff das Tüchlein vonander / und ließ ihr die Kleinot sehen. Das liebe fromme Fräulein wahr nicht allein wegen des ihr bißher ungewöhnlichen anbringens / sondern auch des treflichen Glanzes der wichtigen Demanten fast nicht bey ihr selber /durffte auch das angebohtene nicht berühren / sondern gab zur Antwort: Guter Freund / ich kenne ja diesen gewaltigen Fürsten nicht / der so demühtige Worte und stolze Schenkungen mir vorbringen lässet / daß ich nit weiß / ob die Rede auff mich ziele / und mir /die fünkelnde Kleinot anzunehmen / geziemen wolle /ehe und bevor von meinen herzgeliebeten Eltern ich dessen erläubnis habe. Du hast [214] wol geredet / sagte ihr Herr Vater; weil es aber dir zur Unhöfligkeit könte außgeleget werden / wann du diesem mächtigen Fürsten seine Schenkungen zurük sendetest / soltu sie mit gebührlicher Ehrerbietigkeit annehmen; vielleicht eräuget sich Gelegenheit / es in andere Wege zuersetzen. Also wegerte sie sich ferner nicht / nam die Kleinot zu sich / und ging hin / sie in ihr Lädichen einzuschliessen / woselbst sie die von Herkules ehmahl geschikte in eigener verwahrung hatte. Der Schein dieser kostbahren Sachen hielt sie eine gute weile auff in der Beschauung / biß sie des Schreibens in ihrem Busem sich erinnerte / welches sie ohn ferneres Nachdenken brach / und als sie noch eines darinnen beschlossen fand / auch mit den Fingern leicht fühlete /daß etwas in demselben verborgen wahr / öffnete sie auch dieses / sahe den köstlichen Ring / und steckete ihn an den Finger / des vorhabens / alsbald hinzugehen / und ihrer Fr. Mutter denselben zuzeigen / doch als sie auff dem umbkehren wahr / sagete sie zu sich selber; bin ich nicht einfältig / das geschikte zu zeigen / ehe ich den Brieff lese? fing also an / Valisken umbschlag durchzusehen / und nach verlesung etlicher Zeilen sagte sie; Ach ich armes Kind / daß ich mich von dem Abgesanten so listig habe hintergehen / und diese Brieffe mir beybringen lassen; Ach hätte ich sie nur nicht erbrochen / alsdann könte ich sie meinen Eltern ohn einigen Verdacht zustellen. Hierauff wahr sie willens / alle beyde ungelesen zuzerreissen; bald bedachte sie sich / es währe besser / sie den Eltern ein zuhändigen; Und als ihr Valisken harte Vermahnung einfiel / daß alles in geheim solte gehalten werden /wolte ihr dieses auch nicht gefallen / damit sie ihre Fr. Schwägerin nicht erzürnete; doch muste sich Neklam abermahl rechtschaffen außschelten lassen. O du betrieglicher Fuchs / sagte sie / ist dirs so grosse Ehre /daß du mich dergestalt geäffet und hinter das Licht geführet hast? Aber / sagte sie bald darauff / vielleicht ist ihm des Brieffes Inhalt verborgen / uñ zürne unbillich auff ihn. In solchem zweiffelmuht wahr sie bey einer Viertelstunde begriffen / ehe sie sich erklären kunte / was sie tuhn wolte / biß ihr endlich der Muht wuchs / daß sie sich also anredete; vor wem fürchtestu dich mein Herz / daß du zweiffels nicht abkommen kanst? ist doch weder der Fürst selbsten noch meine Fr. Schwester gegenwärtig. Wendete damit die augen auff den Ring / und dauchte sie / nie so treflichen Stein gesehen haben / massen er nicht anders funkelte als ein klarer Stern / und doch zugleich an stat eines reinen Spiegels dienete. Ey so wil ich meiner Fr. Schwester Schreiben zu Ende lesen / sagte sie / demnach ich nicht gläuben kan / daß sie mir ichtwas unbilliches zumuhten solte; durchsahe alles mit guter bedachtsamkeit / und fand folgende Worte:
Durchleuchtigstes Fräulein / herzgeliebtes Schwesterchen; vor erst zweiffelt mir nicht / eure Liebe werde die Zuversicht zu mir tragen / daß derselben ich von ganzem Herzen wie mir selbst gewogen bin / wozu mich die ge doppelte nahe Anverwandschafft treibet / und sie daher ferner leicht schliessen kan / das ihr Glük und Wolfahrt zubefodern / ich mir äusserst werde lassen angelegen seyn. Wann dann nun der Durchleuchtigste Fürst Arbianes / GroßFürst und einiger Erbe des gewaltigen Medischen Reichs / ein Fürst von 20 Jahren / durch den blossen Anblik euer Liebe Brustbildichens (welches sie meiner Libussen geschenket) sich dermassen in ihre Schönheit verliebet hat. (Hier hielt sie ein / sich vor folgendes gar zu hart fürchtend / wagete es doch endlich / und lase weiter)daß er seine einige Lust und Freude auff die Beschauung ihres holdseligen abgemahleten Angesichtes gesetzet / und solches nicht anders als eine Göttin ehret / auch nichts mehr wünschet / als in ihrer Dienstẽ zusterben. Als habe zu Abwendung seines äussersten Verderbens nicht umhin können / an Eure Liebe / [215] und dero herzgeliebete Eltern zuschreiben / umb zuvernehmen / ob Euer Liebe Herr Vater und Frau Mutter in solche Heyraht gehehlen / auch sie selbst einem solchen wirdigen Fürsten ihr Herz gönnen / und in demselbẽ ihm die Wohnung einräumen köñen. Ich ruffe Gott zu Zeugen /dz ich nicht das allergeringste meines Eigennutzes hierunter suche / ohn was Euer Liebe Wolfahrt halber mir zustossen kan. Bitte demnach / mir unter Schwesterlicher Träue in geheim anzudeuten / ob Eure Liebe diesem herzinbrünstigen Ansuchen stat zugeben / und dem hochverliebeten Fürsten durch genehme Antwort seine bißher geführete Schwermühtigkeit zulindern sich bereden könne /wie dessen ich ungezweifelte Hoffnung trage / und sie dem gewaltigen Gott in seinem Schutz empfehlen wil /als die ich zeit meines Lebens verbleibe / Euer Liebe geträueste und ergebene Schwester
Valiska.
Ach ihr Götter / sagte sie bey sich selber; sol ich dann lieben / ehe ich unterrichtet bin / was lieben heisse? Libussa / Libussa! ich hätte mich dessen zu euch nicht versehen / daß ihr mit meinem unachtsamen Bildniß mir so grossen Kummer machen würdet. Jezt gedachte sie auff den andern Brief / aus welchem sie den Ring genommen / und sagte: Ey lieber / wer muß doch dieses geschrieben haben? Etwa mein herzallerliebster Herr Bruder / Herkules; oder mein geliebter Oheim und Bruder König Ladisla? deren einer mir ohn zweifel den köstlichen Ring wird zugeschicket haben. Dann des fremden Fürsten wegen sind mir schon so teurbare Sachen zugestellet. Sie kuckete zuunterst in den Brief / den untergezeichneten Namen zusehen / da sie diese Worte fand:Euer Durchl. unwirdigem / doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte Arbianes. O weh mir / sagte sie / daß dieser Brief geöffnet ist / welchen ich ja meiner Fr. Schwester unversehret hätte können zurük senden; woraus meine Jungfräuliche Zucht ihr wäre kund getahn. Aber du unbedachtsame Hand / sagete sie zu ihrer Rechten /hast mir diese Angst zugerichtet. Wie hefftig sie nun mit sich selbsten schalt / begunte doch dz auffrichtige Herz verlangen zutragen / ob er auch in seinem selbsteigenen Schreiben so verliebet währe / als Valiska ihn machete; begab sich in einen Winkel / um / sich vor sich selbst zu verbergen / und versuchete / ob ihre Schahm zugeben könte / eines Verliebeten Brief zulesen / dessen Inhalt in Lateinischer Sprache dieser wahr:Der / welcher die Vollkommenheit der trefflichsten Fräulein dieser Unterwelt anbehtet / straffet sich selbst der dumkühnen Verwägenheit / welche er durch Ansetzung seiner frevelmühtigen Feder begehet; würde auch nimmermehr so viel herzens haben / nur deren Bildniß anzuschauen / die fast höher scheinet / als daß sie unter das irdische solte gerechnet werden; wann er sich nicht gründete auff das Mitleiden / welches die volkommene Tugend allemahl mit den Unverständigen träget. Sonne der Teutschen Welt / wie hefftig brennen eure Strahlen die jenigen / die sich dürffen gelüsten lassen /mit ihren gar zu blöden Augen in dieses fla ichte Licht hinein zuschauen; welches der geblendete Arbianes zwar bekennen muß / aber das wenige übrige seines fast erloschenen Gesichtes lieber zusetzen / als von diesem gar zu angenehmen Lust-Himmel abkehren wil. Verzeihet Durchleuchtigstes Fräulein Klara / eurem Knechte / (O wehe mir / sagte sie bey Verlesung ihres Nahmens / woher kommen mir Unwirdigen solche gar zu hohe Ehrenbenennungen / daß ich mich der Sonnen vergleichen lassen muß / und dem allerdunkelsten Sterne die Wage nicht halten kan; und was zeihet sich dieser grosse Fürst / daß er sich so unzimlich vor mir demühtiget? Doch lase sie diese Worte noch einmahl / umb den rechten Verstand zufassen)Verzeihet / Durchleuchtigstes Fräulein Klara eurem Knechte / welcher durch alle Liebesangst gepeiniget / und auff der Folter der hunderttausendfachen Begierden ausgedehnet / vor der grausa men Ansträngerin und Peinigerin (die Verzweifelung meynet er) seine Missetaht auszudeichten gedrungen wird / und durchaus keinen andern Richter leiden kan /als den Ausspruch [216] Euer Durchleuchtigkeit / welche / da sie ihrer Wirdigkeit den Stab reichen wird / muß er freylich über meine Seele gebrochen werden; solte aber (O Glük!) das HochFürstliche Mitleiden sich auff den Richterstuel setzen wollen / würde mir verhoffentlich / so viel Gnade begegnen / daß einige Hoffnung annoch überbleiben könte / Euer Durch. unwirdigem / doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte Arbianes.
O daß dich ja kein Mensch mehr sehe / sagte sie zu dem Briefe / ich dörffte sonst meine Augen förder vor niemand auffschlagen; legte ihn wieder zusammen /und ging hin / ihn in das näheste Feur zuwerffen; aber da sie hinzu trat dauchte sie / es hätte sie jemand zurücke gezogen; ja sie meynete nicht anders / als läge ein kleines Bildichen (wie etwa dieser Fürst aussehen möchte) in der Gluht / welches mit betrübten Augen umb Hülffe ansuchete; zückete demnach / und wolte ihn in den Busem stecken / aber sie fürchtete sich /der klagende Arbianes sässe leibhafftig drinnen / und würde zugleich mit hinein fahren. O sagte sie / in was Angst bin ich! wo lasse ich doch dieses Schreiben /welches ich weder verbergen noch hinweg werffen kan? Als sie aber ihren Herr Vater von ferne daher kommen sahe / fuhr sie ohn weiteres bedenken damit zum Busem hinein / und nam sich durchaus keines Dinges an. Der GroßFürst hatte inzwischen seinem Marschalk befohlen / den Gesantẽ gütlich zutuhn /und wahr mit seinem Gemahl hingangen / sich mit ihr zubereden / da er ihr offenbahrete / wo gestalt der Wendische Fürst vor dreyen Wochen an ihn geschrieben / und seines Sohns wegen umb eine Heyraht mit seiner Tochter angehalten; dem er zwar keine ausdrükliche Zusage / aber auch keine gar abschlägige Antwort erteilet / sondern seines lieben KindesJugend eingewand / und daß er mit seiner Fr. Schwester der Königin in Böhmen es zuvor bereden wolte. Das wil ich ja nimmermehr hoffen / antwortete sie / daß mein geliebtes Kind dem ErzRäuber zuteile werden solte; dann was höret man von Krito dem Wenden / und seinem Sohn Gotschalk anders / als daß sie zu Wasser und Lande die Wege unsicher machen / und die Kauffleute überfallen / so daß fast alle Handlung nidergeleget ist; Ich wil nit sagen / wie schändlich dieser junge Räuber sol zugerichtet seyn / daß er nicht allein am linken Arme lahm / und am rechten Beine hinkend / sondern darzu auch einäugig ist. Solches ist ihm nicht schimpflich vorzuwerffen / sagte der GroßFürst / dann er hats im Gefechte von seinen Feinden bekommen. Ja auf dem Straffenraube antwortete sie /da ihn die Kaufleute ertappet / und gebührlich abgestraffet haben; Wil demnach nimmermehr hoffen / dz mein Gemahl dergestalt unser Kind verrahten / und in die tiefste Unglükspfütze stürzen wolle / welche / ungeachtet ihrer frommen Einfalt / hierin nimmermehr gehehlen wird. Es ist noch weder ja noch nein gesprochen / sagte er; aber meynet ihr / daß der jetzige Vorschlag besser seyn werde / da wir unsere Tochter einen so fernen Weg über Meer in fremde Landschafften schicken müssen? Warumb nicht / antwortete sie; es ist besser tausend Meilen über Feld nach Ehren auszihen / als vor der Tühr in Schande leben; so wissen wir ohndas / daß wir unsere liebe Tochter nicht stets bey uns behalten können / und würde unsere Fr. Tochter Valiska uns hierzu nicht rahten / wann es uns irgend verweißlich seyn könte. Ich wil euch hierin eben so hart nicht zuwider seyn / sagte er / aber völlige Verheissung von mir zugeben / bin ich nicht willens; Ist es ihm dann Ernst / wird er auff eine ziemliche Hoffnung schon weiter anhalten; Sie ist noch jung / und etwa von 15 Jahren / auch der Freyer in dem Alter / da er [217] billich noch nicht auff Heyraht gedenken solte; aber es ist ja leider jezt die zeit / daß Kinder freyen / wie uns dessen unser Herkules und sein Gemahl Beyspiels gnug sind. Jung gefreyet / antwortete sie / hat niemand gereuet / wann es nur wol getroffen ist; doch können sie es beyderseits noch eine zeitlang ansehen / weil weder dem jungen Herrn der Bart so bald ausfallen / noch unser Tochter das Häupt grauen wird. Auf diesen gemachten Schluß gingen sie vonander / dann es wahr schier Zeit / die Abendspeise ein zunehmen; doch solte die Mutter ihrer Tochter Sinn ein wenig erforschen / welche sie zu sich fodern ließ /und zu ihr sagete: Allerliebstes Kind / wie gefallen dir die Kleinot / welche der treffliche GroßFürst aus Meden dir geschenket; ich halte gänzlich davor / er stehe in den Gedanken einer künfftigen Heyraht. Das liebe Fräulein erröhtete hierüber / und antwortete: Herzen Fr. Mutter; wie solte dieser Fürst dessen gesinnet seyn / nachdem er mich so gar nicht kennet /auch der Brauch nicht ist / daß die Fürsten aus den weitabgelegenen reichen Morgenländern ihre Gemahlen aus Teutschland hohlen; doch wie dem allen / so bin ich noch ein Kind / und habe etliche Jahr dahin /ehe ich auff solche Sachen gedenken muß. Es ist nichts neues / antwortete die Mutter / daß Fürst- und Königliche Fräulein in kindlichen Jahren / und wol in den Windeln verlobet werden / welcher Kindheit du schon entgangen bist; Wann aber dieser Fürst nach dir würde / und deine Eltern und Brüder / auch Fr. Schwester Valiska es vor gut ansähen / würdestu ja mit solchem Glük können friedlich seyn / nachdemmahl Fürstliche Fräulein nicht allemahl ihren Eltern in der nähe bleiben können. Die Tochter hörete sie wol gehen / scheuhete sich aber zubekennen / dz sie zimliche Neigung in ihrer Seele empfand / und gab zur Antwort: Sie verstünde dieses nicht / und liesse billich ihre liebe Eltern sorgen / was denen dermahleins gefallen würde / müste sie sich mit belieben lassen; doch hätte es ja keine Eile hiemit. Es möchte auch wol Eile haben / sagte sie; dann ich gebe dir in hohem Vertrauen zuwissen / daß der hinkende / lahme / einäugige / Wendische Gotschalk Anschläge auf dich machen darff. Davor behüten mich die Götter /antwortete sie / viel lieber wolte ich mich durch Räuberhände / wie meine Fr. Schwester / ans Ende der Welt schleppen / als diesem mich ehelich zuführen lassen. Der Meynung bin ich auch / antwortete die Mutter; und ist demnach am sichersten / daß du beyzeiten versprochen werdest / auf daß dieser und andere seines gleichen dich unbemühet lassen. Ich hoffe ja nicht / sagte das Fräulein / daß mich einiger Mensch wider meiner lieben Eltern Willen zum Gemahl fodern könte; so bin ich auch der Schönheit nicht / daß die jungen Fürsten sich um mich rauffen und schlagen werden / wiewol ich mich dannoch diesem Räuber Gotschalk viel zu schön und ädel schätze. Vor dem soltu