Der Tausch

»Hier sollt ich sie erwarten!
Vergaß sie Schwur und Pflicht?
Find ich im ganzen Garten
Eleonoren nicht?
Läßt dieser Schatten Hülle
Mich keinen Fußtritt sehn?
Dringt durch die tiefe Stille
Kein einziges: Tiren?«
Ich sprachs und immer weiter
Sucht ich der Freundin Spur.
Der düstre Mond ward heiter,
Doch Bäume sah ich nur.
Jezt im Begriff zu weichen,
Trift ein Geräusch mein Ohr
Und aus den dichten Sträuchen
Springt lachend was hervor.
»Agathe? wie?« – »Verloren
Hab ich den Aedon hier.« –
»Und ich Eleonoren
Zu sehn geglaubt in dir.« –
»Komm unsern ungetreuen,
Sprach sie, soll Recht geschehn.
Du wirst dich doch nicht scheuen,
Mit mir allein zu gehen?« –
Wir gingen. Endlich müde
Sank sie am Wasserfall.
Wir horcheten dem Liede
Der lauten Nachtigall
Und sangen auch und lauschten
Bei süßem Spiel und Scherz,
Und küssten und vertauschten
Unwißend unser Herz.
[302]
Ich malt ihr mein Entzücken,
Als schnell an Aedons Hand,
Vergnügen in den Blicken,
Mein Mädchen vor mir stand.
»Folgt, sagte sie, die Rache
So plötzlich dem Vergehn?
Kaum daß ich diesem lache,
Bestrafet mich Tiren!«

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TextGrid Repository (2012). Boie, Heinrich Christian. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Der Tausch. Der Tausch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-3AE8-C