Von falschen Gespenstern.
Es werden viel Dinge gehört und haben ihre Ursachen in der Natur, etwa machet eine Katze, Ratze oder Mauß ein Gerassel, daß mancher vermeynet, er höre ein Nacht-Gespenst, so im Hauß herum schwebet. Stampffet etwa ein Pferd mit den Füssen auf die Erde, oder wirfft der Wind etwas nieder, so wollen furchtsame Leute alsbald einen Polter-Geist gehöret haben. Es pflegen offt Wände, Tisch oder Bäncke bey verändertem Wetter des Nachts zu krachen, so wollen solche Leute alsbald meynen, es sey an solchen Orten nicht sicher; wird eine Rohrdommel oder sonst ein Vogel gehöret, naget etwa ein Holtz-Wurm in der Breter-Wand, so sollen alsbald Erd-Männlein daselbst seyn gehöret worden. [288] Und hiermit überfället manchen eine Furcht, als wann alles voll Gespenster um ihn sey.
Es berichtet Nicol. Remigius part. 3. dæmonolatr. folgendes: 1 In dem Jesuiter-Collegio zu Neapolis befand sich ein junger ziemlich gelehrter, jedoch von Natur furchtsamer Jesuit, der nahm das geringste Geräusch, so sich in dem Collegio hören ließ, ja das Rauschen der Blätter eines Baums, für ein Gespenst auf. 2 Offtmahl klagete er den Obristen und andern, daß aller Orten, die an seine Schlaff-Kammer anstiessen, es voller Gespenster wäre; er ward aber hierüber von ihnen verspottet. In einer Nacht, als jedweder in der Ruhe lag, entstunde ein Wind, der eine halb offenstehende Thür in einer Kammer hin und her schluge, derhalben einer von den Jesuiten, der dadurch an seinem Schlaff verhindert ward, aufstund, dieselbe zu zu machen: weil nun die Nacht sehr finster war, so verirrete er sich in seinem Wiederkehren, und wuste nicht, ob er, seine Kammer zu treffen, sich auf die lincke oder rechte Seite wenden muste; weil er aber doch wuste, daß er die Thür an seinem Zimmer offen gelassen, und alle andre zugeschlossen waren, so tappete er längst der Mauer hin, bald an die eine, bald an die andere Thüre, bös er die offenstehende Thür würde gefunden haben: endlich gerieth er ferne von seiner Kammer [289] an die Bibliotheck, da er hinein ging, der Meynung, daß es seine Kammer wäre, welche er nach sich zuthät; aber er merckte bald seinen Irrthum, und begunte, weil er keinen Schlüssel hatte, das Schloß wieder zu eröffnen, gewaltig an die Thür zu klopffen, auf daß jemand käme, der ihm wieder aufmachete. Nichts hatte leisere Ohren, als die Furcht des obgemeldten Jesuiten, der allzeit, wo er was hörete, ihm festiglich einbildete, daß es ein Gespenst sey, und begunnete, als er solch Klopffen hörete, in seiner Cammer zu zittern und zu beben, und fehlete wenig, daß er in dieser Angst vor diesem Geist nicht seinen eigenen Geist aufgegeben hätte; endlich stund er doch aus seinem Bett auf, lieff geschwind nach dem Superior, und bat ihn, er wolle doch nun mit ihm an den Ort, wo das Gespenst sey, gehen, damit er mit seinen eigenen Ohren hören möchte, was er niemahls hätte glauben wollen, und weßhalber man ihn stets, wann er etwas davon gesaget, nur verspottet hätte. Dieser Pater Superior ließ sich endlich bewegen, ging mit diesem jungen Jesuiten, hörete dieses Klopffen, und begonnete auch für wahrhafft zu halten, daß allhier ein Gespenst wohnete, welches also rumorete, und machete sich bereit mit seinen Beschwerungen, solche daselbst ins Werck zu setzen. Es wird die gantze Brüderschafft aus ihrem Schlaff aufgewecket, und ging in einer [290] Procession nach dem Ort, wo das Gepolter von dannen kam, mit Creutz und Bildern gewaffnet; unterdessen hielt der Beschlossene mit Klopffen tapffer an, und ging je länger je ungestümmer damit zu Werck, weil die Kälte der Nacht ihm, der nichts anders als sein Hembd anhatte, ziemlich auf die Haut drunge, und voll Zähnklappern machte. Als nun die Exorcisten, oder Beschwerer, mit aller Standhafftigkeit hinzu traten, so begunnte der halb Erfrohrne durch eine Klunse den Glantz des Lichtes zu sehen, und wolte aus Schaam sich nicht gern so nacket sehen lassen, und fing an zu ruffen: Thuet das Licht weg, kommet mit keinem Licht herein. Diese Stimme und Begehren machete diesen heraussen einen guten Muth, derhalben sie trotzig Antwort gaben: Ja so, nun wissen wir, was du für ein Geist bist; ein Geist der Finsterniß, weil du das Licht fliehest. Aber du must heraus, heraus must du, heraus, packe dich von hier nach dem Abgrund der Höllen, da du hingehörest. Der andere aber rieff und protestirte desto hefftiger, je näher ihm das Licht kam, daß man selbiges beyseit thun solte: dem Superior und übrigen Jesuiten wuchs der Muth über die massen sehr, vermeyneten, daß der Licht-fliehende Teuffel, der sich so sehr vor ihnen fürchtete, durch ihr Beschweren sehr voller Angst wäre, und begunten ihm noch mehr zuzusetzen. Je bessern [291] Kauff der arme sich selbst versperrete Tropff gab, jemehr wuchs denen heraussen das Hertz, daß sie endlich die Courage fasseten, die Thür aufzuschlieffen und hinein zu treten. Der im Hembd stehende Jesuit hätte sich wohl gern verborgen, aber er wuste nicht wohin, auch hatten sie ihn, den sie wegen ihrer Beschwerungen für einen gedemüthigten Geist hielten, an allen Seiten umringet, stürmeten einhelliglich auf ihn loß, und macheten seinen halberfrohrnen Leib mit dem vielen Besprengen des Weyh-Wassers noch mehr erstarrend, der doch niemals die Hitze der Höllen gefühlet hatte. Endlich wurde der Leut-scheuende Geist für ihren Mit-Collegen erkennet, und hiermit der Handel mit einem allgemeinen Gelächter beschlossen. Der Jesuit,Pater Schottus, hat dieses in seiner Physica Curiosa aus dem Mund eines noch lebenden Jesuiten aus Sicilien beschrieben.