nunmehr wol gesichert bleiben / sagte die Mutter / aber dem Medischen Fürsten muß billich etwas gewisses zur Antwort werden; dann aus des Abgesanten Rede erscheinet gnug / mit was Vorsaz er umgehe / welches auch Frau Valiska ausdrüklich schreibet. Hier schwieg das Fräulein stok stille / kunte kein Ja /und wolte kein Nein sagen / sondern blieb dabey / sie währe noch jung; wiewol sie endlich sich so weit her aus ließ / daß sie ihren Eltern allen Gehorsam schuldig währe. Bey der Abendmahlzeit (wobey der GroßFürst vorsezlich nicht erschien) fragete die GroßFürstin nach allerhand Begebnissen / und auff was weise Ihre Fr. Tochter von ihrem Sohn Herkules erlöset währe / biß sie auff die übergeschikten Kleinot zureden kam / da sie sagete: Es müste der Medische junge Fürst mit den ihren grosse [218] Vertrauligkeit pflegen /daß er einem unbekanten Fräulein so köstliche Sachen überschickete. Neklam bekam alhier Gelegenheit /Fürst Arbianes zurühmen / wie ihm von der Groß-Fürstin Valiska befohlen war / zeigete an / wie freundlich und kühn er in dieser Jugend währe / daß er schon ein fliegendes Heer führete / und Leches zum Feldmarschalk hätte; seine Länder währen so groß /und mit Städten erfüllet / daß drey Fürsten sich damit zum grossen überfluß behelffen könten; und machete des rühmens / daran er gleichwol die Warheit nicht sparete / so viel / daß das Fräulein grosse Lust bekam / ihn schier zusehen / redete aber doch kein Wort darzu / sondern wuste sich zustellen / als ob sie die Sache nicht anginge; woraus die Mutter ihre Verschlagenheit wahrnam / deren sie sich zu ihr nicht versehen. Nach diesem fragete die GroßFürstin / ob ihr Sohn in den Ländern wegen seines neuen Glaubens angefochten würde / weil man vor gewiß sagete /es währe derselbe also beschaffen / daß er keine andere Götter neben sich leiden könte; welches Neklam beantwortete: Ihre GroßFürstliche Durchl. möchte wol versichert gläuben / daß der teure Fürst Herkules wegen seiner Gottesfurcht und Frömmigkeit dermassen von hohen und nidrigen gerühmet und geliebet würde / als einiger Mensch in der Welt. Von seinem Glauben wüste er keinen Bericht zugeben / aber einmahl währe gewiß / daß seine Glaubensgenossen anjezt hin und wieder geduldet würden / da man sie vorhin auffs äusserste verfolget hätte. Es fünde sich ein ansehnlicher alter Lehrer bey ihm / den er als einen Vater ehrete / und neben anderen Christen sich von ihm täglich unterrichten liesse; und hätte er mit Augen angesehen / daß derselbe GroßFürsten Herkules und das Königliche Fräulein (die man billich das Weltwunder nennete) nach Christlicher Art zusammen gegeben und vertrauet hätte. Es währe unleugbar / daß GroßFürst Herkules dieser Lehre festiglich anhinge /und ob gleich König Ladisla lange nit hätte können darzu gebracht werden / währe er doch anjezt fast eiferiger als Herkules selbst; die GroßFürstin Valiska aber freuete sich über nichts in der ganzen Welt so hoch / als daß sie zu dieses Glaubens Erkäntniß kommen; und hätte er angehöret / daß sie mit sonderlichẽ Eifer gesprochen: Sie wolte sich ehe tausendmahl schinden / und hundert tausendmahl braten lassen als diesen ihren jetzigen Gott verleugnen / oder neben denselben einen andern Gott ehren / weil in höchster Warheit kein ander wahrer Gott währe / als bloß dieser nur allein / welcher Himmel / Erde / Meer / und alles was drinnen ist / durch seine Almacht erschaffen habe / und es in seinem Wesen erhalte; Was man aber von andern Göttern vorbringe / sey nichts als Menschengeticht und teuflische Lügen / dadurch die Menschen von der Seligkeit abgeführet / und in das ewige Verderben gestürzet werden. Ihr singen / damit sie Gott loben / fuhr Neklam fort / dringet durch Mark und Bein / dem der es anhöret / und wann sie behten /sehen sie als Engel Gottes aus / dann es scheinet / ob habe die Seele des Leibes vergessen / und steige hinauff durch die Wolken / mit GottSprache zuhalten. Ich vor mein Häupt schreibe ihnen alle ihre Glükseligkeit wegen dieses Glaubens zu / dañ es däucht mich unmöglich seyn / daß andere Leute ihnen im unsträflichen Wandel es nachtuhn können. Kein unnützes Wort gehet aus ihrem Munde; Unzucht / Mord /Dieberey / Fressen / Sauffen / Verleumdung / und dergleichen Laster darff vor ihnen nicht auffblicken / und wer ihr Diener seyn wil / muß der Mißhandelungen sich allerdinge enthalten. Mich verlanget / daß ich bald wieder bey ihnen anlangen möge / damit ich diesen köstlichen Glauben / welchen sie [219] den Seligmachenden nennen auch sasse; dann ob sie gleich niemand / auch ihre Diener nicht / darzu nöhtigen / so nehmen sie doch ohn Unterscheid einen jeden an / der es nur begehret / mit der Verwarnung / man müsse nicht wähnen / ob wolte man bey diesem Glauben gute Tage in der Welt haben / sondern vielmehr müsse man sich schicken / ein Unglük über das ander anzunehmen / weil ihr Gott den Glauben und die Frömmigkeit nicht in diesem Lebẽ / sondern in dem zukünfftigen ewigen / mit unaussprechlicher Freude /Wollust und Herligkeit ersetzen wolle. O das muß wol ein mächtiger Gott seyn / sagte das Fräulein /welcher meiner Fr. Wasen und Schwester eine solche Kraft ins Herz drücken kan / daß weder durch Tod noch Pein sie sich von ihm gedenket scheiden zulassen. Sage dieses nit / mein Kind / antwortete ihre Fr. Mutter / daß es dein Herr Vater höre / sonst würdestu seiner Gnade wenig übrig behalten; viel weniger rede es / wann Pfaffen zugegen sind / dann sie würden dir ohn zweifel ein schlimmes Bad zurichten. Solten sie an meinem lieben Herr Bruder ihren Muht noch nicht gnug gekühlet haben? sagte das Fräulein; jedoch / wer weiß / wie ers ihnen dereins wieder eintränket / wañ er / geliebts Gott / frisch und gesund seinen eigenẽ Grund und Bodem wieder betreten wird; einmahl ist gewiß / daß der Herr Abgesanter mir nicht geringen Lust gemacht / diesen seinen herlichen Gott anzunehmen. Mit solchen Gesprächen brachten sie den Abend zu / biß die Zeit der Ruhe kam / da Neklam sich zu dem Fräulein machete / und sehr inständig anhielt /ihr Antwort-Schreiben frühzeitig auffzusetzen / auch eben dasselbe bey ihren Eltern zu befodern / weil ihre Reise sehr eilig währe. Sie erboht sich / bey den Eltern solches zubestellen / ihre Antwort aber würde verhoffentlich wol mündlich können verrichtet werden. Nach Ihrer Gn. Willen / sagte er; aber das habe ich wol verstanden / daß meine Gnädigste GroßFürstin von Ihrer Durchl. gar unfehlbar der schrifftlichẽ Antwort gewärtig ist; massen / da von derselben ich hinweg ritte / sie mir nachrief: Eriñert meine Frl. Schwester meines begehrens / daß sie mir / was wegen ihres Bruders meines Gemahls / ich an sie gelangen lassen / schrifftliche Antwort / und diese unter eigener Hand / zusende / dafern sie mich vor eine Schwester erkennet. Das ist eine hohe Erinnerung /antwortete sie / nach welcher ich mich billich richten /und meinen begierigen Gehorsam sehen lassen muß; stund auch des morgens früh auff / und schrieb folgende Antwort / auff welche sie diese Nacht über sich fleissig bedacht hatte:
Großmächtige Durchleuchtigste GroßFürstin / gnädige Frau Wase / Schwägerin und Schwester; Euer Liebe Schreiben ist mir von Rükbringern dieses wol eingehändiget; weil aber durch Lesung / wenig unvermuhtlicher Zeilen (deren Inhalts ich keinen Verstand habe) in gar zu grosse Scham gestürzet / ich das Herz nicht ergreiffen können / es ganz durchzulesen / vielweniger / das andere aus kindischer Unvorsichtigkeit erbrochene / weiter zu öfnen / die Kühnheit gehabt / ohn daß ein köstlicher Ring daraus gefallen / welchen ohn zweifel mein Herr Bruder Herkules mir geschenket; als gelebe ich der tröstlichen Zuversicht / Eure Liebe werden mir freundlichst verzeihen / das zu fernerer Antwort ich nicht gehorsame. Dem GroßFürstlichen Herrn Arbianes bitte ich / vor übergeschikte unverdienete Kleinot höchlich zudanken welches zuverrichten ich unvergessen seyn müste / wann dessen Liebde Angesicht dermahleins zusehen sich zutragen würde; Und wie ich nicht zweifele / Eure Liebe mir von herzen zugetahn seyn / also ist mein einiges Ansuchen /in solcher Gewogenheit unverrükt zuverharren; Dagegen ich mich erbiete / Zeit meines Lebens zu seyn und bleiben / Euer Liebe gehorsamste und auffwärtigste Dienerin
Klara.
[220] Dieses falzete sie artig zusammen / vermachte es mit einem durchzogenen Goldfadem / und versiegelte es mit festem Lak / stellete es Neklam in geheim zu /und befahl ihm / niemand / als der GroßFürstin selbst es einzuliefern. Es wahr schon des vorigen Abends ein Römischer Abgesandter von Köln ankommen /mit Bericht / Herr Julius Lupus / Käyserl. Stadthalter daselbst / hätte sich nach dem benanten Orte schon hinbegeben / und würde der Groß-Fürst nicht seumen / sich einzustellen / damit die schwebende Streitigkeiten in güte möchten beygelegt und verglichen werden. Aus diesen Ursachen hatte er sich gestriges Abends bey der Mahlzeit nicht finden lassen / sondern mit den vornehmsten verschriebenen Ständen seines Landes sich beredet / auff was masse / und wie weit man sich in Handelung mit den Römern einlassen wolte. Er brach diesen Morgen mit dem Tages-Liechte auff /und befahl seinem Gemahl das Antwort-Schreiben auffzusetzen / und seiner Nicht-Antwort Ursach zu melden. Neklam aber muste mit seiner Geselschaft das Früstük mit der Groß-Fürstin und dem Fräulein einnehmen / da die Mutter ihre Tochter fragete; was sie dem Medischen Fürsten zur Vergeltung schicken wolte; worauff sie antwortete; Ihr als einem Fräulein würde nicht anstehen / jungen / und zwar fremden Herren einige Verehrung überzumachen / hoffete / die Abgesandten würden die Mühe über sich nehmen /und jhre freundliche Dancksagung an gebührenden Orten verrichten; dessen Neklam / welcher den Brief schon von ihr empfangen / sich untertähnigst anerboht / und doch dabey meldete / wie angenehm seiner Gn. GroßFürstin ihrer Frl. Schwester eigenhändige Antwort seyn würde. Die Mutter antwortete / Sie wolte nicht allein vor sich schreiben / sondern dir wil gebühren / sagte sie zu dem Fräulein / daß du deiner Frau Schwester und Wasen die schuldige Ehr durch einen Brief erzeigest / in welchem du nähst gebührlicher Dancksagung wegen des überschikten / dich deroselben zu allem Gehorsam anerbieten / und das vor sechs Wochen dir von mir geschenkete Halsketchen jhr zusenden solt / mit Bitte / daß sie es in deinem Nahmen dem Medischen jungen GroßFürsten / als ein Zeichen gebührlicher Ehrerbietung und Dankes / einhändigen wolle. Dieses Ketchen war nun sehr zierlich gemacht / an welchem 28. Demant als Glöcklein hingen / und zu unterst ihr in Gold abgegossenes Brustbildichen / ganz eigen getroffen / und mit ähnlichen Farben gemahlet / an welchem ein grosser Rubin hing / in dem ein Stern gestochen wahr; die Umschrifft hieß:Klara / Frl. aus Teutschland. Sie erröhtete ganz über ihrer Fr. Mutter Rede / und wahr ihr leid / daß sie den ersten Brief schon von sich gegeben hatte / hoffete ihn doch wieder zu beko en / und als ein gehorsames Kind / taht sie nach ihrer Fr. Mutter Befehl / da ihr dann recht liebe wahr / daß sie dem jungen Fürsten einiges Zeichen der Gewogenheit senden solte / weil sie in ihrem keuschen Herzen befand / daß die Furcht und Abscheu wegen des Wendischen Freiers die Liebe zu dem Medischen alle Stunden vermehrete; dessen sie sich in ihrem Schreiben gerne unter verdecketen Worten hätte vernehmen lassen / wann sie der Mutter Augen / die es zuvor lesen wolte / nicht gescheuet hätte; daher sie es dieser gestalt abfassete:
Durchleuchtigste GroßFürstin / Gn. Fr. Wase / Schwägerin und Schwester; wegen angebohtener grosser unverdieneter Hulde / auch übergeschikten Kleinoten von dem Durchl. Medischen GroßFürsten / Herrn Arbianes / bedanke mich untertähnig und freundligst; und auff außdrüklichen Befehl meiner Gn. Fr. Mutter übersende dessen Liebde zur anzeige eines dankwilligen Gemühts / [221] beygefügtes Halßkatchen / unter der Hoffnung / hochgedachter Fürst werde das geringe aus gutem Herzen herrührend /von meiner Fr. Schwester Hand / meinetwegen anzunehmen sich nicht wegern; Uns hiemit allerseits dem Schuz des Himmels empfelend / bin und verbleibe euer Liebe gehorsamste und ergebene Dienerin
Klara.
Die Mutter erinnerte sie bey der Verlesung / es hätte wol etwas zierlicher und außführlicher können gestellet werden / doch würde die eilfärtigkeit sie entschuldigen; vermachte das Ketchen in einem güldenen Schächtelchen / und gab dadurch dem Fräulein Gelegenheit mit Neklam zu reden / welchen sie ersuchete /ihr das vorige Schreiben wieder zuzustellen / weil an dem jezt auffgesetzeten es gnug seyn könte. Er aber gab demühtig zur Antwort: Nachdem von ihrer Gn. er bereit einen ernstlichen befehl erhalten solches niemand / als ihrer Fr. Schwester einzulieffern / hoffete er untertähnigst / es wurde dabey sein verbleiben haben / weil er mit zehn als einem Schreiben viel angenehmer seyn würde. Dessen das Fräulein lachete /und es geschehen ließ. Als die Mutter wieder kam /stellete sie Neklam alles zu / schenkete ihm und Ruprecht jedem eine güldene Kette dem Dolmetscher aber 150 Kronen zur Verehrung zu / nebest 800 Kronen zum Zehrgelde ingesamt auf den Rükweg / da sie dann nicht auffhöreten zu eilen / unter der Hoffnung in Persenland schier wieder anzulangen.
Fürst Baldrich / Herkules einiger Bruder / der nunmehr von 19 Jahren / wahr nicht einheimisch / dann sein Herr Vater hatte ihn mit 20000 Mann seinem Schwager dem Könige in Schweden / wieder die Reussen zu hülffe gesand / woselbst er die erste bewehrung seiner Ritterschafft ablegen solte. Dazumahl herschete in Schweden König Haron / König Ragwalds Enkel / König Amunds Sohn / dessen Sohn Fürst Siegward / ein Herr von 21 Jahren / mit nicht geringerer Liebe an Baldrichen hing / als Ladisla an Herkules / hatten sich auch vereiniget / nach geendigtem Kriege der Ritterschafft / wie ihr Bruder uñ Oheim / nach zusetzen / daher sie König Haron embsig bahten / mit der ganzen Macht auff den Feind loßzugehen / auff daß man den gewünscheten Frieden desto schleuniger wiederbringen könte; welches sie auch erhielten / und durch eine herbe Feldschlacht den Sieg erstritten / daß die Reussen gezwungen wurden /den Frieden mit schweren bedingungen einzugehen; worauff Baldrich und Siegward von dem Könige abscheid nahmen / vorgebend / nach Teutschland zu reisen; setzeten sich mit zwölff ädlen Rittern / teils Teutschen / teils Gothen zu Schiffe / und fuhren zu Lande / wo jezt die Stad Wißmar belegen / ritten auch mit ihrer Geselschafft durch Teutschland des nähesten auff Italien zu / da ihnen unterschiedliche Abenteur zustiessen / wodurch sie sich doch nicht auffhalten liessen. Unter andern traff an den Italiänischen Grenzen eine Pannonische Schaar von 20 Reutern auff sie /mit welchen sie ein herbes Treffen hielten / daß sie fast allemiteinander verwundet wurden / und doch keiner das Leben zusetzete / da hingegen ihre Feinde biß auff acht / ins Graß bissen / und diese durch die Flucht ihr Leben retteten. Den unsern kam es zu statten / daß sie eine ansehnliche Baarschaft und viel Kleinot bey den Erschlagenen funden / auch deren Pferde mit sich fortnahmen / weil sie stark und wol abgerichtet wahren.
