Licht

Ich lag in Trübsinns Klammer
In dicht verschloss'ner Kammer,
Nacht war es um mich her.
Nur auf der Fensterschwelle
Lag breit ein Streifen Helle,
Als wär von Lichte draußen groß ein Meer.

[191] Da sprach eine Stimme:

Das Licht liegt auf der Schwelle,
Da draußen ist es helle,
Soll's bei dir dunkel sein?
Mach auf, mach auf den Laden,
Und sieh, in Schwall und Schwaden
Fließt dir das Licht in Aug und Seele ein.
Da schloß ich die Augen.

Ich will das Licht nicht haben,
Ich fühle mich begraben
In eine tiefe Nacht;
Was ich genoß im Lichte,
Das ward in mir zunichte,
Mir hat ein Schmerz die Seele blind gemacht.
Da sprang der Laden auf.

Rot drangs durch meine Lider,
In alle meine Glieder
Floß es wie heißer Wein.
Soll ich es wirklich wagen,
Die Augen aufzuschlagen?
Soll ich dem Licht noch einmal gläubig sein?
Da gingen mir die Augen auf:

Die mir im Herzen saßen,
Trübsinn und Gram, zerblasen
[192]
Wie Nebel vor dem Wind,
Verwehten vor der Helle;
Der Sonne sandt ich schnelle
Kußhände lachend wie ein frohes Kind.

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TextGrid Repository (2011). Bierbaum, Otto Julius. Gedichte. Irrgarten der Liebe. Gedichte. Bilder und Traeume. Licht. Licht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-338E-1