Dem Fränlein L***

Im Mai 1783.


Wiesen, Auen grünen wieder,
Blümchen prangen auf der Flur,
Und es tönen Finkenlieder,
Neu erwacht ist die Natur.
Auf zu frohen, schönen Trieben
Fühlt bewegt sich jede Brust,
Nur zu jubeln und zu lieben
Sey für uns die größte Lust.
Jetzo nun von deinen Lippen,
Die sich blähen, frisch und voll,
Küsse rauben – nicht zu nippen,
Wie's die Gluth gebiethen soll.
Hin an deine Brust zu sinken,
Die sich über's Mieder drängt,
Wollust aus dem Blick zu trinken,
An dem liebend mein Herz hängt.
Und so sollen alle Tage
Lieblich wie der Mai vergeh'n,
Ohne Schmerz und ohne Plage
Uns're Liebe stets besteh'n.

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TextGrid Repository (2012). Blumauer, Aloys. Gedichte. Sämmtliche Gedichte. Satyrische, scherzhafte und erotische Gedichte. Dem Fräulein L***. Dem Fräulein L***. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-378A-7