Herkules und seine Geselschaft spareten ihren Weg auch nicht / biß sie die Stad Damaskus erreicheten /da Fabius mit 20 Römern voraus setzete / dem Stathalter / seinem [222] nahen Anverwanten / Herrn Sulpitius ihre Gegenwart zu melden / welcher sich deren Ankunft hoch erfreuete / und ihnen auff eine Viertelmeile entgegen zog. Herkules kennete ihn von ferne / eilete auf ihn zu / und bedankete sich der vormahls erzeigetẽ Ehre uñ Freundschaft / hätte zwar seine Rükreise etwas richtiger nehmen können / aber sein Versprechen zu halten / ihn wiederumb besuchen wollen. Sulpitius hieß ihn freundlich wilkommen / verwunderte sich des Königlichen Prachtes / der vielen Wagen /und köstlichen Pferde / und da die GroßFürstin mit dem Frauenzimmer ihm zu ehren von dem Elefanten flieg / entsetzete er sich fast über ihrem herlichen ansehen / und volkommener Schönheit / erzeigete sich ganz höflich gegen sie / und geleitete sie biß an ihre Gutsche / auff welche sie sich setzete / und ingesamt den Einzug in die Stad hielten / woselbst schon das Geschrey aus des Stathalters Hofe erschollen wahr /was vor grosse Fürsten verhanden währen / daher die Gassen allenthalben vol Menschen wahren / daß man kaum zwischen her kommen kunte. Sie wurden von dem Stathalter Fürstlich bewirtet / der sie / ungeachtet alles einwendens / des andern Tages noch nicht zihen lassen wolte; Herkules ließ den Bischoff daselbst /mit dem er auff der Hinreise Kundschafft gemacht / zu sich fodern / ihm und seinen Leuten eine Predigt über den 9 und 10 vers des 32 Cap. des ersten Buchs Mose zu halten / welche Fabius mit anhörete / der bißher des Christlichen Glauben sich wenig angenommen /wiewol ihm Ladisla schon offenbahret hatte / daß sein Gemahl Fr. Sophia / so bald sie seiner Bekehrung von Leches verständiget / sich zum Christlichen Glauben begeben / und durch ihre Frau Mutter auffs höchste erfreuet hätte; In dieser Predigt aber begunte der heilige Geist in ihm zu wirken / welches Herkules merkend / bey dem Bischoff anhielt / auff den Mittag eine Rede zum Beweißtuhm der Warheit unsers Christlichen Glaubens zu tuhn; welches er gerne bewilligte /und anfangs aus weltkündigen und vernunftmässigen Ursachen behäuptete / daß nohtwendig ein GOtt seyn müste / nach dem ja kein Mensch sagen dürffte / das dieses grosse Weltgebau keinen Auffseher hätte / sondern seine zierliche Ordnung und unwandelbahre Abwechselung der Zeiten / von einer unendlichen Almacht herfliessen und erhalten werden müste; dann daß etliche vorgäben / die innerliche Kraft dieser Welt währe GOtt / solches könte mit der gesunden Vernunft nicht zustimmen / weil mann offt solche Begebnissen sähe / welche von dieser innerlichen Kraft nicht herrühreten / sondern derselben ganz entgegen lieffen / oder doch anzeigeten / daß dieselbe mit deren Art / zeugung / und fortsetzung gar nichts zu schaffen hättẽ; bliebe also dieses fest das ein solches Almächtiges Wesen seyn müste / welches der Welt Herr und Erhalter währe. Hernach bewehrete er unser Seelen unsterbligkeit / und daß nach diesem zeitlichen Leben nohtwendig ein ander folgen müste / nachdem ja alhie die Gottlosen gemeiniglich das beste Glük hätten /und hingegen die frommen mannichem Elende unterworffen währen / welches die Gerechtigkeit Gottes nicht würde nachgeben können / dafern nicht inkünftig eine andere Zeit oder Ewigkeit verhanden währe /da die Bösen ihre gebührliche Straffe / die frommen aber / so nach Gottes Willen einhergingen / die Belohnung empfahen solten. Hierauff führete er starcken Beweißtuhm / daß Gott inbetrachtung seiner Güte /sich des Menschlichen Geschlechts / als seines allerädlesten leiblichen Geschöpffes nicht entschlagen könte / sondern stete Sorge vor ihnen trüge / weil er ja der allergeringsten Dinge sich annähme / daß sie müsten [223] erhalten werden / und keine Art der Tihre unterginge. Sorgete nun GOtt vor die Menschen / wie nicht anders seyn könte / so würde er ja vor ihren ädlesten Teil / welches die Seele währe / nit weniger / als vor ihren Leib sorgen / insonderheit / weil diese unsterblich / und nach diesem Leben ungetödtet bliebe. Als er diesen festen unbewäglichen Grund gelegt hatte /fuhr er fort / uñ erzwang daher / Gott müste dem Menschen nohtwendig geoffenbahret haben / durch was mittel / und auff was Weise er in der Gnade Gottes verbleiben / und nach diesem zeitlichen Leben die Wolfahrt seiner Seele erlangen könte. Nun solte man alle Heidnische Bücher durchsuchen / da würde man vergebliche Arbeit anlegen / und hievon ausser etlichen wenigen eingepflanzeten Fünklein nichts gewisses antreffen / sondern mehrenteils kindische / ungöttliche / und wieder sich selbst streitende meynungen /die mit leichter mühe / auch aus der Vernunft könten wiederlegt werden. Besähe man der Heiden Gottesdienste unter dem ganzen Himmel / währen ja die närrische Possen handgreiflich / welche sie von den Göttern getichtet hätten; daß man also alle mühe vergeblich anwendete / wañ man bey ihnen nachfragete / wie der ewigen Seligkeit nachzustreben währe. Kehrete man sich aber zu dem Judichen Volk / so fünde sich vor erst diese Gewißheit / daß ihre Bücher die allerältesten / und ihre Schrifften den Heidnischen weit vorgingen / so daß Moses vor demCastor, Æsculapius, Bacchus, Mercurius, Apollo, und vielen andern / die man nachgehends vor Götter außruffen dürffen / gelebet. In dieses Mose Büchern aber währe der Christliche Glaube fest gegründet / dann es hätte Mose von dem HErrn Christus geweissaget / anderhalb tausend Jahr zuvor / ehe er an diese Welt als ein Mensch gebohren worden. Also schloß nun dieser Lehrer / daß entweder der Judische heutige / oder aber der Christliche Glaube der Seligmachende seyn müste / oder es währe gar kein wahrer Glaube in der Welt. Nun währe aber dieses lezte vor unmöglich erwiesen / und könte gleichfals den Juden leicht dargelegt werden /daß ob sie zwar die Schrifften Mose uñ der Propheten annoch hätten / so mangelte ihnen doch der rechte Verstand / weil sie den darin versprochenen Heyland nicht erkeñen noch des Geistes deutung annehmen wolten / sondern alles auff das Irdische außlegeten /und ihnen eine weltliche Glükseligkeit traumen liessen / die ihnen nun und nimmermehr wiederfahren würde / angesehen / sie den gerechten Zorn Gottes durch hinrichtung des ihnen zugeschikten Heylands /sich über den Hals gezogen hätten / daß sie nunmehr kein geliebtes außerwähltes / sondern verstossenes Volk währen; müste demnach endlich nohtwendig folgen / daß die Christliche Lehre die wahre und Seligmachende währe. Nach diesem außführlichen Beweißtuhm erklärete er des Christlichen Glaubens heilige Volkommenheit / als welche überaus nichts ungöttliches in sich begriffe / viel weniger billichte /sondern die Menschen nur auff Gottes und des nähesten Liebe hinführete / auch wie man im Kreuz und Leiden geduldig seyn / und der von Gott gesetzeten Obrigkeit Gehorsam leisten müste / in alle dem / was nicht wieder Gottes Ehre und der Erbarkeit fleissige bewahrung stritte. Schließlich führete er des Menschen dreyschiedlichen Stand ein / wie er nehmlich anfangs von Gott gerecht / volkommen und heilig erschaffen / aber bald darauff durch den leidigen Satan verführet / sich und alle seine Nachkommen des treflichen Ebenbildes Gottes in geistlichen Sachen allerdinge beraubet / und ins zeitliche und ewige Verderben gestürzet / Gott aber sich ihrer wieder erbarmet /[224] und seinen Sohn vor sie in den Tod dahin gegeben /auff das durch dessen Leiden und büssung die Gerechtigkeit Gottes vergnüget / und seiner Barmherzigkeit der freie Lauff geöffnet würde / deren alle diese zugeniessen hätten / die sich auff das verdienst des Sohns Gottes verlassend / in allen Christlichen Tugenden sich übeten / und da sie durch fleisches schwachheit in eine oder andere Sünde gerieten / sich bald wieder erhohleten / und durch wahre Busse zu Gott umbkehreten. Hiemit wolte der Christliche Lehrer seine Rede schliessen; aber Ladisla / welcher ihm den Beweißtuhm / daß die Christliche Lehre allein die wahre seligmachende Lehr währe / sehr wol gefallen ließ / hielt bey ihm freundlich an / er möchte ihm und anderen Anwesenden Christen zum besten / noch diesen Knoten aufflösen / und sie ingesamt unterrichten /wodurch man eigentlich und unstreitig behäupten könte / daß dieselben Christen allein die wahre Kirche Gottes währen / und die rechtgläubigen / die also lehreten und gläubeten / wie die Christen zu Rom / zu Padua / zu Korinth / zu Damaskus / und andere / so sich zu ihres Glaubens einigkeit bekenneten; hingegen aber dieselben den unrechten und falschen Glauben hätten / welche nicht mit ihnen übereinsti eten / sondern in vielen oder doch etlichen Stücken eine andere Meynung behäupteten. Der Lehrer lobete an Ladisla /daß er so gefliessen währe / den festen Grund der Warheit zuerkennen / und das Zeichen / durch welches alle Ketzer und falsche Lehrer sich selbst verrieten / daß sie irreten / und eine nichtige Lehre führeten; und fing darauff an diesen unterricht vorzutragen: Es ist wol zubeklagen / daß der abgesagte Feind der Warheit der leidige Teuffel / so grosse Macht und Gewalt hat / daß er auch in der Kirchen Gottes sich darf finden lassen / das schädliche Unkraut der verdamlichen Lehre daselbst außzustreuen; wiewol auch durch solches schädliche übel unser Gott etwas gutes wirket / nehmlich / daß die rechtschaffenẽ Christen offenbaht werden / in dem sie solchen Irtuhmen sich eiferig wiedersetzen / und die reine Warheit zubehäupten / alle mögligkeit anwenden. Ich wil hieselbst nicht anführen / was gestalt die Phariseer und Sadduzeer unserm Heylande und dem Worte Gottes haben wiedersprechen dürffen; sondern meinem jetzigen Zuhörern und ihrem Christlichen begehren zufolge / nach vermögen einfältig melden / daß bald nach unsers lieben Erlösers Himmelfahrt / die falschen Brüder sich haben hervorgetahn / und ihre menschlichen Getichte unter dem Nahmen der Christlichen Lehre / hin und wieder außgebreitet / wodurch manniche gläubige Seele ist geärgert und in zweiffel und Irtuhm gestürzet worden. Halte auch gänzlich davor / es sey die obangeführte Frage mit bloß zu dem Ende zubeantworten aufferlegt / umb den eigentlichen Grund darzustellen / auff welchen ein gläubiger Mensch sicher bauen und trauen mag / so daß er kräftig bewehret sey und bleibe / die Lehre / welche er hat angenommen / sey die rechte auffrichtige und unbetriegliche Warheit. Dieses fest zustellen / müssen wir uns versichern / daß die Apostel und Jünger des HErrn den Menschen alle dieselbe Lehre haben vorgetragen und mitgeteilet / welche ihnen zur Seeligkeit zu wissen nöhtig ist / und Gott nach dieser ersten Lehrer abscheid / uns keine neue offenbahrungen wiederfahren lassen wolle / solche glaubens Stücke uns beyzubringen / von denen obgedachte Jünger des HErrn nichts geschrieben noch gelehret haben; wie solches der heilige Märterer Irenæus / des heiligen Polycarpus Schüeler in seinem vierdten Buche wieder die Ketzereien bestetiget / da er diese Worte führet: Der Jünger des HErrn ihre Lehre / welche biß [225] auff uns gekommen / vor allen menschlichen Getichten behütet / und in der ganz vollen Abhandelung der Heilgen Schrifft verfasset ist / kan durchaus nicht leiden / daß man etwz hinzu tuhe oder davon nehme. Woraus dann dieses folget / daß alles / was ein Stük des wahren Christlichen Glaubens seyn sol /müsse richtig und klar erwiesen werden / daß es von des HErrn Jüngern gelehret sey. Welchem nach die reinen Lehrer aller ihrer Lehre Beweißtuhm aus der H. Schrifft Altes und Neuen Bundes nehmen / und dasselbe alles verwerffen / was darinnen nicht zufinden ist. Und zwar nicht allein dieses halten wir vor falsch / was gerade wider das Wort Gottes streitet /sondern auch / was ausser demselben Worte Gottes wil vorgebracht und ertichtet werden / als zur Seligkeit nöhtig. Nun findet sich aber insgemein dieses beydes bey den Ketzern und falschen Lehrern / daß sie neue GlaubensStücke schmieden / und daß sie der uhralten Lehre widersprechen. Wiewol sie dieses lezten nicht gerne sich wollen lassen beschuldigen / weil dadurch ihres Vorbringens Richtigkeit auffgedecket wird. Aber gleich wie der Wolff sich nicht verbergen kan / ob er gleich einen Schafspeltz anleget; noch die Schlange / ob sie gleich den Kopff unterm Steine verstecket; also verräht sich ein jeder Ketzer und falscher Lehrer durch sein Vorbringen / wie scheinbar er gleich seinen Irtuhm vorbringen mag; welches wir bald finden / wann wir ihn nur nach und aus dem Worte Gottes richten. Weil aber einem einfältigen Christen es nicht gegeben ist / daß er die Geister allemahl solte prüfen können / ob sie aus Gott sind; so haben zu deren Unterweisung ein und ander Lehrer /des Christlichen Glaubens nöhtige Stücke in kurze Auszüge verfasset / welche die Einfältigen mit leichter Mühe begreiffen / und sich deren als einer Richtschnuhr der Lehre gebrauchen / daß wann ihnen etwas neues vorgetragen wird / sie alsbald zumutmassen haben / es müsse solches zuvor wol überlegt werden / ehemans añimt. Und dieses ist das beste Mittel /wodurch die Unwissenden vor Ketzereyen und falsche Lehren können bewahret werden. Ladisla fragete weiter; ob dann die Ketzereyen und falschen Lehren unter den Christen so mannigfaltig währen. Welches der Lehrer beantwortete: Es wehren schon unterschiedliche Arten der Ketzereyen / und liesse sich ansehen /der listige Menschenfeind wurde nicht ruhen / deren je länger je mehr auszuhecken. Der erste Ketzer zeit des Neuen Bundes / sagte er / von welchem die andern alle als aus der allergifftigsten Wurzel scheinen entsprungen seyn / wahr Simon der ErzZäuberer / seines Herkommens ein Samariter / dessen in den Geschichten der Apostel / von Lucas auffgezeichnet / Meldung getahn wird / welcher auch endlich den Lohn der Boßheit empfing / als die beyden teuren Knechte Gottes / der Heilige Peter und Paul ihn zu Rom vor aller Welt zuschanden macheten; massen als derselbe vorgab / er wolte sichtbarer weise gen Himmel fahren /da behteten diese zu ihrem Gott und Heylande / welcher diesen ErzKetzer aus der Lufft herunter stürzete /daß er an seinen Gliedmassen zerschmettert ward. Dieser verwägene Bube durffte sich selbst vor den wahren Gott / ja vor Vater / Sohn / und Heiligen Geist zugleich ausgeben / und sein unzüchtiges Weib die Selenen oder Helenen vor eine Mutter aller Geschöpffe / von welcher auch die Engel gemacht währen / von denen nachgehends diese Welt erschaffen worden. Er versprach allen das ewige Leben / die an ihn und sein Weib würden gläuben / uñ gab ihnen Freyheit / nach allem Muhtwillen zuleben / welches ihnen an der Seligkeit durchaus nicht solte schädlich /sondern vielmehr befoderlich seyn. Nach seinem erschreklichen Tode [226] warff sein Landsman der schnöde Menander sich vor das Haupt dieser schändlichen Rotte auff / und wahr ja so ein grosser Zäuberer / als sein Lehrmeister Simon. Wenig Zeit nach diesem Leutebescheisser entstunden die unflätigen Nicolaiten / deren in Johannes heimlicher Offenbahrung gedacht wird. Diese durfften sich auch vor Christen ausgeben / und waren doch ein abgeschäumeter Unflaht aller unverschämten Buben / weil sie allerhand Schande und Unstäterey betrieben / und ihre Weiber unter sich gemein hatten. Aus dieser frechen Geselschafft entstunden die altenGnostici oder die Wissende und Erleuchtete genennet / welche in den Fleisches unzimlichen Werken noch mehr ersoffen wahren als die vorigen; dann sie gaben vor / daß durch solche Schandenbetreibung man eigentlich zur Seligkeit gelangete. Und damit auch diese möchten die reine Lehre von unserm Heylande zerrütten / gaben sie vor / derselbe währe nicht von Marien der Heilig hochgelobeten Jungfrauen gezeuget / sondern sie hätte denselben uns nur gezeiget oder gewiesen; es hätte derselbe auch nicht die wahre Menscheit angenommen / sondern nur eine Gestalt / derselben ähnlich. Der Nazareer / wie auch des Korinthus und Ebions Ketzerey trat auff die Bahn / ohn gefehr / da Jerusalem von Vespasian zerstöret ward. Diese lebeten zwar nit so gar unrein /aber die Heilige Lehre verfälscheten sie gewaltig; gaben vor / nicht Gott selbst hätte die Welt erschaffen / sondern eine andere Nebenkrafft / die nicht Gott sey. So währe auch der HErr JEsus nicht wahrer Gott /noch Gottes Sohn / sondern von Joseph und Marien gezeuget; doch währe er klüger und heiliger gewesen als andere Menschen. Ihr erster Ketzer-Meister Cerinthus tichtete; es währe JEsus von Marien gebohren /Christus aber währe in denselben JEsus kommẽ / als er die Tauffe empfangen / und zwar in gestalt einer Taube / und durch diesen empfangenen Christ hätte JEsus Zeichen und Wunder getahn. Als nun JEsus gelitten / währe Christus wieder von ihm gewichen und gen Himmel geflogẽ / als welcher nicht hätte leiden können. Ebion aber hielt es in diesen Stücken nicht mit dem Cerinth / sondern gestund beydes / daß Gott selbst die Welt gemacht / und daß Jesus und Christ ein einziges Wesen oder eine Person wehre / nur steckete er in dem Irtuhm / daß derselbe nicht Gott / sondern ein blosser Mensch wehre; und eben dieses meyneten auch die Nazareer / welche nebest den beyden jeztgedachten vorgaben / es müsten die Christen so wol die Beschneidung und andere Judische Gesetz halten / als nach dem Evangelion leben. Es hat aber der Evangelist Johannes die wahre Gottheit unsers Heylandes wider diese Ketzer / in seinem Schrifften gewaltig verteidiget. Nachgehends / etwa vor hundert Jahren / ist des Simons und Menanders Schule groß worden / durch die teuflischen Ketzer / den Saturninus / Basilides und Karpokrates / welche zwar unter sich selbst nicht allerdinge einig waren / aber doch dergestalt mit einander leicheten / daß sie die Schöpfung der Welt nicht Gott selbsten / sondern den Engeln zulegten / und zugleich unsers Heylandes wahre Gottheit unverschämt leugneten; überdas auch die schändlichen Werke des Fleisches vor gut und wol zugelassen hielten / und hingegen den Heiligen Ehestand schändeten. Insonderheit enthielt sich des Saturninus Anhang alles Fleischessens / und betrogen durch solchen äusserlichen Schein viel einfältige Herzen. Diese miteinander verneuerten den ehmahls von andern gebrauchten Nahmen / und nenneten sichGnosticos, die Erfahrnen und Hochverständigen / da sie doch von dem Satan am Verstande allerdinge verblendet wahren / daß sie das böse [227] gut / uñ das gute böse neñeten. (Es hat der Leser von diesen Teufelskindern schon Nachricht im Andern Buche dieser Geschichte am 387 Blade.) Nach der Zeit erweckete der Satan zween schädliche Ketzer / den Valentin und Marcion. Des Valentihns Anhang gehöretẽ mit unter die Zunfft derGnosticorum oder vermeyneten Hochweisen / welche solche wunderliche Träume von Gott / von der WeltSchöpfung und andern Lehrstücken führen / daß sie des auszischens mehr wert sind / als Hesiodus mit seiner Götter Geburt / und Ovidius mit seinen Verwandelungen. Aus unserm Heylande machen sie weder einen GOtt noch einen Menschen / sondern einen geistlichen Leib / der vom Himmel kommen /und durch der Jungfrauen Marien Leib hindurch gelauffen sey / wie das Wasser durch eine Röhre / dessen Wesen es nicht an sich nimt; geben auch nicht zu / daß unsere Leiber die Aufferstehung von den Todten zuhoffen haben. Das menschliche Geschlecht teilen sie in dreyerley Arten aus / als die Irdische / Seelenmässige / und Geistliche. Die Irdische sollen ganz vergehen. Die Seelenmässige / da sie gutes tuhn / sollen an einem Mittelorte zur Ruhe kommen; Die Geistlichen aber (vor welche sie keine als sich selbst halten) bleiben ewig / kommen an den Ort der volkommenen Seligkeit / und werden mit den Engeln verheirahtet; Welchen Geistlichen dann frey stehe / nach allem Willen ihr Leben zuführen / so daß kein Laster / Unzucht noch Frecheit ihnen an der Seligkeit könne schädlich oder hinderlich seyn. Marcion aber nam des ehmahligen Zerdons Fantastereyen vor Warheit an; Es währen zween Götter / ein guter und böser. Der böse hette die Welt gemacht / und die GesetzesLehr gegeben / daher er das Alte Testament der Heiligen Schrifft verwarff; gab vor / der Menschen Leiber vergingen ewig. Den Ehestand verboht er / und hielt unsern Heyland vor einen solchen / der weder ein wahrer Mensch / noch jemahls gebohren / sondern nur ein Gespenst wäre / oder eine Erscheinung ohn Leib /daher er auch nicht gelitten hätte / noch leiden können. Den BruderMörder Kain / die Leute zu Sodom /und andere ungläubige Heyden preisete er vor selige; Den Abel / Enoch / Noah und andere Gottselige Altväter aber vor verdamt; Dann jene währen dem H. JEsus / da er hinunter zur Helle gestiegen / entgegen gangen / uñ hätten seiner Lehre gegläubet; Diese aber hätten ihm nicht gegläubet / daher sie in der Helle bliebẽ. Und ob gleich diese Ketzerey sehr ungereimt ist / und nirgends Grund hat / so findet sie doch hin und wieder Anhang / in der nähe und ferne. Bald nach diesen Schwärmern kahmen Hermogenes / Montanus und Tatianus angestiegen / und hatten ihre absonderliche falsche Lehren. Hermogenes gab vor / nicht allein Gott währe von Ewigkeit her / sondern auch das Zeug / aus welchem alle Dinge gemacht sind. Daß nun etliche Dinge böse sind / solches haben sie nicht von Gott (welches dann wahr ist) sondern von des Zeuges oder der Matery Mangel / daraus sie gemacht sind (welches falsch ist / weil ganz kein Ding seinem wesen nach böse ist). Der Montanus ist ein sehr schädlicher Ketzer gewesen uñ hat auch gelehrte Christen verführet; Seine Glaubensgenossen werden sonstCataphryges genennet. Sich selbst hielt er vor den von unserm Heylande versprochenenParacletum oder Vorsprach und Tröster. Zwey Weiber / die Priscilla und Maximilla hatte er bey sich / gab sie an vor sonderliche Weissagerinnern / deren Schrifften er die heiligen Bücher nennete. Den Ehestand verwarff er gar; welches auch der Tatian taht / und nam dieser grossen teils des Valentins Lehre an; Wein trinken und Fleisch essen hielt er vor eine grosse Sünde; Und hat auch dieser [228] bey vielen unbedachtsamen Menschen Beyfall gefunden. Endlich hat vor etwa dreyssig Jahren sich ein neuer Schwärmer auffgeworffen / nahmens Praxeas / welcher gerichtet / Gott der Vater selbst währe JEsus Christ / welcher gestorben / gen Himmel gefahren / und zu seiner selbst eigenen Rechten sich gesetzet habe; Seine Glaubensgenosse werdenPatropassiani genennet / weil sie / wie gesagt / vorgeben dürffen / GOtt der Vater selbst habe am Kreuz gelitten. Diese angeführete sind die vornehmsten Ketzer / welche inwendig diesen 193 Jahren nach unsers Heylandes Hi elfahrt entstanden sind; und ob deren zwar mehr erzählet werden / so sind doch die übrigen der jeztgemeldeten ihre Schüler / und haben nach belieben einen Irtuhm von diesem / einen andern von jenem entlehnet und angenommen / und also vermischte Ketzereyen angerichtet. Daß ich aber nach dieser Erzählung zur Sache schreite / und die mir auffgetragene Frage aus dem Grunde beantworte /nehmlich / woher es zuerweisen sey / daß alle dieselben genanten Christen / falsche und nicht-recht-gläubige Christen sind / welche mit uns / die wir die algemeine oder Catholische Kirche sind und genennet werden / nicht übereinstimmen; so ist dieses der klare und grundfeste Beweißtuhm; weil solche Menschen /teils neue Lehre vorbringen / welche wir von den Jüngern oder Bohten des HErrn nicht empfangen haben; teils auch sich unterstehen dürffen / das Heilige uhralte Wort Gottes / in des Mose und der Propheten Schrifften verfasset / zu leugnen / auffzuheben / und eine ganz widerwertige Lehre vorzutragen / durch welche jenes Wort Gottes Lügen gestraffet und verworffen wird. Da wird nun kein verständiger / und aus Gottes Wort unterrichteter Mensch so unbedachtsam verfahren / daß er solchem blossen vorbringen der falschen Lehrer alsbald wolte Glauben beymässen / sondern da wird er nachfragen / woher er sein Vorbringen zubehaupten bedacht sey. Berufft er sich auf göttliche Offenbahrungen / so hat man ihm entgegen zustellen /daß der warhaffte Gott / welcher beständig ist in seinen Worten und Tahten / sich ja selbst nicht werde zum Lügner machen / noch seine eigene Warheit auffheben. Und wolte dann gleich ein solcher Schwärmer sich erbieten / sein Vorgeben durch Zeichen und Wunder zubestetigen / so müssen wir ihm doch nicht gläuben / sondern solche Wunder vor des Satans Werke halten / weil nicht allein unser Gott Zeit des Alten Bundes uns schon gewar schauet hat / daß wir auch den Wundertähtern nicht sollen gläuben / die wider GottesWort etwas vorbringen / sondern unser Heyland hat solche Warnung wiederhohlet / und uns angezeiget / daß viel falsche Propheten und Schwärmer werden auffstehen / und viel Zeichen und Wunder tuhn / durch des Satans Hülffe / ihre falsche Lehre damit zubekräfftigen / so daß nicht allein die einfältige sichere Herzen / sondern wol gar die auserwehlten Kinder Gottes / wanns möglich währe / dadurch möchten verführet werden. Derwegen so haben wir kein sicherer Mittel / die Geister zuprüfen / ob sie aus Gott sind / als wann wir ihre Lehre aus Gottes Wort richten / uñ zugleich nachfragen / ob dann die algemeine Kirche Gottes von Anfang her also gelehret habe; finden wir dann eines von diesen beyden nicht bey dieser Prüfung / so sollen wir getrost sagen: Teuffel du leugest / du bringest nicht die wahre Lehre GOttes / sondern deine schändliche Lügen hervor /die Menschen dadurch von Gott abzuführen / und sie durch Irtuhm ins Verderben zustürzen / derwegen so traue ich dir nicht / ob du dich gleich in einen Engel des Lichts verstellen / und von äusserlicher Scheinheiligkeit / wie die Sonne gleissen [229] möchtest. Als nun der Lehrer hiemit seiner Rede die Endschafft gab / dankete ihm Ladisla vor solche Unterweisung / und sagte zu den anwesenden: Ich wundere mich nicht ein geringes / daß solche Rotten und Irrgeister von einigem Menschen beyfall erlangen können / da sie ihre eigene Tichtereyen vortragen / welche nohtwendig müssen Lügen seyn; Und würde ich trauen dem Hesiodus /Ovidius und andern viel ehe Glauben zustellen / als welche nicht ihre eigene Erfindungen vorbringen /sondern was sie von ihren Vorfahren gehöret haben. Dessen bin ich mit meinem Bruder eins / antwortete Valiska / möchte nur wünschen / einen solchen falschen Lehrer selbst zusprechen / umb zuvernehmen /wie er doch auff die unhintertreiblichen Gegenwürffe der Rechtgläubigen antworten wolte / deren einen einzigen umzustossen oder zweiffelhafftig zumachen ihm ja allerdinge unmöglich ist. Hernach hielt sie bey dem Lehrer freundlich an / er möchte sein jetziges vorbrigen etwas weitläufftiger auffsetzen / und ihr solches bey erster Botschafft auff Jerusalem nachschicken; Welches er dañ nit aus der acht ließ / und vor solche Mühe eine reiche Vergeltung bekam.
