429. Nachgeholte Wallfahrt.
Auf dem Schlosse zu Rothenfels am Main war ein Gärtner, den, wenn er im Garten arbeitete, oder auf den Schloßthurm zum Läuten ging, stets eine blaue Wolke umschwebte. Auf den Rath seines Beichtvaters fragte er endlich im Namen Jesu die Wolke um ihr Begehren, worauf sie erwiederte: »Ich bin dein verstorbener Bruder; in meinem Leben habe ich versprochen, in Pilgertracht und bettelnd nach Rom zu gehen und bin diese [374] Wallfahrt noch schuldig; verrichte du sie für mich, dann bin ich erlös't!« Der Gärtner trat nun baarfuß, im Pilgerrock und Muschelhut, die Reise an und kam, sein Brod bettelnd, bis Maria-Einsiedeln. Dort wurde er krank, daß er den Weg nicht mehr fortzusetzen vermochte. Er offenbarte die Sache einem Geistlichen des Klosters, der ihm rieth, daselbst zu beichten und zu kommuniziren. In der Beichte sprach er ihn dann von der Weiterreise frei und gab ihm dafür auf, die versprochene Andacht in Einsiedeln zu verrichten. Der Gärtner that dies; in der Messe erschien ihm unter der Wandlung sein Bruder in schneeweißer Gestalt, dankte für seine Erlösung und verschwand, indem er dessen Hand berührte. Diese hatte der Gärtner mit einem vierfach zusammen gelegten Tüchlein bedeckt, in dessen Lagen alle des Geistes Hand mit dem krummen kleinen Finger, den er bei seinen Lebzeiten hatte, sich sengte, jedoch ohne eine Stelle durchzubrennen.
Das Tüchlein schenkte der Gärtner nachmals seinem Sohne, der Pfarrer in Pflochsbach war, und dort wird es noch heute in der Sakristei aufbewahrt.