Viele verlarven sich in Gespenster, wie davon Lavaterus de spectris part. 1. cap. 9. Pfizer in Anmerckungen über D. Fausts Leben; Auch Münster im Christlichen Unterricht von Gespenstern c. 4. schreiben: 3 Im Jahr Christi 1569. hatte ein fürnehmer Herr in der Stadt Augspurg eine Magd und etliche Diener, welche nach der Jesuitischen Lehr nicht viel frageten. 4 Der Hauß-Wirth aber, welcher der Römisch-Catholischen Lehre zugethan war, war hierüber sehr bekümmert, [292] klaget deswegen diese seine Noth, die er deswegen mit seinem Gesinde habe, einem Jesuiten, der ihm verheisset, in kurtzer Zeit seine Magd und Diener auf andere Meynung zu bringen, und solches künstlich auszurichten, hat er sich wie ein Teuffel verkleidet, und sich an einen Ort versteckt, die Magd und Diener zu erschröcken. Was geschicht? Die Magd kommt entweder ohngefehr, oder auf Geheiß ihres Herrn an den Ort, da sich der lebendige Teuffel aufhielt, der sie auch hierauf hefftig erschröckete und plagete, mit Vermelden, wann sie die Lutherische Ketzerey nicht verlassen, und die Catholische Lehr ergreiffen würde, so wolle folgende Nacht dieser Teuffel kommen und sie abhohlen. Die Magd klagete solches dem einen Diener, mit Verwarnen, diesen Ort des Hauses bey Nacht-Zeit zu vermeiden. Dieser aber vermerckte in etwas, daß es mit solchem Gespenst nicht richtig sey, und ließ sich nicht erschröcken, sondern als ihn fein Herr auch mit Licht schickete, wo er bey dem verborgenen Teuffel vorbey gehen muste, wischte der Teuffel wieder aus seinem Ort herfür, machete Anfangs ein mächtig Gepolter, und wolte mit ausgereckten Händen dem Diener ein Schröcken einjagen: solcher aber war resolvirt, und stieß mit seinem Gewehr den Hund durch und durch, daß er niederfiel, und sein Leben lassen muste; Dieses war der Lohn eines [293] solchen sich zum Teuffel machenden Menschens. Was haben doch die vermummete Mönche nicht für Teuffels-Gespenster gemachet; wie Anno 1509. der gleichen Schelmstücker vier Dominicaner-Mönche zu Bern, im Schweitzer-Land, gemachet, welche auch ergriffen, und daselbst auf dem Scheiterhauffen verbrennet worden, vid. Städlers Berner Chronick / und bey andern Autoren mehr.
Masenius gedencket eines gewesenen Soldatens,Johannes Bergensis, welcher, nachdem er endlichen ein Religios worden, zu erzehlen gepfleget. 5 Er sey einsmahls im Lutzenburger Lande, durch Hülff seines Spiel-Gesellens, den Schornstein herab gelassen worden, und mitten auf den dicken Stäben wie ein Hahn gesessen, die Schincken an ein Seil gebunden, und seinen Diebs-Gesellen hinauf zu ziehen, überreichet; indem bricht unversehens einer von den Stöcken, darüber er zu boden herunter fallen muste: Von diesem Geprassel erwachete der Pfarrer samt allen seinem Gesinde, welche mit einem Licht kamen, und dem ungebetenen Gast, so gefallen, aufhelffen wolten: dieser aber hatte sein gantz Angesicht mit Ruß beschwärtzt, und sich eine haßliche Teuffels-Gestalt gemachet, und laufft in solcher Gestalt unter die, die ihn mit Prügeln bewillkommen wolten, löschete ihnen das Licht aus, und [294] stellete sich nicht anders an, ob wär er der leibhaffte Teuffel, und machete den Pfarrer selbst fürchtend. Und als solcher mit seinen kräfftigen Sprüchen wider die Gewalt des Teuffels herfürwischete, begehrte der Dieb, man solte Thürn und Fenster öffnen, so wolle er von dannen fahren: da wurden sie alle froh, solchen bösen Geist loß zu werden, und öffneten Thür und Thore, damit wischete der böse Gast geschwind davon. Hierüber triumphirete der Pfarrer, dermassen, daß er ruffete: Mein! wie habe ich doch gleichwohl den Satan mit meinem Zusprechen geängstet, und ihm mein Hauß enge gemachet. Aber am Morgen wurde erst der gute Herr Pfarrer innen, wie ihm seine Schüncken unsichtbar worden; worüber andere den Pfarrer noch verlachet haben.