Fabius hatte diesem Lehrer und alle seinem Vorbringen mit sonderlichem fleisse zugehöret / worauff unsere Helden gute acht gaben / und die Hoffnung fasseten / er würde sich zum Christentuhm begeben. Dem Bischoff stellete Valiska sonsten vor dißmahl 100000 Kronen zu / unter den armen Christen in den Syrischen Städten außzuteilen. Fabius gab ihm derobehuef absonderlich / ohn der unsern wissen / 5000 Kronen / mit begehrẽ / er möchte Gott vor ihn bitten /daß er in seinem angehenden Glauben zur Seligkeit gestärket würde; welches er ihm geträulich versprach / auch einen Catechißmus oder Glaubens-Büchlein verehrete / in welchem er fleissig lesen / und vor sich selbst Gott im Himmel anruffen solte / daß er ihn ferner erleuchtete. Herrn Sulpizius Gemahl / Fr. Justinen schenketen sie etliche kostbahre Kleinot / und begabeten alles sein Gesinde reichlich / nahmen auch den jungen Sulpizius seinen Sohn gerne mit sich in ihrer Geselschaft fort / der ein guter Ritter / seines alters von 24 Jahren wahr / und zu Rom seine versprochene Braut Frl. Benignen hatte / Herrn Klaudius Krispinus Tochter / die er besuchen wolte. Als sie nun des andern Tages nach ihrer ankunft von Damaskus hinweg zogen / und unsere Helden ingesamt mit dem Frauenzimmer auff dem Elefanten sassen / redete Ladisla seine Schwester also an; Ich erfreue mich von Herzen / daß ich den Jordan schier erreichen / und zu abwaschung meiner Sünde die heilige Tauffe empfangen werde / deßwegen ich dann gesonnen bin / mich durch wahre Busse und fasten darauff zuschicken / daß ich dieses selige Bad wirdig empfahen möge; zweifele auch nicht / die so eben dasselbe mit mir zunehmen willens sind / werden sich gleicher gestalt darzu bereiten. Valiska bedankete sich der brüderlichen Erinnerung / gab es Leches und seiner Geselschaft zuverstehen / und ordneten von dem Tage biß an ihre Tauffe eine Fasten unter sich / da sie des Tages nur einmahl gegen AbendSpeise nahmen / und dabey nichts als Wasser trunken / hielten auch täglich dreymahl Behtstunde / des morgens wañ sie auffbrachen / des Mittages wañ sie ruheten / und des Abends wann sie sich niderliessen; wobey Fabius sich immer mit finden ließ / der doch sein Vorhaben noch keinem Menschen offenbahret hatte. Wie sie an die Galileischen Grenzen kahmen / besuchten sie alle nahmhaffte örter / deren in heiliger Schrifft meldung geschihet / dañ diese hatte Valiska mit sonderlichem fleisse ausgezeichnet / und in ein Büchlein geschriebẽ. [230] Erstlich besahen sieKana / im Galileischen Lande belegen / und liessen sich das Haus zeigen / in welchem der HErr Christus Wasser hatte zu Wein gemacht. Von darab zogen sie genNazareth / besahen den Ort / wo der ErzEngel Gabriel der keuschen Jungfrauen Marien die fröliche Botschaft gebracht / daß sie den Heyland zur Welt gebehren solte / und zeigeten ihnen die Christen einen Brunnen / aus welchem das Kindlein JEsus seiner Mutter hatte pflegen Wasser zu hohlen / daher unsere andächtige Pilgrim Lust bekahmen / anfangs aus diesem Brunnen zu trinken / und nachgehends sich daraus zu waschen. Von dannen reiseten sie nachKapernaum / da der HErr Christus sein meistes Wesen und Wohnung gehabt / und ward ihnen daselbst mannicher Ort gezeiget / an welchen er seine Wunderwerke verrichtet. Von dannen zogen sie über den Jordan /und besahenChorazin; kehreten wieder zurük nachBethsaida / und von darab nach den BergenTabor und Hermon / auch nach der lustigen StadNaim / woselbst unser Heyland den Todten Jüngling im Sarge zum Leben aufferwecket hatte. Ferner reiseten sie nachTyberias / und wieder Westwerz nachSichem. Von Sichem nachSamaria / und endlich nach dem gewünscheten OrtBethabara / da sie die heilige Tauffe empfangen wolten. In allen diesen Städten teilete Valiska unter den Christen so reichlich aus / daß sie damit über eine Tonne Schaz vertaht / und wo Christliche Schuelen wahren / gab sie auff 10 Jahr lang den Lehrern und Schülern reichen Unterhalt / worzu sie drey Tonnen Schaz anwendete. Fabius meldete erst zu Bethabara den unsern sein Vorhaben an / daß er von Damaskus her die Christliche Lehre zimlich gefasset hätte / auch willens währe / die heilige Tauffe anzunehmen; dessen sie höchlich erfreuet wurden / uñ Valiska ihm etliche Stunden lang die schweresten Glaubens Stücke einfältig erklärete. Herkules sendete seinen Gallus mit verstelletem Angesicht nach Jerusalem zu dem Bischoff / ließ ihn seine Ankunft vertraulich wissen / und daß etliche hohes Standes mit ihm kommen währen / die heilige Tauffe zu empfahen; möchte demnach die Mühe auff sich nehmen / und mit dem alten Lehrer / der ihn getauft hätte / auff dem geschikten Wagen hinaus kommen / daß der Stathalter dessen nicht inne würde / dem er sich zu rechter Zeit schon wolte zuerkennen geben. Der Bischoff freuete sich über Herkules ankunft / und daß ihm Gott glüklichen fortgang seines vorhabens verlihen / zog des folgenden morgens mit Gallus in aller frühe fort / uñ ward von den unsern sehr wol empfangen / denen er eine herliche erklärungs Predigt von der Einsetzung und nuzbarkeit der H. Tauffe hielt; hernach vor erst das Frauenzimmer / nachgehends die Mannesbilder verhörete / und sie dermassen gegründet befand / daß weitere unterweisung unnöhtig wahr; insonderheit verwunderte er sich des Christlichen Eifers / welchen er bey der GroßFürstin und ihrem Bruder / wie auch bey Leches spürete / vermahnete sie zur beharligkeit /und blieben fast den ganzen Tag im Gespräch vom ChristlichenGlauben / dan die unsern nahmen den Tag gar keine Speise zu sich / und die ganze Nacht über blieben sie im Gebeht. Des folgenden morgens gingen anfangs das Frauenzimmer mit dem Bischoff an den Jordan / und empfingen die heilige Tauffe /hielten ihr Danksagungsgebeht am Ufer eine Stunde lang / und wurden inzwischen Ladisla und Fabius; und nach ihnen Leches / Klodius / Markus / Neda und Prinsla; endlich Timokles und Mardus getauft. Nach verrichtetem andächtigen Gebeht / setzeten sie sich zu Tische / und hielten Mahlzeit in aller Gottesfurcht; [231] da die GroßFürstin mit dem Bischoffe allerhand Christliche Gespräch führete / der ihr allernähest sitzen muste. Nun hatte aber Herr Pompejus die Zeitung zu Jerusalem schon bekommen / daß etliche vornehme Herrn mit einer grossen Anzahl Reuter und Wagen /auch einem sehr statlichen Elefanten zu Samarien (dann hieselbst musten ihre Leute liegen bleiben) ankommen währen / deßwegen er einen Reuter dahin schickete / um nachzufragen / was vor Leute sie währen / und von wannen sie kähmen. Herkules hatte sich dessen schon besorget / und dem jungen Sulpitius auffgetragen / was auff diesen Fall solte geantwortet werden / welcher demnach den Abgeschikten berichtete / es währen etliche vornehme Römische Herrn mit statlichen Käyserl. Geleitsbrieffen ankommen / diese Landschaft zubesehen / weil sie Christen währen /und sünden sich etliche des Herrn Stathalters nahe Anverwanten mit unter ihnen; währen ein wenig außgeritten / und würden ihren Weg (wohin / wüste er nicht) erstes Tages weiter fortsetzen. Unsere getauffete machten sich deßselben Tages wieder zurük nach Samarien / wurden dieser Nachfrage berichtet / brachen alsbald mit allen Völkern und Wagen auff nach Jerusalem / und nahmen die Nacht zu hülffe / daß sie des andern Tages früh morgens vor dem Tohr wahren / meineten auch ohn sonderbahre Nachfrage in die Stad gelassen zu werden / welches ihnẽ doch fehlete /massen der Wachtmeister ihnen etliche entgegen lauffen ließ / und geboht / der Stad nicht zu nahen / biß ihnen solches vergönnet würde; sie aber zogen algemählig fort / einwendend / daß sie Römer / und des Stathalters Freunde währen / die ihn zubesuchen kähmen. Pompejus sendete ihnen bald darauff zehn Reuter entgegen / und ließ nachfragen / was vor Leute sie währen. Plautus wahr mit unter ihnen uñ ersahe Gallus / dessen er sich höchst erfreuete / nicht zweifelnd /Herr Herkules würde mit dabey seyn; aber Gallus redete ihn alsbald auff Medisch an / daß er sich keiner Kundschaft merken liesse / weil sein Herr unerkennet seyn wolte / biß er sich dem Stathalter selbst meldete. Diese außgeschikte bahten Herrn Fabius / (dann unsere Helden liessen sich nicht sehen) er möchte mit den seinen stille halten / biß einer hinritte / dem Stathalter seine Antwort zu melden; dann Fabius hatte gesagt /er kähme von Padua / seinen Herrn Vetter auff der Reise zu grüssen. Die unsern sahen / daß sie mit ihrem ganzen hauffen nicht würden ungemeldet eingelassen werden / daher Herkules / Ladisla und Arbianes sich in eine Gutsche; Valiska mit Libussen und Euphrosynen sich in eine andere setzeten / und Fabius mit Sulpitius / Leches und Gallus zu Rosse folgeten /denen dann der Einzug nicht gewegert ward / da ein Reuter kurz vor ihnen her ritte / uñ seinem Herrn dem Stathalter anzeigete / daß seine Verwanten / die sich durchaus nicht melden wolten / mit geringer Geselschaft seinem Hofe naheten / daher er seinem Gemahl und Tochter befahl / sich in Eile zuschmücken. Als sie noch einen zimlichen Weg von des Stathalters Wohnung wahren / stiegen sie ab / und gingen zu fusse hin. Herkules und Ladisla traten voraus / Arbianes und Fabius folgeten auff dem fusse / Leches und Gallus / welche Sulpizius begleiteten / traten hinten nach / allesamt in treflicher Kleidung nach standes Unterscheid / ohn einige Waffen / nur mit leichtem Seitengewehr. Die drey Fürsten und Fabius hatten sich auff eine Weise gekleidet / in einem glänzenden SilbernStücke mit Demanten besezt / und auff den Hüten grosse weisse Federbüsche. Kurz nach ihnen folgete GroßFürstin Valiska in gleicher Kleidung /und ihre genante Begleiteriñen hinter ihr. Das Burg-Tohr [232] wahr verriegelt / und ehe dann es geöffnet ward /meldete sie zuvor ein Diener an / es begehreten etliche trefliche Herrn / eingelassen zu werden. Der Stathalter befahl alsbald auffzutuhn / ging ihnen entgegen / und ward im Vorplatze Herkules gewahr / dem er umb den Hals fiel / und ihn mit diesen Worten empfing: Ich rechne diesen Tag vor einen meiner glükseligsten /nachdem mein GOtt an demselben meinen hochgeliebten Herr Sohn mich frisch und gesund sehen lässet / und zwar / wie ich merke / nach glüklicher verrichtung seines vorhabens. Herkules bedankete sich der hohen Ehrerbietung / und antwortete: Ja mein hochgeliebter Herr Vater; der Almächtige Gott hat das geraubete Königl. Fräulein durch mich erlöset / und sie nur zum Gemahl bescheret / welche dort her komt / sich meinem Herr Vater als eine gehorsame Tochter darzustellen / auch grosses verlangen trägt / mit meiner Frl. Schwester Frl. Lukrezien Kundschaft zu machen. Meiner Zusage mich eriñernd habe ich auff der Rükreise nicht vorbey zihen / sondern meinem Herr Vater zusprechen sollen / da ich dann meine geliebte brüderlichen Freunde / Ladisla / Böhmischen König / Arbianes Medischen GroßFürsten / auch Herrn Fabius und Sulpizius mit mir führen wollen. Pompejus empfing dieselben nach Standes Wirdigkeit / sehr freundlich / und erzeigete Ladislaen so hohe Ehre / daß dieser sich dessen endlich beschwerete; Weil aber die GroßFürstin schon stund / und auf ihn wartete / hieß er sie sehr ehrerbietig wilkommen / und sagete: Durchleuchtigste GroßFürstin; meine schlechte Wohnung hat sich / als lange sie stehen wird / zu rühmen /daß ihre Vortreffligkeit nicht vorbey zihen / sondern bey ihrem bereitwilligsten Herberge nehmen wollen; und weil mein Gemahl und Tochter vorlängst gewünschet / Ihrer Durchl. auffzudienen / wolle dieselbe freundlichst gebehten seyn / unsere Geselschafft ihr gefallen zulassen / und mit einem bereit stehenden Willen vorlieb zu nehmen. Valiska neigete sich tieff gegen ihn bedankete sich der hohen unverdieneten Ehre / währe vor sich so kühn nicht gewesen / dem Hochmögenden Herrn Stathalter Ungelegenheit zumachen / sondern vorerst ihrem Gemahl zugehorsamen /dann auch Gelegenheit zusuchen / seiner Liebe vor die ihrem Gemahl erzeigete grosse Freundschafft zudanken / und mit dem trefflichen Fräulein schwesterliche Freund- und Kundschafft zumachen / deren hohe Tugend ihr Gemahl nicht gnug hätte rühmen können; bähte demnach sehr dienstfleissig / ihrer Kühnheit zuverzeihen / und mit überflüssiger Ehre sie hochgünstig zuverschonen. Pompejus wuste / daß die seinen verlangen trugen / die fremden Gäste zuerkennen / trat mit den Mannesbildern unter den gewölbeten Bogen /und sendete hin / sie ohn anmeldung der fremden herzufodern / denen die GroßFürstin mit ihren beyden Nachfolgerinnen entgegen trat / und jene sich wegen ihrer ausbündigẽ Schönheit nicht gnug verwundern kunten / biß nach freundlicher umfahung Valiska also anfing. Durchl. Fr. Stathalterin / auch Hochgebohrnes vortreffliches Fräulein; meine Verwägenheit / dieselben unangemeldet zu überlauffen / habe ich durch nichts zuentschuldigen / nur daß auff die hohe Gunst ich mich verlasse / mit welcher sie meinem Gemahl Mütter- und Schwesterlich verwand und zugetahn sind / dessen kind- und brüderlichen Gruß anzumeldẽ / ich unvergessen seyn wolte / wañ er solches nicht selbst zuverrichten willens währe. Ach Gott / antwortete das Fräulein / ist dann Eure Hocheit etwa meines höchstwerten Herrn Bruders / des Durchleuchtigsten GroßFürsten / Herrn Herkules Gemahl? welches ich daher muhtmassen muß / weil sonst [233] keiner in der Welt sich meiner schwesterlichen Liebe rühmen kan. Valiska umfing sie mit einem inniglichen Kusse / und sagete: Eben dieser ist mein Gemahl / hochgeliebtes Fräulein / und bin ich so erböhtig als schuldig / Ihrer Liebe wegen der ihm geleisteten schwesterlichen Dienste / nach aller Mögligkeit dankbar zuseyn. Wann auch meine Hochwerte Freundinnen belieben tragen / ihren Sohn und Bruder zusprechen / sehen sie ihn dort her kommen. Das Fräulein erwartete ihrer Fr. Mutter Begleitung nicht / sondern ging ihm entgegen /und ward von ihm mit einem brüderlichen Kusse empfangen / da er zu ihr sagete: Hochwerte Frl. Schwester; wegen vertraulicher Freundschafft habe ich nicht unterlassen können / ihre Liebe zubegrüssen / und ihr mein Gemahl sehen zulassen / welche nichts höhers wünschet / als in ihre vertrauliche schwesterliche Freundschafft auffgenommen zuseyn. Ach wie angenehm / sagte sie / ist mir meines Durchl. Herrn Bruders Gesundheit und glükliches Wolergehen / möchte von herzen wünschen / daß seinem Königlichẽ Gemahl ich der gebühr nach auffwarten könte / deren gleichen an Schönheit und anderen Volkommenheiten / ohn Zweifel in dieser Welt nicht ist. Meine Frl. Schwester / antwortete er / wird an ihr ein ergebenes Herz finden / und bitte sehr / sie wolle alle Gedanken solcher unzimlichen Demuht ablegen / dafern sie sonst mein Herz nicht betrüben wil. Sie hätte gerne geantwortet / aber wie sie berichtet ward / was vor welche die mit ihrem Vater herzunahende währen /ging sie ihnen entgegen / und empfing sie mit sonderlicher Höfligkeit / da sie gegen Ladisla sich des Wunsches gebrauchete / daß sein geliebtes Gemahl möchte zugegen seyn; Welches ihm keine schlechte Begierde nach ihr in seinem Herzen erweckete / insonderheit /weil das Fräulein ihr sehr ähnlich wahr. Inzwischen hatte Herkules sich zu der Stathalterin gemacht / von welcher er mütterlich gewilkommet ward. Valiska aber nahete sich wieder zu dem Fräulein / deren fröliche Bezeigungen ihr sehr wol gefielen / hielt manniche holdselige Unterredung mit ihr / und legten mit einander eine vertrauliche Liebe an / deren doch das Fräulein sich unwirdig