552. Der Futtergupel
Auf dem Rittergut zu Misitz bei Neustadt an der Orla zog ein Schafknecht an namens Speck. Dort trieb ein Gupel (Kobold) sein Wesen, fütterte die Schafe des Nachts, und man hörte die Tiere deutlich auf die Kästen und Raufen springen, um das Aufgesteckte zu fressen. Durch ein Fenster hatte der neue Schafknecht zugesehen, wie der kleine Hülfsgeist Heu unter dem Arme herbeischleppte und davon vorlegte, wobei sich die Schafe gar nicht schüchtern zeigten. Ein ganzes Jahr lang war das so fortgegangen; da machte sich Speck aus Neugier einen Bung – ein Nachtlager mit einer Schütte Stroh – auf die Bahre im Stalle, um, wo möglich, dem Gupel seine Fütterungsweise abzulernen. Das war aber ein großer Fehler, denn der Gupel blieb von da ab weg auf immer; die Schafe aber wurden von der Zeit an so dürre, daß die Sonne durch sie hindurchscheinen konnte – und das will doch etwas besagen – setzte Speck bedauernd hinzu, als er die Mär erzählte.
Auch zu Weißbach war einmal im alten Schlosse gar ein treues Futtermännchen von der größten Tätigkeit. Dem nähete endlich eine junge Frau, die in das Schloß geheiratet hatte, ein neues Hemdchen. Da zog das Männchen unter strömenden Tränen ab und klagte, wie jene Hütchen in der Ruhl: Ich muß nun auf und davon, ich habe meinen Lohn – und ward seitdem nicht mehr gesehen.
Ähnliches erlebte ein Schafmeister in der Nähe von Ranis, der sah einmal zufällig im Winter die Fußspur seines hülfreichen Futtermännels und nahm mit Betrübnis wahr, daß selbiges barfuß ging. Eilig nahm er nach Länge und Breite der Fußspur das Maß und ließ dem Männel ein Paar saubere nette Schuh machen, die er hinstellte. Das Futtermännel kam, sah die Schuh, nahm sie, besah sie von oben und von unten, seufzte tief und sprach:
So hab' ich deine Schuh,
so hab' ich meine Ruh. –