Vorgedachter Autor meldet auch: 6 Ein Schlosser wolte auf einen Marckt reisen, daselbst seine gemachete Arbeit zu verkauffen, redete deswegen mit seinem Nachtbar, und beschlossen mit einander, des folgenden Morgens frühe aufzuseyn, weil er aber viel früher als die andern aufgestanden, machete er sich auf den Weg, da er nun eine gute Meil Weges fortgegangen war, sahe er wohl, daß es noch gar frühe, wolte derowegen etwas ruhen, und auf seine Gesellschafft warten, und legete sich unwissend unter einem Galgen [295] auf einen grünen Waasen, an welchem man vor wenig Tagen einen Dieb aufgehencket hatte, und schlieff daselbst ein. 7 Wie nun der Tag anbrach, giengen seine Nachtbarn für dem Galgen vorbey, und rieffen zu dem Gehenckten: Holla / guter Gesell / wilt du nicht mit? du bist ja lang genug da gewesen: worauf der Schlosser erwachete, vermeinende, man hätte ihn geruffen: ja / ja / wartet nur ein wenig / ich komme. Die andern erschracken hefftig darüber und glaubten, es wäre der Gehenckte, der ihnen geantwortet hätte: der Schlosser aber lieffe ihnen nach, da lieffen die ersten aus Furcht desto stärcker, und höreten nicht auf zu lauffen, bis sie nach Bourgueil kamen, und erzehlten bey ihrer Ankunfft den grossen Schröcken und Furcht, so sie gehabt hätten, anders nicht vermeinende, als daß der Teuffel ihnen in Gestalt des gehängten Diebs nachgelauffen, bis endlich der Schlosser allda auch ankommen, und ihnen verwiesen, daß sie so starck fortgelauffen; wodurch die Sache an Tag kame, und weidlich dessentwegen verlachet worden.
In einer ansehnlichen fürnehmen Residentz-Stadt reiseten ein Wirth und 2. andere Weinhändler aus dem Wein-Geburge, woselbst sie einen guten Vorrath an Wein eingehandelt, und als selbe in der Rückreise nahe zum Galgen kommen, und wolberauschet [296] waren, sahen sie 3. Gehenckte, welche schon lange Jahr hingerichtet waren: da russete einer von den 3. Wein-Händlern: 8 Du, Bären-Wirth, diese 3. Gesellen, so da hencken, sind auch deine Gäste gewesen: Hey / sagete der Wirth / sie können heut zu Nacht zu mir kommen / und mit mir essen. 9 Was geschiehet: Als der Wirth also betruncken vom Pferd gestiegen, in seine Wohn-Stube gegangen, und sich niedergesetzet, ist ihm eine erschröckliche Angst ankommen, hat aber, wie er vorgegeben, niemand ruffen können. Als indeß der Hauß-Knecht gekommen, ihm seine Stieffel abzuziehen, lieget sein Herr halb todt im Sässel, der ruffet alsobald die Frau, und da solche kommen und ihren Mann mit Hertz-stärckenden Sachen ein wenig wieder zu recht gebracht, hat sie ihn befraget, wie ihm geschehen wäre? darauf er ihr erzehlt, wie er im Fürbeyreiten die 3. Gehenckte zu Gast geladen, und da er in seine Stube kommen, und sich niedergesetzt, seyen diese 3. Gehenckte in der häßlichen Figur, wie sie am Galgen zu sehen, in das Zimmer getretten, hätten sich an Tisch gesetzet, davon ihm einer gewinckt, zu ihnen zu kommen: bis endlich nach lang ausgestandenem Schröcken der Hauß-Knecht in die Stube getretten, da wären solche Geister alle 3. verschwunden. Dieses wurde von andern für eine blosse Einbildung des[297] Wirths gehalten, weil ihm etwa so trunckener Weise eingefallen, was er im Fürüberreiten spöttischer Weise den armen Sündern zugeruffen, worauf ihn hernach bedunckt hätte, als kämen solche zur Stube hinein. Und ob man diesem Wirth es gleichwohl aus dem Sinn reden wolte, muste er dannoch vom Schröcken bis an den dritten Tag im Bett liegen, nach welchem er fein ruhig sein Leben beschlossen.
Ich will allhier Gelegenheit nehmen noch eine Geschicht von einer für wahrhafft gehaltenen Erscheinung eines Geistes, welche in Happelii Relationibus Curiosis p.m. 251. Part. I. die Geister-Cavalcade betitelt, beschrieben wird, als folget: 10 Francis Taverner, etwa 25. Jahr alt, ein Diener des Mylord Chichester, Grafen von Donegal, ritte ums Jahr 1662. von Hilbourg etwas spät nacher Hause, und merckte, als er unweit Dumbridge war, daß sein Pferd still stehen blieb, welches ihn veranlassete herunter zu steigen, und in der Meynung, daß ihm etwa ein Schwindel zugestossen, ihm eine Ader am Maul öffnete, worauf er auch wieder fortritte. 