schätzete / und sich zu allen dienst- und Auffwartungen erboht. Herr Pompejus ließ die Wagen auff einen grossen Plaz zusammen führen / da sie Tag und Nacht fleissig bewachet wurden; die Reit- und Wagenpferde aber auf die Dörffer verlegt / die 400 Reuter blieben in der Stad / und der Elefant ward auf die Burg geführet / da er gute Stallung fand. Es wahr allerseits grosse Freude / nicht anders / als währen Kinder und Eltern / Schwester und Brüder zusammen kommen / daß niemand wuste / mit wem er am liebsten reden wolte; welches allermeist an dem Fräulein erschien / massen sie bald mit Herkules ein Gespräch anfing / und mitten in demselben abbrechend / mit der GroßFürstin anlegete; bald ihren Oheim Fabius seines ergehens fragete. Das Mittagsmahl ward auf dem gewöhnlichẽ Saal angerichtet /wobey Geminus der Bischoff sich einstellete / zu welchem der Stathalter sagete: Ihr habt sehr wol getahn /Ehrwürdiger Vater / daß ihr dieser Fürsten und Herren Ankunfft mir verhehlet / damit ich wegen schlechter Bewirtung mich desto besser zuentschuldigen hätte. Er merkete diesen Stich wol / gab zur Antwort /daß er zwar schuldig gewesen / Ihrer Gn. alles zeitig anzumelden; weil er aber selbst nicht gewust / was vor Herren ihn hinaus gefodert / er auch gleich jezt von Bethabara zu Hause angelanget währe / hoffete er / Ihre Gn. würden ihn wol entschuldiget halten. Es ward niemand als die Fürsten / nebest Fabius und Sulpizius an diesen Tisch gesezt / und muste Frl. Lukrezie mit Gewalt sich zwischen Herkules und Valisken setzen / der Bischoff aber blieb vornen an bey dem [234] Stathalter. Nach geendigter Mahlzeit hätten sie die heiligen örter der Stad gerne besichtiget / aber diesen Tag kunte es ihnen nicht gegönnet werden / und wahr der Stathalter bedacht / auff den Abend einen Tanz anzustellen / welches Herkules hiemit abwendete / daß sie ingesamt willens währen / des folgenden Tages das Heilige Abendmahl zugebrauchen / uñ zugleich ein Dankfest zuhalten / daß ihr Heyland sie bißher so väterlich bewahret / und an diesen gewünschten Ort sicher gebracht hätte; welche er ihm wol gefallen ließ / und sich erboht / des wahren Leibes und Blutes des Sohns Gottes mit zugeniessen; dann er hatte mit seinem Gemahl und Tochter schon vorm halben Jahre sich täuffen lassen. Als nun solches des nähesten Tages von früh Morgens an biß auff den hohen Mittag verrichtet wahr / hielten sie das Mahl in Fröligkeit mit einander; nach dessen Endigung der Bischoff etliche mit Seitenspiel herzu foderte / die allerhand Christliche Gesänge erklingen liessen / und mit der Stimme darein sungen; da endlich Valiska die Laute foderte / etliche schöne Vorläufchen spielet / und bald darauff folgendes Lied / welches sie diese Nacht getichtet hatte darein sang:
1Nun der Winter ist dahin /
Ja der Winter meiner Schmerzen /
Dem ich jezt entrissen bin /
Liegt mir nicht mehr auff dem Herzen;
Der mich vor so hart geplagt /
Und durch tieffen Schlam getrieben /
Ist / wie Artaban jezt klagt /
Hinter mir in Parthen blieben.
2Du mein Heyland / du mein Schuz /
JEsus / hier vor mich gelitten /
Hast des wilden Parthers Truz
Vor der Faust rein abgeschnitten;
So daß O HErr deine Gunst /
Mitten unter Unglüks wüten
Vor des frechen Tigers Brunst
Meiner gnädig wollen hüten.
3Du mein JEsus bist mein Schild /
Der Verderben abgekehret /
O du Gottes Ebenbild /
Uber alles hochgeehret;
Was vor Dank sol deiner Macht
Ich Unwirdige doch singen?
Die mir Heil und Leben bracht /
Wie man ging / mich zuverschlingen.
4HErr / ich trat daher ohn Licht /
Lag im finstern Todes-Grabe /
Kante deinen Namen nicht /
Den ich jezt im Herzen habe;
Darumb stieß des Unfals Wuht
Meine Seele leicht danider /
Weil ich nichts / als Fleisch und Blut
Suchte / das mir hülffe wieder.
5Aber nun des Vaters Wort /
JEsus / sich mir offenbahret /
Hab ich einen starken Hort /
Der mir Leib und Seel bewahret /
Der in mir des GlaubensFeur /
Und der LiebeBrunst entzündet /
Daß kein Hellisches Geheur
Raum und Stelle bey mir findet.
6O du Himmels-Gnade du!
O du Trost der schwachen Seelen!
O du hochgewünschte Ruh!
Nimmer kan es denen fehlen /
Die in deinem Schutze seyn.
Nun so hilff HErr / und vollende /
Daß ja deiner Güte Schein
Nimmermehr sich von uns wende.
7Laß im Glauben uns bestehn /
Biß wir diesen Leib der Erden
Durch des Todes übergehn
Abzutuhn gezwungen werden /
Dann führ' unsre Seele hin
Zu der Ruhe deiner Gnaden /
Wie dein Bruder-Herz und Sinn
Uns dahin hat eingeladen.
8O wie werd ich mich alsdann /
Höchstes Heil / an dich ergetzen!
Hier leid ich / so viel ich kan;
Dort wirstu die Pein ersetzen
Mit der Unaussprechligkeit.
JEsus / wann wird es geschehen /
Daß dein arme Christenheit
In das Paradeiß sol gehen?
[235] Alle anwesende höreten ihre geistlichen Andacht fleissig zu / und verwunderten sich über die Inbrunst /welche sie durch äusserliche Geberden scheinen ließ /daß auch die Freuden-Thränen ihnen sämtlich aus den Augen drungen / weil sie die ihren fliessen sahen; daher der Bischoff Gelegenheit nam / durch ein Christliches Gespräch sie zu stärcken / und sagte zu ihr: Durchleuchtigste Groß-Fürstin; das ist die durchdringendeste Hertzens-Freude / zu welcher wir von Gott erschaffen sind / wann wir an unserm Heylande alle unsere Seelenbelustigung haben; dann hiedurch empfinden wir auch noch in diesem Lebẽ den süssen Vorschmak jener unsäglichen Wollust / die unser Heyland durch sein Leiden und Tod uns in dieser Stad erworben hat. Ja Ehrwürdiger Vater / gab sie zur Antwort: Wolte GOtt / daß unser muhtwilliges Fleisch sich nur stets könte oder wolte zwingen lassen / dem irdischen abzusterben / und dem Geiste die himlische Betrachtung zugönnen; aber leider! ich empfinde mit dem teuren Apostel Paulus auch das Gesez der Sünden in meinen Gliedern / das da widerstreitet dem Gesez in meinem Gemühte / und nimt mich täglich gefangen / indem es mir bald dieses / bald jenes einwirfft / und offt mitten in der AndachtsGluht meine Gedanken mit der Angiessung des Weltwassers störet / daß sie der Betrachtung nicht gebührlich nach setzen / sondern in dem ich mein bekantes Gebeht mit den Munde spreche / der Siñ wol auff ein anders hingezogen wird / und die Zunge das ihre volführen lässet; Und wann ich mich bißweilen von dieser mir selbst widrigen Schwebung loßreisse / wil sie doch immer anhalten / und der Andacht den Lauff verhindern. Nichts neues / Durchl. GroßFürstin / nichts neues /sagete der Bischoff / sondern diß ist eben der Streit und Kampff / welchen die Gläubigen in dieser Irdischeit täglich erfahren müssen; dann wir dürffen unsern Feind nicht weit suchen / sondern tragen ihn in unserm Busem mit uns umher. Aber darüber sollen wir keinen Zweifelmuht an uns nehmen / sondern uns trösten / daß unser Alkräfftiger Verfechter JEsus / uns in diesem Kampfe nicht ohn hülffe lassen / sond'n mit seiner Gnugtuhung beyspringen wil / auff daß / wo unser schwaches Vermögen zukehret / seine Almacht gelten / und unsern Abgang reichlich ersetzen sol; fehlen wir dann bißweilen aus Fleisches Schwacheit /und sehen / daß der faule Esel nicht folgen wil / wie der Geist treibet / sondern durch Gegenwürffe des Gesichtes oder Gehörs / oder anderer Begierden abgeleitet wird / müssen wir uns doch an der Gnade Gottes genügen lassen / wann wir nur unser Gewissen rein behalten / oder da wir gestrauchelt / uns in der Zeit wieder auffrichten. Wer dann also streitet / dem wird der gerechte Richter an jenem Tage die EhrenKron nicht versagen. Aber wie schwer dieser Kampff zugehet / und wie wenig denselben recht antreten dürffen /sihet man an den Welt-ergebenen / die nicht allein den Irrungen der Andacht sich nicht entgegen setzen / sondern des unbendigen Fleischesbegierden nit eins wiederstehen wollen / weil sie nach ihrer Zärtligkeit dem Fleische nicht versagen können / was ihm sanffte tuht. Es ist wahr / antwortete die GroßFürstin / daß der ungezäumete Welthauffe den üppigkeiten sporenstreichs nachhänget / welches zwar die innerliche Boßheit in ihnen brütet / aber die Gewohnheit leget dessen bey ihnen noch den allerfestesten Fuß / daß man sie weder durch Vermahnung noch Zwang abhalten kan; daher muß der Geist bey ihnen nohtwendig erliegẽ / wie stark man gleich / ihn loßzureissen / bemühet ist; und tuht hierzu der Unglaube nicht wenig / welcher der blinden Vernunfft die Gewißheit des zukünfftigen Gutes überal zweiffelhafftig [236] machet / da sie den gegenwärtigẽ Schatten wählet / damit sie nit um bey des betrogẽ werde / weil sie doch das verborgene vor nichts hält. Ich bekeñe dz vor meiner Bekehrung ich mañichen unnützen Gedankẽ angewendet habe; ob die anreizung zur Tugend / nit nur allein um des gemeinen nutzen willẽ angesehẽ / denen aber / die dariñen sich übẽ / nur ein eingebildeter Wahn währe. Ja / gedachte ich / wz hat jener davon / dz er um eines anderen willen sich schlagen / verwunden und erwürgen lässet / und könte von seinem überflusse alle erdenkliche Wollust einnehmen? Bald fiel mir ein; was man mir von Göttern sagete / könte nit allerdinge errichtet seyn / und müste man denen zum schuldigen gehorsam die Tugend üben; aber der Zweifel wolte sich hiedurch noch nicht dämpfen lassen / sondern der verworrene Sinn rennete der vorigen Bahn wieder nach; wer hat jemahls einen Gott gesehen? vielleicht werden sie uns zum Schrecken eingebildet / auff daß wir durch solche Furcht eingehalten werden / unserer Wollust nachzuhängen / gleich wie man eine Klapper auff den Baum stellet / die Vogel abzuschüchtern /daß sie den Kirschen keinen Einfall tuhn; oder wie man einem Knechte den rauchen Pelz umbhänget / die schreien den Kinder damit zu stillen. Also wahr mein Herz in stetem Wankelmuht / welcher vielleicht wol andere mehr einnimt / und zu Frecheit antreibt / als lange ihnen das Licht der Warheit nicht scheinet / und ich daher über der Heiden Gottlosigkeit eben so hoch mich nicht verwundere; aber wann ich erleuchtete Christen sich in Sünden und Schanden wälzen sehe /solches gibt mir überaus grosse ärgernis / und verfluche diese unmenschliche Boßheit / daß sie wieder Wissen und Gewissen streben / nicht anders / als lieffe ein Verurteileter mutwillig ins Feur / da ihm doch der Richter Gnade und Lebensfristung anbeut / wann er nur seinem Frevel steuren / und des Feurs sich enthalten könte. Der Bischoff wolte ihr dieses beantworten; aber Libussa meldete ihr an / daß ihr eingesperretes Hündichen sie der gestern morgen stets getrauret /und keinen Bissen hätte essen wollen. Sie meinete aber ihren zahmen Löuen / den sie in einen Kasten gesezt hatte / welcher keinen Tag von ihr bleiben wolte /so heftig liebete er sie / und sie daher ihn ihr Schoßhündichen zu nennen pflegete. Sie hörete Libussen anbringen nicht gerne / und ging hin / ihn zubesehen. Als sie nun zu ihm trat / und die Tühr am Kasten öffnete / daß er hervor gehen kunte / sprang er frölich um sie her / daß die Diener sich verwunderten; sie aber ihn speisen ließ / und ihn mit sich auff den Saal führete / welches dem anheimischen Frauenzimmer und anderen mehr / nicht geringen Schrecken brachte / dessen sie doch bald benommen wurden / als sie sahen /wie gehorsam er sich gegen die Groß-Fürstin erzeigete / dann er stellete sich hinter ihr / und wartete nicht anders auff als ein Diener. Nach mittages gingen sie hin / alles denkwirdige zubesichtigen / an was Orte Pilatus Richthaus gestanden; auff welcher stäte der HErr JEsus gegeisselt / gekreuziget / und begraben werden; hernach fuhren sie ingesamt hin nach dem Oelberge / wo der Garte Gethsemane gelegen wahr /an welchem Platze Herkules den Juden bestritten /und die andern gekreuziget wahren / und brachten hie mit die Zeit zu biß an den Abend. Die damahl gebraucheten Kreuze stunden noch allesamt auffgerichtet /und solches den Juden zur Warnung und schrecken /doch sahe man an denselben / daß sie viel alte und neue Hiebe zeigeten / welche ihnen die Juden täglich gaben / damit sie bald niderfallen möchten. Gallus besahe die Kreuze gar genaue / und ward an denselben gewahr / daß viel Ehreisches daran gekritzelt [237] stund /welches Plautus lesen und verdolmetschen muste / da sich dann befand / das erschrekliche grausame Verfluchungen über Herkules und den Stathalter von den Juden daran geschnitten wahren / wiewol mit sehr kleiner und übel leserlicher Schrifft / welches Herr Pompejus gerne alsbald geeifert hätte / aber auff Herkules Raht unterdrückete er seinen Zorn / und stellete etliche heimliche Schildwachten aus / welche zu Tag und Nachte fleissige acht geben solten / ob ein oder ander Jude bey solchen Kreuzen sich würde finden lassen; welches kaum vier Stunde anstund / massen 16 junge verwägene Juden hinzugingen / und nicht allein unterschiedliche neue Hiebe daran tahten / sondern noch schlimmere Flüche über Herkules / den Stathalter / und den Römischen Käyser selbst hinein schnitten. Die bestelleten Hüter nahmen dessen wahr /sendeten einen ihres mittels nach dem Stathalter und liessen ihm solches anmelden / welcher unter Gallus anführung 30 bewehrte Mann hinaus schickete /denen obgedachte Juden begegneten und von ihnen gefangen angenommen wurden; auch besichtigte Plautus die Kreuze fleissig / schrieb die neuen Buchstaben ab / und brachte sie dem Stathalter; welcher solches nicht unbillich empfand / die Tähter befragete / auch auff ihr freimuhtiges Bekäntnis sie geisseln / und als Auffrührer wieder die höchste Obrigkeit kreuzigen ließ; welches die gesamte Judischeit hoch empfand /und doch dawider nichts vornehmen durfte. Bey spätem Abend / da sie über Tische sassen / und die Stadthor schon verschlossen waren / kam der Wachtmeister und meldete an / es hielten drey Reuter haussen vorm Thore / begehreten eingelassen zu werden / uñ gäben vor / sie kähmen aus Teutschland / und währen von der GroßFürstin Valiska auff ihre Wiederkunft hieher bescheiden. Die GroßFürstin bejahete / daß es ihre Leute währen / daher sie alsbald eingelassen /und zu ihr auff ein absonderliches Gemach geführet wurden / da Neklam alle begebnissen erzählete / und nach gemeldetem Grusse die Schreiben einlieferte /welche sie brach / und der alten GroßFürstin Fr. Gertrud zu erst lase / also lautend:
Herzallerliebste Fr. Tochter; deren gewünschete Erlösung und Heyraht mit meinem lieben Sohn Herkules / hat meine Seele höchlich ergetzet / insonderheit / weil euer Liebe gute Gewogenheit zu meiner Fr. Tochter ich aus ihrem beliebten Schreiben überflüssig gesehen / welches mit Elter- und Schwesterlichem Herzen an unser Seite nach mögligkeit sol ersetzet werden; dafern auch der Durchl. Fürst aus Meden das vorgetragene weiter gebührlich suchen wird / wil ich äusserst mich bemühen / euer Liebe zu gefallen / es also zubefodern / daß andern Freiern sie versaget / und da es den Göttern also gefallen solte / diesem gefolget werde / weil unsere Zuversicht nicht zweiffeln kan / eure Liebe werde uns keinen unwirdigen vorschlagen. Vor übergeschikte Kleinot wird freundlich gedanket / und die Vergeltung versprochen; daß aber mein Gemahl selbst nicht geantwortet / wird Einbringer dieses / berichten können. Lebet wol herzgeliebete Fr. Tochter mit eurem Gemahl meinem allerliebsten Sohn /uñ nähst Mütterlicher begrüssung dessen / und eures Herrn Bruders / meines auch herzgeliebten Sohns Königes Ladisla / seid göttlicher Obhuet unter der Vermahnung befohlen / daß ihr ingesamt mit eurer hochgewünschten Gegenwart bald erfreuet / eure geträueste Mutter
Gertrud.
