Das Märchen vom Mann im Monde

Vor uralten Zeiten ging einmal ein Mann am lieben Sonntagmorgen in den Wald, haute sich Holz ab, eine großmächtige Welle, band sie, steckte einen Staffelstock hinein, huckte die Welle auf und trug sie nach Hause zu.

Da begegnete ihm unterwegs ein hübscher Mann in Sonntagskleidern, der wollte wohl in die Kirche gehen, blieb stehen, redete den Wellenträger an und sagte: »Weißt du nicht, daß auf Erden Sonntag ist, an welchem Tage der liebe Gott ruhte, als er die Welt und alle Tiere und Menschen geschaffen? Weiß du nicht, daß geschrieben steht im dritten Gebot, du sollst den Feiertag heiligen?« Der Fragende aber war der liebe Gott selbst; jener Holzhauer jedoch war ganz verstockt und antwortete: »Sonntag auf Erden oder Mondtag im Himmel, was geht das mich an, und was geht es dich an?«

»So sollst du deine Reissigwelle tragen ewiglich!« sprach der liebe Gott, »und weil der Sonntag auf Erden dir so gar unwert ist, so sollst du fürder ewigen Mondtag haben, und im Mond stehen, ein Warnungsbild für die, welche den Sonntag mit Arbeit schänden!« [152] Von der Zeit an steht im Mond immer noch der Mann mit dem Holzbündel, und wird wohl auch so stehen bleiben bis in alle Ewigkeit.

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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Märchen. Deutsches Märchenbuch. Das Märchen vom Mann im Monde. Das Märchen vom Mann im Monde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2BE9-0