11 Nicht lange darnach sahe er zween Reuter neben sich, die ihm bald zuvor kamen, hörete aber doch kein Gelaut, so etwa sonsten ein Pferd-Tritt zu verursachen pfleget, welches ihn sehr verwunderte, aber noch destomehr befremdete, als der dritte in einem weissen Rock gekleidete Reuter ihm [298] nahe an Arm geritten kam, der die Gestalt vonJames Haddock, einem vor 5. Jahren verstorbenen Manne und Einwohnern zu Malone, gantz natürlich hatte. Taverner war so behertzt, daß er ihn folgender massen befragte: In GOttes Namen / wer seyd ihr? und auch darauf zur Antwort erhielt: Er sey James Haddock, dessen er sich bey etwas, so er ihm sagen würde, erinnern könte: und darauf erzehlte er ihm, welchergestalt er, der Geist, nebst zwey andern Freunden, vor etwa 5. Jahren und drüber, ihn, den Haddock, in seines Vaters Behausung besuchet, und ihnen auf Befehl desselben Nüsse aufgetragen, weßhalber er nur unerschrocken seyn dörffte. Taverner erinnerte sich auch dieser Passage noch gar wohl, und weil er muthmassete, daß die voraus gerittene Reuter etwan die übrigen zween gute Freunde seyn möchten, fragete er ihn wieder gantz behertzt: Warum er denn eben ihn mit seiner Erscheinung beunruhigen möchte? welches vom Geist beantwortet wurde, daß es darum geschehen, weil er die meiste Courage hätte: so fern er nur mit ihm reden wolte, würde er ihm etwas anvertrauen. Taverner, der eben keinen sonderlichen Appetit spührete, in Gesellschafft dieser geistriger Reuter zu seyn, schlug ihm solches ab, und trennete sich auf einem Scheide-Wege von ihnen voller Erstaunung. Kaum waren sie voneinander [299] geschieden, so entstund ein so hefftiger Wind und erschreckliches Geheul, daß er genöthiget ward in äusserster Bestürtzung sein Pferd anzuspornen, hörete auch bald darauf ein Hahnen-Geschrey, als ein Zeichen benachbarter Häuser, welches ihn so viel wieder aufmunterte, daß er abstieg, sich auf die Erde legete, und seinem GOtt vor die Errettung aus dieser Gefahr inbrünstig danckete. Die folgende Nacht erschien ihm die Gestalt von James Haddock wieder, und befahl ihm zur Eleonora Welsch, an Davis zu Malone verheyrathet, zu gehen, die zuvor des James Ehe-Frau gewesen. Das Kind dieses Heddocks war an einem gewissen Renth-Brief, wegen der andern Verheyrathung seiner Mutter, vernachtheiliget worden, und darum solte er dieselbe befragen, ob nicht ihr Jungfern-Nahme Welsch sey; und wann sie solches bejahete, alsdann zu ihr sagen, daß ihr voriger Ehemann, James Haddock, ausdrücklich wolte, daß ihr Sohn den Renth-Brief wieder haben und behalten solte. Allein Taverner ließ sich durch einige sich selbst vorstellende Bewegungs-Gründe von dieser ihm seltsam aufgetragenen Botschafft abhalten, dahero er nach Verfliessung dieses Monats von dem Geiste aufs neue beunruhiget, und in entsetzlichen Gestalten mit harten Bedrohungs-Reden angemahnet wurde die Bottschafft auszurichten. Insgemein über fiel ihn vor der Erscheinung [300] ein hefftiges Grausen, und allemahl spührete man in seinem Angesicht eine merckliche Veränderung, welches seine Frau allemahl merckte, die zwar offt bey der Erscheinung zugegen war, aber nichts mercken oder sehen konte. Endlich ging er zu Davis Frauen nach Malone, und fragete sie, ob nicht ihr Jungfern-Nahme Eleonora Welsch wäre, weil er ihr in solchem Fall etwas zu offenbahren hätte; worauf sie ihm antwortete: Es wäre noch eine desselben Nahmens im Leben; und also kehrete Taverner wieder heim. Wie er nun in folgender Nacht in einem sehr tieffen Schlaff lag, erweckete ihn etwas, wordurch er sehr hart gedruckt ward, und wie er die Augen in die Höhe richtete, erblickete er sogleich desHaddocks Gestalt in einem weissen Kittel, welche ihn fragete, ob er die Bottschafft ausgerichtet; hieß ihn gutes Muths seyn, sahe ihn etliche mahl sehr freundlich an, und verschwand darauf in einem hellen Schein. Nach wenig Tagen ward er fast alle Nächte von dieser unangenehmen Visite incommodirt, und das Gespenst dräuete ihm zuletzt gar in Stücken zu reissen, wann er sich noch länger wegern werde, die verlangte Botschafft völlig auszurichten. Solches verursachete, daß er sein im Gebürg liegendes Hauß auf eine Zeitlang quittirte, und nach Belfast, einer im Norder Theil Irrlands gelegenen und seinem Herrn zugehörigen Stadt; in [301] der Graffschafft Autrim, des Kirchspiels Connor, sich begabe, woselbst er in der Behausung eines Schusters, Nahmens Pierre, logirte, mit welchem er auch noch in Gesellschafft zween anderer Männer die gantze Nacht aufblieb, und vor dem Camin-Feuer mit ihnen eine Pfeiffe Toback rauchete. Seine Gäste, die alle curieus waren, seinen Geist zu hören und zu sehen, wurden auch nach der Mitternacht gewahr, daß Tavernes Angesicht durch eine bleiche Farb sehr entstellet wurde, und daß er an allen Gliedern bebete und zitterte, er selbst aber merckte gleichfalls, daß das Gespenst in der nähesten Cammer seiner wartete; dannenhero fassete er sich so weit, daß er ein Licht ergriff, damit in die Cammer ging, und seinen Nachfolger hertzhafft fragete: Warum er ihm doch so unschuldig zusetzte? Das Gespenst antwortete: Die Ursache seiner Erscheinung sey abermahl nichts anders, als die übele Observance der ihm anvertraueten Bottschafft, wiederhohlte darbey die vorher gedachte Dräuungen, und nachdem es sich in vielerley ungeheure Gestalten verwandelt, verschwand es endlich zuletzt als ein Geist in einer weissen Gestalt. Des folgenden Tages ging Taverner, den diese