Bald hierauff durchsahe sie auch der Fräulein beyde AntwortSchreiben / und ward der übergeschikten Halskette an Arbianes sehr froh / welche sie zu sich nam / wieder zur Geselschafft ging / und den dreyfachen Gruß an Herkules und Ladisla ablegete /welches Arbianes mit sonderlicher begierde anhörete /aber wol gedachte / daß sie ihm seyn Glük oder Unglük in geheim melden wolte; wie sie dann / da sie zu Bette gingen / zu ihm sagete: Geliebter [238] HerrBruder /morgen wil ich eure Liebe auch erfreuen / weil sichs hinte nicht hat schickẽ wollen; welches er mit grosser Hoffnung annam / und daß er diese kurze Zeit gerne abwarten wolte. Diese Nacht begehrete die GroßFürstin Frl. Lukrezien zur Schlaffgesellin / welches ihr überaus lieb wahr / dann sie hatte sich dermassen in sie verliebet / daß ihr dauchte unmöglich seyn / sich wieder von ihr trennen zu lassen. Des morgens früh wartete Arbianes mit verlangen / was vor Zeitung ihn erfreuen oder betrüben würde / da die GroßFürstin ihn später als er wünschete / fodern ließ / und mit diesen Worten ihn empfing: Mein Herr Bruder / welcher gestalt eure Liebe ich allemahl zur beständigen Hoffnung angespornet / ist ihm nicht unwissend / und mag er sich wol versichern / daß ich nicht zweiffele / wir werden unser Vorhaben zum gewünscheten Ende ausführen / dessen ich dann in dem empfangenem Schreiben gnugsame Zeugnis habe. Es lässet aber der GroßFürst und sein Gemahl eure Liebe freundlich grüssen / und bedanket sich nicht allein meine Frl. Wase vor übergeschikte Kleinot / sondern übersendet zugleich euer Liebe dieses Halsketchen mit ihrem Brustbildichen / unter der Zuversicht / mein Herr Bruder werde es willig annehmen / und als ein Zeichen ihres dankwilligen Gemühts ihr zum steten Gedächtnis tragen. Arbianes wuste nicht / mit was Ehrerbietigkeit er dieses annehmen und beantworten solte / bedankete sich zum höchsten / daß sie seinen Wunsch schon so weit fortgesetzet / und erbot sich / nach ihren willen alles zurichten. Nachgehends taht Valiska ihrem Herkules alles kund / und daß sein Herr Vater sich keines Unwillen gegen die Abgesanten wieder jhn hätte vermerken lassen; sie begehrete auch von ihm / daß der Morgenländischen Fürsten Geschenke möchten abgeladen und besichtiget werden / damit dieselben es nicht vor eine Verachtung außlegeten / wann sie dereins von Arbianes solche Unterlassung vernehmen solten. Also wurden den ganzen Tag über alle Sachen von den 200 Wagen auff die Burg getragen / da sie eine so überaus grosse Menge an gemünzetem Golde / Kleinoten /ädlen Steinen / Perlen / und köstlichen Tüchern sahen / daß sie sich darüber entsetzeten und ganz unwillig wurden / daß sie sich gegen Arbianes vernehmen liessen / wann sie nicht fürchteten daß die vereinigte Fürsten es vor eine Beschimpfung auffnehmen würden /wolten sie ihnen alles wieder zurük senden / dann sie müsten sich schämen / so übermachte Schätze vor ihre geringe Dienste anzunehmen; welches aber Arbianes höchlich verbaht / und daneben beteurete / dz /da es geschehen würde / er seinem Herr Vater nicht dürffte unter die Augen ko en. Weil auch angezeiget ward / daß etliche Juden die vergangene Nacht sich zwischen die Wagen verstecket / und dieselben zubestehlen vorgehabt / wurden auch die übrigen Wagen abgeladen / und die Tähter nach empfangenem Staupbesem des Landes auff 20 Meile von Jerusalem / verwiesen. Des folgenden Tages zogen die unsern samt dem Stathalter und den seinen auff dem geputzeten Elefanten aus nach Bethlehem und andere örter /allerhand denkwirdiges in Augenschein zu nehmen /und gelangeten des andern Tages umb den späten Abend wieder zu Jerusalem an / dann sie durfften nicht weiter gehen / weil die Groß-Fürstin ihrem Herkules zu wissen taht / daß sie die Geburtzeit heran nahen merkete; wie sie dann von Gott des folgenden morgens umb sechs Uhr ihrer weiblichen Bürden entbunden ward / und sie eines sehr wolgestalten Herrleins ohn sonderliche Schmerzen genase / wuste auch die Geburtswehe dergestalt zuverbergen / daß man gar geringe verenderungen [239] an ihr spürete. Was nun vor grosse Freude nicht allein bey den lieben Eltern /sondern allen Anwesenden hierüber entstund / gaben sie alle an den Tag; und ließ Herkules dem Bischof behueff der Armen Christen im Judischen Lande /eine Tonne Goldes einreichen / auch vor die gnädige Entbindung eine öffentliche Danksagung in ihren Versamlungen anstellen. Es wahr der achte Tag des Wintermonats / des 226sten Jahrs / heutiger gemeinen Rechnung / nach der Geburt unsers Heylandes / da das Herrlein zur Welt gebohren ward / uñ hatte die liebe Mutter in wehrenden sechs Wochen allerhand bedienung von Fr. Terenzia / Frl. Lukrezien und ihrem eigenen Frauenzimmer / unter welcher Zeit unsere Helden dem Gejägte und andern Fürstlichen übungen oblagen / insonderheit aber den Löuen und andern grimmigen Tihren nachstelleten. So bald die sechs Wochen zum Ende gelauffen / ließ Herkules sein liebes Söhnlein durch die heilige Tauffe dem HErrn Christus zuführen; wobey als Gezeugen erbehten wahren Ladisla / Pompejus und Fabius / die ihn Herkuliskus nenneten / und hiemit der lieben Eltern Wunsch unvermuhtlich erfülleten. Nach verrichteter Tauffe stellete Herkules ein Fürstliches Mahl drey Tage lang an / wobey ein Ringelrennen gehalten ward; worauff das GedächtnißFest der Geburt unsers Heylandes einfiel / welches die unsern mit grosser Andacht hielten. Die GroßFürstin hatte zeit ihrer Sechs Wochen ein ReimGeticht auffgesetzet über die Rede des grossen Engels an die Hirten / und über den Lobgesang der himlischen Heerscharen / welches sie dem Bischoff zuverlesen gegeben / weil es in Lateinischer Sprache auff Pindarische art geschrieben war; derselbe ließ es von etlichen Christlichen Schülern auswendig lernen / welche es an diesem Feste auff des Stathalters grossem Saal / mit männigliches Vergnügung sungen / und allemahl das Seitenspiel mit einstimmete / so daß in den ersten fünff Satzen der grosse Engel / in den dreyen lezten aber die himlischen Heerschaaren den Anfang macheten / denen immerzu die Hirten antworteten / und darauff ein Häuflein an stat der Christlichen Kirchẽ die andere Antwort gab /gleich wie die GroßFürstin es eingerichtet hatte / und hieselbst vorgestellet wird.
Weihnacht-Lied
Nach Pindarischer Weise eingerichtet.
Der Erste Saz.
Des grossen Engels Rede.
Ihr Hirten sollet Furcht und zagen 1
Hinweg aus euren Hertzen jagen;
Den Schrecken leget von euch hin /
Der eure Seel hat überwogen;
Ich komme nicht mit Schwert und Bogen /
Ich der ich Gottes Boschtaft bin /
Euch grosses Wunder anzumelden
Nach welchem Väter und die Helden
So manches Seufzen und Geschrey
Zu Gott gen Himmel hingeschicket /
Damit sie würden frank und frey
Vom Tode der sie hart bestricket.
Das klare Licht / der helle Schein /
Damit ich gänzlich bin ümbgeben /
Sol euren Augen / eurem Leben
Zu diesem mahl unschädlich seyn.
Der I. GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O heller Glanz! der Seraphinen /
Die unserm Himmels-Fürsten dienen /
[240]Der alle Wolken auffgedecket /
So daß man durchhin sehen kan.
Es zittern unser Herz und Glieder /
Doch stärkt dein Trost sie etwas wieder /
Nach dem du uns versichert hast /
Es sol uns keinen Schaden bringen.
Bistu gewißlich erster Man.
Dein klarer Bliz hat uns erschrecket /
So sez uns nun in Ruh und Rast /
Und mache kund vor allen dingen
Was Wunder du erzählen wilt.
Wir wollen unsern Sin herneigen /
Und uns dir dankbarlich erzeigen /
Wo unser Dank sonst bey dir gilt.
Der I NachSaz.
Christlicher Weynacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Sollen wir andere Völker der Erden
Unseren Schrecken nicht legen beyseit /
Welcher in dieser trübseligen Zeit
Täglich sich mehret durch Kriegesbeschwerden?
Sollen wir nimmer erlediget werden /
Klagen und sagen nur immer von Streit?
Leget sich einig derselbigen Leid /
Welche mit ihren bewolleten Heerden
Hecken und Wälder und Felder durchzihn?
Unser so lange geplageter Sinn /
Bleibet der immer in Furchten und Zagen?
Glänzender Engel die grosse Gefahr
Rücket und drücket die gläubige Schaar /
Welche den Schmerzen nicht länger kan tragen.
Der II Saz.
Des Engels Rede.
Ich bringe nach so schwerem Leide 2
Euch Freud uñ Lust; nach Hunger / weide;
Nach harten Schlägen sanfte Ruh.
Die Schlange hat euch vor betrogen /
Und Gottes Gnaden-gunst entzogen /
Die führ ich euch jezt wieder zu.
Mein predigen ist Himmels-freude /
Wie Gott euch mit dem Ehren-Kleide
Nach diesem selber zieren wil.
Vernehmet doch das Wort der Gnaden /
Das allerbeste Lebensziel /
Worauff ich euch jezt muß einladen,
Hier ist der Satzen Donner nicht /
Der nichts als Schrecken kan erregen;
Mein Wort ist lauter Glük und Segen /
Das euch den Himmel selbst verspricht.
Der II GegenSaz
Der Hirten Antwort.
Was sind dann das vor grosse Gaben /
Die wir aus deiner Predigt haben?
O schöner Engel mach' es kund!
Sol etwa gute Zeit entstehen /
Da unsre Schaffe weiden gehen /
Daß weder Schäffer noch sein Hund
Die Dieb' und Wölfe darf abtreiben /
Die selten von den Hürden bleiben?
Wird etwan ein gewünschtes Jahr
Den Ställ- und Auen Segen bringen?
O reicher Gott / wird dieses wahr /
So wollen wir den Reihen singen;
Wir wollen den Schalmeien-Klang
Dir Gottes Engel zugefallen
Auf Berg- und Tahlen lassen schallen /
Und opfern dir ein Lamb zu Dank.
Der II NachSaz
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Lässet der Himmel uns Freude vortragen?
Predigt der Engel noch selber von ihr?
Lieber was leiden und fühlen dann wir
Immer und immer die blutigen Plagen?
Wissen Betrübte von Freude zu sagen?
Hersscher der Erden / ach höre doch schier!
Deine Geängsteten winseln vor dir /
Bitten du wollest auffhören zu schlagen.
Gönne nach langer erlittener Pein
Deinen Geliebten eins frölich zu sein.
Sollen die Straffen uns gänzlich auffreiben?
Würge den Würger / ertödte den Tod;
Treibe den Treiber / und zwinge die Noht /
Ferner aus deiner Behausung zu bleiben.
[241] Der III Saz.
Des Engels Rede.
Vernehmets / O ihr blöde Hirten / 3
Die ihr euch bey den grünen Myrthen
Den langen Tag zu halten pflegt.
Die Lust und Freude / die ich bringe /
Ist nicht so kindisch und geringe /
Als sie von euch wird außgelegt.
Es sol der ganze Kreiß der Erden
Der grossen Freude fähig werden;
Da wo die Sonne früh aufsteht;
Da wo sie alles schwarz anstreichet;
Da wo sie Abends untergeht /
Und da der Winter nimmer weichet /
Sol diese Freude lautbar seyn;
Der Menschen Seel und Herz erquicken /
Sie mit des Himmels Gunst anblicken /
Und nehmen ihre Sinnen ein.
Der III Gegen-Saz.
Der Hirten Antwort.
Das mag wol Freude seyn und heissen /
Die alle Welt sol zu sich reissen!
O lieber Engel / werden dann
Wir / die wir durch die Felder ziehen /
Und grosser Städte Wollust fliehen /
Auch dieser Lust seyn zugetahn?
Vielleicht wird sie nur denen bleiben /
Die Wunder mit dem Degen treiben?
Vielleicht wird der Gelehrten Schaar
Uns diese Freud' und Lust nicht gönnen?
Vielleicht wird / der die Gelder baar
Außzählt / sie an sich käuffen können?
Wo bleibet dann mein Korydon?
Was sol Menalkas dann beginnen /
Und Mops / der ohn das grober Sinnen?
Dann müssen wir ohn Trost davon.
Der III. NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Himlischer Bohte / du Fröligkeit-Bringer /
Deine Zeitungen sind Zucker und Wein;
Führen die grössesten Güter herein /
Welche durch Gottes Allmächtigen Finger
Leides und Neides- und Hellen-Bezwinger
Immer und ewig geordenet seyn.
Weiche von dannen du fressende Pein /
Mache das quälen nach diesem geringer;
Himlische Freude geht stärcker als du;
Machest du Schmerzen so machet sie Ruh.
Sollen die Grenzen der Erden beschmecken
Diese verkündigte Freude; so muß
(Welches ich hoffe) mein einiger Fuß
Ewig im Leide nicht bleiben bestecken.
Das IV Saz.
Des Engels Rede.
Ihr Hirten fürchtet euch vergebens; 4
Der Fürst und Herzog eures Lebens /
Das Heil der Menschen ist gebohrn.
Euch armen Welt-geringen Leuten
Kömt Er / den Himmel zu erstreiten /
Den jhr aus Frevel habt verlohrn.
Des Degens Macht / das tieffe wissen /
Das blanke Geld trit er mit Füssen /
Es ist vor ihm nur Staub und Koht-
Er ist ein Heiland aller Armen /
Die ihr' Unwirdigkeit und Noht
Erkennen / läst er sich erbarmen.
So frischet nun Herz Sinn und Muht /
Geht / euren Heiland zu empfangen
Zu Bethlehem solt ihr erlangen
Das allergröste Himmels Gut.
Der IV GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O Werter Engel / dein erzählen
Vertreibet unser Sinnen quälen.
Ist unser Heiland in der Welt?
Ist er zu Bethlehem zu finden?
[242]Verseumet dieses Glücke nicht.
Wir wollen die Sakpfeiffen stimmen /
Und spielen ihm ein Lobgeticht /
Das sol biß an die Wolken klimmen.
So wollen wir den leichten Winden
Gleich lauffen über Püsch und Feld /
Des Lebens Hertzog zu beschauen /
Auf / auf ihr Hirten / müst euch zauen
O sollen wir zum Fürsten gehn /
Vor welchem sich die Engel neigen /
Und alle Sklaven-Dienst erzeigen?
O Freude! sollen wir den sehn?
Der IV NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Gütiger Heiland / so bist du verhanden /
Welchen die Väter so heftig begehrt?
Werden wir heute des Glückes gewehrt /
Welches wir frölich vom Engel verstanden?
Lösest du heute die Ketten und Banden?
Werden uns himlische Güter beschehrt?
Werden die hellische Flammen verheert?
Machest du Teufel und Sünde zu schanden?
Gütiger Heiland / wir freuen uns dein.
Kehre bey deinen Geliebten ein /
Welche kein Bleiben auf Erden mehr finden.
Wende den Jammer und stille das Blut;
Sende den Frieden und dämpfe die Glut
Ehe wir unter den Straffen verschwinden.
Der V Saz.
Des Engels Rede.
Der Heiland / welcher euch vom Bösen 5 Durch Kreuz und Marter wil erlösen /
Kömt nicht aus Mannes Samen her.
Er ist der grosse Schlangen-Treter /
Der grosse Gott und Wunder-Tähter /
Emanuel von hoher Ehr
Und starker Macht; Er ist bekleidet
Mit Fleisch und Blut / darin Er leidet /
Und ist doch Gott von Ewigkeit /
Der selbst den Himmel hat geründet /
Wird Mensch zu dieser letzten Zeit;
Der Meer und Erden hat gegründet;
Der mit dem hellen Blitze spielt;
Der Berge mit dem Donner splittert;
Vor welchem Hell' und Tod erzittert /
Wird von Marten heut gezielt.
Der V GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O Seht den wunder-schönen Knaben /
An dem wir unsre Wollust haben /
Der hier in dieser Krippen liegt!
Bist du das sehnliche Verlangen /
An dem die Väter stets gehangen?
Bist du / der uns das Heil zufügt?
O grosser GOtt und HErr der Erden /
Wie must du dann so elend werden?
Wo ist dein ReichsStab / Schwert und Krohn?
Wo ist die Königliche Wiegen?
O Himmels-Kind; O Jungfern Sohn!
Must du alhie so nacket liegen?
Was ist das vor Tapezerey?
Ein altes Tuch / ein dünnes Küssen /
Das dir kaum reichet biß zun Füssen;
Ein Bündlein Stroh / ein wenig Heu'!
Der V NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Mächtiger Schöpfer! was sol es bedeuten?
Sage / was treibet zu solchem dich an?
Welcher den Himmel ümkeuselen kan /
Monden und Sternen hat können bereiten;
Meeres Ziel setzen und Wasser ableiten /
Kömmet als währe schier übel getahn /
Mächtig zu bleiben. Was treibet dich dann /
Unter den Tihren dein Bette zu spreiten?
Herscher der Erden / wo bleibet dein Schein?
Wickelt man diesen in Windelen ein /
Welcher durch seine Macht alles muß tragen?
Wunder O Wunder / der ewige Gott
Leidet Gebrechen / Frost / Hunger und Noht;
Welches ich nährlich vor Wunder darf sagen.
Der VI Saz.
Der himlischen Heerscharen Lobgesang.
6Nun gebet Lob dem grossen HErren / Was O dem schöpfet nah und ferren /
[243]Und weißlich alle Welt außzieret /
Weil Er euch das selbständge Wort
Zum Heiland runter hat geschicket.
Steht vor ihm hurtig und gebücket /
Besinget seine hohe Macht.
Ihr seyd nun unserm Heilgen Orden /
Besinget diesen euren Hort /
Der seine Macht im Himmel führet /
Der euretwegen stetes wacht /
Von neuen einverleibet worden.
Drum preiset Gottes Gnaden-Raht /
Und last die Dankbarkeiten spüren /
Wie sich von rechte wil gebühren /
Weil er euch so geliebet hat.
Der VI GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O Grosser Gott / du HErr der Stärke;
Wie wunderlich sind deine Werke;
Wie prächtig gehet deine Macht.
