495. Der rote Stein

Bei der Bergstadt Suhl, allwo es im Jahre des Herrn 1238, am 5. Mai, bei einem starken Gewitter Fleisch geregnet, steht ein Porphyrfels, der heißt der rote Stein. In demselben ist eine Jungfrau verzaubert, welche die Gewohnheit hat, vielmal hintereinander zu niesen, wie die bei Eisenach. Dieser Stein liegt zwischen Suhl und dem eine halbe Stunde von der Stadt gelegenen Gasthaus zum fröhlichen Mann. Einst kam ein Hochzeitzug geschritten, Musik voran, mit Lärm und Jubel, Brautpaar und Hochzeitgäste zogen hinauf zum fröhlichen Mann, sich dort gütlich zu tun, da ward aus dem roten Stein eine Stimme vernommen, die kreischte, daß es allen durchs Herz fuhr: Heute rot, übers Jahr tot! Und ein Jahr darauf war die junge Frau tot. Seitdem schweigt jeder Hochzeitzug, er komme von der Stadt herauf oder ziehe nach ihr hinab nach genossener Festlust auf dem fröhlichen Mann, und wandelt an dem roten Steine still vorüber.

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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 495. Der rote Stein. 495. Der rote Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2A94-5