Begebenheit aufs neue sehr betrübt und bestürtzt gemacht, nach des Mylord Chichesters Hauß, und erzehlte an einigen desselben Haußgenossen seinen unglückseligen Zustand mit wehmüthigem [302] Hertzen, welche es auch hinwiederum an des Mylords Capellan, Mr. James South, gelangen liessen, welcher ihm dann, nachdem Taverner ihm die Sache mit mehrern Umständen erzehlet, alsobald riethe, sich gleich nach Malone zu begeben, um dem Geist in dem verlangeten Dienst zu willfahren, er wolte selber sein Begleiter seyn. Sie macheten sich auch beyderseits auf den Weg, und wie sie unter Weges bey einem Prediger zuBelfart, Dr. Lewis Dows, einsprachen, und demselben die Sache erzehlten, schrieb er anfänglich alles einermelancholischen Phantasie zu, ließ sich aber durch die allzudeutliche Umstände bald zu einer andern Meynung überreden, wiewohl er dennoch sehr zweiffelhafft bliebe, ob man die Botschafft, wegen einiger zu hoffenden Zufälle, ausrichten solte, oder nicht. Kurtz, sie entschlossen sich alle drey, dahin zu gehen, thaten es auch, und wie sie dahin kamen, verrichteteTaverner die Botschafft gantz allein bey der Frauen, des Inhalts: Wie er dazu von ihres vorigen Mannes Geiste veranlasset worden, welcher ausdrücklich wolte, daß sie dem von ihr mit ihm erzeugten Sohne, mit einem gewissen Reuth-Briefe, wiederum zu seinem Rechten helffen solte, weil sie und ihr itziger Ehemann darinnen dem Knaben zu nahe gethan. Sobald er dieses gesaget, befand er sein Gemüth gar ruhig, danckete denen [303] beyden Geistlichen für die ihm darinnen geleistete Freundschafft, und ging von da nach seines Bruders Hause, zu Dumbridge, allwo er ein paar Tage verweilete. In der andern Nacht erschien der Geist abermahl, und fragete ihn etwas frölich: Ob er die Bottschafft vollbracht? Und als er die Frage mit Ja beantwortet, sagte das Gespenst: Er müste die Sache auch des Knabens Vormündern entdecken, damit alles vollkommen möchte ausgeführet werden. In solcher Unterredung fragete Taverner das Gespenst: Ob er sich auch von Davis einiger Rache zu besörgen hätte? Worauf der Geist Anfangs etwas zweiffelhafft zu antworten schiene, aber nachmahls doch sagete: Er wolle dem Davis in solchem Fall Unheil genug zufügen; mit welchem Worten er auch verschwand.
Des folgenden Tages muste Taverner alle bisher sich zugetragene Passagen seinem Mylord, dem Dr. Jeremias Taylor und Down, Connor und BischoffeDromor, in Beyseyn einer grossen Menge Volcks, alles Haar-klein erzehlen; worauf ihm der Mylord etliche Fragen fürsagete, die er dem Geist fürtragen solte, wenn er wiederum erscheinen würde, und noch desselben Tages wurde er nach Mylord Conway gesandt, welcher drey kleine Meilen davon wohnete, und daselbst nochmahls wegen der gantzen Sache verhört. Er blieb auch des Nachts allda, und etwa nach 9. [304] oder 10. Uhren, wie er mit seinem Bruder vor dem Fenster stund, veränderte sich sein Gesicht abermahl, und seinen gantzen Leib überfiel ein Schauer, welches die ordentliche Prognostica der Gegenwart seines Verfolgers waren. Aus Höfflichkeit, wie er in Mylords Hause keine Unruhe erwecken wolte, ging er mit seinem Bruder in den Hoff hinaus, sahe den Geist über die Mauer steigend zu ihm nahen, der ihn dann auch anredete: Ob er die Botschafft auch an die Vormünder abgeleget? Worauf er mit Ja geantwortet, und darbey sagete, was massen es ihn sehr befremdete, daß er noch nicht nachliesse ihn zu verfolgen. Das Gespenst sagete: Er hätte nichts zu befürchten, dann es würde ihn hinführo weder verfolgen noch schaden, sondern eintzig und allein den Vormund, wann er dem Knaben nicht werde Recht wiederfahren lassen, plagen. Sein Bruder erinnerte ihn der Fragen, so ihm der Mylord gesaget, die er dem Geist vorlegen solte, welches er auch that, aber keine Antwort erhielte, sondern an statt dessen den Geist unter dem Gelaut einer lieblichen Music über die Mauer wiederum verschwinden sahe. Worauf er ihm auch nicht mehr erschienen ist.
Bey dieser Geschicht ist merckwürdig, daß der Schuster Pierce, in dessen Hause und Gegenwart eine Erscheinung vorgegangen, gesaget, als er gefraget: Ob er [305] nichts gehöret oder gesehen hätte? Er wäre ihm vor seinen Augen die gantze Zeit über als ein dicker Nebel gewesen, und was der Geist zu Taverner geredt, von dem hätte er nichts verstanden, sondern es wäre eine sehr dunckele und hohle Stimm gewesen. In Summa, dem Knaben wurde der Renth-Brief zugeschrieben, und einer von seinen Vormunden, Nahmens John Costler, wie er sich hart verschworen und verflucht hatte, nichts von solchem Brief zu wissen, und dem Knaben mit einem Process zu dräuen begunte, bekame das Malheur, daß er kurtz darauf, als er sich truncken zu Pferdt gesetzt hatte, von demselben herunter stürtzte, und sogleich, ohne ein eintzig Wort zu sprechen, todt verbliebe.
