70. Behextes Butterbrod.
In einem Dorfe des badischen Oberlands ward einst ein achtjähriges Knäblein, auf dem Wege zur Schule, von einer Frau in deren Haus gerufen. Sie gab ihm ein Butterbrod, das es vor ihren Augen aufessen mußte, und ließ es dann in die Schule gehen. Dort fing das Büblein, als der Lehrer einmal hinausgegangen war, plötzlich an zu fragen, ob es Mäuse machen solle. Von den andern Kindern hierüber verlacht, klopfte es dreimal unten an die Tischplatte und sieh! sogleich wimmelte die ganze Stube von Mäusen. Heftig erschrocken, schrieen die Kinder um Hülfe, worauf der Lehrer hereineilte und, als er das Geschehene erfahren, das Knäblein fragte, ob es die Mäuse auch wieder fortbringen könne. »O ja!« antwortete es, schlug dreimal da auf das Obere der Tischplatte, wo es früher unten geklopft hatte, und augenblicklich waren alle Mäuse verschwunden. Der Lehrer schickte nun die Kinder heim, ausgenommen das Büblein, mit dem er eine scharfe Untersuchung vornahm, aber nur erfahren konnte, daß es noch andere solche Künste verstehe und kurz vor der Schule bei der Frau das Butterbrod gegessen habe. Da diese im Rufe der Hexerei stand, zeigte der Lehrer die Sache den Eltern des Kindes und dann mit ihnen der Obrigkeit an. Die Frau wurde eingezogen und zu dem Geständniß genöthigt, daß sie dem Knäblein durch das Butterbrod die Hexerei beigebracht habe, wovon ihm nicht mehr geholfen werden könne. Auf dieses ließ die Obrigkeit die Frau [59] verbrennen, das Kind aber in ein kaltes Bad setzen und ihm die Adern öffnen, daß es sein Leben verblutete.