Der du die Sonne früh ansteckest /
Und Abends spät den Monde weckest /
Machst Sommer / Winter / Tag und Nacht.
Und (das zum höchsten ist zu preisen)
Pflegst immer Gnade zu erweisen /
Uns die wir doch nur böse seyn.
Laß unser Opfer dir gefallen /
Und schau in unser Herz hinein /
Ob wir gleich wie die Kinder lallen /
Ist doch der Sinn und Wille gut.
O laß das bäuerische singen
Biß hin zu deinen Ohren dringen /
Und halt uns stets in Schuz und Huht.
Der VI NachSaz
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Gütiger Vater / was können wir geben?
Lieber / wie können wir danken der Gunst /
Welche nach deiner unmäßlichen Brunst /
Unsere Güter / Gemühter und Leben
Häget und pfleget. Wie heftig wir streben /
Finden wir leider nur Nebel und Dunst;
Wolten zwar gerne mit höhester Kunst
Deine hochrühmliche Tahten erheben.
Aber O Vater / das himlische Licht
Rühmet vor deinem Gesichte sich nicht /
Solte dann Erde dir können gefallen?
Vater ersetze / was mangelt annoch /
Tilge der Sünden beschwerliches Joch /
Frölich sol unser Getichte dann schallen.
Der VII Saz.
Der Himlischen Heerschaaren Lobgesang.
Nach diesem bleibt der grosse Frieden 7 Von eurer Seelen ungeschieden /
Der Frieden welcher Gott gefält /
Der Herzens-Quahl und Unmuht stillet /
Der das Gewissen stets anbrüllet
Und wegen Schuld zu rede stellt.
Der Frieden / welcher Gottes Straffen /
Durch Christus Wunden abzuschaffen
Ihm lässet angelegen seyn.
Wer diesen Frieden bey sich träget /
Bleibt ewig frey von Hellen-Pein /
Die durch den Teufel wird erreget.
Er bleibet stets in Gottes Schuz.
Und ob ihm gleich der Hellen Rachen /
Und eigne Schuld angst wolten machen /
Beut er doch ihnen allen Truz.
Der VII GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
Ist nun die liebe Zeit erschienen /
Da Fried in unserm Lande grünen /
Und allen Krieg vertreiben sol?
Da Wölffe bey den Lämmern liegen / 8 Da Pardel sich zun Böcken fügen /
Und bleibet doch die Heerde vol?
Da Räuberische freche Löuen
Dem Kalb uñ Mastvieh nicht mehr dräuen;
Da Küh' und Bären friedlich gehn /
Und eine Weid in Ruh befressen /
Die Jungen bey einander stehn /
Und Löuen Ochsen-Futter essen.
Da Kinder an der Mutter Brust
Beim Otter-Loche werden spielen /
Des Basilisken Nest durchwühlen
Und haben an den Schlangen Lust.
[244] Der VII NachSaz.
Christlicher Weinacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Selig O selig / die Frieden bewohnen!
Selig O selig / des Acker und Land
Werden mit Pferden ohn Sattel berant!
Selig die ihrem Gesinde nur lohnen /
Dürffen nicht unter der Kriegeslast frohnen /
Sehen nie keine Feurspeiende Hand /
Keine Feld-Schlachten / kein Lager noch Brand /
Essen sie gleich nur gesalzene Bohnen.
Himlischer Vater; die die geistliche Ruh /
Sendestu heute den Deinigen zu.
Weltlicher Frieden / wann kömmestu wieder?
Schwerter und Spiesse die würgen noch fort /
Rauben und Stehlen / Verheerung und Mord
Schläget noch immer die Frommen darnider.
Der IIX Saz.
Der himlischen HeerSchaaren Lobgesang.
Ihr Menschen Kinder last euch rahten
Und nehmet Gottes Wundertahten 9 Mit hochgeneigtem willen an.
Ihr habet seine Gunst nun wieder /
Die lässet sich zu euch hernider /
Wol dem der sie recht fassen kan!
Vor diesem seid ihr abgewichen /
Und falschen Göttern nachgeschlichen /
Der rechte Gott wahr unbekant /
Der hat sich klärlich offenbahret /
In dem er seinen Sohn gesand /
Der euch vor Hellen-Gluht bewahret.
Erwecket euren Sinn und Muht /
Eur Herz und ganzes Wolgefallen /
Und lobt denselben mit uns allen /
Der euch so viel zu gute tuht.
Der IIX GegenSaz
Der Hirten Antwort.
O Grosser GOtt / richt' unsern Willen /
Den deinen gerne zuerfüllen.
Die böse Wurzel stecket fest
In unsern innersten Gedanken /
Die uns im guten machet wanken /
So gar sind wir der Sünden Nest.
Dein guter Geist muß unser Tichten
Nach deinem heilgen Willen richten /
Sonst ist es lauter Ubeltaht.
Wir straucheln stets auff unsern Wegen
Und wissen weder Trost noch Raht /
Weil Sünd' und Tod uns Stricke legen.
O milder Heyland spring' uns bey /
Daß wir an deinen Himmels-Gaben
Von Herzen Wolgefallen haben /
Und unser Wille deiner sey.
Der IIX NachSaz.
Christlicher Weinacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Fleischliche Kräffte sind ledige Bäume /
Zeigen viel schönes und geben es nicht.
Unser Vermögen / wie viel es verspricht /
Bleibet doch lauter vergebliche Träume.
Unsere Sinnen sind nimmer daheime /
Welche dem HErren die schuldige Pflicht
Sollen abtragen; das Geistliche Licht
Lieget im Brunnen erloschen. Ich zäume
Meine Gedanken / so rennen sie doch.
Heiliger Vater / das sündige Joch
Drücket zu stränge; du schaffe den Willen;
Schaffe die Kräffte / mein tichten ist schlim /
Sollen wir lieben / so steiget der Grim;
Deine Gunst aber kan alles erfüllen.
Nach Endigung dieses Liedes hielten unsere Christen allerhand Unterredung von geistlichen Sachen /da endlich Herkules im Nahmen der ganzẽ Geselschaft bey dem Stathalter fleissige Ansuchung taht /umb schleunigen Abscheid / wobey er dieses vorbrachte: Hochmögender Herr Stathalter / Hochgebohrne Fr. Stathalterin / als Vater und Mutter zuehren; Was vor hohe Gewogenheit Eure Liebden mir und meinen Gefärten diese Zeit über sehen lassen /leuchtet heller zu Tage / als daß es meiner weitläufftigen Erzählung [245] Juden Gewalt beschützet; bald darauff als ein Sohn angenommen / und mit allem überflusse zur Reise versehen; Ja es sind alle mir erzeigete Woltahten dermassen vielfältig und wichtig / daß ich sie zuerkennen / meine ganze Lebenszeit darauf wenden muß. O wolte Gott / daß meine Landschafften also belegen währen / daß aufs wenigste ich alle Jahr meine hochwerte Eltern besuchen / und an ihrer gewünschten Gegenwart mich ergetzen könte; wiewol ich hoffe / Gott werde es schicken / daß wir zuzeiten uns noch besuchen können. Vor dißmahl erinnert uns unserseits die hohe Nohtwendigkeit / dereins aufzubrechen / und die unsern zu erfreuen / welche ohn allen zweifel mit grosser Furcht und sehnlichem verlangen täglich nach uns aussehen werden / wo sie uns wol nicht gar als ermordete beweinen / weil in so langer Zeit ihnen keine Schreiben oder andere Zeitung von uns zukommen ist / welche wir zu dem Ende hinterhalten wollen / dz wir unsere Wolfahrt ihnen selbst überbringen / und ihre freude umb so viel grösser machen möchten; Gelanget demnach unser bitliches ersuchen / daß mit ihrer guten Bewilligung Abscheid zunehmen / uñ erstes Tages zu Schiffe zugehen uns möge erläubet seyn / damit wir das ungewöhnliche Wetter und guten Wind nicht verabseumen / und hernach die unfreundlichen Stürme ausstehen dürffen /welche insonderheit den Schwangern und Säuglingen / so bey uns sind / sehr gefährlich seyn würden. So gewiß wir nun unsers Herrn Vaters guter Gewogenheit versichert sind / so ungezweifelt versprechen wir uns auch von dessen Liebe eine freundwillige und schleunige Erlassung / demnach wir nunmehr eine geraume Zeit hieselbst ausgehalten / und nit wenig Ungelegenheit gemacht haben. Pompejus gab zur Antwort: Durchleuchtigster GroßFürst / Hochgeliebter Herr Sohn; Eure Liebe rechnet das wenige so hoch /was etwa ich und die meinigẽ aus Pflicht geleistet haben / und verschweiget daneben das unermäßliche /welches von derselbẽ durch Gottes gnädige Schickung uns zukommen ist / nehmlich die heilsame Erkäntniß des wahren Gottes / ohn welche wir ewig hätten müssen verlohren seyn; Jedoch / wann Eure Liebe sich der neulich überschikten Kleinot nur erinnert / wird sie befinden / daß auch dz zeitliche schon mit Zinsen ersetzet ist / und ich das geringe auf teuren Borg wider meinen Willen habe austuhn müssen. Ob ich nun zwar liebers nicht wünsche / als dz solche liebe Freunde biß an mein Ende von mir nicht möchten getrennet werden / und aber wegen ihrer Wolfahrt solches nicht geschehen kan / so schätze ich mich nicht allein glükselig / daß ein so treflicher Fürst / von dessen Ruhm alle Welt erfüllet ist / mir den Nahmen eines Vaters zugeben sich nicht wegert / sondern zugleich mir auch die Hoffnung machet / gelegenheit zusuchen / dz wir uns zuzeiten gegenwärtig erlustigen mögen. Den begehreten Abscheid / in ansehung meines Durchl. Herrn Schwagers / Königes Ladisla / muß ich billich nicht hemmen / zweifele doch nicht / meine Herren werden unbeschweret seyn / noch etwa 9 /oder 10 Tage bey mir zuverharren / damit eine gnugsame Anzahl Schiffe herbey gebracht / und die Güter eingeladen werden mögen / alsdann dieselben länger aufzuhalten mir nicht gebühren wil. Die Groß-Fürstin beantwortete ihm solches also. Durchl. Herr und Vater / auch herzgeliebete Fr. Mutter; wir erkennen uns schuldig / Ihrer Liebe hierinnen gerne zugehorsamen / und die zur Bereitung nohtwendigen Tage auszuhalten / auf daß wir zur gebührlichen Danksagung Zeit und Gedanken gewinnen; Ich habe aber zugleich eine kindliche Bitte an dieselbe abzulegen / ob mir könte gegönnet seyn / meine herzgeliebete Frl. Schwester / Frl. Lukrezien [246] mit mir nach Padua zuführen / deren Heil und Wolfahrt mein Herr Bruder und mein Gemahl neben mir / als unser selbsteigenen uns werden lassen angelegen seyn. Herr Pompejus hatte sich dieses begehrens schon zeitig versehen / wolte ihr auch solches nicht abschlagen / und gab diese Antwort: Durchleuchtigste GroßFürstin / hochwirdige Fr. Tochter; in was Geselschafft könte mein geliebtes Kind Lukrezie mehr Zucht und Gottesfurcht fassen /als bey Ihrer Durchl. die ich sonder Schmeicheley wol einen Spiegel der volkommenen Tugend nennen und preisen kan / daher Ihre Liebe ein solches bey mir suchet / warumb ich vielmehr zubitten hätte / und gezwungen bin / vor diese hohe Zuneigung gegen mein Fleisch und Blut mich dienstlich zubedanken / nicht zweifelnd / dieselbe werde mit der Unvolkommenheit meiner Tochter geduld tragen / und sie vor ihre Dienerin annehmen / sie auch biß zu meiner Abfoderung /oder ihren weiteren Abzug / ihrer Unterweisung teilhaftig machen / ob ich gleich keine Mittel es zuvergelten weiß. Das liebe Fräulein hatte bißher gezweifelt / ob die Eltern ihr diese Reise gönnen würdẽ / erfreuete sich solcher Einwilligung / und nach geleistetem Handkusse sagte sie: Gnn. Herr Vater und Fr. Mutter; ich bedanke mich kindlich dieser willigen Vergünstigung / mit dem versprechen / allen möglichen Fleiß anzuwenden / daß in meiner Aufwartung ich der Durchleuchtigsten GroßFürstin / die mich unwerte des SchwesterNahmens wirdiget / gebührlich an die Hand gehe / und mit willen sie nicht erzürne. Die GroßFürstin sagte gleichmässig Dank / und wiederhohlete ihr voriges versprechen. Ward demnach alles zum Aufspruche fertig gemacht / und noch desselben Tages 50 treffliche Schiffe verschrieben / in den nähesten Hafen einzulauffen / weil sie von allem mitgebrachten nichts hinterlassen wolten / da die Parthische Leibeigene / umb ihre Freyheit zubefodern / sich vor Ruderknechte anerbohten. Neklam und Ruprecht / nebest ihrem Dolmetscher Azores / hatten sich angegeben / daß sie den Christlichen Glauben anzunehmen grossen Willen trügen / deßwegen sie nach fleissiger Unterrichtung / so von Leches geschahe / die Heilige Tauffe empfingen / da inzwischen Arbianes alle Tage zwo Stunden sich mit Fr. Valisken und Brelen in der Teutschen Sprache übete / wozu er schon zu Persepolis den Anfang gemacht hatte. Als nun am achten Tage nach Herkules Ansuchung / alle Sachen zu Schiffe gebracht wahren / lieferte Fr. Valiska dem Stathalter sehr köstliche Kleinot und Gewand / ließ auch dem Fräulein drey TonnenSchaz auszählen /Kleinote aber und andere Sachen solten ihr zu Padua geliefert werden. Arbianes bezeigete sich auch gar freygebig / weil ihm viel gutes geschehen war / uñ bezahleten die unsern alles reichlich / was ihre Leute und Pferde verzehret hatten. Des folgenden Tages brachen sie auff / und geleitete sie Herr Pompejus und sein Gemahl biß nach Joppen / woselbst die Schiffe im Hafen lagen. Es trug sich aber mit dem Elefanten ein sonderliches zu; nehmlich sein Meister ein Indianer wahr unwillig / mit nach Padua zureisen / dann er hatte sich zu Persepolis mit eines Bürgers Tochter ehelich versprochen; Nun wuste er / daß ihm Lebensgefahr drauff stünde / wann er heimlich davon lauffen würde / darumb legete ers mit dem Elefanten an / daß er sich wegern solte / weiter zuzihen / welches er also verrichtete: Er hatte schon etliche Tage her dem Elefanten vorgesaget / man wolte ihn über Meer in ein fremdes rauhes Land führen / woselbst ihm schlimmes Futter solte gereichet / auch aller Zieraht entwendet werden / würde nur Holz / Steine und Wasser tragen müssen / und das verächtlichste [247] Tihr unter allen seyn; derhalben wolte er ihn geträulich warnen / daß er sich nicht solte lassen zu Schiffe bringen / damit er dieses übels entfreyet bliebe. Man hat sich über dieses Tihrs Art billich zuverwundern / gestaltsam dasselbe von dem gemeinen Leutẽ vor vernünftig gehalten wird / weil es des Menschen / insonderheit seines Meisters Reden verstehet / uñ darnach sich zuhalten weiß /welches an diesem gnugsam erschien; dann vorerst hatte man viel Mühe / ehe man ihn zu Jerusalem aus dem Stalle bringen kunte; ging auch den ganzen Weg nach Joppen so traurig / daß jederman meynete / er währe mit einer Krankheit behafftet / welches sein Meister ihnen artig wuste einzubilden / biß man ihn ans Schiff brachte / und über eine darzu gemachte Brücke hinein leiten wolte; dann da stund das Tihr am Unfer ganz stille und unbewäglich / daß mans weder mit Schlägen noch harten Worten aus der Stelle bringen kunte. Ein Mede aber war unter Arbianes Reuterey / welcher dieses Tihrs Eigenschafft wuste / und sahe / daß die Schuld an dem Indianer lag / welches er Herkules offenbahrete / es würde gewißlich der Meister dem Elefanten etwas widriges eingebildet haben /zweifelte nicht / da man ihn mit harten Straffen dräuete / würde das Tihr schier folgendes Tages mit frölichem willen hinein gehen. Herkules kam dieses zwar ungereimet vor / doch wolte ers versuchen / und dräuete den Indianer mit Ruhten streichẽ und kreuzigen zulassen / wo er das Tihr nicht willig machete /welches er abgeschrecket hätte. Dieser wolte die Taht zwar nicht gestehen / und furchte sich doch vor der Straffe / daher er allen möglichen Fleiß versprach /ober das Tihr auff bessere Meynung bringen könte; nam es im Stalle absonderlich vor / und redete ihm sehr freundlich zu: Er hätte zwar bißher gemeynet /sie würden in ein unfreundliches wildes Land geführet werden / aber nunmehr vernähme er gar das Widerspiel / daß nehmlich ihre Reise nach dem ädlesten Ort der Welt gerichtet währe / woselbst das allerniedlichste Futter anzutreffen / und er überdas mit dem köstlichsten Zeuge solte beleget werden; müste deßwegen einen frischen Muht haben / und sich ferner nicht wegern / zu Schiffe zugehen / gab ihm auch ein sehr gutes Futter / und sagete / dieses währe aus demselben Lande / und nur das geringste / dorten aber würde es viel besser fallen. Nun hatte sich Herkules im Stalle heimlich verstecket / dz er alles hörete / und mit Verlangen erwartete / was hierauff erfolgen würde; da er des andern Morgens mit Verwunderung sahe / wie freudig das Tihr nicht allein nach dem Meer ging /sondern selbst über die gemachte Brücke in das Schiff eilete. Hieselbst nam nun Herr Pompejus und sein Gemahl freundlichen Abscheid von unser Geselschafft / und befahl sie der Gnade Gottes zu allem Wolergehen; vermahnete auch seine Tochter / sich gegen Herrn Fabius zu Padua nicht anders zuhalten / als ob er ihr leiblicher Vater währe / an welchen er ihr auch einen Brief mitgab. Die unsern wünscheten ihm hinwiederumb allen leiblichẽ und Geistlichen Segen / da die GroßFürstin im scherze sagete: Wann etwa zu Padua sich ein wirdiger Freyer angeben würde / bähte sie umb Volmacht / neben Herrn Fabius darin zuschaffen / hoffete auch / sie würden alsdann auff das HochzeitFest gerne erscheinen. Worauff der Vater ebenmässig im scherze antwortete / es solte ihr alles heimgestellet seyn. Darauf gingen sie frölich zu Schiffe / und sägelten mit gutem Winde ohn Sturm und Gefahr den geraden Weg auff das Eiland Kreta zu.