Ein ander verlarvtes und falsches Teuffels-Gespenst beschreibet Happelius in seinem Schwäbischen Ariovist. Part. II. p. 62. also: Ein junger Spanischer Cavalier, Don Diego genannt, war von Jugend auf gewohnet, den Tag in die Nacht, und die Nacht in den Tag, durch liederliches Leben zu verkehren; denn wann andere Leute wacheten, so schlieff er, und wann andere Leute schlieffen, so wachete er, nur darum, damit ihm desto mehr Seltsamkeiten und wunderliche Begebnüsse aufstossen möchten. 12 Einsmahls zur Fastnachts-Zeit befande er sich bey guten Freunden zum Nacht-Essen; nachdem er sich aber [306] mit Speiß und Tranck wohl angefüllet, auch von theils Leuten übel geredet, etliche der Anwesenden auch dem Diego zuwider waren, machete er sich heimlich davon, anderwärts eine Conversation zu suchen, nimmet derowegen seinen Degen und gehet durch die allereinsamste Oerter der Stadt. Er hatte aber noch kaum die Helfft seines vorgenommenen Weges verrichtet, da er vor ein unbekanntes Hauß kam, dessen Thüre offen stund, aber gantz Stallfinster darinnen ware; weil er nun vorwitzig, anderer Leute Thun und Wesen auszuforschen, nahm er seinen Degen, jedoch sammt der Scheide, unentblöset in die Hand, ginge frech hinein durch einen langen Gang auf einen leeren Platz, da es gleichfalls gantz finster ware; hier stund er ein wenig still, sich die Gedancken machende, daß solches nicht von ungefehr geschehen. Weiter zu gehen bedünckte ihn eine Verwegenheit zu seyn, doch wolte er ferner sehen, was ihm aufstossen wolte: ginge derowegen zu der Wand tappend fort, und fand eine halb-offene Thür, welche er aufmachete, und als er hinein gehen wolte, auf eine falsche Staffel tratte, daß er 10. à 12. Schuh hoch in ein Loch hinunter fiele, doch so weit glücklich, daß ihm im Fallen weiter nichts geschahe, als daß er seinen Degen, weil er sich etwas anzuhalten vermeynete, verlohren.
[307] Sobald er hinunter gestürtzet, hörete er an einem Ort, der ihm etwas weiter von ihm zu seyn däuchte, eine Stimme, die da ruffte: Wer ist da? Don Diego, der von dem Fall sich noch nicht erhohlet, antwortete auf das erste Zuruffen nichts; da die Stimme zum andernmahl ruffte: Wer ist da? Diego antwortete hierauf: Ein einiger Mensch. Wanns ein Mann ist, sagete die Stimme, so kan er herein gehen. Nunmehr fing es den Spanier an zu gereuen, daß er sich seine Verwegenheit so weit hatte verleiten lassen. Weil er sich nunmehr weiter zu gehen verbunden achtete, ging er auf die Stimme zu, und kame in einen grossen Saal, da er (welches ihm erschrecklich vorkame) vier kleine Lampen in den 4. Ecken aufgehencket sahe, welche einen so geringen Schein gaben, daß man kümmerlich die Dinge, so allda sich befanden, unterscheiden konte.
Als er nun weiter fortschritte, præsentirten sich zwey in Schwartz gekleidete Männer, die als Leydklagende jeder auf einem Stuhl sassen, da einer, die Hand am Kopff haltende, als ob ihn schläfferte, der andere aber zu wachen schiene, gleichsam als ob sie einen todten Leichnam, der zu ihren Füssen in Capuciner-Habit steckte, auf einem Leichen-Tuch ausgestreckt läge, bewahreten.
Dieser entsetzliche Anblick machte den Diego etwas bestürtzt, doch erhohlte er sich [308] bald, da indessen der Schläffer erwachete, und alle beyde zugleich frageten: Bist du Don Diego? Ja, ich bin es, antwortete er; aber woher wisset ihr meinen Nahmen? Darnach hast du nicht viel zu fragen, sagete der andere mit gar rauher und wilder Stimme, gib du nur Antwort auf das, was wir dich fragen, dann daran hangen viele Sachen, die wir diese Nacht verrichten müssen. AlsDiego dieses hörete, wuste er nicht, wessen er sich entschliessen solte, fluchte auch bey sich selbst über seine unbesonnene Curiosität; doch fassete er einen Muth, alles, was ihm begegnen möchte, auszustehen, dahero sagete er: Wohlan, was ist dann zu thun? ich bin dann Diego, und ihr zween Teuffel.
Es scheinet, er kenne uns, sagete einer zu dem andern. Du must hier bleiben, antworteten sie ihm, und diesen todten Leichnam verwahren, indem wir hingehen und andere Geschäffte verrichten, und was du indessen hörest oder siehest, dafür entsetze dich nicht. Darauf stunden sie alsobald auf und gingen zur Thür hinaus, und schlossen Don Diego dar hinein, ihn in Gesellschafft des Todten allein zu lassen. Es ist leicht zu erachten, wie dem Don Diego an diesem furchtbaren und ungeheuren Orte müsse zu Muth gewesen seyn.
Als er sich nun also bey dem Todten allein befande, bildete er sich ein, daß dieses eine gerechte Verhängniß und Straffe des [309] Himmels wäre, dahero verwahrete er seinen gantzen Leib mit dem Zeichen des Creutzes, befahl sich GOtt und allen Heiligen, und ruffete unabläßig die Barmhertzigkeit GOttes an: dann die Vermahnung, die ihm die zween Gesichter gegeben hatten, daß er sich ob nichs entsetzen solte, stellete ihm tausenderley erschreckliche Einbildungen für, die sein Gemüthe am hefftigsten beunruhigten.
Eine kleine Weile, nachdem diese zween Gesichter sich verlohren, hörete Diego ein trauriges Seufftzen, bald darauf ein Getöse am Eisen, als wann man lauter eiserne Ketten über diesen Saal zöge, und machete ein solches Poltern, daß es schiene, als wolte das gantze Hauß zu Grunde gehen.
