318. Das Grundlos

Nicht weit von des Hackels nördlicher Spitze ist ein großer Erdfall zu sehen, zum Teil mit Wasser ausgefüllt und am Rande mit hohem Schilf überwachsen, wie deren um den Harz, besonders am südlichen Teile, gar viele zu gewahren sind, der heißt das Grundlos, darum, weil mit der längsten Stange seine Tiefe noch nicht ergründet werden konnte. Auf dieses Erdfalles Stelle hat vor langen Jahren eine Raubburg gestanden, auf welcher viel unmenschliche Grausamkeit verübt wurde. Endlich aber ermüdete die lange Langmut des Himmels, und über Nacht fiel auf die Raubburg und deren Insassen das Unglück, wie ein gewappneter Mann. Die Burg versank unter Höllengepolter in eine unendliche Tiefe, und über ihr schossen rauschende Wasser in einen See zusammen. Die Ritter wurden in Hechte, die Knappen in Karpfen verwandelt und die alte Schaffnerin, die treulich zu allen Untaten geholfen hatte, in eine Karausche, groß und wohl einen Zentner schwer. Die jagen und verfolgen sich unaufhörlich im Wasser des Grundlos, und weil selbige Ritter nichts nutz waren, so spricht man noch heute von einem Kerl, dem man wenig oder gar nichts Gutes und desto mehr Schlimmes zutraut: Das ist ein rechter Hecht.

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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 318. Das Grundlos. 318. Das Grundlos. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2192-8