Die in Mesopotamien Gefangene / wahren schon bey gter Zeit zu Persepolis angelanget [248] und wurden durch deren Ankunft die vereinigten Fürsten höchlich erfreuet / gaben ihnen allen Gewehr / und liessen sie den Fähnlein schwören / da diese Knechte hernach sich offt glükselig preiseten / daß sie in Artaxerxes Dienste gerahten wahren. Sysimithres kam auch daselbst an / zeigete seinen Geleits-Brieff / und ward darauff wolgehalten / und als ein Freund zur Mahlzeit geladen / da er sich nicht scheuhete der GroßFürstin Werbung an Artabanus / dem Persischen GroßFürsten anzumelden / welcher aber wol sahe / daß es vergeblich seyn würde / wie es dann nicht anders erging; massen / als dieser zu Charas anlangete / reichete er zum ersten Vologeses und Pakorus ihre Schreiben von Herkules ein / auch die treflichen DemantKetten /die er ihnen zum Gedächtnis sendete / welche sie willig annahmen / und nur beklageten / daß sie nicht Gelegenheit hätten / es zuvergelten. Sie gingen aber mit Sysimithres zu dem Könige / umb zuvernehmen /wessen er sich auff der GroßFürstin Schreiben erklären würde / weil sie wol wusten / daß solcher Raht umbsonst wahr / sie auch selbst ihn nicht gut heissen kunten. Als sie nun vor den König traten / fing Pakorus also an: Großmächtigster König / allergnädigster Herr; mein brüderlicher Freund / Fürst Vologeses /und ich / treten mit hoch erfreuetem Herzen vor eure Königl. Hocheit / nachdem gegenwärtiger Herr Sysimithres gleich jetzo die längst gewünschete Zeitung wegen geschehenen Abzuges GroßFürst Herkules und Königes Ladisla mit sich übergebracht / und hiedurch den erlittenen Schaden wol erstattet hat. Parthen mag sich billich dieses Tages freuen / nach welchem mich einig und allein verlanget; dann es wird derselbe unsers Glüks wiederbringung und des Persen Untergang und verderben seyn / so daß ich nicht zweiffele / den Abtrüningen solle die bißher eingeno ene Freude ehist versalzen werden / deren sie durch andere Leute wolverhalten genossen. Eure Königl. Hocheit fasse nur ein gutes Herz / und freue sich mit uns / daß die Götter das Gewitter aus Teutschland dereins von uns abgekehret haben; wir unsers teils versprechen allen möglichen fleiß anzuwenden / damit der bißher erlittene Schade nicht allein wiederbracht / sondern die Parthische Gewalt noch eins so weit außgebreitet werde. Wir haben zwar mannichen guten Kriegsmann verlohren / aber alle sind sie gleichwol noch nicht drauff gangen. Ich habe diese Tage bey der Landesbesichtigung mehr Mannschaft funden / als ich nicht gemeinet; nur ist nöhtig / daß sie im Gewehr wol geübet werden / und wird ihre Königl. Hocheit ihren Kriegs Obristen etwas freundlicher begegnen / als neulich dem redlichen Surinas geschehen; dann solte ein ehrlicher Ritter sich aus blossem Argwohn vor einen Verrähter schelten lassen / möchte er lieber wünschen /daß er nie kein Schwert an die Seite gegürtet hätte /sondern in stiller Ruhe auff seinen Gütern sitzen blieben währe; dann was sol dieser Ritter machen? wolte er sich wieder in Parthische Dienste begeben / würden andere seines gleichen von ihm begehren / sich des Argwohns gebührlich zuentschütten; ob er aber solches durch leugnen tähte / würde ihm solches wenig nutzen / sondern sich alle Tage herumb schlagen müssen; und geben nur die Götter / daß andere sich hieran nicht stossen / und gedenken / es sey besser / bey Zeit der Gefahr entgangen / als mit solchem Dank gelohnet werden. Artabanus achtete dieser Vermahnung wenig / daß er sie gar unbeantwortet ließ / uñ sich doch heimlich darüber entrüstete / aber das erste machte ihn überaus bestürzt / daß er Pakorus nicht wolte weiter reden lassen / sondern Sysimithres fragete / woher er diese Zeitung brächte / und was vor Schaden er dann gelitten hätte. Welcher darauff erzählete / [249] was gestalt ihn Herkules bey seinem Abzuge in Mesopotamien überfallen / seine Knechte gefangen / den Reuterwerbern alle Gelder abgenommen / und sie selbst vor Leibeigene mit geführet. Die GroßFürstin hätte ihm eine mündliche Werbung an ihre Königl. Hocheit anbefohlen / hernach selbige schrifftlich auffgesetzet; welche er hiemit überreichte. Der verliebete Mensch durfte ihm noch Hoffnung machen / daß etwas Trostes in dem Brieffe enthalten währe / dann sein Verlangen nach ihr / wahr ihm noch nicht verschwunden / zürnete auch heimlich auff Pakorus / daß er Bagophanes entleibet / und ihn dieses Trösters beraubet hatte /wiewol dessen hinterbliebene Wittib seine Stelle in der Schmeichelung wol zuvertreten wuste / die er gleich diesesmahl bey sich hatte / und ihr doch verbohten / einigen Unwillen gegen Pakorus merken zulassen / mit dem Versprechen / daß er den Mord schier heut oder morgen an ihm schon rächen wolte. Damit er aber das Schreiben unverstöret lesen könte /ging er in ein Nebengemach / und fand folgenden Inhalt:
Von Gottes Gnaden Valiska / gebohrne aus Königlichem Stamme Böhmen / verheirahtete GroßFürstin in Teutschland / wünschet Könige Artabanus alle Wolfahrt /und hat nicht unterlassen wollen / auch auff ihrer Heimreise / seiner Liebe künftiges beste zubeobachten / und dieselbe zuermahnẽ / daß sie nach diesem ihren Königlichen Nahmen durch so abscheuhliche Gifftmischung weiter nicht beschmitze / welches ihre eigene Untertahnen / da sie redlich sind / nicht gut heissen werden. Mein einiggeliebter Gemahl GroßFürst Herkules (dem zu ehren und Gedächtnis ich mich ehmahls Herkuliska genennet) hat nunmehr mit mir und meinem Herr Bruder König Ladisla / die Persischen Länder verlassen / werden auch auff der Reise nicht ruhen / diß wir bey den unsern (die gleiches Standes mit euer Liebe sind) uns wieder finden; und hieraus eure Liebe gnug zuermässen hat / daß sie mein Angesicht nimmermehr wieder sehen / oder einige Hoffnung zu meiner Heyraht haben könne / deren sie auch ohn zweiffel (wo sie sonst gesundes verstandes ist) sich allerdinge werden begeben haben; solte nun mein wolgemeinter geträuer Raht bey euer Liebe hafften können /bitte ich sehr / mir zu folgen / also / daß sie das Baktrianische Fräulein eheliche / und eine billiche Rachtung mit den vereinigten Fürsten zutreffen sich bemühe / damit ihr Stuel nicht gar umbgekehret werden möge. Wird sie aber diesen Vorschlag verachten / dürffte sie solches zu spät beklagen / welches zuvernehmen mir unlieb seyn würde /dann vor erzeigete Guttaht bin und verbleibe ohn nachteil meiner Ehren / euer Liebe ich allemahl bereitwilligste und geträue Freundin
Valiska.
Nach verlesung dieses / da niemand als Parasitis bey ihm wahr / fing er an / sich so traurig zugeberden / daß sie nicht anders meinete / ob würde ihm die Seele außgehen. Ach du Schönheit der Welt /sagete er: Wie sol und kan mein Herz dasselbe außbannen / welches darinnen mir Demanten Ketten befestiget ist? Ach ihr Götter! warumb habt ihr eurem Artabanus das Meisterstük eures volkommenen Kunstwerks gezeiget / daß er durch dessen anschauung der unglükseligste dieses ganzen Erdbodems werden solte? Hat dann der mächtigste König der Welt nicht können ein Fräulein vor einem einzigen Räuber beschützen / noch die geraubete wieder erstreiten / welcher sein ganzes Reich vor der mächtigen RömerGewalt so leicht verteidiget hat? Parasitis redete ihm mit grosser freundligkeit zu; Ihre Königl. Hocheit möchten doch nicht soviel die Schönheit dieser Ungeträuen / als ihre Falscheit und leichtfertiges Gottloses Herz betrachten / welche ihren äidschwuhr nicht allein dem Könige / sondern auch der Göttin Vesta gefälschet /und sich dadurch beydes bey Menschen und Göttern unwert und verhasset gemacht hätte; und wer wüste /mit was Straffe sie der Himmel schier heimsuchen dürfte. Dieses brachte sie nicht allein daßmahl vor /sondern drey Wochen hernach bestellete sie etliche unbekanten / welche als durchreisende [250] Kauffleute nach Indien / außsprengen musten / es währe die gewisse Zeitung eingebracht / daß als der Teutsche GroßFürst Herkules und sein Gemahl Valiska oben auff dem Schiffe / da sie nach Italien gefahren / sich umbschauend erlustigen wollen / hätte ein starker Wirbelwind sie gefasset / und über Bort in das Meer geworffen / da sie alsbald von einem ungeheuren Fische verschlucket worden; ihr Bruder König Ladisla mit etlichẽ tapfferen Rittern hätte sich in ein Boht gesetzet / umb sie aus dem Wasser zuzihen / währen aber ingesampt von demselben Meerwunder verzehret / wie solches über 40 Kauffleute uñ Schiffknechte zu Tyrus äidlich außgesagt / welche nahe bey ihnen hergefahren / und es mit leiblichen Augen angesehen hätten. Dieser Lügen ward nun so fest gegläubet / daß sie auch nach Persepolis erscholle / und nicht wenig betrübnis daselbst verursachete; wiewol Phraortes und sein Gemahl immerzu wieder sprachen. Auff unser vorhaben wieder zuko en / als Parasitis dem Könige obgedachter massen zuredete / begriff er sich in etwas / und brach endlich in grossem Eifer also loß: Nun so fahre hin du leichtfertiges / träuloses Weib / du solt uns ein Beyspiel weiblicher Unträue und falscheit seyn / und wollen wir die gebührliche Rache gegen dich uñ den ErzRäuber / auch alle deine Helffershelffer vorzunehmen wissen / solten wir gleich ein unzähliges Heer biß in Teutschland führen / und die Landstreicher daselbst heimsuchen; machte sich darauff wieder in das grosse Gemach / und wolte Sysimithres viel zu Rede stellen / warumb er sich nicht besser vorgesehen / und den Räubern entgangen währe. Welches aber Vologeses beantwortete: Dafern ihre Königl. Hocheit den Sachen gebührlich nachdenken würde /zweifelte er nicht / es würde Sysimithres bey deroselben schon völlig entschuldiget seyn; nachdem ja kein Mensch dergleichen Unglüksfälle vorhersehen oder vermelden möchte; überdas hätten neugeworbene Fußvölker / so annoch unbewehret / einer solchen Macht der allergeübtesten Reuter nicht wiederstehen können. Worauff er nähern kauff gab / uñ nach anderen Unterredungen fragete / ob Gamaxus von den Räubern mit fort geschleppet währe. Er aber antwortete: Elender Mensch ist nie gebohren / als dieser unselige / dessen Jammer mich zum Weinen bewogen hat; er lebet annoch zu Persepolis / da habe ich ihn gesehen / als er bey der Mahlzeit in bunter Narrenkleidung dem Persen / Meden und Susianer auffwartete / und von den Knaben sich tummeln lassen muste /welche ihn den Groß-Narren aus Meden nenneten. So oft er sich mit einem Worte verlieff / wurden ihm die lahmen Fäuste mit Ruhten gestriechen / daß das Blut herunter tropffete. Er suchte Gelegenheit mit mir zu reden / und als er endlich so viel Raum hatte / sagte er mit kläglicher Stimme; Seid gebehten / mein Herr /und nehmet mir mein elendes Leben / damit ich dieses unleidlichen Spottes abko en möge; oder gebet mir nur ein wenig Gift / den ich einnehme / dañ ich suche nichts mehr als den Tod. Wañ aber mein König einiges mittel wüste / mich loßzumachen / weil ich ja in seinen Diensten in dieses Elend gerahten bin / würden die Götter ihm solches tausendfach belohnen / und könten hernach meine Arme und Beine mir wieder zu brochen / und gerade geheilet werden / da ich dann mich dergestalt erzeigen / und meinen Schimpff einbringen wolte / daß des Königes Feinde sich dessen nicht solten zuerfreuen haben. Wir wolten ihn gerne loßmachen / sagte Artabanus / wañ es nur möglich währe / aber sein ärgestes ist / daß er die Parthischen Fürsten so hoch erzürnet hat. Ich werde den Ehren-Schänder wol vor meinen Augen nicht leiden / sagte Pakorus / sondern da er seyn wird / wil ich weg bleiben. Parasitis kunte ihre [251] Thrähnen nicht bergen / und ungeachtet das ungeheur lahm und ein Kröpel wahr /hätte sie ihn doch gerne loßgemacht / und zur Ehe genommen / oder zum wenigsten die stete Buhlerey mit ihm getrieben / daher sie nicht unterlassen kunte / den König nachgehends / da sie mit ihm allein wahr / heftig zu bitten / daß er ihn ohn der Fürsten wissen erlösen / uñ ihn an einem Orte auffhalten möchte / daß die Fürsten nichts von ihm erfahren könten; worzu aber Artabanus weder gelegenheit noch mittel sahe. Vordißmahl aber fing er an / wie er den Persen und Meden straffen wolte; wahr doch ein vergeblicher Stolz; dann Artaxerxes nahm ihm nach anderthalb Jahren das ganze Königreich Parthen / und bald hernach erwürgete er ihn mit eigener Faust / wie solches von einem andern GeschichtSchreiber gemeldet wird /da dañ Vologeses und Pakorus heftig verwundet / gefangen / aber wegen ihrer redligkeit von dem Persen hoch erhaben wurden. Die Ursach daß Pakorus in vorigem Gespräch des Surinas erwähnung taht / wahr diese: Es hielt derselbe sich mehrenteils in Meden auff / damit er mit seiner geliebeten Atossen heimliche Freude haben könte / ward deßwegen bey Artabanus von seinen gehässigen verunglimpfet / er hätte einen heimlichen verstand mit den Auffrührern / und währe willens sich bey ihnen in Dienste zubegeben. Worauff ihn der König vor sich fodern ließ / uñ als er vor ihn trat / schalt er ihn vor einen Landkündigen Verrähter / und meinäidigen Tropfen; welches er bester massen entschuldigte / und sich erboht / wieder seine Verleumder solches gebührlich außzufechten; weil er aber kein gehör erlangen kunte / klagete er solches Pakorus wehmühtig / vertrauete ihm seine abermahlige Liebe mit Atossen / ging wieder zu dem Könige / und erboht sich / seine Unschuld durch einen Kampf außzuführen; vermochte es aber nicht zuerhalten; deßwegen er umb gnädigste erlassung seiner Kriegsdienste anhielt / nebest ritterlicher beteurung /daß / wie ungnädig ihm auch seine Königl. Hocheit seyn möchte / er doch nimmermehr an Persischer Seite gegen dieselbe dienen wolte. Worauff er endlich erlassen ward / da er alle seine Güter in Parthen und Meden verkauffte / die Gelder nach Antiochia in Syrien übermachte / uñ nach Damaskus reisete / da er bey H. Sulpizius Freyheit im Lande zu wohnen erhielt /auch ein schönes Landgut kaufte / und seine vertrauete Atossen heimlich und in guter sicherheit davon brachte / gleich umb die Zeit / als unsere Helden auff dem grossen MittelMeer flölich und mit gutem Winde fortsägelten / biß sie Kreta erreicheten / und in eben den Hafen einliefen / woselbst Valiska / uñ hernach Herkules vor diesem außgestiegen wahren / dessen doch ihrer keiner wahrnam / biß sie ihr ehmaliges Elend betrachtend / ans Ufer traten / und Valiska der Bäume gewahr ward; worüber ihr die FreudenTrähnen aus den Augen hervordrungen. Sie fassete ihren Gemahl bey der Hand und ging mit ihm hin / traff ihren Baum bald an / an welchem sie ihre und Herkules Schrift fein außgewachsen und unverletzet sahe /nahm ihr Messerchen hervor / und schnitte diese Worte darunter:VALISCA per DEI gratiam liberata, patriam repetit cum suo HERCVLE. Das ist:Valiska durch Gottes Gnade erlöset / kehret wieder in ihr Vaterland mit ihrem Herkules. Sie zogen von dannen nach der Stad Gnossus / woselbst sie drey Tage stille lagen / und den Ort besahen / da Herkules den falschen Ladisla erschlagen hatte. Als nun des Landes Inwohner in erfahrung brachten / daß die warhafften Helden bey ihnen angelanget währen / kahmen viel tausend Menschen herzu / dieselbigen zu sehen / von denen sie höchlich geehret wurden. Auff Euphrosynen und Agathen fleissiges anhalten fuhren sie ingesamt nach Korinth / blieben auch in Griechenland [252] wegen des Ungewitters etliche Wochen / und besahen daselbst die örter / wo Herkules und Ladisla gefangen / und zum schnöden Gericht außgeführet wahren / auff welche Stellen die LandesObrigkeit ihnen herliche Ehrenseulen auffrichten ließ wovor ihnen Herkules nachgehends von dem Römischen Käyser sonderliche Freiheiten erhielt. Sonst liessen unsere Helden zu Korinth 50000 Kronen unter die armen Christen außteilen /und belegten eine Tonne Goldes / davon die jährlichen Rente zu behueff der Lehrer Unterhalt solten angewendet / auch Schreiber davon bestellet werden /welche der Christlichen Lehrer ihre Bücher abschrieben / damit dieselben nit untergingen. Am fünfften Tage nach ihrer Ankunft zu Korinth / stellete sich Fr. Artonis / des Perdickas nachgelassene Wittib / bey den unsern ein / von denen sie ganz freundlich empfangen und mit vielen Kleinoten beschenket ward /weil sie dem Persischen GroßFürsten Artaxerxes und Fürsten Pharnabazus nahe verwand wahr. Sie hinwiederumb ließ solche Huld und Ehre den unsern / insonderheit der GroßFürstin spüren / daß sie ihr von Herzen gewogen wurden. Ihrem Oheim Fürst Arbianes versprach sie / daß auff seine glükliche Rükreise sie sich gefasset halten / und mit ihm / nach verkäuffung ihrer Güter / in Meden zihen wolte / da sie dañ nicht allein der GroßFürstin Klaren geheime KammerFrau worden (massen sie nicht wieder heirahten / noch eigene Güter besitzen wolte) sondern auch zum Christlichen Glauben sich bekehret hat. Klodius und Markus samt ihren Eheliebesten wahren nicht willens / in Griechenland zu wohnen / und verkauften alle ihre liegende Gründe und Güter / der Stad Korinth /wovon Herkules sie zwar anfangs gedachte abzuhalten / und mit dem Kauffe nicht zu eilen / ob ihnen vielleicht dermahleins gefallen möchte in Griechenland zu wohnen; bekam aber von ihnen zur Antwort /daß da sie nur könten gelitten werden / sie nicht bedacht währen / ihre Herren Zeit ihres Lebens zuverlassen / sondern mit ihnen in Teutschland zuzihen /und daselbst ihre ungeenderte Wohnung zu nehmen; welche träue unsern Helden so wol gefiel / daß / weil Euphrosyne von Fr. Valisken schon bestallung hatte /machte Herkules ihren Markus zu seinen Hoffmarschalk; Ladisla aber nam Klodius zum Landdrosten /Hoff- und Kriegs-Raht an / neben versprechung / daß Fr. Agatha neben Brelen / seiner Gemahlin Fr. Sophien Hoffmeisterin und Ka erFrau seyn solten; welches diesen vieren lieber wahr / als hätte man ihnen ganz Griechenland zu eigen gegeben. Der gute Attalus / der sich umb ein grosses gebessert hatte / kam mit seiner hurtigen Eurydize auch / unsere Helden zu sprechen / und seiner ehmaligen Tohrheit verzeihung zu bitten / und wurden wol begabet weg gelassen. Sie brachten sonst ihre Zeit zu Korinth in aller Gottesfurcht zu / und liessen ihnen täglich Gottes Wort erklären / biß ein sehr füglicher Wind enstund / da sie wieder zu Schiffe gingen / und mit grossem verlangen nach dem Adriatischen Meer Nordwest sägelten / in Hoffnung / den nähesten Hafen bey Padua bald zuerreichen / da dann die Parthische Leibeigene / welche als freie Leute gehalten wurden / dergestalt die Fäuste an die Ruder legeten / daß man sie von der garzuhefftigen Arbeit abmahnen muste.
Ende des Fünften Buchs.