Dieses Rasseln und Gepolter machete ihn auf das Reißaus zu gedencken, da er aber zu der Thür kame und solche zu eröffnen suchete, hörete er eine schwache Stimme, die von weitem her ruffete: Don Diego, wo gedenckest du hin zu fliehen? Wende um! wende um! es ist dir noch nicht erlaubt von mir abzusondern; komme wieder, oder ich will dir nachfolgen. Da er nun sahe, daß er nicht konte hinaus kommen, kehrete er wieder zurück, und wurde gewahr, daß es der Todte ware, der ihm zugeruffen; derselbe fuhr nun weiter fort und sagete zu ihm: Wisse, daß ich derjenige bin, welchem du vor wenig Tagen das Leben beraubet, und zwar mit grossem [310] Unbedacht, als der ich dich niemahl beleidiget hatte. Du Grausamer! du Barbarischer! meynest du, daß der Himmel nicht meinetwegen Rache von dir fordern, und daß nicht ein erschröcklich Unglück dich zu Boden schlagen werde, dich wegen deiner Ubelthat zu züchtigen? Durch des Himmels sonderbare Vorsehung bist du hieher geführet worden, daß du meine gerechte Verweisung anhören soltest; aber nahe herbey, auf daß du mich desto besser verstehest. Diego, nicht zweifflend, als das diß Leanders Geist sey, der aus der andern Welt kommen ihn zu peinigen, nahete sich nichts desto weniger herbey; da der Todte in seiner angefangenen Rede fortfuhr: ich bekenne es, daß du mich entleibest, da ich wider dich stritte und das Gewehr in Händen hatte; weil ich aber meine Jugend ohne Erlernung der Fecht-Kunst zugebracht; du aber darinnen wohl geübet bist, ware es dir leicht, mich zu überwinden, jetzund aber must du mir Rechenschafft darum geben: Höre du, laß uns mit einander ringen, Leib an Leib, mit diesem Beding, daß, wo du mich zur Erden fällest, verspreche ich dir, daß ich dich hernach nimmermehr beunruhigen will, sondern verhindern, daß dich auch keiner von meinen Gesellen betrucke: wofern ich aber dein Uberwinder bleibe, solt du verbunden seyn, alle Jahr, auf eben den Tag meines [311] Todes, die Nacht auf meinem Grab auf dem Freyhof zu wachen.
Weil nun Diego sahe, daß die Parthey gantz ungleich ware, antwortete er ihm: Er könne zu solchem Kampf und Bedingung sich nicht verstehen, indem er ja keine Hoffnung haben könne, die Stärcke eines Geistes mit menschlicher Schwachheit zu überwinden. Weil aber jener darauf beharrete, und Diego bey sich selbst betrachtete, daß solches eine Gelegenheit wäre, eine ansehnliche Probe seiner Hertzhafftigkeit zu erweisen, willigte er endlich in diesen Kampf, und stellete sich in eine so veste Positur, als er konte, auf daß er den Kräfften seines Widersachers einigen Widerstand zu thun vermöchte.
So bald der freche Diego, wie gehöret, den Kampff einwilligte, da richtete sich der Todte in seiner Capuciner-Kutte auf, und schiene viel grösser, als sonsten die gewöhnliche Menschen-Grösse zu seyn pfleget; und in eben diesem Augenblick fielen die vier Lampen von den vier Ecken auf den Boden.
Nunmehr finge dem Diego an, ein kalter Schweiß über den gantzen Leib herab zu lauffen, er zittert und bebete, und war dergestalt verwirret und bestürtzt, daß er schier als unempfindlich da stund; zu gleicher Zeit aber, da die Lampen auf die Erde fielen, überfiel der Todte den Diego gantz grausamlich, nahm ihn und warff [312] ihn 3. Schritt weit von sich, als wann er todt ware, dann er blieb eine gute Weile ohnmächtig liegen, sowohl wegen des Schröckens, als auch wegen des Falls und unfreundlichen Niederwerffens.
Nachdem er nun wieder zu sich selbst kommen, wuste er nicht, in was für einer Welt er wäre; endlich als er sich ein wenig an Kräfften erhohlete, entsinnet er sich des vergangenen, merckte auch, daß es beginnete zu tagen. Er sahe sich hin und wieder um, erblickete aber nichts als 4. Mauren; Er richtete sich auf, und suchete einige Fußtapfen seines vergangenen Nacht-Gesichts, siehet aber das geringste nicht mehr davon; dann der Capuziner, der ihn so unfreundlich umarmet, ware sowohl als die vorige 2. Gesichter verschwunden; so ware auch von denen Lampen, die er hatte sehen auf die Erde fallen, nichts mehr fürhanden.
Indeme nun der Tag anfienge heller zu werden, begunte ihm auch mit des Tages-Licht der Muth zu wachsen; Daher er aus angewöhntem Vorwitz Lust bekame, dieses Hauß recht zu durchsuchen, wie er denn oben und unten that, aber darinnen nichts, als was er selbst dahin gebracht, nemlich seinen Degen, fand, den er in solcher Noth gemangelt hatte. Darauf verfügete er sich von diesem Gespenst-Hause nach seinem Logiment, eher es noch heller tag würde; er hätte sich gern in der Nachtbarschafft befraget, wem dieses Hauß zugehörete, und [313] warum es nicht bewohnet wäre; aber es war noch zu frühe, daß er niemand ersahe, den er fragen konnen; er beschlosse zwar bey sich selbsten, daß man den Nacht-Geistern dieses Hauß zu bewohnen, eingeräumet, dahero niemand darinnen bleiben könne, legete sich darauf gantz matt und müde auf sein Bett. Als er aber ziemlich ausgeruhet, kame ein Cavallier, Nahmens Antonio, zu ihm ins Zimmer, fraget, wie er die Fastnacht geendet; Auf Gegen-Befragen, sagte Antonio, habe diese Nacht eines verfehlet: dann ihr kennet ja den Edelmann vonCorduba, den wir den Ritter von Don Diego nennen, welchem ich einen Fallstrick gestellet, ich will solchen noch ertappen, es geschehe bald oder langsam, darum, daß er sich so hochadelich halt, daß, einen Unterschied zwischen ihm und andern, so diesen Nahmen führen, zu machen, wir ihn den Ritter nennen.
Dieser Ritter Diego hatte sich in eines reichen Advocaten Tochter verliebt, derer Fenster auf einen Kirchhof hinaus gehen, welchen Weg er sich, selbiger aufzuwarten, meistentheils des Nachts bedienet; Weil er aber ein furchtsamer Hase, haben wir ihm vorgeben, daß man vor wenig Tagen einen Mann daselbst begraben, welcher alle Abend auf dem Kirch-Hof umher spatzierete, und grosse Ketten nachschleiffete, auch denjenigen, so über diesen Kirchhoff gingen, unvergleichlichen Schröcken [314] einjagete; weßwegen auch die Haußsassen in selbiger Gegend allgemach ihre Wohnungen verliessen und ledig stelleten, weil solche den Schröcken nicht mehr ausstehen könten. Aber es liesse sich der gute Gesell, welcher kein Narr war, von diesem Discurs nicht abschröcken, sagete: Die Geister der andern Welt würden ihn nicht furchtsam machen; worauf wir unsere Gesellschafft quittirten und Bereitschafft macheten, diesen Eisenbeisser mit einer lächerlichen Invention zu ertappen, daß wir seiner hernach zu spotten hätten:
Der Anschlag, den wir macheten, war dieser: Ich hab ein Hauß an einem abgelegenen Ort, mit viel Losamentern, in welchem sich wohl 3. à 4. kleine Haußhaltungen aufhalten können. Vor ohngefehr 8. Tagen seynd die Bestand-Leut daraus gangen, habe aber dem Ritter Diego zu Lieb solches dato nicht wieder verleihen wollen, weil solches das Theatrum zu unsern Possen seyn solte. Meine Invention war diese: Nachdeme es vollkommen nacht worden, führete ich 3. junge Kerl, die erst von der Universität kommen, Pursche von gutem Verstand und herrlicher Adresse in das Hauß, ihnen sagende: Daß einer von meinen Freunden und ich mir vorgenommen hätten, die Hertzhafftigkeit eines gewissen Eisenbeissers zu versuchen, welcher sich gerühmet hatte, daß er nichts fürchtete, und die Geister oder Nacht-Gespenster [315] nicht achtete. Nachdem ich solche also meines Vorhabens verständiget, versahe ich sie mit denen Kleidern, die sie anlegen solten, und führete sie in den Saal, welchen ich zu solchem Spiel bestimmet, der sehr weit in dem Hause entlegen ist. Unter diesen dreyen Kerlen war einer eines gantzen Kopffs länger als ich, da ich doch keiner von den Kleinesten bin: im übrigen war er starck und von guter Form an Gliedern; dieser solte als ein Capuciner gekleidet, auf der Erden ausgestreckt, als ob er todt wäre, liegen; Die zwey andern aber schwartz gekleidet, mit verdecktem Angesicht, ausser den Augen, an den 4. Ecken des Getäffels im Saal, auf einem Stuhl sitzen, an den Ecken aber 4. kleine Lampen angezündet aufgehenckt seyn, welche einen schröcklichen Schein von sich geben solten.
Nachdem ich nun alles angestellet, sagete ich zu dem Todten und seinen Hütern, daß ich ihnen nun den Kerl, von welchen ich ihnen gesaget, schicken wolte. Und so bald sie ihn hörten herein gehen, solten sie ihn fragen, ob er Don Diego heisse; wann er nun mit Ja antworte, solten die zween Hüter hinaus gehen, und ihn bey dem Todten allein einschliessen, welcher sich denn stellen solte, als wäre er einer, den der Ritter neulicher Zeit ungefehr entleibet, daß er Rechenschafft von ihm solcher Unbilligkeit wegen begehren, und mit ihm [316] ringen solte, auch ihn nach ihrer eigenen guten Invention dergestalt ängstigen, daß er gantz verirret würde, sich aber indessen, eher er wieder zu sich selbst käme, davon machen.
Meine gute Anstalt aber hatte keinen so guten Fortgang; dann da ich nach Don Diego gehen, und ihn seiner Hertzhafftigkeit erinnern, und in mein Hauß, welches wegen der Nacht-Gespenster nicht konte bewohnet werden, zu gehen bereden wolte; wurde ich unversehens von 4. Soldaten angehalten, vor den Richter geführet, und wegen einer gewissen Sache, derentwegen einer meiner Freunde in Gefahr ware, befraget. Ich entschuldigte mich zwar bestermassen, wie ohnmöglich es mir wäre, über eine Sache Zeugniß zu geben, davon ich keine Wissenschafft hätte: der Richter aber glaubte das Widerspiel, war gantz entrustet, und befahl mich in Arreste zu setzen, auch keinen Menschen mit mir reden zu lassen, muste also diese Nacht, in welcher ich die Comedie angestellet, zu meinem grösten Verdruß vorbey gehen lassen: Eben diesen Morgen bin ich wieder frey gelassen, und habe seithero noch niemand gesehen, als euch, meinen Unstern zu klagen, jetzo gehe ich gerade und will die 3. Personen suchen, die diese Action mit meinem Ritter spielen solten; um zu vernehmen, [317] wie lang solche gewartet haben: sie werden sonder Zweiffel über mich zornig seyn, daß ich sie die gantze Nacht in dieser Mummerey gelassen, und werden meinen, das Spiel sey auf sie, und nicht auf einen andern angesehen gewesen.
Aus diesem Discurs des Antonii wurde Don Diego des Ursprungs seines Anfalls gewahr, welcher sich sowohl wegen seines unziemlichen Vorwitzes, als aus Irrthum der Namen, Don Diego, zugetragen. Aus dieser Erzehlung kan man nun zur Genüge abnehmen, daß sich manchmahl so wunderliche Fälle zutragen, die mit gespensterischen Erscheinungen eine grosse Verwandtschafft haben, sogar, daß solche, nicht leichtlich, ob es die Wahrheit oder ein Gespenst, oder nur sonst angestellter Weise sich zugetragen; wie dann oberzehlte mit einer wahrhafften gespensterischen Teuffels-Larve eine ziemlich grosse Gemeinschafft gehabt.